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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.06.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187106275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18710627
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18710627
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-06
- Tag1871-06-27
- Monat1871-06
- Jahr1871
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.06.1871
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ee i in alle» d Ehrru- gkgrbcuei . ersuch» »er umn- »«. -rfcheiut täglich früh 6»/, Uhr. RMckt»» »u> «kpeditio» gchannisgassr 4/ü. flvL» Nedacteur Fr. Hüttorr. -pnchstimdc d. Nedactiou >«»»,^« »oa 11—>r Udr «-»-„»12z« von 1—ü Udr- >ll«»« der für die nächst. WM Rümmer bestimmtm jzrma in den Wochentagen W 8 llhr Nachmittags. MMer Tam-blM Anzeiger. !fest uns W- Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. >ufl«ge VVOO. Xdoniementsprel» vierteljährlich t Tblr. ?'/« Nqr^ tucl. Bmigerlobn 1 Thlr. tu Agr. Inserate dir Spaltzeile 1'/« Ngr. Neclamea unter d. Redacllonnfirtch die Spaltzeile 2 Ngr. Filiale Ltto Klemm. Universitätsstraße 22, Loral-Comptoir Hochstraße 21. ^ 178. Dienstag den 27. Juni. 1871. Bekanntmachung. Die Abstempelung ausländischer Inhaber-Papiere mit Prämien findet bei der hiesigen Ober- Masse vom 28. Juni d. I. ab an den Wochentagen in der Zeit von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr MmiilagS statt. Formulare zu den mit vorbezeickneten Papieren einzureichendcn Verzeichnissen können bei der atnzeichneten Caffe unentgeltlich in Empfang genommen werden. Leipzig, den 26. Juni 1871. Ober-Post'Taffe. Kausche. Revaccination hiermit angeboren, und soll bis auf Weiteres jeden Mittwoch NachmittagS pou t—4 Uhr im Dnffetsaale deS alten Theaters stattfinden. In Berücksichtigung der z. Z. häufig vorkommenden Pockenerkrankungen fordern wir daS betheiligte Publicum auf, von vorstehendem Anerbieten fleißig Gebrauch zu machen. Leipzig, am 27. Marz 1871. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. Jerusalem. Fkldverpachtung. Die der Stadtgemeinde Leipzig gehörigen beiden Aeldpläne von 21 Acker 190 lllR. Parzellen 2507—9 der Stadtstur, an der Connewitzer Chaussee (vor maliger Turnfestplatz^, so wie 10 Acker 1I3V, üW. der Parzelle Nr. 126a des Flurbuchs für Probsthaida, an der Hochanlage der Stadtwafserkunst, sollen einzeln anderweit auf die neun Jahre 1872 bis mit 1880 an die Meistbietenden verpachtet werden Wir haben hierzu Termin an Ralhsstclle auf Dienstag den 4. Juli d. I. Vormittags 11 Uhr anberaumt und fordern Pachllustige auf, in demselben zu erscheinen und ihre Pachtgebote zu thun. Die Licitations- und Verpacktungöbedingungen liegen sckon jetzt zur Einsichtnahme bei uns aus. Leipzig, den 24. Juni 1871. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. E. Stephani. Cerutti. Bekanntmachung, den Schankcanon betreffend. Sm 1. nächsten Monat- wird der Schankcanmi auf daS Jahr 1871 zahlbar. Die Herren Gast- und Schankwirthe, die mit Schankconcefsion versehenen Herren Kaufleute und Leiihändler, inyleichen die Herren Conditoren werden hierauf hingewiesen und aufgefordert, den fdatlen Canon in der Zeit vom R. bis LS. Juli dieses Jahres a die RathS-Einnahmestube abzuführen. Leipzig, den 22. Juni 1871. DeS RathS ginauz«Deputation. Bekanntmachung. Tie unentgeltliche Impfung der Tchunpocken wird allen unbemittelten, in hiesiger ktadl wohnhaften Personen irden Alters, namentlich auch schon früher geimpften Erwachsenen zur KM tvogel. i^Vneiilt- »Ä. hrung am ! dringend m«l. luag bei D E tust ncch chlief nach l ler ZnwaMrn Leiden der r zu Gohlis ffene». eute Nach über Sohn in seinem ne bittend, n. Freunden Hst Frau. nach zwkls- Gatte und )ahr alt. ^ nebst Kind. acb lange» ) Vater der t und ruhig chter in die bittet > Kinder. öchentlichea -ln»« i« her dabinze- . Diesetzur Bekannte». kltern bst Frau. Kinde» be ll hierdurch nd Fra». rralm dB ssn« ro» Inn! IS', ml IS'. Die Gruppe Belgien nnd Zeichnungen flragt, tleues Theater. IN» Leipzig, 26. Juni. DaS Lustspiel: „Der klörenfried" von Roder ich Benedix gehört > »den CharaklergemLIden, in denen sich die ganze haadlura um einen Hauptcharakler dreht und von fdusem bestimmt wird. Das Stück ist im Grunde mehr än Schauspiel, als ein Lustspiel zu nennen; !de»n von eigentlich komischer Wirkung sind nur venige Scenen; die ernsteren herrschen vor und 'vd ost mit zu großer Breite auSgeführt. Die Wirkung des Stückes hängt von der Dar stellung de» Hauplcharaklers ab. Der zur gefähr lichen SpecieS der Schwiegermütter gehörende „Störenfried" (GeheimrLihin Seefeld) wurde von Km« Fried-Blumauer ganz vortrefflich dar- gMt urid zwar gerade deshalb, weil sie aus ihm nick einen feuer- und stammenspeienden Hausdrachen maitlt, sondern nur ein vorurtheilsvolles Wesen, bei vtlchem einige phrenologische Organe weiblicher Wr mit besonderer Stärke ausgebildet sind. Tazu gehört namentlich die Eitelkeit, daS Gewicht, KL auf Äußerlichkeiten, auf adelige Herkunft, Rang und Titel, auf den Luxus der Einrichtungen gelegt wird, die Sucbt, die reifere Einsicht geltend zn macken, sich in Alles zu mischen, eine gewisse -laiscksuckt und der Eifer, aus den Miltheilungen tcSMlger Klatschschwestern Capital zu schlagen. Tiefe Musterkarte ist bunt und reichhaltig genug; KLHalb braucht aber der Grundzug des Charakters neck nickt bösartig zu sein. Und in der That, wer daS Behagen sah, mit welchem oie Gehcimräthin sich per Liebenswürdigkeit des ehrwürrigcn Herrn Müller hingab, wie da die Eisnnde von ihrem hn»n niederthaute, der mußte sich sagen: „In der Thal, die Krau ist doch so Übel nicht!" Das mar der Vorzug, den wir im Spiel der Frau Frieb-Blumauer anerkennen müssen; sie ver- sibwica und verdeckte keine der Härten undSchwächen deS CharaklerS ; sie ließ in vielen Scenen „die nnanLstehliche Prise" in voller Glorie erscheinen; aber sie machte gerade keine bösen Sieben von stopf zu Fuß aus der Schwiegermutter, denn damit »äre der Antheil an der Rolle und an dem Stück «erloren gegangen. Herr Toring gab den ehrlichen alten Herrn „Müller", der sich auf einmal in einen Jniri- uauten verwandelt, als ein treffliches Bild, für da- man einen Rahmen wünschte, um eS festhal- leu zu können — so auS Einem Gusse war dieser kemeler kleinbürgerlicher LebenSkreise. Nament lich amüstrtc die Galanterie, zu der sich der alte Herr, im Interesse seiner höheren Pläne, empor Fräulein Räder gab als Köchin „Babette" bat mit frischen Zügen ausgeführte Genrebild mit» resoluten weiblichen KüchenwachtmeisterS und ammandirte namentlich den Bräutigam Henni »elchem Herr Tietz die nöthigen Attribute der Eigen Beschränktheit gab, »n einer sehr ergötz men Weise. Die Kammerjungfer Minette, eine Art von „vauernfängerin", wurde von Frau Gut perl ml der Koketterie einer geschminkten Zofe „bei wahren" gut dargestellt. DaS Kleeblatt erntete, nächst den beiden Gästen, den meisten Beifall. Die anderen Rollen sind nicht gerade dankbar st nennen. „Lonaü" ist ein edler Charakter ohne die leiseste Schattirung menschlicher Schwäche, llebndies befindet er stch fortwährend m der «angenehmen Lage geärgert zu werden. Herr Mittel! fand sich mit der Rolle wie immer mit «Im Anstand eire» routinirten Darsteller- ab. Kmkntlich führte er die Scene der Aussöhnung «t der Gattin trefflich durch und wurde hier gut sunndirt durch da» Spiel de- Fräulein Hüttner Thekla), welche im Uebrigen ihrer Rolle einen kdmt zn blasirten Grundzug gab. Fräulein Zipfer hielte