Vierzehntes Kapitel Denken und Aktivität All unser redlichstes Bemühn glückt nur im unbewußten Momente. Wie möchte denn die Rose blühn, wenn sie der Sonne Herrlichkeit erkennte! Goethe Der Mensch kann nicht lange im bewußten Zustand oder im Bewußtsein verharren; er muß sich wieder ins Un bewußtsein flüchten, denn darin lebt seine Wurzel. Goethe Und was die Menschen meinen, das ist mir einerlei. . . Nach fröhlichem Erkenntnis erfolge rasch die Tat! Goethe Hundert Jahre sind es her, seitdem Eckermann aus Goethes Munde das große Bekenntnis hören durfte; »Jede Produktivität höchster Art, jedes bedeutende Apercu, jede Er findung, jeder große Gedanke, der Früchte bringt und Folge hat, steht in niemandes Gewalt und ist über aller irdischen Macht erhaben. Der gleichen hat der Mensch als unverhoffte Geschenke von oben, als reine Kinder Gottes zu betrachten, die er mit freudigem Dank zu emp fangen und zu verehren hat. Er ist dem Dämonischen verwandt, das übermächtig mit ihm tut, wie es beliebt, und dem er sich bewußtlos hingibt, während er glaubt, er handle aus eigenem Antriebe. In solchen Fällen ist der Mensch oftmals als ein Werkzeug einer höheren Welt regierung zu betrachten, als ein würdig befundenes Gefäß zur Auf nahme eines göttlichen Einflusses.« Jahre zuvor hatte sich Goethe ähnlich geäußert: »Das Bewußtsein des Dichters ist eine schöne Sache, aber die wahre Produktionskraft hegt doch am Ende immer im Bewußtlosen.« Von dem Phänomen des Unterbewußten beim Schaffens vorgang hat Goethe gleichfalls Kunde gegeben, wenn er a56