Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187107188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18710718
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18710718
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-07
- Tag1871-07-18
- Monat1871-07
- Jahr1871
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1871
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Zweite Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. W 199. Dienstag den 18. Juli.. 1871. llbris )61 ^ ^U8l ianoforlk,' egenMn . 3, imHkj röstet Lq bester Q> idenstr. l,I federn, ZUj en, Veits . 13. 3^ !, deSgl. te u. Main >of querv. ^ >on Kra, , 2 Trepp aller Art., t billigst rgstraße Kl l verleibt ds »der-, 1 t >en, Commcl tr. 49, N. Wl Kleidern, straße 12. he. Beb Kohlen», «Hbau«- ig zu verki rrre. Sopha billiz ^ »Pen recht-. bür. Kleider- sse 2. 2 Tr. ahl neue r. j tarre, Bin- > in Con piegel, SP ische. M salon- undl er- und 31^ F. wphas Drei pen. ,seuse.Ü" ,sch, verschie! le, Tiste . Fleischerg. If noch «mg st bine mit Kess . V. bittet >en. foatorpilt schk, Tesieli leischergafs^ »efindliche-, t, sowie 8 l d zu vertäu ,/2v, > Tr. ilh. Thum -td-l, billig weist m> SnipSvlatz ocd ganz gutes ener Backt leche und 17 parterre. MnclMi kfurt. Längertag deS Leipziger GausängerbuudeS. r. Leipzig. 17. Juli. Am gestrigen Bormittag jsadhierZahn s Restauration dertz.Sänger- des Le ipziger Gausängerbundes statt. Ist waren darin durch 39 Abgeordnete vertreten: Iler Männergesangcerein in Leipzig, der Zöllner- Ikiiv. der Sängerbund an der Pleiße, die Gesang- I«reine Arion und Hellas, insgesamml in Leipzig, «die Männeraesangvereine in Connewitz, Delitzsck, Ilelitz, Eilenvurg, GvhiiS, Großpötschau, Machern, ßchöneseid, Wurzen, die Gesangvereine „Concordia" m Grimma, „Erinner ung" in Anger, „Concordia" in Markranstädt, „Liedertafel" in Mügeln, „Or pheus" in Rötha, „Frohsinn" und „Sängerbund" iu Stötteritz, „Liedertafel" in Wurzen und der Wrgergesangverem in Taucha. Außer diesen Ab geordneten waren die Mitglieder des Gausänger- Hwd-Borflandes, die Herren Kaufmann Hansen, kolizeisecretair Trinckler, Kaufmann Müller, Di- s recioren vr. Langer und Richard Müller, anwesend. Der Vorsitzende, Herr Hansen, eröffnere die >Lemhung mit einer herzlichen Ansprache, die sich hauptsächlich über die große und herrliche Zeit «rdrcitete, welche seit Jahresfrist Uber das deutsche kaierland gekommen ist und welche die deutschen j Gesangvereine zu einer Art unfreiwilliger Pause «nöchlgt hat. Die Versammlung erhob sich auf ^Anregung bes Vorsitzenden von den Plätzen, um ^Andenken der im heiligen Krieg gefallenen Hugcrhelden zu ehren. Aus dem ebenfalls von Hem Hansen vorgelragenen Geschäftsbericht heben vir folgendes hervor: Dem letzten in der Stadl Grimma abgehaltenen Gausängerfest wurden Worte 'findiger Erinnerung gewidmet und der Feststadl nochmals Dank abgestallet. Die pecuniLren Re sultate des Festes sind außerordentlich günstig ge wesen , da einer Einnahme von 380 Thlr. nur eine Ausgabe von 293 Thlr. gegenüber steht, so daß ein Üeberschuß von 88 Thlr. in die Gaucasse fließen konnte. Ter Bericht spricht sein Bcdauern , daß der akademische Gesangverein „Paulus" bei seinem Entschluß