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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187109190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18710919
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18710919
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-09
- Tag1871-09-19
- Monat1871-09
- Jahr1871
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1871
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Erste Beilage zum Leipziger Tageblatt «ad Anzeiger. llt : Preise. atz Nr. ge Nr. tz. M. Dienstag den 19 September 1871. ein kahler! he das bereit- kr« fsen A»W! getreten, s,s haut in comprinmll chrieben Mrleisa, zurültgl Altert genv eii, Mitbnp^ Chirurg s ner, Bnt! !. stehen mit menen, t« js Consii! kL.L lk S er bereits i n Besult > ids, qe iche ckrri »ltgehckir i nhanyt nutzlosen llntß der M Tqe i »V, Hambneg. ng beziehen L rd selbst/ ' genug x«eUr«,. einer l» mW en der Kit sie» n. bel nbnrg I!' ! M. IZ. nße. aft. rtciwcg. Fabrik m Katholiken - Versammlung in Mainz. sich einmal die Mllhe genommen hat, der in den letzten Jahren abgehaltenen . urersammlungen ausführlichere Berichte -lese», der brauchte sich in Bezug auf alle , Zusammenkünfte dieser Art nicht wieder rimodiren: die Berichte klangen immer sch der andere. Der schlechte Geist der Zeit, oft der modernen Ideen, die Gefahren smnS, die Schandthaten der liberalen pe re. — daß waren die regelmäßig ^eaden Themata, über welche sich salbungs- /tzser mit etwas mehr oder weniger Un- "M und Langeweile ergoß, und die neu der Verhandlungen und die Beschlüsse M bewegten sich stets in demselben öden Nenn hier und da einmal ein neu ein- Iler Satz etwas Abwechselung in daS ir Programm brachte, so wurde eben sjeh Lu-nahme die Regel nur um so fester jange Generalversammlung der karbo» tkarine wurde vom lO. bis 14. September M abgrhalten, und auch von ihr gilt da- Hrsagtr, obwohl in etwa- geringerem si; drnn die Weltgeschichte hatte dafür ge- dag das gewohnte Einerlei der Verhand- "äude diesmal durch die Expropriirung m Rom und durch die altkatholische ,g einigermaßen in den Hintergrund ge- «Ntdr. Freilich zeigte der Congreß durch shirden wie durch seine Beschlüsse nur, wie 1 sein Treiben gegenüber der Wucht der ist; indessen lohnt eS wohl der Mühe, ! »westen Kundgebungen auS dem ultramon- , Üager zu welchem übrigens diesmal derZu- M geling war) näher zu betrachten, he römische Frage hat natürlich eine Ent- i»z genommen, welche den in Mainz Ver streu schwer aus- Herz fällt. Ihrer Ansicht , ist „die om 20. September v. I. erfolgte chsameBesitzergreifung Rom- durch die Truppen Wigs Victor Emanuel ein Raub an dem e, an der katholischen Kirche und an jedem ikalhollkeu, der in keiner Weise zu recht- l ist, dem keine völkerrechtliche Anerkennung »nd der nie und nimmer zu einem hm BesitzeStitel werden kann/' Die von nschen Regierung (die Mainzer nennen sie kdie „siMpmische") erlaffenen Gesetzt, welche iPap-eseiue geistliche Selbstständigkeit verbürgen, zseldstrerstaidlich unannehmbar, „weil überhaupt r Negierung daS Recht zuerkannt werden einseitig die Bedingungen aufzustellen, unter > die Kirche und die sie regierenden Bischöfe sihnw ron Gott überwiesene Priester-, Lehr- ! ststchleramt auSzuüben haben, weil ferner die irr, wie sie versiegen, keineswegs dem Papste sfreie SMbung seiner oberhirtlichen Gewalt mi, weil endlich nach so vielfachen Beweisen sbeillofigkeit, welche daS ehemalige Turin er gegeben, nicht zu erwarten ist, daß die >e» Garantiegesetzr werden gehalten wer Da- ist doch offenherzig 2 