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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.01.1867
- Erscheinungsdatum
- 1867-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186701117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18670111
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18670111
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1867
- Monat1867-01
- Tag1867-01-11
- Monat1867-01
- Jahr1867
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.01.1867
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die Wagenräder zu kommen. — Erscheint dagegen ein Polizist mit Damen im Schlepptau, so hebt er nur gegen die aufmerksamen Kutscher seinen polirten, mit gedrechseltem Griff und wollenem Portepee geschmückten Hickoryknüppel in die Höhe und sofort hal ten rechts und links dre Gespanne, wenn auch nicht der Freiheit, so doch den hier über Alles geehrten Ladies eine Gasse öffnend. Weilergehend werden wir jedoch Zeugen, daß die Polizei nicht nur zum zarten Minnedienft ihre Waffen schwingt, sondern die selben auch in ernsterer Weise zur Geltung bringt. Dicht neben dem Eingang eines eleganten IuwelierladenS hat nämlich ein Schutzbefohlener des heiligen Patrick sein entweder von den Klän gen der Erinsharfen oder, und daS ist wahrscheinlicher, vom Branntwein berauschtes Haupt unbekümmert um die Paffanten zum friedlichen Schlummer gebettet. Er wird soeben von einem der eleganten Polizisten durch wohlgezielte, sehr kräftige Hiebe auf den Hinteren Theil seines sehr defecten Beinkleides, welches er mit der seinem Volksstamme eigenen süßen kindlichen Naivetät dem Publicum gleichsam zur Schau darbietet, nicht nur zu einem besseren Leben erweckt, sondern auch, mit regelmäßiger Markirung des Marschtempos auf seinen breiten Rücken, in eine stille Neben straße bugsirt, wo er natürlich seinen so prosaisch unterbrochenen Traum von Irlands künftiger Größe weiterträumen kann. Befriedigt von dieser präcisen Handhabung der Justiz ziehen wir weiter, höchlichst erbaut durch den Anblick oer nobelsten Gentle- men, die mit einem Korbe am Arm vom Washington-Markt heimwärts ziehen. AuS den Körben gucken feine Gemüse, Fisch- schwänze, Ananas und ähnliche Delicatessen heraus, welche die zärtlichen und zuvorkommenden Gatten, wie dies hier üblich ist, selbst einkauften und nun, mit echt amerikanischer, nachahmungs- werther Ungenirtheit, auch selbst nach Hause tragen. (Schluß folgt.) Line noch wenig gekannte aber einträgliche Erwerbsquelle. Arbeitslosigkeit ist eine alltägliche Erscheinung, die auch oft bei den thätigsten und geschicktesten Personen erntritt. In vielen Fällen dieser Art würden die betroffenen Personen auch sehr gern andere sich für sie schickende Arbeit verrichten, wenn eS Jemand unter nähme, sie mit anderen Beschäftigungen bekannt zu machen. Es mag daher gestattet sein, auf eine Erwerbsquelle hinzuweisen, die vielen Personen gar nicht bekannt ist, aber doch gleichwohl verdient, recht bekannt zu werden. Der Tod eines Familienvaters ist für die Angehörigen ein durch nicht- zu ersetzender Verlust. Er wird aber weniger schmerz lich sein, wenn der Betreffende bei Lebzeiten durch Abschluß einer Lebensversicherung dafür gesorgt hat, daß seine Familie bei einem unerwarteten Tod einige Mittel in die Hände bekommt. ES ist bekannt genug, wie Wenige diese Fürsorge getroffen haben. Der Grund dafür ist aber nicht immer in wirklicher Nachlässigkeit zu suchen, vielmehr sind Viele mit der Einrichtung, dem Wesen und dem Segen der Lebensversicherung so gut als nicht bekannt, ja so gar es bestehen hierüber die irrigsten Ansichten und die gröbsten Borurtheile. Würde man solchen Personen in vernünftiger und klarer Weise auseinander setzen, wie notwendig der Abschluß einer Lebensversicherung für sie ist, und sie dazu zu überreden suchen oder gewissermaßen durch die Gewalt guter Gründe mora lisch dazu zwingen, so würde manche unglückliche, deS Ernährers beraubte Familie Denjenigen segnen, dessen Überredungskunst dies bewirkt hat. In der Vermittelung deS Abschlusses von Lebensversicherungen besteht außer anderem die Thätigkeit eines Agenten. Die Beschäf tigung ist also eine durchaus ehrenwerthe, nützliche und segens reiche. Allein darin, etwas GuteS gestiftet zu haben, besteht der Lohn eines solchen Lebensversicherungs-Agenten nicht allein. Die Gesellschaften honoriren ihm den Abschluß jeder Versicherung mit baarem Gelde. Und dies ist eben die Erwerbsquelle, auf die der Schreiber dieser Zeilen aufmerksam machen wollte. Nun wird man aber einreden, daß jedes Geschäft Kenntnisse und Befähigung vorauSsetzt und daß man nicht so ohne Weiteres als Agent thätig sein kann. DaS ist wohl richtig, jedoch im vor liegenden Falle ein leicht zu beseitigendes Hindern iß. Allerdings ist eS nöthig, daß der Lebensversicherungs-Agent mit dem Wesen der Lebensversicherung im Allgemeinen und mit der Einrichtung der Gesellschaft, für welche er thätig ist, speciell bekannt sein muß. ES haben aber alle Gesellschaften ohne Ausnahme Einrichtung ge troffen, daß solche Personen, welche für sie als Agenten thätig sein wollen, die nöthige schriftliche und mündliche Instruction erhalten. Wer also Lust zu einer derartigen Thätigkeit hat, braucht nicht besorgt darum zu sein, daß ihm zunächst die nöthigen Sachkennt nisse fehle», diese wird er sich, wenn er sonst gesunden Verstand hat, bald aneignen. Die sonstigen Eigenschaften eines guten Agen ten, nämlich Umgänglichkeit mit Menschen, artige- Betragen, eine gewisse Dreistigkeit ohne Zudringlichkeit, und andere- sind Eigen- Mten, die man heut zu Tage bei jedem guten und thätigen 257 GeschäftSmanne vorauSsetzt, die sich überhaupt jeder Mensch an eignen muß. ES giebt eine große Anzahl Geschäftsleute, die ihr Beruf ohne hin dazu nöthigt, mit anveren Menschen in unmittelbaren perfön- Uchen Verkehr zu treten. Solche eignen sich am Besten zum Agen ten. Und sicher werden sich unter diesen genug befinden, die zeit weilig nur geringe Beschäftigung haben. Wenn diese ihre müssiae Zeit dazu benutzen wollten, Lebensoer, icherungen zu vermitteln, so hatten sie nicht allein einer guten Sache gedient, sondern auch einen ansehnlichen Nebenerwerb. Der Schreiber dieser Zeilen, der zwar niemals Agenturgeschäfte gemacht hat, doch das Geschäft selbst aus seinem vieljährigen Ver kehr mit Versicherungsgesellschaften genau kennt, weiß recht wohl, daß ein gewisses Borurtheil gegen eine derartige Agenturthätigkeit besteht, deren Seele der unmittelbare Verkehr mit dem Publicum ist. Die ä'teren und, man verzeihe den Ausdruck, philiströsen Praktiker deS Lebensversicherungswesens wollen nichts davon wissen, daß eine so edle Sache, wie die Lebensversicherung, auf dem Markte des Lebens gleichsam angeboten nnd verhandelt werden soll Sie meinen, eS genüge, daß der Agent ruhig warte, bis derjenige, welcher eine Versicherung abschließen will, durch daS Agenturfirma angezogen, zu ihm inS Haus oder GeschäftSlocal kommt. Auf diesem Wege ist nicht der hundertste Theil der Lebensversicherungen zu Stande gebracht worden. Denn die Meisten kennen eben die Sache gar nicht und werden erst durch den persönlichen Verkehr mit den Agenten darüber belehrt, oder sie sind zu bequem und verschieben eS von einem Tage zum andern, bis sie der Tod über rascht. Man laste also ruhig drese alten Herren den Kopf schüt teln zu dem heutigen Treiben und diene ohne Scheu einer guten und nebenbei auch gewinnbringenden Sache. Allerdings verab scheut man solche Agenten, die mit der kecksten Unverschämtheit die gemeinsten Mistel, wie Herabsetzung anderer Gesellschaften, als die von ihnen vertretene, anwenden, um zum Ziele zu gelangen. Allein zwischen Leuten solchen Gelichters, die den ehrlichen N men eines Agenten nicht verdienen, und Agenten, wie sie der Schreiber dieser Zeilen im Sinne hat, ist ein sehr großer Unterschied. Je mehr aber sich tüchtige, thätige und ehrenwerthe Leute dazu ver anlaßt fühlen, Agenturgeschäfte zu machen, um so mehr werden jene gemeinen Ausschreier verschwinden. Es lasse sich auch Niemand abhalten, einen Versuch wenigstens mit Vermittelung von Lebensversicherungen zu machen, der die nöthige Beredsamkeit nicht zu haben meint, oder sonst sich für zu schüchtern hält. Auch ist eS nicht nöthig. daß er Kaufmann ist. Auch Gewerbtreibende eignen sich dazu Denn eS ist hinlänglich bekannt, wie oft gerade die Agenten, zu denen man ihrer äußeren Erscheinung halber das meiste Zutrauen hatte, doch schließlich nicht dazu taugten, und wie andererseits ebenso oft schüchterne und wort karge Personen, nachdem sie ein gewisses Borurtheil überwunden hatten, die besten Agenten geworden sind. Das weiß jeder Practiker. Sollten die vorstehenden Zeilen Veranlassung werden, der Lebensversicherung gute Agenten zuzuführen, so hätte der Schreiber einen doppelten Zweck erreicht, einmal der guten Sache selbst ge dient, dann aber auch, eine gute Erwerbsquelle eröffnet zu haben. Verschiedenes. * Leipzig, 10. Januar. Die wichtigen Nachrichten, welche aus Amerika eintrafen, schreibt die osficiöse Berliner N. Allg. Ztg., werden kaum überraschen, denn wir haben stets darauf hingewresen, daß die Niederwerfung der Südstaaten und die Aufhebung der Sklaverei weit davon entfernt seien, in der Geschichte der Union als der Markstein zn gellen, von welchem ab die neue Aera de- Friedens für das schwer heimgesuchte Land beginnen wird. Die Sklavenfrage war niemals die Ursache, sondern nur der Vorwand deS Bürgerkrieges, welcher keinen andern Beweggrund hatte, al ben verzweiflungsvollen Versuch der conservativen Partei, welche sich im Süden in ihren materiellen Interessen bedroht sah, die Herrschaft der Radikalen abzufchütteln, die zum ersten Male im Jahre 1860 durch die Wahl deS nachher ermordeten Präsidenten Lincoln ans Ruder gekommen waren. Aber nirgends und nie mals, selbst in Amerika nicht, wird der Radikalismus regierungs fähig sein. Er kann einen Augenblick die Gewaltherrschaft führen, aber vur um sich selbst zu vernichten, wie wir dies bei dem fran zösischen Convent gesehen; — um eine dauernde Regierung her- zustellen, muß eine Regierung konservativ sein oder es werden. Präsident Johnson ist ein lebende- Heugniß dafür. Unter den Radikalen der Radikalste verdankte er ernzrg seiner Thätigkeit auf diesem Gebiete die Stellung des Vicepräsidenten der Union. In dem Augenbl'ck aber, in welchem er durch den Tod des Präsiden ten Lincoln unerwartet dazu berufen wurde, die Zügel der Regie rung in die Hand zu nehmen, befand er sich dem Drlewma gegen über, entweder seine Parteigrundsätze zu verlassen und den Staat nach dem einzig möglichen RegierungSprincip, dem conservativen, zu leiten, oder aber dem Radikalismus Raum zu der Verwirklichung
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