verblieben ist, auS dem Gau- sangerbur.d auszuscheiden. Der Austritt eines anderen Vereins, deS Männergesangvereins in Laimchen, war durch die zu große räumliche Ent fernung hervorgerufen. Der Bericht erwähnt ferner die erfreuliche Thatsache, daß die von dem Zöllner- ! Kunde bei dem Vorstand deS Deutschen Sänger bundes geschehene Anregung, den Familien zu den i Waffen berufener Sänger eine Unterstützung aus ' ^MdeSmitteln zu gewähren, daS bereitwilligste Entgegenkommen gesunden hat, daß die Sorge uin den Komponisten der „Wacht am Rhein", Wilhelm, durch den Reichskanzler den deutschen Gesang vereinen abgenommen worden sei. Der Bericht de-Bundeseassirers, Herrn Müller, theilte mit, daß im Jahre 1869 die Mitgliederzahl des Gau- sängerbundes 1765 betragen, für die Jahre 1870 »ad 1871 aber noch nicht hat ermittelt werden können; die Einnahmen betrugen incl. der nock rückständigen Steuern 273 Thlr., die Ausgaben 1S8 Thlr, so daß gegenwärtig ein Cassenbestand von 75 Thlr. vorhanden ist. Punct 2 der Tagesordnung bestand in einem schräg des Gesangverein- „Concordia" in Grimma, den Hinterlassenen des Herrn Stucken- schmiki, welcher Dirigent eines größeren Sänger bundes in Schlesien war, eine den Verhältnissen der Bundescasse angemessene Summe als Unter- flützmig zu bewilligen. Rach kurzer Debatte, dir einem Redner, Herrn Herzog, Veranlassung gab, darauf hinzuwersen, daß man doch wohl hatte wünschen und hoffen können, eS werde das von Leipzig aus gegebene Beispiel, verdiente Männer durch Sicherstellung bei LebensversicherungSanstal- ta zu ehren, mehr Nachahmung finden, als es sühn geschehen, wurde der Antrag durch den Ver- cher de- Vereins „Concordia" wieder zurück- N-gen. IlS Punct 3 befanden sich auf der Tagesordnung zwei Anträge deS Gesangvereins zu Machern: ») die Abhaltung der Sängerfeste in der ersten bälfte deS MonatS Juli betreffend, und b) die yestzüge in den Festorten nicht in so großer Aus dehnung zur Ausführung gelangen zu lassen. Der zuerst genannte Antrag wurde damit begründet, daß die Landleute, aus denen der Gesangverein in Machern fast ausnabmlos bestehe, in der zweiten Hälfte drS Juli und später durch die Ermearbei- len verhindert würden, an den Gausängcrfesten Heil zu nehmen. Von anderer Seite, von dem kerlreier aus Delitzsch, wurde dagegen geltend «nacht, daß die Gauvereine doch hauptsächlich in « Städten ihren Sitz hätten, daß die Mitglieder tiefer Vereine sich wesentlich aus dem Beamten- «nd Lehrerstande rekrutiren und für denselben die Heit der Ferien, die in der Regel erst nach Mitte sali beginnen, die günstigste Periode zum Besuche der Feste sei. Bei der Abstimmung fiel der von dem Gesangverein in Machern gestellte Antrag gegen 1 Stimme. Punct 4 der Tagesordnung bildete der von dem LllndeSschrififührer. Herrn Trinckler gestellte An trag: Der Sängertag deS Leipziger Gausängerbun- deS möge beschließen, zum nächsten Sängertag deS deutschen Sängerbundes folgenden Antrag zu stellen: „Bon der Zeit an, wo die Abhaltung eines deutschen SängerfrsteS beschlossen worden ist, i kann ein Beitritt zum deutschen Sängerbünde nicht mehr erfolgen; ebenso sind die dem > deutschen Sängerbünde angehö enden Einzel Lünd« verpflichtet, von