die „Alwine Weiß" mit mädchenhafter An- pikant ist da- gute Kind im Uebrigen Unser „Romeo" und „Max", Herr Sleinar als „Hubert Maibera" zeigte sich uns zum ersten Male in einer Frackrolle, die allerdings nur unbedeutend ist — braver Mensch, treuer Freund — dies Signalement hat weiter keine besonder» Merkmale. Herr Steinar be wegte sich auf dem Boden dieser Moralbegriffe durchaus mit angemessener Haltung. Herr Grans (Graf Marrling) gab seiner Episode den ent sprechenden kaut-gout und Herr Gilt als Gärtner Ehrhardt schloß sich dem alten Müller als gleich würdiger Veteran an. Rudolf Gottschall. Jubelfeier des 50. Stiftungsfestes des Vereins Thalia. ^ Leipzig, 25. Juni. Wenn e- überhaupt etwa- Erhebendes ist, ein menschliches Werk auf dem Höhepunct eines 50jährigen Wirkungskreises zu sthen, da man sich dabei alle die Sorgen und Mühen, die Leiden und Freuden, die eS mit sich geführt, vergegenwärtigt, so muß es uns ganz be sonders ergreifen, wenn ein solckeS Jubiläum emem Werke gilt, welches einem künstlerischen, also idealen Streben des Menschengeistes gewidmet ist. Daher fand die heutige Jubelfeier des 50jährigen Stif tungsfestes des Vereins Thalia in Leipzig eine äußerst lebhafte Theilnahme. In den festlich ge schmückten Räumen deS Theaters hatten sich gegen t t Uhr die Mitglieder deS Vereins, die Gäste, die Deputationen von befreundeten Vereinen und an dere Freunde der dramatischen Kunst eingefunden. Ein Triumphmarsch von der Riede schen Capelle ausgeführt und ein recht wacker vorgetragener Mänuerchor („Dies ist der Tag des Herrn") er öffnten die Feier. Es folgte sodann die Fest rede des Herrn Regisseur Fritzsche, welcher theils einen kurzen Ueberblick über die Geschichte deS Ver eins gab, theils die Gefühle andeutete, welche der Jubel- und Ehrentag Hervorrufe. Er erinnerte zuerst daran, daß ein kleiner Kreis, aus Jüngern Gutlenbergs bestehend, den Verein gegründet habe; diese Männer hätten in der dramatischen Kunst Erholung von den Mühen deS Lebens und neue Kraft für ihren Beruf gesucht und auch gefunden Obwohl die HülfSmittel de- jungen Vereins nur gering waren, gedieh er doch sichtlich, und die Mitglieder wurden nach und nach von einem so innigen Geselligkeit-- und Freundschaftsbande um schlungen, daß daS Leben im Verein einem wahren FamiUenbilde nahe kdm. Manche« treue Freund- schaftSbündniß, manche glückliche Ehe ist die Frucht die er innigen Bereinigung der Mitglieder ge wesen. Vor allen Dingen hat der Verein redlich gestrebt seinen Zweck zu erreichen, und manches Hinderniß dabei besiegt. Nachdem er sein Leben in Nr. 1048 de- Ranstädter SteinwegS am 1. Juli 1821 begonnen hatte, und zwar mit den Lustspielen: „Die Ungleichen" und „Die beiden BMets", mußte er sich bald ein andere- Asyl suchen, und fand die- im Bose'schen Garten, wo er in einem Parterre-Salon de- Gartenhauses 17 Jahre lang die Kunst eifrig pflegte und sich immer regere Theilnahme erwarb. Aber auch dieser Raum ward schließlich zu eng und mußte auch verlassen werden, al- der Bose'sche Garten sich in einen neuen Stadttheil umwandelte. Nach kurzer Rast in einigen auf Zeit gemietheten Localen zoa der Verein im Jahre 1848 in dal jetzige Local ein und eröffnete seine Wirksamkeit mit der Vorstellung: „Da- Leben ein Traum." Nach diesen historischen Rückblicken widmete der Redner freundliche Worte den hochgeehrten Mit gliedern, die dem Vereine von feiner Kindheit an Theilnahme geschenkt hätten, sowie auch denen, die zwar au-wärt- seien, aber sicher im Geiste an der Jnbelstätte thnlnehmend verweilten. Ein weh- müthige- Gedenken widmete er denen, die für immer geschieden seien, und von denen jeder so zu sagen ein Stück Leben seiner Freunde mitgenom men habe. Ganz besonders betonte er aber die Wirksamkeit der