Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1867
- Erscheinungsdatum
- 1867-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186703040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18670304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18670304
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1867
- Monat1867-03
- Tag1867-03-04
- Monat1867-03
- Jahr1867
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1867
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Anzeiger WIMaü dli Kmgl. BkjiiWiW mid dkS RW dir SIM LiWg. M «3. Montag deA 4. März. 1887. Bekmmtmachung. In Bezug auf den am 4. d. M. stattfindenden Carneval - Festzug wird Folgendes hiermit angeordnet. In den Straßen, durch welche der Festzug geht, ist während der Dauer desselben jede Handthierung zu unterlassen, welche dem Verkehre hinderlich ist; insbesondere kann das Halten irgend welcher Geschirre, das Sägen und Spalten von Brennholz nicht gestaltet werden. So lange der Festzug eine Straße nicht völlig verkästen hat, ist nur Fußverkehr in derselben zulässig. Geschirrführer, welche den Weisungen der aufgestellten Wachposten nicht Folge leisten, haben sofortige Arretur und Bestrafung zu gewärtigen. Leipzig, den 2. März 1867. Der Rath und das Polizei-Amt der Stadt Leipzig. vr. Koch. vr. Rüder. Narren - Sonetten - Kranz. Sr. hanswurstlichen Hoheit dem Prinzen Carneval gewidmet. l. Dem Leben heitre Seilen abgewinnen Und schon von Jugend auf sein Herz gewöhnen, Mit wechselndem Geschick sich zu versöhnen, Ist's wirklich denn so thörichtes Beginnen? Wer wollte nicht um Freude lieber minnen, Als — dunkler Götzen dunklem Dienst zu stöhnen — Fernab von Becherklang und Liedertönen Drr Raupe gleich das eigne Bahrtuch spinnen? Das Leben spiegelt DaS, wozu wir'- machen, Es ist ein Iammerthal dem grämlich Blinden, Dem Feigen ein Versteck voll Molch' und Drachen. Wir aber, die mit Blumen eS umwinden, Wir nennen's einen Mummenschanz und — lachen. Ist's schwer, in diese Weisheit sich zu finden? II. O Narrheit! HanSwurst! — Wer an Euch den Glauben Bewahrt, deß' Hirn geht nun und nimmer Pleite: Er nimmt dw Dinge von der besten Seite Und lächelt ob der Widersacher Schnauben. In stetem Wust mag der Gelehrte klauben Zu Pergament verdorrt im Federstreite: Wer seine Kappe mit der Schelle weihte, Vertieft sich lieber in de» Saft der Trauben. Er fragt nicht, wer den Brauch zuerst erkoren, Wer ihn einst windelte und trocken legte: Allorlen gab'S zu allen Zetten Thoren. Der erste Ulk, der sich im Busen regte, Er hat den ersten Carneval geboren, Das Fest, das später eine Welt bewegte. m. Seitdem die Weisheit närrisch ist geworden, Ist nur der Narr der allergrößte Weis« — Drum tönet hohen Flug- zu seinem Preise DaS Lied in dithyrambischen Accorden. Er bleibt sich treu im Süden u»d im Norde» — Wie Politik und Welt und Lebe» kreise: Er wandelt die gewohnten Narrengleise Und tauscht die Pritsche »icht um ei»en Orden. So mögen denn die Klänge feiner Schellen In Leipzigs Mauern harmlos widertönen Und selbst deS Griesgrams finfive Stirn erhellen! Hört ihr deS höhern Blödsinns Donverdröhnen? Der Klappergrrdr Festdrommetrn gellen? Auf, Narren, auf, den Carneval zu krönen! Der deutsche Carneval in feiner Bezieh»«- zur deutschen B-tterfa-e. L. ll. Die Entstehung deS CaruavalS pflegt so dargchellt zu »erde», all ob dieselbe durchaus nur in den «kölnischen Ba<Ha- nalien, Saturnalien und