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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.10.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187110277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18711027
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18711027
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-10
- Tag1871-10-27
- Monat1871-10
- Jahr1871
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.10.1871
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Zweite Beilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. z»U, ruo» nS, einfach. »ahl dad^ iert.^ Freitag dm 27 Oktober. 1871 den Wzk i lMl, icolaistraße Li turen »rrdgs mir find p i ; Fleischer, Me in allm -n getrag« kvoll und dH Naschmarki, der«« eine, b»«g. ß tzeNr.l s kuWII and Wole. Lt» Sorte« luSwahl vittr!« Ecke der Nici rekruu rnterGütr» lrabsoi! Paar 3-7',, 'sklnbc en 10 «*, V, ^ für »»I-Blv» en von 5-U, de» »an 3-7>»j ige» Preisen rlv< t, vom R«Si Prima «it Leb elegant okal Ltoff gea LarW »er« llssol , neue Aa »ln, Ne» t»oL«, llre« «a Et istraste riolV n 2l ^ n. G O sche S<ra! toLS l Newgr. « na. M kohnl-eschlagnahmegeseh. ade der hiesigen Schneider- und »Innungen haben der Grwerbrkammer »r einer, neuerdings auch im „Tage- kffrvtlichten Druckschrift Überreich!, > Vandetgrsetz vom 21. Juni 1869, die Hme de- Arbeit-» und DievstlohneS . einer Kritik unterzieht, und haben dabei Fitte» sich bei Prüfung jenes Gesetze- Illeberzeugung nicht verschließen können, dnrch dasselbe eine Schädigung de- ganzen punct darf der Nichtjurist um so gewisser ergreifen, alS der Jurist mir seinen Deduktionen doch imm,r ausgebk von ReckiSgrundsätzeu, welche in einer Zeit sich entwickelt haben, lne in unzähligen Be ziehungen, namentlich aber in socialer Hinsicht eine von der unserigen durchaus verschiedene war. Der Jurist, alS solcher. steht immer noch aus dem Dtandpuncte deS Römischen Recht-, wie es sich vor Jahrhunderten bei un- eingebürgert hat, und es kommt eben de-halb so häufig vor, daß eine vondiesem Slandpuncte au- unbestreitbar richtige BeweiSsührurg doch zu einem entschiedenen Wider spruche mit den Forderungen der heutigen Seit und Arbeiterstande- herbeigeführt I gelangt, waS man mit dem auch dem Nichtlateiner > —>. ^ ' geläuzrg gewordenen Sprüchwvrte: „trnt ^uatiti», poroat inunckua" zu kennzeichnen pflegt. Da- aber darf eben der Gesetzgeber nicht zu lasten, daß ein zaristischer Grundsatz die realen Verhältnisse umstürzt, und darum muß man vpn Zeit ,u Zeit Gesetz und Recht in emer Werse umgestalten, welche sie mit den fortgeschrittenen Verdältniffen de- Leben- in Einklang bringen. Eine solche Reform ist nun da- Gesetz über die AufhebungderLohnbeschlagnahme,und ist dasselbe lediglich eine Conseguenz desselben Ge danken-, welcher bereit- zur Aufhebung der Schuldhaft geführt hat. Beide Gesetze fußen eben darauf, daß eS dem Geiste unserer Seit widerstrebt, die Durchführung einer vermögen-recht - licken Forderung so weil zu treiben, daß daburck nicht bloS da- Vermögen, sondern die persönliche Freiheit und die menschenwürdig «Existenz de-Schuld ner- angegriffen wird. Im Gegensatz zu den Anschauungen der alten römischen Zeit, die noch Sklaven kannte und die Möglichkeit ftatuine, daß der Schuldner gewistermaßen der Leibeigene seine- Gläubigers werde, verlangt unsere heutige Zeit, nicht bloS vom Standpunkte der Huma nität, sondern ebenso sehr von dem einer auf geklärten Volk-wirthschaft au-, daß al-Exe- cution-object nicht der Schuldner selbst, sondern nur sein wirkliche- Vermögen, nicht die Leistungsfähigkeit de- Mensche», sondern nur die bereit- realtsirten Ergebnisse dieser Leistungsfähigkeit betrachtet werden. Daß auch der volk-wirthschaftliche Fortschritt dies verlangt, liegt darin, daß. wie Schulze-Delitzsch in der betreffenden Reichstagsverhandlung hervorgehoben hat, die LeistusgSfähigkeid de- Einzelnen eben der einzige Factor zur Schaffung aller Bermögen-werlhe und die ökonomische Leistungsfähigkeit, namentlich beim Lohnarbeiter ein wichtiger Theil der Persönlichkeit ist, so daß, wenn inan diese persönliche Leistungs fähigkeit anlastet, ei» über den speciellen Fall hinauSgehender allgemeiner Nachtheil entsteht. Line Antastung der persönlichen Frei heit und Leistungsfähigkeit liegt aber nicht bloS in der Schuldhaft, sondern auch in der Beschlagnahme eine- noch nickt verdienten Lohne- oder Gehalte-. Denn der Schuldner muß, wo eine solche Beschlag nahme vorliegt, wo also der Lohn oder Gehalt, den er durch feine Arbeit erst verdienen soll, ganz oder theilwrise bereits dem Gläubiger verfallen ist, entweder die Stellung, au- welcher der Gehalt oder Lohn fließt, ausgeben, oder er muß, wie in alter Zeit der Schuldsklave, für seinen Gläubiger arbeiten, und da- Bewußtsein Dessen, daß die Frucht der Arbeit bereit- vorwMenommen, und ür den wesentlichen Zweck der Arbeit, die Sicher ten ung der Existenz für die Zuk»nft, verloren sei, chwächt oder vernichtet den Antrieb zur Arbeit und vermindert damit auch ihre Resultate. Wenn also ein Gesetz gegeben wird, welche- die Möglichkeit solcher Lobnvefchlagnahmen beseitigt, so schafft eS damit nicht ein Privilegium, sondern eS stellt i« Geaentheil den von der Humanität und Volk-wirthschaft geforderten, der heutigen Gestaltung de- Leben- entsprechenden Zustand her, eS beseitigt lediglich eine Anomalie, die in dev Anschauungen längstveraangener Zeiten wurzelte. Nun will man freilich in dem fraglichen Gesetz ein Privilegium für den speciellen Stand der Arbeiter insofern erblicke», als die Aufhebung der Beschlagnahme von Lohn und Gehalt in einer beschränkten Weise erfolgt ist, so daß sie sich aller lei, und sich de-halb entschlossen, ! lkvgabe jener Druckschrift an die Ge er dieselbe zu veranlassen, beim Aeich-tag gegen da- Gesetz zu remoa- kamrner hat diese Angelegen beit besonderen Ausschuß prüfen lasten, darüber nach genauer Erörterung gendrn Kragen folgende- Gutachten Neider- und Schuhmacherivnungen macken «izelezten Druckschrift dem BundrSgesetze , 3»»i 1869 im Wesentlichen zwei Vor- M habe ein mit dem Geiste unserer «ckeluug unvereinbare- Privilegium für setz genannte Kategorie von Arbeitern (habe den Credit der fraglichen Arbeiter idigt alS gehoben. rfe stellen sich zunächst alS eine ein- rholung Dessen dar. waS bereit- seiner l Reich-lage von den Gegnern de- Gesetzes ht, aber eben von der überwiegenden it dieser Versammlung al- unbegründet l vvrdrn ist, und e- muß de-halb sehr be- «», daß die Druckschrift eS gänzlich hat. irgend welche Thatsachen, Erfah- ^oder Beispiele anzuführen, durch welche lptunaen gerechtfertigt würden. Beide gen aber müssen erst recht heutzutage, > da- Gesetz seit zwei Jahren in Wrrksam- ' unbegründete bezeichnet werden. !die erster« Behauptung wegen de- an- Privilegiums für die Arbeiter betrifft, so stho» durch die Geschichte des Gesetze- »urde bereits vor Begründung des zische» Bunde- (in den Jabren 1861 und ! preußischen Abgeordnetenhause angeregt, etwa von solchen Abgeordneten, welche (besondere Vertrauensmänner der Arbeiter I hlen veranlaßt gewesen wären, auch nickt von einer bestimmten Partei, sondern hiedrnen Seiten her, so z. B. von Z-Delitzsch und Waldeck, wie vom späteren »ister von der Heydt und dem bekannten der Conservativen Wagener. s im Reichstage kam sehr bald die Angele- jur Spracht und wurde mit sehr großer >rt die Vorlegung eine- entsprechenden i vom vondeSrathe verlangt. Al- darauf 1869 der Bunde-rath den Gesetzentwurf wurde ganz im Gegensatz zu der Mei- he darin ern Privilegium der Arbeiter vou verschiedenen Seiten her gerade der besonder- betont, daß da- Gesetz nur äeresse der Arbeitgeber entgegenkomme, der Fabrikanten, welche dadurch die Lohnbeschlaguahmen verbundenen ykeiten loS würden. ! die Petitionen, welche in Betreff des Ge- " an den Reichstag gelangten, gingen Arbeitgebern, wie vou Arbeitern aus, ficht schon hieraus einrrseits, daß da- eutgegenstehenden Standpunkten auS > oirkliches, allgemeine- Bedürfuiß erachtet s ad andererseits, daß die Einwendungen, ' etuer vermeintlichen besonderen Begvn- seiner oder der andern Claffe hergenommrn sch einander gegenseitig aufhebrn und > wck in der Thal nicht richtig, zu sagen > Gesetz ein neue- Privilegium einfvhre, kauu man bei einer die Oberfläche durch- Letrachtung nur sagen, daß daS Ge- ding- hauptsächlich auf die eigentlichen Arbeiter »euvolkswirthschaftlich nicht l haltbaren Zustand zunächst an Stelle besenigt hat, wo er am fühlbar war. llich ist die Frage, ob ein nock nickt ver- mch nickt fälliger Arbeitslohn oder Ge ben» nur um einen solchen handelt es ^ - überhaupt Gegenstand der Execution r, unter den Juristen sehr streitig und ^tig gewesen. Der Ansicht der Mazoritäl »tag-, die stck dafür auSsprach, stehen namhafte Schriftsteller gegenüber, welche "! Unzulässigkeit behaupten, und auch in ist du Auffassung getheilt, indem viele >ie. darunter der oberste preußische derartige Beschlagnahmen gar nickt »nlö-barrn Streite der Fachmänner Hai der Laie keinen andern AuSweg al- einfach auf dev Standpunct de- prakti- »r»S zu stellen und sich zu fragen: waS Richtige nach den Bedingungen ritiar» volk-wirthschaftlichen Le- »ach der Entwickelung unserer s»e» verhält ui sse? Diesen Stand- bezeeht; und e- läßt sich nicht leugnen, daß eine consequente Durchführung de- Prmcips des Ge setze- noch weiter hätte gehen müssen. Allein auck hier ist eS gerade eine von doctri nairen Vorurtheilen freie Auffassung des Leben- welche diesen Mangel an Consequenz und die Ausnahmen rechtfertigt, die da- fragliche Gesetz vorläufig noch zuläßt. Denn die praktische Auffassung giebt eben unwiderleglich an die Hand daß unter der früheren Zulässigkeit der Lohnbe schlagnahm« ganz wesentlich nur der eigentliche Arbeiterstand litt, und da eine schrittweise Reform nun einmal den thatsächlichen Verhältnisse am meisten entspricht, so war e- auch ganz gerecht fertigt, den erkannten Uebrlfland zunächst da zu beseitigen, wo er am drückendsten fühlbar war. Wenn der Gehalt und die Dienstbrzüge öffentlicher Beamten überhaupt, und die Gehalte und Dienst bezüge von Privatbediensteten wenigsten-insoweit alS sie die Summe von 4VV Tblr. jährlich über steigen, auch jetzt noch mit Bescklag belegt »»erden können, so wird man zwar zugeben müsse», da dies nicht ganz co»sequent ist, aber man mu andererseits auch zugeben, daß sowohl der öffent liche Beamte seiner ganzen Stellung nach, wie auch der Privatbeamte, wenn er einen festen