demselben Zeilpunct ab in ihrem Bunde neue Vereine oder kleinere Bünde nicht aufzunehmen." Die Debatte hierüber war ziemlich lebhaft. Herr Trinckler begründete den Antrag mit der gewiß anerkennenswerlhen Absicht, die deutschen Sänger feste vor den sogenannten „Eintagsfliegen" oder, wie ein anderer Redner später treffend bemerkte, den „Cavalleristen ohne Pferde" zu bewahren. Herr Herzog vertrat emcn etwas abweichenden Standpunkt; derselbe fand den Zweck damit erreicht, daß beantragt werden möge: „Von der Zeit an, wo die Abhaltung eines deutschen Sängerfestes beschlossen worden ist, haben die Sängerbünde die Aufnahme neuer Gesangvereine bis nach der Ab haltung des Festes zu suSpendiren." Herr Cavael sprach den Wunsch aus, der Vorstand deS deutschen Sängerbundes möge, nachdem die Einigung Deutsch lands sich vollzogen, nachdem Alles hmweggefallen, was die Deutschen früher trennte, in der „Sänger- Halle" einen Aufruf an alle Sängerbünde, auch an die in Deutsch-Oesterreich, welche das deutsche EinigungSwerk mit so großem Interesse verfolgt haben, ergehen lassen. sich dem großen deutschen Sängerbünde anzuschlüßen. Herr Schmidt, Vertreter der Leipziger Liedertafel, beantragte, obigem Antrag folgende Fassung zu geben: „Drei Monate nach dem Tage, an welchem die Abhaltung eines deutschen Sängerfestes beschlossen worden ist, kann ein Beitritt zu dem deutschen Sängerbünde nicht mehr er folgen ; ebenso sind die dem deutschen Sänger bünde angehörenden Einzelbünde verpflichtet, von demselben Zeitpuncte ab in ihren Bund neue Vereine oder kleinere Bünde bis nach Abhaltung des Festes nicht aufzunehmen." Der so gefaßte Antrag wurde einstimmig ange nommen. Punct 5 der Tagesordnung, die Ernennung zweier Cassenrevisoren betreffend, wurde rasch durch die Acclamations-Wahl der Herren Herzog und Reu sche erledigt, ebenso Punct 6, welcher die Wahl der Abgeordneten zu dem vorläufig für den 20. August d. I. nach Frankfurt a. M. ausge schriebenen vierten deutschen Sängertag betraf. ES wurden zu Abgeordneten des Leipziger Gausänger- bundcs die Herren Hansen und Herzog ge wählt; beide nahmen die Wahl dankend an. Punct 7 der Tagesordnung — Wahl des OrteS für das nächste Gaugesangsfest — fand seine Er ledigung damit, daß der Vorstand mit Zustim mung der Versammlung erklärte, er werde sich mit den einzelnen Vereinen, wie das schon früher geschehen, ins Einvernehmen setzen und danach ermitteln, in welchem Orte und zu welcher Zeit das Fest am besten gefeiert werden könne. Letzter Gegenstand der Verhandlung war der Antrag des Vorstandes, die von Heinrich Pfeil redigirte Sängerhalle zum alleinigen officiellen Or gan des Leipziger Gausängerbundes zu erwählen, welcher Antrag die Genehmigung der Versamm lung fand. Rach Schluß deS SängertagS blieb der größte Theil der Abgeordneten noch zu einem geselligen, von einer Menge fröhlrcher Trinksprücke gewürzten Mahle vereinigt Hierbei wurden den musikalischen Leitern des Leipziger Gausängerbundes, den ver dienstvollen Direktoren Lr. Langer und Richard Müller, durch den Vorstand silberne Frucht schalen als äußerer Beweis der Anerkennung sei tens deS Bundes überreicht. Ausflüge nach Leipziger Nachbar Dörfern. Mitgethcilt von Htti M-ser. III Nachdem, wie kürzlich zu lesen war, durch die Artistische Seclion des Vereins für die Geschichte Leipzigs ein AuSflug nach südöstlicher Richtung staitgefunden hatte, unternahmen wir bald daraus einen solchen nach Nordwesten, insbesondere durch die Nachricht veranlaßt, daß mit Beginn deS Juli unter Leitung des rühmlichst bekannten Erbauers der Kirche der Thonbergs-Gemeinde, Herrn Archi tekt Altendorf, eine Restauration der altertüm lichen Kircke zu Markranstädt beabsichtigt sei. Alles war rechtzeitig in früher Morgenstunde an Ort und Stelle; aber mit tiefer Betrübniß mußten wir wahrnehmen, daß unser alter treuer Lindwurm, der mütterliche Leib, welcher die Section bisher auf allen Ausflügen so treulich geborgen, einem fremdartigen Kasten hatte weichen müssen, einem Zwittergeschöpfe, vergleichbar der Arche Noah's und dem Walsischbauche des Propheten Jonas, gezogen von zwei Rennern, deren einer, wie ihr Bändiger mit Begeisterung versicherte, nicht weniger als 32 Jahre auf dem Buckel halte, während der andere, nach seinem Feuer zu urtheilen, noch ein Dutzend Jahre älter sein mochte. Der Kutscher sprach wenig, lachte aber desto mehr, jagte uns an jeder leicht ansteigenden Wegstelle aus dem Wal sischbauche und ließ uns laufen, damit sein schwerer Rumpelkasten vorwärts kommen konnte, wobei er selbst gemüthlichst auf seinem Sitze blieb. Doch hier half kein Wehklagen, und so krochen wir resignirt brS zur vormaligen Rathsziegelscheune, wo nochmals die fragliche Jahrestahl an der Giebelwand untersucht und von der Majorität als I6l5 erkannt wurde. Die rechts und links der Chaussee gelegenen Wiesen waren durch daS Hoch wasser in wogende Scen verwandelt, deshalb wun derten wir unS nicht wenig, an dem der Ziegel scheune gegenüber gelegenen Wege, der die Wiesen durchschneidet und letzt mindestens drei Ellen Wasser über sich hinfluthen hatte, eine Tafel aufgerichtet zu finden, worauf „Gesperrt" angeschrieben stand. Inzwischen, jetzt ist AlleS möglich, hat doch selbst ein hiesiger Wasserdoclor einem Glatzkopfe mit Anwendung -von Pleiße wieder neue Haare machen wollen, weshalb sollte nickt auch Jemand versuchen wollen, auf den überflutheten Wiesen spazieren zu gehen? Der Kutscher lachte, die Renner thaien, als wollten sie wiehern, wir stiegen ein und das Ganze schlich nach Leutzsch. Leutzsch, eine slavtscbe Ansiedelung, ist ohne Zweifel älter als das deutsche Lindenau. Beide Ortschaften gehörten in früher Zeit den edlen Herren von Leutzsch, von welchen der züngere Zweig den Namen des adgebauten Rittersitzes Ltndenau annahm. Dafür spricht mit Gewißheit, daß die Familien von Leutzsch und von Lindenau gleiches Wappen führen, eine Linde mit zwei Rosen. Bekannt ist der heraldische Satz: Gleiches Wappen gleiches Geschlecht. Tie in Leutzsch befindliche Burg war ein sogenanntes Wasserschloß, d. h. von Sumpf und einem künstlichen Graben umgeben Ihre Stätte ist deutlich erkennbar. Sie befindet sich nahe beim Schmidt'schen Gute, wahrscheinlich ras vormalige Burggut. Noch ist ein ziemlich alterthümliches Haus, mit schönen, umfangreichen Kellergewölben aus weit früherer Zeit — von denen sich eins durch das über der Thür ange brachte Kreuz als Verließ oder Criminalgefängniß kennzeichnet — vorhanden, und die Fußböden der Zimmer sind mit Estrich beschlagen. Der jetzige Inhaber des alten Burgstadels ist unser Mitbürger, der als Cello-Virtuos rühmlichst bekannte Herr Grabau. Eine ehrwürdige, hocbgegipfelie Llnde vor dem Damme, welcher statt der einst hier be findlichen Zugbrücke über den Graben führt, erin nert ebenfalls an daS alte AdelSgeschlecht, dessen Wiege die Burg gewesen ist. Die abseits stehenden zwei alten nicdern Häuser sind Ueberbleibsel des Vorbaues, wie er bei allen Edelsitzen üblich war Es mag wohl ein Herr von Leutzsch gewesen sein, der um 1520 das Rittergut Leutzsch an den Bürgermeister zu Leipzig, Wolfs Wiedemann, ver kaufte. Derselbe besaß auch Schönau und Barneck. Seine und seiner Gattin, Anna Thumirnicht, ein zige Tochter Regina wurde mit Heinrich von Thümmel auf Schönfeld verlobt und starb an ihrem Trau ungStaae Abends 9 Uhr plötzlich und ohne vor herige Krankheit, nachdem kurz zuvor das Ring lein, welches sie dem Bräutigam an seinen Ehren kranz gehängt, in zwei Stücken gesprungen war. Wiedemann veräußerte die Güter 1537 an den Leipziger Rath, der Schloß und Felder von Leutzsch Privatleuten überließ und nur die Waldungen nebst der Rittergulsgerechtsame behielt. Nach Besichtigung deS Burgstadels hatten wir das Vergnügen, von dem Or'.spfarrer Herrn vr. Schütz auf das Freundlichste angenommen zu werden und unter seiner Leitung die Kirche zu be suchen. Dieselbe erlitt 1689, 1789 und 1857 Renovationen, welche sie nicht verschönert und alles Alterthümliche beseitigt haben. Die Kanzel schmückt ein Christusbild, gemalt von Frau Alida Schütz, geborene Thilo, der Gattin des Herrn Ortöpfarrers, einer wackeren Künstlerin, von der wir im Pfarr- hause noch eine Anzahl trefflicher Gemälde sahen, darunter ein größeres erst bis zur Untermalung gediehenes Altarbild, dessen spätere Bestimmung zu verrathen die Diskretion nicht erlaubt. Die Glocken, welche nächstens umgegossen werden sollen, tragen die Jahreszahlen 1628 und 1771. Nach einer uns vom Herrn Ur. Schütz in Abschrift vor gelegten Urkunde des Bischofs Werner von Merse burg von 130'.» war die Leutzscher Kirche bis dahin nur eine Meßkapclle und die Gemeinde nack Gun dorf eingepfarrt. Wegen der großen Entfernung und Beschwerniß wurde die Leutzscher Kapelle damals zur Parochialkirche erhoben. Die Thurm uhr hat 75 Thaler, die 1830 von Mende in Leipzig erbaute Orgel 600 Thaler und daS 1712 unter Pastor Lochmann errichtete und 1832 abge brochene und durch ein neueS ersetzte Pfarrhaus 5450 Thaler gekostet. Früher war Lindenau daS Pfarrdorf; aber bald nach der Reformation, die hier wegen der Abhängigkeit des Distrikts vom BiSthume Merseburg erst >555 zur Durchführung kam, verlegte man den Wohnsitz deS Pfarrherrn nach Leutzsch. Der erste protestantische Geistliche hieß Johann Brenne. AlS im Jahre 1735 der Pastor Michaelis bei einem Ritte nach dem Filiale Schönau, wo er Beichte hören wollte, vom Pferde stürzte und das Bein brach, inachte er öffentlich bekannt, er werde einen gelehrten Tractat von Gelehrten herausgeben, welche Beine gebrochen hätten. Die Herausgabe dieses originellen Werkes vereitelte des Pfarrers bald nackher erfolgender Tod. Auch einen merkwürdigen Nachtwächter hat Leutzsch gehabt, eine Art Kortum'schen Candi baten Jobs Christoph Hesse, der Schulmeister in Lausen, entschloß sich im Jahre 1711 die Pädagogik wegen zu geringen Einkommens mit der besser dottrten Nachtwächterstelle in Leutzsch zu vertauschen. 