Luperkalien gesucht werden müsse; die Sitte habe sich später, von Italien aus, nach andern Ländern ver breitet und — so war erst jüngst zu lesen — „unser ohnehin vom Nachahmungstriebe besessenes deutsches Vaterland sei pflicht schuldigst mit Einführung dieser Narrheiten und Ausgelassenheiten nicht zurückgeblieben/' Daß der italienische Carneval in seinen Uranfängen bis >u den genannten vorchristlichen Festen hinaufreicht, darüber kann ein Zweifel sein, wenn dabei auch weniger an dionysische Schwel gerei, als vielmehr an Bacchusmysterien zu denken sein dürfte. Ander- verhält es sich mit dem deutschen Carneval: seine Wiege stand unstreitig auf heimischem Boden. — Der Norden selbst hat den nordischen Carneval geboren. Gegenwärtig, wo der Versuch gemacht werden soll, den Carneval der uns emzu- führen, oder vielmehr wieder einzusühren (denn auch in Leipzig Händen im Mittelalter Fastnachtsumzüge statt), dürfte ein Blick auf des deutschen CarneoalS Ursprung und Entwickelung nicht ohne Intereste sein. Nehmen wir unfern AusgangSpunct vom Namen selbst. Die Forschung hat nachgewiesen, daß Carneval nicht mit dem beliebten eurno vale! (Fleisch, lebe wohl!) übersetzt werden dürfe, weil nicht die Fastenzeit, sondern die mehrwöchentlrche Zeit deS Lebens genusses diesen Namen führe. Carn bedeutet im Gälrschen: Opferaltar, Feuerbrand. Der gälische Carneval endete mit einem Aufzuge durch die Straßen, bei welcher Gelegenheit ein Popanz umhergeführt und zuletzt in einen Fluß gestürzt wurde. Die Deutung dieser symbolischen Handlung wird weiter unten erfolgen. Am nächsten Sonntag wurden Carnfeuer angezündet, um welche die Kinder Chorgesänge aufführten. Andere übersetzen Carneval mit „ Sch-.ffswagen ", oar-naval. Allgemein verbreitet war einst m Deutschland der CultuS der Isis. Ähr Zeichen war ein sonderbares Gefährt, halb Schiff halb Wagen, welches Wasser und Land zugleich befuhr. (Tacitus erzählt, daß dieses Schiff der Isis in der Schwebe umhergetragen wurde.) An deu Isisdienst erinnert nun ein Brauch, der noch in christ licher Zeit herrschte; in Schwaben wurden nämlich zur Zeit deS beginnenden Frühjahr- Schiffe umhergezogen, was auS emem im Ulmer RathSprotokoll vom Jahre 1530 enthaltenen Verbot des HerumfahrenS mit den Schiffen und deS Anziehens von Fastnachts- Neidern sich schließen läßt. Also noch im 16. Jahrhundert herrschte die Sitte, freilich nur als Fastnachtsschwank, da daS Motiv nicht mehr bekannt war, man aber den althergebrachten Brauch dennoch nicht aufgeben wollte. Wir haben hier eine Travestie eines heid nischen Religionsgebrauches vor uns, und um eS sogleich zu sagen, dergleichen Travestien des heidnischen Cultus liegen fast sämmtlichen Faftnachtsscherzen zu Grunde. In Leipzig wie an anderen Orten war eS z. B. Sitte, daß die Jung gesellen am Fastnachtsdienstag einen Umzug hielten: sie führten dabei einen Pflug herum und zwangen die unterwegs ergriffenen Uttäochen, am Joch zu ziehen, zur Strafe, dast sie noch nicht ge heiratet halten. Auch dieser Brauch ist eine Travestie de- IsiS- diensteS. Isis, die mütterliche Gottheit, war dem Ackerbau und der Schifffahrt, der Liebe und Ehe hold. Ihr war der Pflug heilig und Pflüge wurden bei ihren Umzügen mit dem Schiff umheraeführt. Nicht im römischen, sondern im 'germanischen Götterglauben wurzelt also, wie wir schon jetzt deutlich erkennen, die Sitte deS
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite