Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186210228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18621022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18621022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1862
- Monat1862-10
- Tag1862-10-22
- Monat1862-10
- Jahr1862
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1862
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
88K2 „Unterm 24. d. M. ist daher derselben znr Abgabe dieser Er klärung der 27. October d. I. al- letzte FrP fßstgeseyt worden". Es hatte dabei vorläufig »u beweNve«. Die Zuschrift, betreffend die ÄmnchrnNg des Beamtenverfonals der Stadtsteuer-Einnahme, gelangte an den Finanzausschuß, eine Zuschrift, die fernere Besoldung des Dirigenten der Gasanstalt betreffend, sn den für letztere bestellten Ausschuß. (Fortsetzung folgt.) Laulbachs Carton: was LeformationsMalter. Seit einiger Zeit zieht die im Kunstverein ausgestellte Photo graphie von W. v. KaulbachS jüngstem Werke, dem letzten der für das Berliner Museum bestimmten CartonS, die Aufmerksamkeit des Publicums auf sich. Wem die übrigen fünf Bilder des ChkluS bekannt find, der wird von vorn herein mit dem Bewußtsein an das neue Werk treten, daß der Künstler in demselben eine von den bisherigen stofflich verschiedene Aufgabe zu erfüllen hatte. Wenn in der Völkerscheidung, der Blüche Griechenlands, der Zerstörung Jeru salems, der Hunnenschlacht und den Kreuzzügen ver Künstler die volle Freiheit hatte, nicht nur die darzustellende Situation, sondern auch die bei denselben wirkenden Gestalten rein aus sich heraus, aus seiner Phantasie zu erschaffen, so wurde eS bei dem letzten Bilde, dem Neformationszeitalter, für ihn zur Pflicht, eine Reihe von Persönlichkeiten, die im geschichtlichen Bewußtsein der ganzen Nation leben, die zum Theil im Portrait fixirt und allerorts be kannt sind, zu einem Bilde zu vereinigen. Er mußte sich der Gefahr bewußt werden, daß er leicht anstatt eines Bildes nur eine Gallerte historischer Persönlichkeiten, statt eines Ganzen nur eine Reihe von Theilen geben konnte. Um diese Gefahr z« ve<- meiden gab es für ihn nur einen Weg. Er mußte all diese ein zelnen Theile einigen unter einer künstlerischen Idee, er mußte das einzelne Glied in Bezug zum Ganzen setzen, und da« Ganze var- stellen wie es erst ein Ganze« wurde durch ein allen seinen Theilen Gemeinsames. Sehen wir zu wie Kaulbach diese Aufgabe gelöst habe. Beim ersten Blick auf das Bild vermögen wir ver schiedene Gruppen zu unterscheiden: zwei im Vordergrund zu beide» Seiten des Bildes, eine große in der Mitte des Hintergrundes, an die sich wieder je eine rechts und links reihen. Zwischen beiden Theilen des Vordergründe« erblicken wir noch eine ifölirte Figur und zwischen Vorder - und Hintergrund ist durch eine selbstständige Gruppe die Lücke auSaefüllt. Doch wir wollen nicht Theile als solche, wir wollen ein Ganzes sehen, und wie sich im Reformations zeitalter gleich allen gewaltigen Epochen der Menschheit das in Tausenden verstreute und vereinzelte Streben concentrirt in einer Persönlichkeit, die wir als den Typus, den Träger, den Mittel- punct jener Zeit bezeichnen, so suchen wir auch bei einer künst lerischen Darstellung nach einem Mittelpuncte, in dem sich die einzelnen Gruppen zusammenfinden, durch den sie zu einem Ganzen geeinigt werden. Dieser Mittelpunct ist Marttn Luther. Die angehängte Beschreibung nämlich belehrt uns, daß jene Gestalt vor dem Altar, welche mit beiden Händen hoch über dem Haupte ein mächtiges Buch aufgeschlagen hält, der große Reformator sein soll. Wir vermögen in Dieser auf der Grenze zwischen Jünglings- und Mannesalter stehenden Figur kaum einen Zug Luthers wiederzu erkennen. Nicht das