'Nachdem er dieses Amt Jahre lang zur allgemeinen Zufriedenheit versehen hatte, sattelte er wieder um und wurde Schulmeister in Möckern, alS welcher er auch selig verstorben ist. Der 1750 in Leutzsch verstorbene Schulmeister Heinrich Burl war ein weit berühmter Erbauer von Clavieren, Lauten und Streichinstrumenten. Ein erschütternder Un glückSfall ereignete sich in Leutzsch am 12. Mai 1862. Die drei Kinder des Schullehrers Döbler halten in der Scheune mit Streichhölzern gespielt, wodurch das Stroh in Brand gerietst und die unglücklichen Kleinen rettungslos verbrannten. Eine segensreiche Schöpfung des um seine Gemeinde vielfach verdienten Henn Pastor vr. Schütz sowie dxs Herrn Grabau ist daS hiesige mehrere Dörfer begünstigende Waisenhaus, dem auch Herr Baron von Fuchs-Nordhoff auf Möckern seine Theilnahme zuwendei. Die Leser dieser AuSflüge nach Nacbbardörfern werden sich der Erwähnung eines an der Predella des Altars in Sckönau befindlichen Gemäldes, daS Abend mahl darstellend, erinnern, worauf nur Christus ein Phantasiekopf ist, während die Jünger Por- traits sind. Das Bild malte 1624 Nikolas RoS- mann. Da sieht man den Rittergutsbesitzer von Schönau und Leipziger Rathsherrn Christoph Braun, ferner den Herrn auf Miltitz, Bürgermeister Theodor Möstel, mit seinem Bruder Jonas Möstel, den Bürgermeister Adam Herr, als Repräsentanten des Ritterguts Leutzsch, die RathSherren Wetzer, Deuer- ling, Moßbach, den Maler und den Pfarrer Ma gister Limmer. Beim Judas steht angeschrieben: Lorenz Moritz Richter. Da die allberühmte Ricbter'- sche Kaufmanns- und Rathsherrenfamilie erst um 1650 in Leipzig auftaucht und wohl auch nicht an zunehmen war, daß ein Mitglied derselben sich zum Portrait des Verräthers Judas hergegeben haben würde, schlossen wir schon bei der Besichtigung des Bildes, daß zu diesem Judas ein untergeordneter Mensch, vielleicht gar ein Verbrecher, dem Maler habe sitzen müssen. Jetzt ist nun diese Persönlich keit durch Herrn I)r. Schütz ermittelt worden. Derselbe fand nämlich in Kirchenrecknungen jener Zeit oft den Ortsrichter Lorenz Moritz er wähnt; also diesen hatte man veranlaßt, sich auf dem Gemälde als Judas verewigen zu lassen. Dazu war damals ein Bauer gut genug. 'Nach kurzer Rast im Pfarrbause, wo auch die Altargefäße und alte Schriftstücke aus dem Kirchen archiv beaugenscheinigt wurden, nahmen wir, mit herzlichem Danke für freundliche Aufnahme und liebenswürdiges Entgegenkommen, von Herrn vn. Schütz nebst Gattin Abschied und kletterten wieder in die Arche, welche uns nach Böhlitz- Ehrenberg leiern sollte. Unterwegs passirten wir Barneck, ein Rittergut ohne Dorf, daS, wie Lindenau, ebenfalls von dem Hauptgute Leutzsch abgebaut worden ist. Wahrscheinlich saß auf Barneck der Ritter Hans Portzke, welchem der Leipziger Rath im Jahre 1367 einen Theil deS WaldeS Lych, der jetzigen Bürgeraue, abkaufte. Hinter Barneck betritt man altes MönchSgebiet, denn Ehrenberg, Böhlitz, Gundorf und Rückmars dorf waren Güter, welche Kaiser Otto 973 dem Bislhum Merseburg überließ. Burghausen war ein Schloß, auf welchem kaiserliche Voigte saßen, wie sich ein solches auch in dem unfernen Zwehmen befand. Als Bischof Wernher 1021 das Petri kloster stiftete, verlieh er ihm genannte Dörfer zu besserem Aufkommen, und die Aebie bestimmten die daraus fließenden Zinsen und Gefälle für ihre Tafel, weshalb sie die Benennung „Küchengüter" erhielten. Das Kloster kaufte hier 1250, 1262 und 1271 zusammen 19 Hufen Feld und übte die Collatur. In letztgenanniem Jahre scheint es auch gewesen zu sein, wo dasselbe von Gertraud von Schkeuditz, Ulrichs von Friedenberg Wittwe, Abt naundorf erwarb, das es 1529 wegen Aufbringung der Türkensteuer erst verpfändete und bann ver kaufte. Sämnuliche Abteidörfer, wie die Kü chengüter bezeichnet wurden, hatten ihre besondere Verfassung, Md ihre Richter führen noch heute den alten Titel Abteirichter. Merkwürdig war in dieser Verfassung ein Paragraph, desfln Vor handensein für Ortschaften, die den zum Cölibat verpflichteten geistlichen Herren gehörten, man kaum für möglich halten sollte. Es stand ihnen nämlich das ,^ju8 primno N0('t,i8" zu, das schmachvolle Recht, welches den Gutsherrn über das heiligste Gut deS Weibes verfügen ließ. Ohne Zweifel wurde das selbe aus vielen naheliegenden Giünden weder von geistlichen noch weltlichen Herren ausgeübt, sondern bezeichnete den Anspruch deS Grundherrn an die Erstlingsfrüchte überhaupt, die der Leibeigene durch Geld lösen mußte. Man bedenke nur, was die Ehefrauen der Edelleute zu diesem Rechte gesagt haben würden, wenn es nickt nur auf eine Abgabe hinausgelaufen wäre! Inzwischen bezeugt die Benennung doch die sklavische Erniedrigung, unter welcher der Landbewohner damals schmachtete. Nack der R> formatton kommt dieses EvelmannSrecht alS Abgabe unter dem Namen Freudengeld vor, und zwar mußten am Tage ihrer Trauung Jungge sellen und Jungfrauen 7 alte Groscken, Wittwen und kranzlose Mädchen daS Doppelte erlegen, und zwar bei „Rutschereckt", nach welchem bei säumiger Zahlung der Betrag sich jede Stunde verdoppelte. Noch und nach war diese aus roher Faustrechlszeit stammende Steuer in Vergessenheit gerathen, urd die Behörde, das Amt Schkeuditz, war so taktvoll, sie zu desavouiren. Da erschien plötzlich im Jahre 1795 ein neuer Bcfehl, daS Freudengeld zu bezahlen. Alles, was heirathen wollte, war außer sich. Besonders die Jungge sellen spieen Feuer und Flamme und tie Jungfern hatten ihre liebe Noch, sie zu beruhigen, aber wenn's zur Hochzeit kam, wurde doch der Beutel gezogen und cv blieb beim Alten. Nur die Rück- marSvorfer wollten von dem Kreudengelde NichlS wissen, und der Amtmann in Schkeuditz schwieg dazu und vergaß auch sein Rulscherecht. Tie Gundorfer und ihre Nachbarn dagegen zahlten das Freudengeld bis 1831 fort, wo der Pfarrer Geliert durch eine Vorstellung bei der Regierung seine Gemeinde von dieser Erinnerung an den Fluch mittelalterlicher Leibeigenschaft endlich loSmachte. Ueber daS Doppeldorf Böhliy-Ehrenberg läßt sich wenig berichten. Hier befindet sich seit 1589 die Wohnung eine- königlichen Förster-,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder