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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.03.1868
- Erscheinungsdatum
- 1868-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186803017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18680301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18680301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1868
- Monat1868-03
- Tag1868-03-01
- Monat1868-03
- Jahr1868
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.03.1868
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I lebten. Der Ort war belebt und auch geistige Regsamkeit war den Bewohnern nicht abzusprechen. Die Verbindung der Juden und Heiden hatte hier günstig in sofern gewirkt, als die großen geistigen Güter der heidnischen Menschheit (der Griechen) den Juden nützten, und die Heiden auch wieder bessere religiöse Anschauungen durch die Juden bekamen. Die Familie des Paulus war sicherlich sehr streng in religiöser Hinsicht. Mit dem 5. Jahre erhielt er schon Unterweisung, mit dem 12. Jahre wurde er ein „Sohn deS Gesetzes", er bekam Recht? eine- Erwachsenen. Die Aeltern entschlossen sich, ihn zum Theologen, zum Rabbi zu machen. Und so mußte er denn auf die Hockschule nach Jerusalem wandern. Aber er hatte, ehe er sich seinen Studien ganz hingeben konnte, noch ein Handwerk zu lernen; er mußte die Zelttuchweberei üben. Daß Arbeit keine Schande ist, diese Lehre hat er der Nachwelt hinterlassen, und dieses Handwerk bewahrte ihm für alle Zeiten seine freie Selbstständigkeit, er brauchte keiner Gemeinde zur Last zu fallen. In der bewegtesten Zeit trat er in Jerusalem ein, in der Zeit, wo IesuS von Nazareth bekämpft und an- Kreuz geschlagen wurde. Daß Paulus ihn noch gesehen hat, ist wenigstens glaublich. Die theologische Schule Jerusalems hatte damals noch sehr gefeierte Namen (Israel feierte seine Gelehrten fast übermäßig), darunter Gamaliel. Und dieser — man nannte ihn die „Herrlichkeit des Gesetzes" — wurde der Lehrer des Paulus. Dem strebsamen Schüler Paulus traten nun zwar auf dieser Sckule Reize aller Art entgegen, die ihn entflammen konnten; aber er hatte auch einen wahren Wust von trockener Gelehrsamkeit, ein Gewirr von Spitzfindigkeiten aller Art zu überwinden. Gehörte doch zu den Streitfragen, über welche der Talmud berichtet, unter andern die. „ob da- von der Henne am Sabbath gelegte Ei unter das Arbeitsverbot mit falle over nicht?" Gamaliel hatte sich zwar in mitten solcher Fesseln einen freiern Geist bewahrt, aber sein be rühmtes Wort: „Ist das Werk von Menschen" rc. darf man durch aus nicht als den Ausfluß einer geheimen Neigung zum Christen- thume hinstellen, es war nur ein Rath politischer Klugheit. Und darf man vom Schüler auf den Lehrer schließen, so ist Gamaliel nie ein Freund des ChriftenthmnS gewesen. Wäre sein Schüler Paulus auf seiner eingeschlagenen Bahn geblieben, so würde er von seinem Volke ausgezeichnet und im Talmud gefeiert worden sein, uns aber könnte er nicht interessiren. Gott hat ihm indeß ein anderes Werk aufgetragen, ein Werk, welches seine ganze Begeisterung verlangte, und welches er durch sein Martyrium abschloß. Dafür dankt ihm nun die Welt. Ehe er aber an die Ausführung seines erhabenen Werkes gehen konnte, hatte er eine Zeit stiller Einkehr und vielleicht banger Gefühle zu durchleben, eine Zeit, die an die zaghaften Tage deS Moses oder an die angstvollen Augenblicke deS ringenden Augustinermönchs erinnern. Erst muß das Gold in den Schmelztiegel, ehe es ver arbeitet und geprägt werden kann. Die Apostel zeichneten sich durch Begeisterung für ihr Werk, durch Frische und Thatkraft auS, aber Alle überragt PauluS durch seine Begabung, durch sein Feuer, er, der Theolog unter den Zöllnern und Fischern. Seine Per sönlichkeit war nicht imponirend; klein und dürftig an Gestalt hatte er auch mit Krankheitsanfällen häufig zu kämpfen, welche er Sa- tansschläge nannte. Aber fehlten ihm auch die äußern Mittel, war seine Beredsamkeit sogar nicht hervorragend, so wohnte doch im schwachen Gefäß ein mächtiger Geist. Ein eminenter Verstand leuchtet auS allen seinen Worten, ein Scharfsinn, der bis auf den Grund dringt, zierte seine Reden und Briefe. Dabei besaß er VaS hohe Vermögen eines überschauenden GeisteS; er blieb nicht an einen engen Kreis gefesselt, die Perioden des Heils schlossen sich in ihm wie große Gedanken GotteS an einander. Die Aufgabe, Gott in der Geschichte zu finden, hat er zuerst angeregt, und Alles waS in neuerer Zeit in dieser Hinsicht erforscht und ent wickelt worden ist, ruht auf seinem Verdienst. In seiner Rede erklangen alle Töne des MenschenherzenS, wir finden darin uner bittliche Schärfe wie liebevolle Sanftmuth, rücksichtslosen Ernst wie feinfühlende Zartheit, was namentlich auch seine Briefe be weisen. Und welch eine Charakterstärke, welch ein fester Wille lebte in ihm! Sogar den Körper hatte er so in seiner Gewalt, daß er ihm stetS zu Willen sein