kernige kräftige Gesicht, wie eS Kranach für alle Zeiten im Volke lebendig gemacht hat, sehen wir, sondern etwa einen jugendlichen Fanatiker mit starren weitgeöffneten Augen. Ebenso wenig kann das Luther sein, der mit einer so hohl pathe tischen und nebenbei nichts weniger als künstlerisch schönen Geberde die Bibel emporhält — niemand Anderem als dem Beschauer ent gegen. Er, die Seele der Reformation, steht auf dem Bilde völlig isolirt, und ist allein um des leidigen Effects willen da. AuS der ganzen Gestalt spricht deutlich genug, daß der Künstler keine Ahnung hatte von der Herrlichkeit und Größe Luther-, und nur völlige Theilnahmlostgkeit konnte einen solchen Manu, in dem Demuth und Muth gepaart waren, in so komödiantenhafter Haltung dar stellen. ES wird dies freilich Niemand befremden, der dre Art kennt, mit welcher Kaulbach unfern großen Männern und ihren Schöpfungen zu begegnen pflegt — einen Beweis tiefer» sinne Goethebilder. Doch auch mit den großen Männern anderer Nationen ist nicht glimpflicher verfahren worden. Wenigstens vermögen wir eS nicht mit den Forderungen der Pietät zu verewigen, wenn (im rechten Seitenschiffe) Männer wie Leonardo da Vinci und Michel Angelo als Statisten figuriren, wenn Rafael als halbwüchsiger Bursche seine Schule von Athen in der Hand dargefteüt. wird, und dicht neben ihm ein zwerghaster verkrüppelter Gehülfe Guttenberg« sein Wesen treibt — wahrscheinlich eine Ausgeburt des bekannten „Kaulbachschen Humors!' „Ueber solchen Dingen", sagt Jacob Grimm, „liegt ewe zarte Eihaut des Volksgefühls", und e« bedarf keiner so zarten Eibaut, um verletzt zu werden durch die Be scheidenheit, mit welcher sich Kaulbach selbst, gegenüber der Zurück setzung jener großen Meister, als zu Albrecht Dürer hinaussteigend darstellt. — Ebenso wenig ist Shakespeares Portrait gelungen, dem durch ein „schönes Gesicht" mit wohlfrisirtem Haar noch lange nicht genüg -Ith« ist, nicht minder mißlungen ist Ulrich votz Hvtten, mit den bekannten st«ren Kaulbachschen ANgen, Vie wF sch-N bei Luther stznden. DaGßgen erscheine« eine Reihe von Figuren, deMi Hervor hebung oder Such Nur Erwähnnng gerade wegen des oben gerügten Uebelstandes doppelt empfindlich ist. Diese Persönlichkeiten hier namentlich aufzuführen würde zu weit führen; die angeheftete Er klärung nennt ihre Namen. Allein zu beklagen ist es, wenn die aroßen Meister der Nation Programmbilder malen, mit denen das Publicum wenig oder nichts anzufangen weiß, wenn eS etwa un glücklicherweise die Erklärung zu Hause gelaffen hat. Es wird nicht geläugnet werden können, daß wir auf einem derartigen Bilde, welches bestimmt ist dem Volksbewußtsein, der Liebe und Verehrung de- Volkes für seine großen Männer und ihr Werk, eine große Zeit, lebendigen Ausdruck zu leihen, daß wir auf einem solchen Bilde vorzugsweise die größten Männer, aber diese auch in ihrer würdiger Weise erblicken mögen. Die- fithtt uns von den Einzelnheiten wieder auf das Ganze zurück, Garabe das Be streben, aus einem sehr «»«gedehnten Zeiträume und den mannig faltigsten Gebieten geistigen Strebend eine möglichst große Zahl von Repräsentanten darzustellen, ist dem Maler gefährlich geworden. Da er sich seine Aufgabe zu wenig begränzte und möglichste Voll ständigkeit zu erreichen suchte, hat er kein einheitlich künstlerisches Werk geschaffen. Er hat e« sehr wohl verstanden, uns in Grnppen eine Reihe der damaligen die Menschheit bewegenden Interessen zu schildern; das religiöse Element, das Wiedererwachen des Alter- IhumS, die Entdeckungsreffen und die Naturwissenschaften so wie die Kunst senden Vertretung — allein grade durch seine Darstellung könnten wir dem Jrrthum verfallen, als hätten diese Einzelbe strebungen nichts Gemeinsames