htzerlegung der Hauptstadt deS „sogenannten" «ch- Italien nach Rom und die Besitz- des päpstlichen Palastes Quirinal „voll- die von Cavour ersonnene und von den "Heu Staatsmännern verfolgte revolutio- «lltik. Der Triumph dieser Politik ist hmach de- Jahrhundert-." Die Herren »erde» wohl der überwiegenden Mehr- aller denkenden Europäer gütigst erlauben, "zng auf diesen Punct etwa- anderer zn sein und gerade in der durch die end- <irhrb«ß Ro«S-zur - Hauptstadt Italien- hti» vollzogenen Einheit und Sekbstständia- s kiele-Laude- etneTder erfreulichsten Ereignisse rZeit zu erblicken, und unter diesem unsern spuncle werden sie vielleicht auch aufhören jtrüber zu verwundern, daß keine der ruro- Regierungen „dem beraubten und ge- l Pch-ste Schutz gewährt" hat. Mit den »scheuen Redensarten, daß diese Haltung merungen eine Zerstörung deS Völkerrechts, vanctionirung der politischen Gewaltthat I, lrckt der UltramontaniSmuS keinen Hund ner dem Ofen vor ; die Welt bleibt sehr kühl, " wenn „der Grundpfeiler jeder (!) Autorität, Kirche und der Stellvertreter Christi", den fe» der „Revolution" preiSgegeben wird, s ziiieru die Cabinete nickt, wenn die Mainzer sern, daß sie «S als ihre Pflicht erkennen, allen ihnen gesetzlich zustehenden Mitteln Politik zu widerstehen, welche die Forde- ,n de- Rechtes verletzt und in letzter Linie 'staatliche Ordnung gefährdet." iZi'Snug auf daS Concil und seine Folgen ! die Mainzer Versammlung erklärt, daß sie > die Unfehlbarkeit de- Papste- freudig glaube, ? ne die Behauptung, da- betreffende Dogma > iaai-gefährltch, „mit Abscheu" zurUckweise und ch ne die „schweren Verirrungen" mehrerer Ge il lief beklage; sie hat überdies ausdrücklich siiri gegen die Verhinderung der Lerkündi- l des Dogma in einzelnen Ländern, deren Re- > (also z. B. auch die k. sächsische) „dadurch »guisse und Pflichten verletzt hätten", und die Versicherung abgegeben, daß die > Grundsätze, welche diesen Maßregeln zu de litaen, von den Katholiken als Gotte- ! widersprechend und jeglicher Rechtsordnung uwiderlaufend niemals werden angenommen werden. DaS Alles kann die gesammte übrige Welt wenig interessiren, eS genüge also die einfache Erwähnung der Beschlüsse. Auch die sociale Frage hat, freilich nur in nicht öffentlicher Sitzung, einen Gegenstand der Ver handlungen gebildet, und eS wurde einstweilen, zur moralischen und ökonomischen Hebung de- LrbeiterstavdeS, die Gründung von FortbildungS- Bereinen für Arbeiter, Kinder, Zöglinge und Mädchen, die Errichtung von Spar- und Dar- lehuScassen so wie die Verbreitung „christlicher" Literatur empfohlen. Die Herren in Mainz scheinen ganz übersehen zu haben, daß e- Vereine und Cassen der angedeuteten Art längst überall giebt, daß aber der echte Socialdemokrat mit souverainem Hohn auf dergleichen Albernheiten der Bourgeois- Ökonomie herabblickt und von Selbsthülfe so wenig Etwa- wissen will wie von christlichen Tractätchen. Glücklicher Weise ist die Clique, welche in Mainz getagt hat, durchaus nicht als eine legitime Ver tretung der deutschen Katholiken zu betrachten. Die weitaus größte Mehrzahl der letzteren will vou der Führerschaft der Jesuiten Nickt- wissen, will srlbst die religiösen Irrungen nicht in da- Feld der Politik hin überspielen lassen. So haben denn auch, trotz der größten Anstrengung und Mühe, nur 60 Abgeordnete zur Mainzer Ver sammlung zusammengebracht werden können, und unter diesen haben sie in den katholischen Kreisen ein tüchtiges Bruchtheil unter falscher Firma sich erobern müssen. Der schlichte Bürger wendet sich ab von Umtrieben, denen der Name der Religion zum Deckmantel für weltliche Interessen drent, und eS ist gewiß zu hoff-n, daß die Anstrengungen deS deutschen UltramontaniSmuS im Winde ver wehen werden, schon weil sie dem nationalen Zuge widerstreben. Lagesgeschichtliche Nebcrjlcht. Der Schwerpunkt der politischen und nationalen Umgestaltung Oesterreichs wird in Böhmen liegen, und es lohnt daher, die dem böhmischen Landtag vorgelegte neue Landtags-Wahlordnung und da- Nationalitätengesetz näher zu beleuch ten. Erstere gipfelt in dem Satze, daß beide Natio nalitäten, die czechische und die deutsche, in Natio nalfragen in gesonderten Curien berathen und be schließen sollen und daß jedes mit der Sprachen oder der UntrrrichlSfrage im Zusammenhänge stehende Gesetz dann als verworfen betrachtet wer den soll, wenn zwei Drittel einer Curie dagegen stimmen. Wer entscheidet aber Competenz-Con- flicte? Wie soll einer Stockung der Gesetzgebung vorgebeugt werden, die unauSblerblich ist? Weiter beißt eS aber: Bon den zu den gemein-österreichi schen VertrelungSkörpern, z. B. dem Reichstag, entsendeten bömrschen Abgeordneten müssen min destens ein Drittel der czechischen, ein Viertel der deutschen Curie angehören, die übrigen sind frei zu wählen, also wenn z. B. Böhmen 43 Abgeord nete zu senden hat, so müssen 16 Czechen und 12 Deutsche darunter sein, 20 werden frei ge wählt ; bei der notorischen Uebermacht der Czechen werden aber diese 20 auS den Deutschen, d. h. den Deutschgesinnten jedenfalls nicht, wenn auch vielleicht auS Feudalen und Klerikalen von deutschem Namen, aber czechisch - jesuitischem Herzen gewählt und die Deutschen sind also ge setzlich befriedigt, wenn 12 von ihnen 36 Czechen, Klerikalen und Feudalen gegenüber stehen: ein Viertel gegen drei Viertel. Ist da- gerecht, ja ist da- auch nur klug? ES ist darnach auch kein Wunder, daß die den österreichischen Landtagen mitgetheilten Regierungsvorlagen al- so bedrohlich für da- Deutschthum erachtet werden, daß die Verfassung-- und deutschfreundlichen Abgeordneten sämmtlich^r KroUlänver Absstfüntzte zu der in Wie» abzuhaltenden Besprechung entsenden wollen. Besonders böse- Blut macht es ferner, daß aller wärt- den Handelskammern da- Wahlrecht offen bar auS dem Grunde entzogen worden, weil die selben stets deutsch und freisinnig gewählt haben. ES wird sich zeigen, ob man positive Erfolge in Wien erzielt oder sich mit passiver Zurückhaltung beruhigen will. In einem den österreichischen Wahlen gewidmeten Artikel sagt die „Spen Ztg." speciell über die Haltung der klerikalen Partei in der Verfassungsfrage: „Die Ultramontanen haben da« unwissende Landvolk großentheilS für ver fassungsfeindliche Wahlen bearbeitet; die künftige ReichSrathS-Mehrhcit ist zum guten Theil ihr Werk. Die katholische Kirche könnte sich mit den verfassungsmäßigen Einrichtungen Oesterreichs reckt wohl vertragen, sie hat faktisch gar keine Einbuße hinsichtlich ihre- Einflüsse- erlitten. Aber die römisch-katholische Geistlichkeit muß sich za leider in aller Welt mit den politischen Angelegenheiten befassen; ihre Oberen haben ihre Sympathien und Antipathien, und eS ist bekannt, wie starke Feind schäften sie gegen die verfassungsfreundlichen Deutschen hegen. Darum gehen sie lieber mit den Czechen und Föderalisten! Meinen die Herren, ihre Stellung in Deutschland damit zu verbessern ? DeS kirchlichen Nimbus müssen wir sie geradezu ent kleiden; sie sind nichts alS eine politische Partei, und man wird sie danach behandeln! WaS hat die Kirche mit den österreichischen Fractionen zu thun? Die