Ge walt von nwhr als 4(-v T hlr. und mir besten- vtertelzähilicke KündlgungSftift hat, tmmerhm ganz anders gestellt ist, alS der wirklicke Lohn- rbettrr unv Tienstbore. Der Grundsatz: „Em iecht für Alle", oder: „Gleichheit vor dem Ge- etz" darf aber niemals dazu führen, daß alle »etiebigen Verhältnisse nack einer geistlosen Schablone behandelt werde». Die wahre Gerech tigkeit beruht nicht auf maschinenmäßiger Gleich macherei, sondern darauf, daß Pflichten und Reckte nur gleich sind unter gleichen Verhältnissen, und nur eine scheinbare, keine wirkliche Ungleichheit, ein Privilegium ist es, wenn ein Gesetz Ausnahme» da zuläßt, wo die bei der Regel vorausgesetzten Bedingungen nicht zutreffcn. Auch Das muß man bedenken, daß der Arbeiter, der einmal in Schulde» gerirlh, nach der früheren Gesetzgebung viel schlimmer daran war, al- der eldststandige Handels- und Gewerbetreibende. Wenn dieser Letztere überschuldet war, so konnte er durch Herbeiführung regelmäßigen Accorv- oder ConcurS- verfahrenS sich wenigsten- die Wohlthal verschaffen, wieder von vorn anfangen zu können, ohne be- ürchten zu müssen, daß seine Gläubiger ihm '»fort wieder die Früchte seiner Thäligkeit ab- nahmen. Dem Lohnarbeiter dagegen war diese unverschuldetem Unglück gewiß zu gönnende Ruhe actisck entzogen; war er der Lohnb«scdlagnahme einmal verfallen, so konnten ihn die Gläubiger überall hin verfolgen, und wo und waS er auch ansing, immer drohte ihm daS Gespenst, daß er nicht für sich und die Seinen, sondern nur für die alten, durch Zinsen und Kosten oft in- Unge heuerliche gewachsenen Schulden arbeite, daß er ewig der Sklave seiner Gläubiger bleibe; und wenn da- Gesetz einen solchen Zustand beseitigte, o hat eS den Arbeiter nicht ausnahmsweise be günstigt, sondern ihm verschafft, waS Andere schon xsaßen. ES kann also nicht zugegeben werden, daß da- fragliche Gesetz ein Privilegium geschaffen habe, und wenn man eS doch tavelnS- verth findet, daß da- Gesetz Ausnahmen statuirt, o kann da- vernünftiger Weise nicht zu dem Ver langen führen, da- Gesetz selbst wieder aufzuhrben, sondern höchsten- dazu, daß diese Ausnahmen ab- zeschaffl werden und daS Princip de- Gesetzes noch veitere Ausdehnung finde. Und daS ist denn in xr Thal bei dem so unaufhaltsamen Fortschritt der socialen Reform und dem immermehr sich ent wickelnden Au-gleich zwischen Juristenrecht und Menschenrecht wohl m nicht ferner Zukunft zu erwanen. Ebensowenig richtig erscheint aber auck der Ein wand, daß durch da- Gesetz der Credit der arbeitenden Classe wesentlich ge schädigt werde. Will man mit dieser Behauptung freilich weiter Nichts sagen, alS daß letzt mancher Arbeiter nicht mehr geborgt bekommt, dem der Händler oder Handwerker früher noch borgte im Hinblick auf die Möglichkeit der Beschlagnahme — so mag da- richtig sein. Allein eine ganz andere Frage, und die hierbei allein zu stellende ist doch die, ob dieser jetzt erstörte Credit ein gesunder, ob er ein olcher war, den aufrecht zu erhalten im Interesse deS all gemeinen WohleS liegt Und da- ist eben nicht der Fall. Da- verhält- niß ist hier ganz ähnlich wie bei der Aufhebung der Schuldhaft, gegen die man ebenfalls prolrstirte. «eil dadurch vielen Personen der Credit entzogen werde. Allerdings ist da- geschehen; allerdings wird heute Manchem nicht mehr auf Wechsel ge borgt, weil die Möglichkeit, ihn auf ein paar Jahre einstecken zu lassen, aufgehört hat — allein wer wollte heute noch behaupten, daß diejenige Art von Credit, welche mit Aufhebung der Wechselhaft verloren gegangen ist, nothwenvig und fruchtbrin- end gewesen sei? Wer will beute noch bestreiten, aß gerade durch diese Beseitigung der Personal execution daS Creditgeben und -Nehmen eine ge sündere Grundlage gewonnen hat? Ganz so wird eS werden und ist eS schon gewor den in Betreff deS Credit- der Arbeiter und kleinen Beamten seit Aufhebung der Lohn- und Gehalt beschlagnahme. ES tst gar nicht zu leugnen, daß gerade diese Kategorien häufig einen für ihre Verhältnisse zu großen Credit beansprucht haben und daß er ihnen vielfach in zu hohem Maße gewährt worden ist Da- war nicht bloS ein Nachtheil für die betref fenden Arbeiter selbst, indem sie dadurch zu leicht sinnigem Borgen geradezu verleitet wurden, son dern namentlich auch ein Nachtheil für die andern zahlungsfähigen Arbeiter, weil die Handel-- und Gewerbetrerbenden, welche so großen und schlecht garantirren Credit gewährten, die namhafte Gefahr dt- Verlustes auf ihre Maaren schlagen mußten und dadurch auch dem soliden Abnehmer die Be dürfnisse de- täglichen Lebend mit vertheuerten Der Arbeiter und kleine Beamte, wie Jedermann muß unbedingt so viel verdienen, daß er davon eine menschenwürdige Existenz führen kann; wo die tricht der Fall ist und nicht ganz zufällige vorüber gehende Zustände einwirken, da ist eben der Arbeit- lohn, der Gehalt zu niedrig, und dann muß derselbe unbedingt erhöht, nickt aber dadurch Abhülfe gewährt werden, daß ein leichtsinnige- unv ungesundes Creditgeben befördert wird. Freilich wird, mögen die socialen Verhältnisse fick noch so günstig ge st alten, auck der solide, verhältnißmäßig entsprechend bezahlte Arbeiter nicht immer baar zahlen können und bisweilen Credit beanspruchen müssen. Allein er wird ihn dan« sicherer de-halb finden, weil man ihn eben als solid, ehrenwerth und arbeitsfähig kennt, als de-bald, weil der Gläubiger die traurige Mög» ichkeil hat, den Lohn mjt Beschlag zu >e legen Er wird ihn dann vielleicht nicht bei dem Händler oder Handwerker erlangen, die ihm di« Lebensbedürfnisse verkaufen, wohl aber bei einem Arbeitgeber, bei günstiger ge teilten Berufsgenossen, bei gewerb» ichen DarlehnSan stallen, «orschuß- vereinen und dergleichen. Der Händler und Gewerblreibende aber siebt ich auch nicht schlechter, wenn idm die Möglichkeit mtzogen ist, den Lohn seiner Abnehmer mit Be» chlag zu belegen. Allerdings tst ihm damit ein» von den versckiedenen ExecmionSmitteln entzogen, aber gerade da- wird ihn veranlassen, mit dem Creditgeben vorsichtiger zu sein und sein Geschäft auf solidere Grundlagen zu stellen. ES tst gar nicht zu leugnen, daß unser kleine-Gewerbs- leben geradezu krankt an dem förmlich unvernünftigen Creditiren und daß di« dafür gewöhnlich gehörte AuSrede: „wenn man nicht borge, könne man kein Geschäft mehr machen" eine durchaus verfehlte ist. Die unbedingte ilblehnung jede- Creditgeben- ist freilich heut zu Tage der un- noch nicht ausführbar, aber offen bar ist doch auch ein großer Unterschied zwischen einem Credit, der auf einer vernünftigen, thal- Lchlicken Unterlage beruht, und einem Credit, der eder solchen Basis entbehrt. Auch zur Zeit der .'ohnbescklagnahmen hat der Händler rc. einen Unterschied zwischen den Crebitsuchenden zu macken zewußl, und jetzt wird er eben nur genöthigt, noch etwas vorsichtiger zu Werke zu gehen. Da- liegt aber nur in seinem eigenen Interesse, wie alleHandel- und Gewerbtreibenden bezeugen werden, die sich einmal zur Anwendung einer größeren Strenge entschlossen haben. Bei diesen stellt sich reilich Anfang- heran-, daß sie einen geringern Umsatz machen; allein eine-theil- gleicht sich da bei dem, der gute, preiSwürdiae Waare oder Arbeit iesert, bald wieder auS, und außerdem — Wa ste Hauptsache ist — die Verluste verringern sich so sehr, daß sie reichlich die scheinbare Einbuße am Verkaufsgewinn au-gleichen, der früher ja doch nur in den Büchern stand und nur in geringem Grade wirklich realisirbares BermögenS- object war. Ls kann gar nicht laut genug betont und nicht oft genug gesagt werden, daß nament- ltch der kleinere Handels- und Gewerbtreibende weniger ins Buch und mehr in die Casse arbeiten, saß er mit aller Anstrengung zum Sy stem der Baarz ah lung zu gelangen suchen muß, neben welchem rin vernünftiges Credit- geben immer noch Bestand haben kann. Ein vernünftiges Creditgeben ist da» aber nickt, welche-sich bloS darauf stützt, daß man schlimmsten Falle- den noch unver stellten Lohn des Schuldner- mit Be sch l a g b e l e g, n, ihn gewissermaßen zum Sklaven, seine Arbeitskraft sich widerwillig dienstbar machen kann. Die Behauptung, daß durch jene- Gesetz der Credit der Arbeiter geschädigt werde, kann also schon an sich nickt zugegeben werden, und e- ist denn auch in der an die Kammer gelangten Druck schrift keine einzige Thatsache zu ihrer Begründung angeführt. Wohl ist es bekannt geworden, daß z. B. bei Vorschußvereinen Arbeiter nicht mehr so leicht als Bürgen zuaelafsen werden, seit die Lohnbeschlag nahme aufgehört hat. Allem ganz abgesehen da von, daß es sich dabet nur um den Bürgen, nicht um den Schuldner, also nicht um eine Zu rücksetzung de- Creditbedürftigen handelt, hat auch nach den darüber eingezogenen Erkundigungen jene größere Vorsicht praktisch keineswegs zu einer vermehrten Creditverweigeruna geführt. Die- de-halb nicht, weil man auch schon früher bei der Beurtheilung der Güte eine- Bürgen durchaus nickt bloS darnach fragte, ob man seinen Lohn mit Beschlag belegen könne, sondern seine sonstigen Vermögen-Verhältnisse u»d insbesondere seine Solidität m- Auge faßte, — und weil man auch nach der jetzigen veränderten Sachlage Arbeiter als Bürgen keineswegs un bedingt zurückweist, sondern sie, auch wenn sie nur ihren Lohn haben, doch dann zuläßt, wenn sie nach ihren sonstigen Charaktereigenschaften oder Verhältnissen alS Leute erscheinen, die es gar nicht erst bis zu dem Puncte kommen lassen, wo man früher zur Lohnbeschlagnahme schreiten mußte. Gerade aber die Ausbreitung und Benutzung dieser auf dem Princip der Selbsthülfe beruhenden Asso ciationen wie der Borschußvereine wird ein weit bessere- Mittel sein, daS Crevitwesen de- kleinen Handel-- und Gewerbtreibenden und de- eigent- Uchen Arbeiters in gesunde Bahnen zu lenken, al- die- jemals durch die Wiedereinführung der Lohnbeschlagnahme oder die Schaffung anderer ähnlicher ExecutionSmittel geschehen könnte. Zu diesem Resultate gelangt man aber um so ge wisser, wenn man einmal genau zusieht, wie eS denn eigentlich früher mit den Lohnbe schlagnahmen zugina und welchen Vor theil dieselben brachten. Man braucht in dieser Beziehung nur einmal die Gerichte, die Sach walter und diejenigen Geschäftsleute zu fragen, welche früher genöthigt waren, den Lohn von Arbeitern häufiger mit Beschlag belegen zu lassen. Bon allen Seiten wird man dann da- Zugeffändniß hören, daß ein praktische- Resultat, wenn man Eins in- Andere rechnete,
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