Einundzwanzigstes Kapitel Erfolg und Mißerfolg Liegt dir Gestern klar und offen, wirkst du heute kräftig frei, kannst auch auf ein Morgen hoffen, das nicht minder glücklich sei. Goethe Es kommt doch am Ende darauf an, daß man aushält und die andern überdauert. Goethe Am Ende stellt sich alles her, wenn derjenige, welcher weiß, was er will und kann, in seinem Tun und Wirken unablässig beharrt. Goethe So vielfältig die heranwachsende Generation auch sein mag - in einem einzigen Streben ist sie völlig einheitlich, fast in deutlichem Gegensatz zur früheren: nichts liegt ihr an einem langsamen sicheren Vorwärtsschreiten, sie will schnell zu Produktivität und Erfolg gelangen. Ist das reine Oberflächlichkeit und Äußerlichkeit, oder spricht sich hierin ein Streben nach neuer Vollendung aus? Jedenfalls äußert sich so ein neuer gesteigerter Lebenswille - deutet er aber den kommenden produktiven Menschen an? Dabei fällt freilich ein Wermutstropfen in den Freuden becher: den weitaus meisten jungen Menschen ist es bei dem erstrebten Erfolg nicht um das Gehngen der inneren Lei stung zu tun, nicht wird in der guten Vollendung des Wer kes selbst der Erfolg erblickt, sondern er wird meist rein äußerlich und materiell aufgefaßt. Erfolg ist gewiß nicht nur rein materieller, wirtschaftlicher Erfolg, denn solcher ist nur ein Teilerfolg, und nur Amerika blieb es Vorbehalten, in Seelenblindheit beides gleichzusetzen. Besonders wir Deut schen wissen, daß im Gegenteil der »Gewinnler«, der plötz lich Reichgewordene, oft weit davon entfernt ist, Lebens erfolg zu haben, d. h. das Leben zu meistern, was ihm innere Leerheit und Unkultur nicht selten unmöglich macht. Wahrer Erfolg ist ohne Verinnerlichung gar nicht denkbar.