nächste Fotze de- politischen Miß brauche- der Confession und Kirche ist, daß sich die Deutschen immer mehr von der Kirche ab: wenden, wie man dieS an vielen, keineswegs will: kommenen Zeichen sieht. Aber wer hat daran Sckuld? DaS unselige Politisiren und Partei machen der kirchlichen Oberen! Die Geschichte be richtet, daß jesuitische Reaction und Ultramon taniSmuS die schrecklichste Geißel Oesterreich- war, und ein Mnisterium, daS an diesen einen Bundes genossen sucht, muß auf falschem Wege sein. Daran änn Niemand zweifeln." In der Sitzung der französischen Natio nalversammlung am 16. kam der Bericht Uber den mit Deutschland abzuschließenden Zoll- vertrag zum Bortrage. Derselbe empfahl die lnnahme deS vorgeschlagenen ZollvertrageS unter er Bedingung einiger Aenderungen, deren wich- t gste folgende sind: Die elsässischen Produkte, die Frankreich transitiren, zahlen beim Eintritt über rie Grenze den vollen Zoll; die Herabsetzung dc- Tarifs für elsässische Produkte wird nach den neulich beschlossenen Tarif- berechnet; die zuschläg- liehen Einfuhrzölle, welche im Jahre 1872 erhoben werden können, werden ohve Abzug hinzugefügt. Nachdem andere Redner gesprochen, ergriff TyierS das Wort und sagte: Die Unterhandlungen wäh ren bereits mehrere Monate. Der Augenblick, sie u schließen, ist gekommen. Aus Achtung vor der Zersammlung haben wir Ihnen die Grundzüge deS abzuschließenden Vertrages vorgelegt, um die noch nicht beendeten Unterhandlungen fonführen ;u können. Die vertragsmäßige pünktliche Zah- ung der vierten Halbmilliarde würde eine Geld- risiS herbeiführen können. Die Aufrechthaltung deS Viertel- und dann des Halb-TarifS während des Jahres 1872 würde eine hinreichende Schutz mauer gegen die elsässischen Produkte sein, deren Concurrenz wir bis jetzt ohne irgend einen Zoll auSgehalten haben, selbst wenn die Industrie wäh rend der drei letzteren Monate von 1871 einiger Maßen darunter leiden sollte. ES würde «ne Sünde gegen daS Vaterland sein, wenn wir noch ögern wollten, daS Gebiet von der fremden Be- atzung zu befreien. (Beifall.) Die in Elsaß und Lothringen eingerichteten Svndieate werden strenge Wacht üben, desgleichen die französischen Zollämter. Die von der Commission beantragten Aenderungen wurden schließlich von ThierS genehmigt, dessen Rede überhaupt großen Beifall erntete. Der Ver trag wurde mit 533 gegen 31 Stimmen ange nommen. Die Pläne, die Herr ThierS in Bezug auf die Befestigung von Paris hat, sind groß artig. In der Umgegend von Paris soll ein zweiter Mont Valerien errichtet werden, nämlich auf dem Plateau Champigny. dem Schauplatze der Uacht vom 2. December vorigen JahreS. Die kosten für den Bau dieser Festung würden mit )en Bastionen, welche um sie herum errichtet werden ollen, 15 Millionen Francs betragen. ThierS oird auch die militairischen Anstalten bei BourgeS besichtigen, wo Proben mit den preußischen vier ssündigen Kanonen gemacht werden sollen; diese Reise wird aber wahrscheinlich erst im Oktober stattfinden. Der General Ladmirault, Gouverneur von Paris, hat folgenden Tagesbefehl erlassen: „Ich habe in Erfahrung gebracht, daß in der Umge bung der Kasernen an die Soldaten eine kleine Flugsckri von Zwiege sucht, daß d Parlamentär t vertheilt wird, welche in der Form prächen geschrieben ist und darzuthun e Verantwortlichkeit für den Krieg der ischen Opposition unter dem Kaiser reiche zur Last falle. Solche Schriften können nur die Wirkung haben, die MannSzucht in der Armee zu erschüttern. Deshalb wollen Sie den Befehl geben, daß die Umgebungen der Kasernen mit