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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-01-29
- Sprache
- Deutsch
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- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188301290
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23, 29. Januar. Nichtamtlicher Theil, 417 einer großen um 1350 von Magister Johannes da Ravenna ge schriebenen Bibel ein, die auss prachtvollste mit 279 größeren Bil dern und 1432 farbigen Initialen geschmückt ist. Hier erkennt man jene Mischung byzantinischer Ueberlieferung mit den neuen Elementen des gothisches Stiles, wie sie in der venetianischen Schule des 14. Jahrhunderts als besonderer Ausdruck der dortigen Culturverhältnisse heimisch ist. Reich, aber noch etwas unbehilflich in der Forni, sind die Miniaturen eines Petrarca aus der Zeit um 1420. Dagegen trägt ein allerdings wohl beträchtlich früher für eine Königin Charlotte von Cypern ausgeführtes griechisches Breviarium in seinen zahlreichen kleineren und größeren Bildern noch ganz das Gepräge des Byzantinismus. Im Laufe des 14. Jahrhunderts vollzieht sich nun mit den Miniaturen ein vollständiger Umschwung. Während die Gothik auf dem Gesammtgebiet der bildenden Künste ihr strenges architekto nisches Gesetz zur Geltung bringt, ist es die bewegliche Kunst der Miniatoren, an welcher zuerst eine freiere mehr malerische Be handlung sich ausbildet. Die neue Zeit mit ihrem lebendigen Natursinn kündet sich an, zuerst allerdings noch im Bann mittel alterlicher Ueberlieferung. Wahrscheinlich waren es die Werke weltlicher Poesie, welche diese Neugestaltung beförderten. Denn in Italien, wie in Frankreich und Deutschland erhob sich damals die aus den Fesseln der lateinischen Sprache und der Mönchszucht be freite nationale Poesie, indem sie in neuen Weisen die alten Sagen belebte und ihre frischen Lenz- und Liebeslieder erschallen ließ. Mit Eifer verbreitete man diese schnell beliebt gewordenen Sänge in kostbaren Abschriften, denen man nach dem Beispiel der heiligen Bücher, der Evangelien, Menologien und Psalterien einen Schmuck durch gemalte Bilder zu geben suchte. Aber für diese Darstellungen von Minne- und sonstigem Weltleben wären die feierlichen Minia turen kirchlicher Codices mit ihrer monumentalen Haltung und ihrer ernsten Pracht wenig geeignet gewesen. Hier verlangte der Inhalt eine leichter beschwingte Feder und eine graziösere, mehr an deutende und spielende Behandlung. So entstanden z. B. die be rühmten Bilderhandschriften der Minnesinger und so mancher mittelalterlichen Dichtung, wie der Aeneis von Heinrich von Veldeck und vieler Anderen. Dieser Stil drang denn auch in die kirch lichen Manuscripte ein und bereitete in ihnen jene Umgestaltung vor, welche den Arbeiten der folgenden Epoche, des 15. und 16. Jahrhunderts, als Basis diente. Die Hamilton-Sammlung ist reich auch an solchen Manu skripten. Da ist zunächst der französische Ritterroman, die Geschichte Alexander's des Großen, der mit leicht colorirten Federzeichnungen im fließenden Charakter des 14. Jahrhunderts geschmückt ist. Ferner ein Eutrop aus derselben Zeit, ungemein reich mit prachtvollen Miniaturen der französischen Schule geschmückt, viele kleine vor züglich ausgeführte Bilder enthaltend. Man erkennt bald zwei verschiedene Hände, indem neben dem Hauptmeister ein Gehilfe von wesentlich geringerer Kunstfertigkeit mitgewirkt hat. Von ganz be sonderer Anmuth aber sind die zahlreichen kleinen Miniaturen einer gleichzeitigen Handschrift des „Rowan äs la. ross", reizvoll in dem zartbewegten Stil des 14. Jahrhunderts ausgeführt. Auch ein derselben Zeit angehöriges Manuskript „Us äit än licm", mit Un recht in dem alten Inventar dem 15. Jahrhundert zugeschrieben, ist reich an kleinen, naiven, farbigen Bildern. Man sieht an allen diesen Werken, daß die Kunst, welche nach Dante's Bemerkung man in Paris „illuminiren" nannte, damals in Frankreich sich be reits zu hoher Vollendung entwickelt hatte. Von ihrer glanzvollsten Blüthe während des 15. und 16. Jahrhunderts werden wir später noch manche Beispiele zu nennen haben. Diesen Werken steht ein deutscher Codex derselben Epoche gegenüber, dessen Inhalt mir bei der Kürze der Zeit festzustellen nicht möglich war, der aber mit einer Unzahl kleiner Bilder von einem fast kindischen Dilettantismus geschmückt ist. Künstlerisch von geringer Bedeutung haben sie aber ein mannigfaches cultur- historisches Interesse. Es versteht sich von selbst, daß alle diese weltlichen Darstellungen, wie sie zum Schmuck von Romanen und anderen profanen Werken verwendet wurden, von hoher Bedeutung für das Studium der Lebensformen und der gesammten äußeren Existenz ihrer Zeit sind. Weiterhin fehlt es aber auch nicht an kirchlichen Arbeiten derselben Epoche. Dahin gehört eine französische Bibel von Girard Desmoulins vom Jahre 1291, die mit vielen kleinen, äußerst zierlichen Miniaturen im flüssig entwickelten gothi- schen Stil geschmückt ist. Auch die italienischen Miniaturen der Zeit bleiben nicht zurück. Eine Handschrift des über 6sobi äs ^soulis aus dem 14. Jahrhundert ist mit zahlreichen, sein ausge führten farbigen kleinen Bildern illustrirt, die Schöpfungsgeschichte, allerlei Thicrdarstellungeu und Anderes enthaltend. Dieser berühmte Astronom, der seinen Wissensdrang im Jahre 1327 auf dem Scheiterhaufen büßen mußte, gehört zu jenen Geistern, welche wir als Bahnbrecher der freien Forschung verehren. Und doch tritt uns hier sein Werk noch ganz in der Ausdrucksweise mittelalterlicher Ueberlieferung entgegen. Ans Ende dieser Epoche gehört eine italienische Bibel vom Jahre 1396, als deren Schreiber sich Gio vanni di Bartolommeo Nicholi nennt. Eine große Darstellung von Adam und Eva beim Sündenfall schmückt das Titelblatt. Der Charakter der Figuren, besonders Form und Ausdruck der Köpfe mit den enggeschlitzten Augen und dem schmalen Oval ist noch grotesk, aber das Streben nach vollerer plastischer Durchbildung zeugt von jener fortgeschrittenen Stufe, zu welcher sich gerade in jener Zeit Meister wie Jacopo d'Avanzo und Attichiero da Zevio aufgeschwungen hatten. Die Arbeit dürste obcritalienisch sein. Merk würdig ist die im Jahre 1559 in das Buch eingetragene Notiz, daß dem florentinischen Edelmann Giovanni Battista Salviati das Halten und Lesen der Bibel vom heiligen Ufficio in Rom gestattet worden sei! Wir sind an die Schwelle der neuen Zeit gelangt, welche im Zusammenwirken des mächtig erwachten Natursinns und der Be geisterung für das klassische Alterthum eine Umgestaltung des ganzen Lebens und damit zugleich in erster Linie der Kunst voll bringen sollte. Dies ist zugleich der Zeitraum, in welchem die Miniaturmalerei, gestützt auf das tiefere Verständniß der Natur, sich zu höchsten Glanz entfalten sollte. Italien, Flandern und Frankreich werden fortan mehr als je die Hauptsitze dieser Kunst. Neben den zahlreichen kirchlichen Büchern, von den riesigen Missales bis zu den zierlichen kleinen Gebetbüchern der vornehmen Damenwelt, neben den Werken der Dichter treten die Schriftsteller des klassischen Alterthums mit in den Vordergrund, und die be geisterte Vorliebe für diese Studien läßt die Bücherfreunde der Zeit wetteifern im Streben nach dem Besitz kostbarer Pergament- Handschriften ihrer Lieblingsautoren, die dann in vornehmen Prachtbänden den neugegründeten Bibliotheken einverleibt wur den. Wenn man die unvergleichlich herrlichen Erzeugnisse der damaligen Schreiber und Miniatoren betrachtet, so begreift man, daß jene Bücherliebhaber mit Widerwillen auf die demokratische Kunst des eben entstandenen Buchdrucks blickten, welche im Begriffe war, das sorgsam wie ein Privileg gehütete geistige Eigenthum auserlesener Kreise dem ganzen Volke zugänglich zu machen Deut lich sieht man in gar manchen Manuskripten jener Zeit die Art der Entstehung. Ein wissenschaftlich gebildeter Schreiber, der sich nicht selten am Ende des Codex unter Hinzufügnng eines,,Oso Aratiao" nennt, stellt zunächst die Abschrift in bewundernswürdiger Klarheit und Gleichmäßigkeit her. Für die Initialen und anderen ornamentalen Schmuck, der dann von Künstlerhand hinzugefügt
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