gehabt, als wären sie alle neben einander kalt und fremd einhergegangen, als wäre nicht grade das RHottuttiottSzeitalter diejenige Periode unserer Geschichte, von der es mit Recht heißen mag: mancherlei Gaben und ein Geist. Frei lich mußte eS Kaulbach sehr schwer geworden sein, eine Einheit in diese Menge von Persönlichkeiten zu bringen, denn er faßt in der That den Begriff de« ReformationSzeitalterS denn doch zu weit, wenn er etwa bei Petrarka beginnt und bei Gustav Adolf aufhört Nicht daS Gleiche gilt von den im Halbkreis der Nische sitzenden Gestalten, welche, odschon meist einer früheren Zeit angehörig, doch in ihrer idealeren ruhigen und abgeschlossenen Haltung der Forde rung historischer Zeitfolge entrückt und so gewissermaßen von den Fesseln von Mllln anv Mt gelöst erscheinen. So macht denn diese Mitte des Hintergrundes den wohlthuendsten und abgerundet sten Eindruck, der leider immer mehr beeinträchtigt wird, je mehr man, von dem sogenannten Luther an, Mittel- und Vordergrund so wie die Seitenschiffe betrachtet. — Noch ein Umstand tritt hinzu, der die Lösung der Aufgabe erschwerte — die Wahl des Locals. Da in der Mitte des Bilds« sich der Altar befindet, an welchem eine ausgeprägte kirchliche Handlung, die AuSspendung des Abend mahls vor sich geht, vorgenommen von den Trägern de« neuge- bornen Protestrntis«»«, so ist der Charakter des LoealS von vorn herein fixirt und e« ist eine protestantische Kirche. Wären nun die einzelnen Gestalten nicht «it einer so realistische», ja sogar das Zufällige und Unschöne im Portrait bewahrenden Nalurwirklich- keit dargesteüt, wäre vor Allem Aller Sinn auf die heilige Hand lung, dre in der Mitte vor sich acht, gerichtet — wären sie wenig stens Alle als verschiedene Äußerungen der großen, jene Zeit bewegenden Idee gefaßt — so könnte man sich wohl vorsteüen, wie diese Fülle verschiedenster Individuen insgesammt dort vereinigt wäre. Kein Mensch wird fragen, wo denn die in Rafaels Schule von Athen dargestellte Handlung vor sich geht. Alle die dort ge schilderten Figuren find Individuen, in deue» ftch eine Idee in individuell verschiedener Weise offenbart. Und selbst Diogenes ist von demselben AuSgangSpunct ausgegangen, allein freilich zu dem Resultate gelangt, welches der Künstler in leiser humoristischer Art andmtet. Anders bei KaulbachS Bild. Hier fragen wir — wie kommt in eine Kirche EolumbuS, Behai« mit seinem Globus, Petrarka mit dem antiken Sarkophag, der Jesuit Balde mit der antiken Muse, Shakespeare als Schüler Petrarka'S, was haben hier zu thun Guttenberg mit dein häßlichen Gesellen, wa- hat Keppler, Köpernikus mit seinem Sonnensystem, wa- endlich Hans Sachs, der so recht in seines Dasein- ganzer Alltäglichkeit, als Schuster und an den Fingern abzählender Poet vor u«S sitzt, an diesem Orte zu thun- Unseres Erachten« nach mußte der Künstler für das Reformationszeitalter nicht nur einen geschloffenen Raum wählen; eine Zeit, welche die Schranken de- mittelalterlichen Bewußtseins auf allen Gebieten durchbrach, durfte »icht in einer engen ge schlossene» Kirche dar-estellt werden. Dem Blick mußte Freiheit gegeben werden, jene» kühnen Entdeckern wach, »eit übers Meer zu schweifen und nach der nur mittelbare» Bedeutung, welche EolumbuS für diese Zeit hat, wäre ihm durch «me etwa» bescheid nere Erwähnung wohl genim geschehen, wobei auch der Handel jener Zeit hätte Gedenken finden mögen. Ueberhaupt vermissen wir nur ungern gerade bei diesem Stoffe die Mitwirkung der Naturdarstelluna. Wie ganz ander- würde z. B. das Wieder aufleben de« Alterthvm« wirken, wen« seiner Geburisstätte dabei Nicht ganz vergessen worden wäre. Doch alle diese Möglichkeiten
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder