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Dresdner Nachrichten : 09.10.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187010098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18701009
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18701009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1870
- Monat1870-10
- Tag1870-10-09
- Monat1870-10
- Jahr1870
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- Dresdner Nachrichten : 09.10.1870
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^schrlnt: Uglich früh 7 «r. Knsrr»1e «verdrn angenomme»: bis AvrndS «. Sonntaa-r b>S Mittags 12 Uhr MeneirnFraße LL; in Neustadt: vuchdruckerri »ou.Jah- Pähler, gr. SNostergnssea. Anzeigen in dies, Blatte Juden ei« erfolgreiche vrrtreitu»»-. «nflager Exemplare. Tageblatt siir Unterhattuug und Geschäftsverkehr. Druck und Eigenchum der Herausgeber: Litpslh Ät Ntlchardt. — Verantwortlicher Rsdacteur: IllllUS Nttchardl. Fkonnement: BterleflLbi lich 29NDV Sei unentzeldlicbei 2io» ferung in « H»u» Durch die USnigl Paß viertelfähil 22' Siuieine Rummk» > Ngr Inseratenpreise' Für den Raum «ta«U gespalteuen Zetta l «gr. Unter ..Singesaudl» di« Zette 2 «M. Nr. 282. Fünfzehnter Jahrgang. Drcöden, 9. Octover. — Eine ettvaS gcmisck'te GeieUschait traf gestern mit dem Mittagözuge am dem Leipziger ^adndoi ein: zunächst >2 Mann maroder Sack>scn, dann t, gcicnigcne iranzösisckie Oisizicre. end- lick» zwei Sachsen, welche als Arrcstaten von zwei Baven» Nieder rranopottirt worden waren. Dem Vcrnedmen nack' dattcn die Lachsen in der Truiifenneit Geivelne adgescdosscn: sie wurden dcödald von Paris dis nack'Dresden zur Bestrafung adgclicfcrt; vielleicht liegt avcr auch ein »ckuvercs Bergede» zu Munde. Die iraiizbsisckicn Offiziere waren odne militärische Bedeckung; sie litten tdr tkdrcnwort gegeben. Für idr Leven gern wären sie hier in Dresden gcblieden. anstatt nach dein langweiligen G!o- gau »veiler zu gehen. 2lis ihnen dies bestimmt abgeschlagen wurde, schmeckte ihnen kein Bissen idrco bei dem Restaurateur Weih eingenommenen, trefflichen Mittagsmahles mcdr. (Gestern morgen ist ein nach Zittau bestimmter starker Ertrazug ver wundeter und kranker Preußen und Lachsen dier durchgegangcn. - Nach einer Mittdeilung des Berliner ZcitungS-Eomvtöirs sind »vir im Stande, den Interessenten zu eröffnen, das» die i» Berlin erscheinenden Verlustlisten, welche bekanntlich anck» bei den hiesigen Postanstalten zun» NboiinementS - Preise von >«> vier»- groschcn zu baden sind, sich nur auf tie Bcrluste der preußischen Truppcntdcile und der durch die abgeschlossene» Eonventione» diesen cinverieibten Lantescontingeiiten beziehen, cs findet also die amtliche Veröffentlichung der Verluste unseres >2., des Köuigl. Sächsischen x'trmeccorps, von Berlin aus nicht statt. — Von de» in der lebten Zeit vorgekommcnen (Erkrankun gen bei den gefangenen Franzose» ivaren die meisten tvpddscr Natur und auch die in de» lebten Tagen Verstorbene»» haben fast alle an TypNuo gelitten. Buch ist einer von den blatter- kranke» Franzosen gestorben. Zusammen befinden sich in allen :r Lazarethen setzt lütt«) .(dräute undVcrwundcte. darunter über 71X) Franzosen. Von den gesunden Franzosen sind jetzt mehrere in die L.rzarethküchc», besonders in die des.Herrn Restaurateurs Kainmietzer commandirt worden, woselbst sic sich höchst anstellig zeigen und sich recht nützlick» machen. Zn der Kochkunst haben die Franzosen immer Großes geleistet. — Zn der Waldichlosjchcn - Stadtrestauration bat in vor gestriger Nacht Mischen dortigen Gästen ein Exccß mit Prügelei stattaesunden, bet welcher einem der Thellnetzmer seine silberne ' Taschenuhr-vs-lsren gegangen und ln Folge derselben auch ein anderer TNeilnevincr, der als Urheber des Erecsscs bezeichnet worden sein soll, arretirt »vorden ist. — Seit vorigen Donnerstag hat sich ein 2.'» Zabre altes Dienstmädchen aus Schlesien aus dem Hause ihrer DicnstNerr- schait in der Blasewitzer Straße entfernt, ohne daß »na» weiß, wobi» sic gekommen nt. Man nimmt an, da sic vorher schon Ticssinn gezeigt, daß sie sich das (.'eben genommen bat. — Gestern Nach,nittag batte ein iin Hause Nr. 29 der Schössergassc beschäftigter Arbeiter das Unglück, aus der vierten Etage herab in den Hoiraum zu stürzen. Den» Umstande, daß er bei seinen» Sturze zunächst ani eine, guer über den Hosrauin angebrachte eiserne Stange zn fallen kam und von da ani einen Kalkhaufen siel, hatte er cö zu danke», daß er ohne erhebliche Verletzung davon kam. Von Herrn I>r. Wigard wurde der Verunglückte mittelst Droickike in seine Wohnung befördert. - Von Pros. Muth's Sprachcollegium. letzt ungcincin irc- guentirt, liegt der heutigen Mimmcr ein aussührlick'cr Pro spekt bei. — Ein »regen begangener Unterschlagungen»^ seiner Gar nison Prag flüchtig gewordener österreichischer Offizier »rar vor einigen Tagen in Leipzig von terPolizci ausgegrifscn und vor gestern durch zwei dortige Polizeiesfieianten hier durch nach Bodrnbach an die österreichische Grenz Polizei Station tranö- portirl »vorden. Wir »vir nun vernehmen, bat jener Offizier bald nach seiner Ablieferung an die österreichische Behörde Ge legenheit gefunden, wieder zu entweichen. — Zn Folge der jetzige» musikalische» Bedrängnis» bat Herr Marschner aus der Terrasse in kiesen Tagen eine neue Kapelle cngagirt, die unter Direktion des jungen talentvollen Lohnes des Herrn Mus!kd!rectorS Pohle, Herrn Mar Pohle, nun mehr aus dein Königlichen Belvedere concertiren wirk. Herr Pohle soll ein tüchtiger Musiker, namentlich ei» vortrefflicher Solist ans der Violine sein, auch Dircctlonötalent und neben der taktischen Kunst eine nicht gern zu vcrmisscndc Eleganz und Präcisivn cniszuwelscn haben, Edenso sollen die iicucngcigirtcn Orchcsterkräfte durchweg gut sein und sonach „Die Eonccrt- capcllc dcö Königl. Belvedere", welchen Namen sic nun führt, von heute, Sonntag a». die anträngcndcn Winterabende uns durch ihre Melodien nach Kräften amüsant machen. — Zn jüngster Zeit sind in Oesterreich, und bcwiiderö in Böhme», falsche, durch Plattcndruck hergestellte österreichische Zehnguldcn-Note» mehrfach in Umlaui gesetzt worden. Die Zeichnung derselben, der Schrlftdrnck, die grüne Farbe, ia selbst dle bei den meisten Falsificatcn etwas verwischte Diamantick'ritt in den aus beide» Leiten der Note befindlichen Ovale», ist sebr täuschend nachgeabmt. Das beste Erkennungszeichen ist die etwas graue Farbe des Papiers, auch ist der guillochütc Adler etwas dunkler als bei den ächten Note». Ei» ^weiteres Erken nungszeichen sind die etwas vcrzcicbiittcn Augäpfel des in der unteren Zeickinung befindlichen Hirtenknaben, v — Durch Wahrspruct, der Gcichwouicn ist der Eorrcctiouär Karl Hermann Bruno »Werner in Leipzig wegen des au seinen beiden Schwestern verübten Verbrechens dcö Raub- und Mord- Versuchs für schuldig erklärt und zu 29 Jahren 9 Monatc» Zuchthausstrafe berurtbeilt worden. Das Verbrechen wnrtc, wie noch bekannt sein dürfte, am Nachmittage des li.Zunid. Z. in einem Hause der Griininaischen Straße verübt. — Wiederholt geben in unserer Expedition nicht geringe Gaben für patriotische Zwecke ein, die durch vffcntlichc und private Arrangements bcibeigeschafft werde». So batte die hiesige Gesellsckxnt „Euphcnia" am vergangenen Moiitage im Saale des Münchner Hofes eine theatralische Vorstellung zum Besten der Hinterbliebenen gefallener Krieger arrangirt, an welche sich ein gemütblichcs Tänzchen anschloß und welche die Summe von 12 Tlblr. 10 Ngr. für oben erwähnte Zwecke er übrigte. — Nicht »ninder ancrkennenswerth ist die ebenfalls an MS von Herrn Bauschrelber Münzer in Göhren cingeschickte Mitredacteur: Theodor Vrobisch Somttag, 9. vetober 187V. Sumine von 2? Thlr. Iä Ngr., welche für den sächsiscixn Militär Hilioxvrcin bestimmt ist und einen um so höheren Werth bat. als sich bei dieser Sammlung die ganzen Gewerke des käsigen GiscubahnbaucS. vom Meister bis zum Lehrling herab, bethcillgtcn. D. Die Hallen der hiesigen evangelischcn Hoikirche öff neten sich vorgestern Abend in Betreff einer geistlichen Mustk- aufführung, welche tcrHerrHofcanto» Lorenz zur Erreichung eines wohltbätigcn Zweckco veranstaltet batte. Wenn die Bc- tbciligung des Pudlikuins auch nicht eine außerordentliche zu nennen war, so war die Kirche dennoch von Hörem criüllt, die in tiefer Auimcrkiamkclt der Aufführung lauschten, welck»c von Herrn Hoforganist Berthold mit einer interessante» und brillanten Fantasie und Fuge von Moritz Brosig eröffnet wurde. So viel uns bekannt, ist dieser Tonsctzer z. Z. Domkapcllmcister In Breslau und erfreut sich in ganz Schlesien eines wohlver dienten Rusco. Gespielt wurde diese Phantasie von unscrm Hoiorganisten Berthold in meisterlicher Weise und vorzüglich sei die geschmackvolle Registrirung tesselden In dem Mlttclsatz sonders bervorgeboben. Hieraus folgte die Krönungsmcsse von ENerudini. Diciclde »vurdc' zu» Krönung Earl X. am 29. Mai D->2.'> in der alten Krönungssladt RheimS ausgefül»rt, i» »vclchcr jetzt »nserc deutschen Truppen stehe». Zn Erfindung und Ausführung muß dieses Werk wohl zu de» großartigen ge zählt werden, denn Ehcrudini kannte nicht das Bubten um den Beifall der großen Menge. Zweitens war er selbst ein zu großer Bewunderer der deutschen Tonkunst, als daß er, ein Italiener, z. B. Rossini gegenüber, nicht geläutert vor uns erschiene. Dcmuthvollc Andacht mit der dringenden Bitte und kindliches Flehen kennzeichnet das Kvric. Breit angelegt beginnt das Gloria »nid wird von dein sehr ansgesponncnen Mittclsatze Domino De»-,, das schön »Md effektvoll istrumcntirt ist, unter brochen. NI» im tzucmi.-un das erste Motiv wieder auszunchmcn und einen» feurigen Schlüsse zuzuführcn. Zm Erocko hat ENc- rubini den Gedanken ter Hülfsbedüntigkeit der gläubigen Bicnge sehr schön durch das mwororo, erbarine dich, auögedrückt, »vo rauf sich Alles wieder in dein Eentralpunkt begeisterter An betnng erhebt, indem er mit erhöhter Kraft das r«^urrox»t an- slimincn läßt. Eine cigcnthümUche Fuge findet sich nirgends vor. Das Sanctus ist kurz und von dein Benedictuö nicht ge trennt. Das ägmis ckoi, länger auögcsponnen. ist nun wieder ganz weihevoll, um den Frieden mit Gott und der Wert flehend, und fick» der Erbarmnng des Herrn der Welten bedürftig füh lend. Beruhigend und in dem Ausdruck der kindlich frommen Bitte, „gicb uns Frieden", sehr schön dargestcltt, ist der Schluß. Everukini hat diese Messe, wo eigentlich der Mangel an Soli ermütcnd wirkt, dreistimmig gesetzt, woraus sich ergicdt, daß tie Tenörc zuweilen zienllich hoch liegen. Diri genten hellen sich hier, daß sie altcrnircnd den Alt mit dem Sopran oder Tenor und den Tenor zuweilen mit dein Baß gehen lassen. Wenn dies geschickt gemacht wird, so kann es die Wirkung wobl verstärke», aber es muß mit Geschmack geschehen und nicht, wie es bemerkbar, an ungeeigneten Stellen geschehen. Wenn z. B. Eherudiir^hcl einzelnen Eintritten sicher männliche Stimmen im Auge gclvibt bat. so ist cs störend, ans diesen Tc- nörcn deutlich »»»reffe Knabenstimmen heraus zu hören. Ucber- baupt will uns bctünkcn, daß so frisch und klangvoll diese Kna- bcnstimmcn nicht waren, wie in de» vorhcrgcgangcncn Eoncer. tc». Auch hier hängt es eben von» Glück ab, dgß »gcb dem Austritt der Kugbe» aus dem Eborc, »vclchcr die Miltgtion bedingt, auch wieder frische, schöne Stimmen gesunden werden. Es ist aiizucrkenne», daß im Ganzen diese Blesse wohl cinstu- dirt war und die Kugdeii so viel Zeit gewinnen, ein so um fangreiches Werk ciiizustutilc». ohne die übrigen Lehrstunden dabei zu beeinträchtigen. Frau O t t o - A l v s l e b e n eröffncte den gesanglichen Tbeli durch ein stlminuugsvolles Gebet von Lach»er, das durch die Begleitung von Violen. Eelli und Eontrabaß einen eigenen Zauber empfing. Wahrhaft erfreu! bat sie aber die Zubörcr durch die selten gcbörte Arie aus Samson: „Kommt all' ib» Seraphim in Flammciireih'ii, stimmt laut zum Schall der Engelchörc ein!" Herrlich stimmte die Trompete des Herr» Kammcrmusikus O. ueißc r zu dieser Stimme, und es imn» als ein besonderer Genuß anerkannt »vcr den, wie derselbe sich dieser Glockcnstimme anzuschmlcgen nnd sie zu begleite» wußte. Es wird ihm diese Partbie so bald kein Künstler nack'blascn. Den Beschluß des EonccrtcS mackste ein zicmlicb i»ibcdc»>tc»tcs Trostlicd von F aißt. Das Puffholdt'ichc Orchester, dem der schwcrcrc Thcil zugeiallcn war. entledigte sich seiner nickst leichten -Aufgabe mit großer Aufmerkiamkeit. — Meteorologische Notizen und -Wetter p r o p h ezeibu n g. Zu Beginn des .Herbstes, wo in der At mospbäre geivöl-nlich der kalte Nordost Strom gegen den war men feuchten Slitwest Strom antämpit nnd dmch sein Ein dringen i» dielen die Verdichtung des Wasserdiinsles zu Nebel periirsackst: tritl i» der Regel als Vorbote des in böberc» Re gioncn der Atmeiphärc hercits porbandciien und o.llmälig sich senkenden Nord - Stromes ein hoher Barometerstand ein. So bock' aber, wie !m gegeinväl tige» Zaine, ist der Barometerstand zu dieser Ucbcrgangszcit »eit einer langen »licibc von Zabre» nickst gewesen; cs ist überlniupt dieser