Sorgfalt überwacht werden und daß jedes Indi viduum, welches überführt wird, solche Broschüren vertheilt zu haben, verhaftet und an den Poltzei- Commtffar abgeliefert wird." Diese Umtriebe gehe» vou den Bonapartisten aus. die im Augenblicke die Armee von ihren Agenten stark bearbeiten lassen, um während der Ferien der National-Versammlung einen Handstreich zu ver suchen. Die Bonapartisten rechnen bei ihren Planen nicht allein auf die Unzufriedenheit, die daS weitere Verbleiben der National Versamm lung in Versailles ln Paris verursacht hat, son dern auch auf einen Theil der Armee und auf Beamte und Angestellte der Polizei, die früher die ergebenen Diener deS Kaiserreichs waren. Daß der Versailler Regierung diese Intriguen bekannt sind, beweist obiger Tagesbefehl wie der Umstand, daß sowohl der Armee alS den Polizeibeamten das Lesen deS bonapariistischen Avenir Liberal untersagt worden ist. Die beiden med'.cinischen Fachblätter Lancet und British Medical Journal lassen sich gleichmäßig etwa in folgender Weise über die züngste Krank heit der Königin Victoria auS: ES freut uns, mittheilen zu können, daß Ihre Majestät sich jetzt von ihrer jüngsten Krankheit rasch erholt. ES ist nicht allgemein bekannt, daß diese Krankheit ernstlicher 'Natur war, und zwar so sehr, daß die Umgebung der Königin zeitweise in bedeutender Besoraniß war. Die Krankheit begann Anfang- August in OSborne mit gänzlicher Appetitlosigkeit, Kopfschmerz, Mangel an Nachtruhe, allgemeiner Niedergeschlagenheit und einer leichten Mandel entzündung auf der lmken Seite. Die letztere verging bald, aber die Königin war doch noch immer sehr krank, ohne indessen an einer wahr nehmbaren localen Beschwerde zu leiden. Die Reise nach Balmoral ertrug sie recht gut. und unterwegs schlief sie besser, alS mehrere Nächte vorher. Am 19. August jedoch zog sie fick eine starke Erkältung zu, welch: mehrere Tage lang anhielt und daS Essen wie daS Sprechen nur unter Schwierigkeiten möglich machte. Wie die Erkältung schwand, stellten sich Schmerzen unter dem linken Arm ein, und eine Anschwellung, welche päter eiterte, wurde sichtbar. Während daS Ge- chwür sich bildete, war der allgemeine Gesund- -eilszustand abermals sehr gestört, und Tage lang onnte die Königin keine Nahrung zu sich nehmen, üm 4. September öffnete der Arzt Lister daS Ge- chwür, welche«, wie sich herauSstellle, von bedeu- endem Umfange war, aber nach dem Einschnitte >ald heilte. Von jetzt ab machte sich eine an- halrenve Besserung im Befinden der Königin be- merklich. Man wird aus diesen Einzelheiten ab- ehen, daß die hohe Frau zwar nie in unmittel rarer Gefahr, aber wirklich sehr krank war, daß die vollstständige Ruhe ihr mehr alS je noth thul, xunit da- nördliche Klima von Balmoral, wie chon mehrmals zuvor, ihre Gesundheit möglichst >ald gänzlich herstelle. Inzwischen hat die Königin den vr. Marshall auS Crathee zum ständigen HauSarzt für sich und die königliche Familie er nannt, um beständig einen ärztlichen Rathgeber ur Hand zu haben, wo immer der Hof sich be- inden möge. Auch die ferne EiS- und Feuerinsel Island jat ihre „Frage", welche, wenn auch auf anderem Soden, nur wieder die ehemalige schleSwig - hol- ieinische Frage ist — so sehr, daß die unzufriedenen Isländer geradezu von den Dänen „SchleSwig- Holsteiner" genannt werden! Dänemark hat so eben in Island die Verfassung gestürzt, die LandeS- vertretung auseinandergejagt, einen Staats- ireich vollzogen. DaS isländische Parlament, welches bisher alle zwei Jahre in der Hauptstadt Reikjavik zusammenkam, ist von dem dänischen Statthalter aufgelöst und gleichzeitig durch könig lichen Befehl kundgethan worden, daß die Insel ortan in unumschränkter Weise von Kopenhagen auS regiert werden solle. Zu diesem Zwecke wurde der seitherige Statthalter angewiesen, in Zukunft alle Berichte und Mittheilungen über öffentliche Angelegenheiten unmittelbar an den König einzu enden, anstatt wie bisher an den verantwortlichen Minister der Insel. Der verantwortliche Minister elbst wurde seines Amtes verwiesen und seine Befugnisse durch jenen willkürlichen königlichen Beschluß an den Statthalter übertragen. Island hat somit den letzten Rest alter Verfassungsfreiheit verloren, falls es ihm nicht gelingt, das dänische Joch, welches von den Eingeborenen längst chwer empfunden wird, durch eine Erhebung ab- zuschütteln. Der Wunsch dazu ist auch längst un zweifelhaft vorhanden. In jeder Beziehung hat nämlich Dänemark die Insel vernachlässigt, Nicht- ür Straßenbau, Postbeförderung, Schifffahrtsver bindung u. dgl. gethan und selbst die armseligen HülfSquellen deS Lande- für sich auSgebeutet. So gibt eS z. B. noch heute keine Landstraße in ganz JSlanv — nur Saumpfade; keine Wagen — aller Verkehr findet zu Pferde statt! Sorgten nicht die Einwohner selbst, die bei aller Aermlichkeit der Verhältnisse ein hohes geistiges Streben haben und unter denen auch der letzte Bauer die alt- zermanischen Heldenlieder und Mären kennt, ür ordentliche Schuleinricktung, so würde die Vevölkerung gänzlich verkommen. Emst war Island em Freistaat — vom achten bis inS dreizehnte Jahrhundert. AlS eS später an Dänemark kam, wurde ihm eine Verfassung ver bürgt und verbrieft — ganz wie den SchleSwig- Holsteinern. Diese Verfassung hat Dänemark wiederholt mißachtet, t heilweise gebrochen, und daS iii der Klagegrund, den die Einwohner gegen die Kopenhagens Regierung haben. Die Dänen aber, gleich alS ob sie eine weitere Bestrafung für sich selbst heraufbeschwören wollten, reden heule von den mit Recht unzufriedenen Eingebornen alS von „isländischen SchleSwig-Holsteinern". Jetzt hat Dänemark da- Maß vollgemacht, indem eS geradezu daS Althing stürzte und eine despo tische Regierung rinsetzte. Wer weiß, ob der Ver gleich mrt Schleswig-Holstein nicht dereinst ein vollständiger wird? Man meldet aus Rom, 12. September: Der Finanzmintster hat endlich daS definitive vudge t für 1871 vertheilen lassen. Dem Voranschlag Sella'S zufolge belaufen sich die Ausgaben aus 2,769,661,210 Lire, welcher Summe die Ein nahmen daS Gleichgewicht halten würden. — Die amtliche Zeitung hat daS dem Vernehmen nach vom Könige bereit- Unterzeichnete Decret, welche- die Expropriation wlder zehn Klöster ver hängt. noch nicht mitgetheilt; die Veröffentlichung des Dekrets wird aber täglich erwartet, da die davon betroffenen Mönche und Nonnen bereit- vor einigen Wochen in Kenntniß gesetzt wurden, daß die Regierung ihre Locale künftig im Inter- tsse deS gemeinsamen WohlS zu verwenden beab sichtige. Schamyl, der seit seiner Ankunft in Medina krank darniederliegt und nun sein Ende nahen fühlt, hat den Großfürsten-Statthalter de- Kau- kausuS brieflich gebeten, seine in Rußland zurück gebliebene Familie belassen und für sie in derselben gnädigen Weise Sorge tragen zu wollen, in der ihm biS dahin Schutz zu Tyeil geworden. Neues Theater. Leimig, 17. September. Gestern kam da- neue Drama von Josef Weilen „Graf H orn" an unserer Bühne zur ersten Aufführung. Josef Weilen hat in diesem Stück da- Reick der mittelalterlichen Sagen, der „Drahomiren"
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