Männer, die in guten nnd bösen Tagen den Verein gehalten hätten und Ursache eien, daß er noch jetzt lebensfrisch dastehe. Mit >em Wunsche, daß der Verein in solcher Blülhe an die Nachwelt übergehen möge, wie er aus den Händen der Gründer auf die jetzt Lebenden über- gegangen sei, und mit einer herzlichen Begrüßung >er Gäste schloß der Redner seine Anspracke, die sinsichtlich ihrer schlichten und pietätvollen Weste Beifall verdiente. Hierauf betraten die einzelnen Deputationen den Bühnen-Raum, um ihre Grüße und Wünsche dem Jubilar darzubringen. Zuerst überreichte die Glocke hre Festgabe, dann folgte die Laute (mit einem Becher), die Röblinger Marine, der Kegelclub Thalia (mit Votivtasel), die Typograpdur, der Frauencllld (Mil einem eleganten »Schreibtisch) und endlich überreichte auch noch ein Herr im Namen der Gäste ein Medaillon mit einem zu Heizen zehenden Festgedicht. Jedem Sprecher der Depu tationen (ven Damenclub vertrat eine Dame in beredter Weise) antwortete der Vorstand in ebenso liebenswürdiger als tiefgefühlter Weise. Nacbdem noch eine Depesche aus Berlin eingegangen war, schloß ein donnerndes Glück auf! sowie Gesang und Musik die Feier, welche einen überaus wohl- thuenden Eindruck machte. Nachmittags fand von Uhr an Cvncert statt und um 6 Uhr wurden die Theatervorstellungen mit einer Festouoerlure eröffnet. Darauf folgte em Scenischer Prolog (von A. Fritzsche), welcher als GelegenheuSstück Anerkennung verdiente. Die Germania, welche den alten Barbarossa wecken läßt, kommt zum Feste der Thalia und schildert vor deren Augen die Schicksale des Schauspiels die lebenden Bilder,« welche dabei auftraten: Schiller, das bemooste Haupt', daS Leben ein Traum :c. fanden Beifall) und feiert bann ihre Verdienste. Thalia antwortet bescheiden, aber nun wendet sich aucb der Kaiser an die Göttin mit ohngefähr den Worten: Ver herrlicht ward Alles durch dich, waö iin deurschon Volke lebt; pflege auch ferner waS recht und schön ist! Zum Schluß setzt die Germania der Thalia den golvnen Ehrcnkranz auf. Mil einem: Thalia HeU! «schließt das Ganze. Hierauf ward: IHanS Lange von Paul Heyse aufgeführt. Das Stück ist effectvoll und lebenskräftig gearbeitet und wurde auch theilweise recht wacker dargestellt. Besonders gut waren die Personen: die Herzogin, ihr Sohn, der Bauer, welche recht charakteristisch auftraten. Mit dieser Vorstellung schloß der erste Festtag. Aus dem historisch statistischen Bericht, welchen der Verein herausgegeben hat, und welcher mit einem Titelkupfer von G. Brinkmann geziert ist, entnehmen wir Folgendes: Der Verein zählte bei seiner Gründung 24 Mitglieder; später stieg die Zahl bedeutend, und nicht selten lagen 6—10 Auf nahme-Gesuche vor. Unter den Autoren, deren Stücke fleißig aufgeführt wurden, befanden sich Kotzebue, Charlotte Birchpfeifer, Benedix rc. Die Zahl der Spielabcnde in den abgelaufenen fünfzig Jahren betrug 1056, und wurden an demselben im Ganzen 653 dramatische Werke zur Aufführung gebracht. Der Gattung nach wurden aufgesührl: 75 Singspiele, 163 Schau- und Trauerspiele, 415 Lustspiele und Posten. Außerdem bringt der Bericht Notizen über den Gesangverein, den Damenclub, Kegelclub, Schafkopssclub, deren Wir ken für den Verein, oder in dem Verein mit gün stigen Farben geschtldert wird. Der gegenwärtige Mltgliederstand erläuft sich auf 79, von welchen 16 dem darstellenden Personal zugehören. Die Zahl der darstellenden Damen beträgt 12. Die;Gc- sammtmitgliederzahl seit der Gründung beläuft sick» auf 1033. Außer mehreren Notizen Uber Fest lichkeiten und Vergnügungen, Uber die Vermögend Verhältnisse de- Verein- u. s. w. findet sich im ! Bericht noch eine Uebersicht über sämmtlichc Mitglieder, und über die Stücke, die aufgeführt «wurden. Mögen die Musen dem einflußreichen Verein auch ferner hold sein, nnd möge die Fest woche für ihn zugleich der Anfang einer neuen ge segneten Zukunft sein! Das befreite Paris. Die Geschichte der Pariser Commune kann in diesem Augenblicke wohl nock nicht geschrieben werden ; dazu fehlt es noch an Ruhe, an Vollständigkeit und Ordnung deS nöthigen Materials. Dennoch sind schon mehrere Werke erschtenen, welche von den Vorgängen unter der Schreckensherrschaft der Commune handeln, so u. A. ein Buch von Ca- tuIle Men des, das die Geschichte der Com mune vom 18. März bis 29. Mar verfolgt. Aus diesem Buche, dessen Verfasser offenbar das von ihm Geschilderte selbst mit angesehen, giebt die „N. Fr. Pr." folgenden Auszug, in welchem Paris unmittelbar nach dem ersten sieghaften Durchbruche der Versailler Truppen beschrieben wird. Die Föderirten, plötzlich durch die Versailler über rascht, mußten anfänglich Reißaus nehmen. Jbr Widerstand organisirt sich wieder. Sie halten sich auf dem Eintracht platze; auf dem Vendvnie-Platze sind sie in starker Anzahl und verfügen über eine tüchtige Artillerie; Montmartre sckießt wie besessen. Ich bm in der Rue Vivienne, ick begegne mehreren Personen, die nach Neuigkeiten jagen, und von denen ich erfahre: „Zwei Bataillone des Fanbourg samt-Germain sind den Truppen Kolben hoch entgegengezogen. Dort hat ein Hauptmann der Nationalgarde zuerst in diesem Viertel die tricolore Fahne aufgepflanzt. Eine Bombe hat das Finanz ministerium in Brand gesteckt; die Pompiers ar beiteten aber tüchtig unter dem Kugelregen, um das Feuer noch zu unterdrücken." Auf dem Bör senplätze errichteten zwei- bis dreihundert Föderirte eine Barrikade; in den benachbarten Straßen sind wenig Leute; Paris versteckt sich. Die Kanonade wird immer wülhender. Ich gehe durch den Palais- Royal-Garten; einige Leute promeniren darin ; eine Gruppe kleiner Mädchen springt über die Schnur. Die Rue Rivoli ist sehr bewegt. Ein Bataillon, das vom Smdll-ause kommt, desilirt im Sturmschritte; an der Spitze reitet ein junger Mann auf einem prächtigen Rappen. Es ist Dombrowski. Man hatte mir gesagt, daß er todt sei. Er ist sehr blaß. Einer vertraut mir: Er hat im Muette-Schloß einen Bombensplitter in die Brust bekommen, der aber nicht inS Fleisch drang. Das Bataillon singt den „('baut «In ,lö- part". Einige bewaffnete Weiber inarschiren mit ven Insurgenten; Eine, die nur mehrere Schritte hinter Dombrowski ist. trägt ein Kind aufdem Arm. Den Bl'ck gegen die Place de la Concorde ge richtet, sieht man Rauchwolken, die von der Tuile- rien-Terrasse aufzusteigen scheinen. Vor dem Fi nanzministerium, etwas vor der Barrikade, sind schwarze Masten; ich glaube Räder unterscheiden zu können; entweder sind eS Kanonen oder Pum pen; ringsherum confuse Bewegung, man hört deutlich das Gewehrknattern, das aber von den Champs-Elys eS herzukommen scheint ; die Barri kade feuert nicht. Ich wende mich gegen daS Stadthaus. Stafseten gehen jeden Moment gestreckten Laufes ab. Weit hin lagern die Compagnien der Föderirten um ihre Gewehr-Pyramiden. Oben in der Louvre- Straße ist eine Barrikade, höher hinauf eine zweite und dritte. Vor Saint-Germain l'AuxerroiS de- moliren Weiber die Bänke. Kinder rollen leere Flaschen hin und schleppen Säcke herbei. Je nä her man dem Stadthause kommt, desto höher und bester armirt und mit veriheidiyern versehen wer den die Barrikaden. Aber diese Leute scheinen entschlossen und wild ; sie sprechen wenig und schreien nicht. Zwei Garden, die mit gekreuzten Beinen sitzen, spielen Piguet auf dem Trottoir. Ich setze meinen Weg fort, man läßt mich pas- siren. Ich richte meinen Blick zu den Häusern > empor; Alle« ist geschloffen, ein einzige- Fenster
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