Stand zu de» sechstel» bei uns porkommcndcn Barometerständen zu zählen: die O.ueck- silbcnäulc errcickne eine Höbe von beiläufig >0 Linien über dein hiesige» Norinalstand. Bla» durste hierbei wobl ein langer kauerndes Weben des trockenen Noltostwintes, und dadurch eine längere Reibe ven Tagen mit meistens bcitercm Himmel crwarten; aber der »vestlick'k Wink batte bald die Obcrband gewonnen und der Norestrom floß in östlick ercn Gegenden in der Richtung nach Süden ab. Der wcstlicbc Wind und na mentlich der Sütwcstwind hcnm'ackst ff» unsere» Gegenden trübe»» Himmel mit bei tängcrcr Dauer regncrisck'cü Wetter. — Zn dieser Woche wird in der erste» Hälste regnerisches Wetter bei lauer Lust stattl-ade»; eine stärkere Luftströmung wird für die zweite Hälste der Woche rauhe Tcinperatur und veränder liches Wetter verursachen. Daromc-trius. — Repcrtoir dcöKönigl. Ho»theaters. Sonn tag : Prinz Friedrich von Homdurg. — Montag: Die weiße Dame. — Dienstag: Eine kleine Erzählung ohne Namen. N.c. Z. e. M.: Llevestvrannei. Lustspiel in 1 Auszuge Von Karl Treumann. Z. e. M.: Unter dein Siegel der Verschwiegenheit. Scherz in l Act von Berg. — Mittwoch: Lohengrin. — Don nerstag : Eine kleine Erzählung ohne Namen. Liebcotvrannei. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit. — Freitag: Die lustigen Weiber von Windsor. — Sonnabend: König Richard ll. N.e. Dresden, den 8. Oktober. Der Krieg nimmt allgemach den Charakter an. den er im dreißigjährigen hatte: es handelt sich vor allen Dingen um Gewinnung guter Winterquartiere und Beschaffung des nothigen Lebensunterhaltes. Zu diesem Behuf weser ilich wird deutscherseits die Besetzung der wichtigsten Städte Frankreichs vorbereitet; schafft uns Quartiere, damit »vir den Unbilden des Winters unter Dach und Fach trotzen können! Schmilzt im Frühjahr dann der Schnee, so geht eS wieder an! Das ist die Perspective, welche uns die trost lose Verwirrung eröffnet, in welche Frankreich durch seine staatliche Auflösung gestürzt ist und aus der sich nirgends in greifbarer Gestalt eine Regierungsgewalt erhebt, mit welcher wir Frieden schließen könnten. Die Gegeuanstrengungen der Loire- Armee richten sich natürlich zunächst auf die Vereitelung der deutschen Proviantzüge. Es ist recht gut möglich, daß der, der Loire-Armee zugetheilte General Neyan mit Uebermacht einen deutschen Requisitionvtransport überfallen, demselben seine Ochsen und Lämmer wieder abgejagt hat; es ist ebenso möglich, daß die Deutschen einige vorgeschobene Positionen, nachdem sie in ihnen Requisitionen erhoben haben, wieder verließen (nach Orleans selbst scheinen sie nicht gekommen zu sein, wie sich aus der Zeitungspolemik zwischen dem Eo:.»mandanten und dem Prä fekten von Orleans crgiebt, die sich gegenseitig vorwcrfen, daß sie unnöthig die Flucht vor den Preußen angerathen haben) — zu entscheidenderen Offcnsivstößen dieses neuen Loireheeres ist es nirgends gekonunen. Hiezu tragen die Zerwürfnisse zwischen dm Militär und Civilbehörden viel bei. Cremieux hat die Militärbehörden den Civilbehörden untergeordnet; die Offiziere haben natürlich wenig Lust, die Befehle der Advocaten und Journalisten zu respectiren. So lösen sich alle Bande auf und- es bilden sich nur militärische Banden, denn di5 Soldatm find von einer verzweifelten Zuchtlosigkeit. Alle Tage erscheinen Dekrete der Regierung, welche die Soldatm beschwören, sich zu bessern. Dm Parisern freilich ist jetzt der Kamin wieder ge schwollen; nicht nur verlangen sic, daß den „Preußen" kein Streifen Landes, kein Stein der Festungen abgetreten werden soll: jetzt, seitdem die Belagerer so gut wie gar nicht schießen, erscheint ihnen sogar die Zahlung einer Kriegsentschädigung als zu hart. Sie ziehm aus der außerordentlichen Ruhe im deutschen Lager den Trugschluß, daß »vir es aufgegeben haben, ihre starken Befestigungen, ihre von Waffen starrenden Wälle an- zugreifm. Cs fehlt ihnen das Verständnis; für die einfache Uebcrlegung, daß, wer so ruhig und systematisch wie die deutsche Belagerungsarmcc verfährt, seiner Sache gewiß sein müsse. Ehe der 100,000 Cmtner schivere Belagerunc,spark vollständig vor Paris aufgcsahren ist, thut die hermetische Abschließung von Paris ihre vollständigen Dienste. Eine Festung rvird »nit jedem Tage schwächer, wmn kein Ersatz in Aussicht steht, die Belagcrungsarinee aber wird mit jedem Tage stärker, wenn ihre Verpflegung gesichert ist. Das erste G setz für eine Belagcrungsarmee ist möglichste Schonung der Mannschaften, Deckung von allen Seiten, ein offner Kampf nur da, wo ihn der Belagerte durch Aus fälle herbeisührt. Dalzcr deutscher Scits kein unnützes Knallen, ja schon die einzelnen, schon vorhandenen Belagerungsgeschütze öffnen ihren ehernen Mund nicht eher, als bis sie in vollem Ehorus von Hunderte»» von Geschützen begleitet werden. Ein llzeilweiscs Bombardement, welches nicht von großen Erfolgen begleitet wäre, würde die Eingeschloffenen nur an die Schrecken der Beschießung gewöhnen; der Ernst der Belagerung muß in hundcrtsachen» Donner gleichzeitig auf die Pariser einbrechen. Es laßt sich nun noch nicht absehcn, ob es zu einer Zerstörung der kleineren Forts von Iss», und Voiwcs kommen wird; mög lich ist cs auch, daß man mit »vcitiagendcn, in einem Elevations- wiiikel von 4n Grad gerichteten Geschützen über jene Forts hinweg Bomben aus die leicht erreichbare»» südlichen Stadt thcile von Paris wirft. Südwcstm der befestigten Welt stadt bietet bekanntlich einen vortheilhaften Angriffspunkt. Dort tritl die Seine aus Paris heraus und bildet, nach Norden sich »vmdmd, eine Art Halbinsel. Auf ihr befindet sich Boulogne mit den» Südende seines Gehölzes und das D»rs Billancourt. Zwei Inseln in der Seine, welche Billancourt aus dein rechten, Sörev und Menden auf dein linken Seincuser lasten, sind möglicherweise geeignet, einen klebergang zu erleichtern. Beide sind natürlich von den Franzosen äußerst tüchtig bewehrt und ein großes Erdiverk auf den» rechten Ufer verstärkt ihre Deck ung durch die benachbarten Forts. Kämpfe mit Kanonenbooten haben, trotz des stereotypen „Nichts Neues" stattgehabt. Während nun vor Paris das herrlichste Herbstwetter die außerordentlichen landschaftlichen Reize der Pariser Umgegend im schönsten Glanze erscheinen läßt, während die dicht aneinander gereihten Villen in dem üppigsten Blumenflore strahlen — wie sieht rS da in Paris aus? Alles stimmt darin überein, daß mit Ausnahme von den beiden rothen Socialistcn Blanquin und Delcselazes die Ar-
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