mußte. Kein Leid und keine Trübsal vermochte ihn zu erschüttern in seiner Wirksamkeit; er verbiß die Geiselhiebe; er richtete sich nach den Steinwürfen muthig wieder auf, um von Neuem an seine Arbeit zu gehen, und selbst die Undankbarkeit der Christen machte ihn nicht irre in seinen Bestrebungen. Der vildungSstolzen Welt die thörichte Predigt vom Kreuze zu bringen, daS war sein Ziel, zu dem ihn sein Glaube an Christus fortwährend antriev. Wie ist aber Paulus dieser treue Jünger des Herrn geworden? Der Beantwortung dieser Frage schickte der Redner einige Schilderungen der ersten Christengemeinden voraus, und zeigte, wie man zuerst an eine Religion der Welt gar nicht gedacht, sondern sich noch ganz an das alte Gesetz ge halten habe. Aber die vielen heidnischen Gäste, die Jahr aus Jahr ein in Jerusalem verkehrten, wurden auch mit dem Christen thum bekannt, dasselbe fand sogar treue Anhänger unter ihnen, und so kam StephanuS auf den Gedanken, daß das alte Gesetz wohl nicht nothwendig zum Glauben sei, daß e- sich auch mit 1567 dem neuen Glauben nicht vertrage. Diese Erfassung deS Christen tums als Weltreligion fand heftige Verfolgungen. Die Seele dieser Verfolgungen war Paulus. Der Friede im Innern fehlte ihm ; desto mehr stürmte er auf eine Wirksamkeit nach außen loS. Seine Wirksamkeit war ein Frohndienst des Gesetze- ohne innere Ruhe. Auf einer seiner Berfolgungsreisen trat nun die ent scheidende Katastrophe seine- Lebens, die Bekehrung, ein. Man hat viele Erklärungen derselben gegeben: man hat gesagt, daß die Worte des Stephanus ihn gerührt, die Reise ihn umgestimmt oder der Eindruck der Wüste auf ihn ganz besonders eingewirkt habe. Alles dies ist ungenügend. DaS Richtige ist allein die Erklärung durch sein Wort, daß er Christum gesehen habe. Diese That- sache erklärt Alles, auf sie gründete er sein ganzes Christenthum. Er schloß sich nach dieser Erscheinung tagelang ein, und rang sich dabei empor auf den Standpunct, auf welchem ihn kein Opfer mehr nu groß war. Die Zeit des Gesetzes erkannte er nun alS aufgehört, er ward der Prediger der freien Gnade, die auf den Trümmern der Gesetzesgerechtigkeit sich ihr Reich baut. Aus dem Schüler Gamaliel- ward ein Lehrer der Menschheit. Die alte Welt stellte die Religion als eine Summe äußerer Uebungen dar und konnte also das Gesammtleben deS Menschen nicht beherrschen. PauluS suchte das Christenthum auS der Aeußer- lichkeit heraus und in den tiefsten Grund der Seelen hinein zu pflanzen. Das Chriftenthum sollte nicht Religion für Juden, Griechen rc. sein, sondern zu seinem Ziele einer Weltreligion ge langen. DaS war eS. was Paulus volle 20 Jahre seines Leben- hindurch mit seiner Energie deS Gedankens und mit der Rück sichtslosigkeit seines Feuereifers zu verwirklichen suchte. Obgleich er also nack den Jahren stiller Arbeit nur kurze Zeit in Athen, Korinth, Rom (wo er starb) öffentlich für oen Herrn werben konnte, so ist doch durck ihn — und daS ist nicht hoch genug an zuschlagen — daS Christenthum die geistige Macht der neuen Zeit geworden. Freilich hat er nichts Anderes gethan alS Christum gepredigt, aber er hat den Muth gehabt ihn ganz zu predigen. Was die Kirche deS Mittelalters hinsichtlich seiner Anerkennung versäumt hat, das mußte die Reformation wieder gut machen, sie hat neben dem Apostel Petrus auch den Paulus in das rechte Licht gestellt. Mit der Mahnung, daß man nach dem Willen deS Paulus nicht über menschlichen Persönlichkeiten den Herrn vergessen dürfe, schloß Prof. Luthardt seinen Vortrag, welcher bis zum letzten Worte die Zuhörer fesselt?. ES ist das Große bei diesem hoch begabten Redner, daß man sich selbst dann noch durch ihn erbaut fühlt, wenn man auch seine Ansichten und Ueberzeugungen nicht ganz theilen kann. Postwesen -es Norddeutschen Lundes. rv. Leipzig, 29. Februar. (Briefe nach Schweden. — Taxi rung der Correspondenz nach Vorder-Jndien und Ceylon.) Nach der neuesten Generalverfügung des General-Post-Amts des Nord deutschen Postgebietes gehen vom März ab die Briefe nach Schweden, welche rechtzeitig zu dem Angermünde - Stralsunder Courierzuge 8 Uhr 45 Minuten früh in Berlin eintreffen, mit dem Postdampfer direct nach Ustadt, indem vom 2. und 6. März ab jeden Montag und!Fr eitag 3 Uhr Nachmittags das Post-Dampfschiff dorthin abgrlassen wird. Mittwoch und Sonnabend 11 Uhr Abends kehrt der Dampfer von Madt nach Stralsund zurück und bringt die schwedische Briefpost mit. Für die übrigen Tage hat es für die Spedition der Briefpost mit der Beförderung über Hamburg-Kiel sein Bewenden. Die nack Schweden bestimmten abonnirten Zeitungen, so wie die Fahrpostsachen werden von jener obengemeldeten CourSänderung nicht berührt. Die äußerste Schlußzeit für Leipzig würde auf jenem Wege über Stralsund jeden Sonntag und DonnerStag der Magdeburger Zug 10 Uhr 30 Minuten Abends bieten. Franco-Briefe nach den englisch-ostindischen Besitzungen und Schutzftaaten in Vorder-Jndien und nach Ceylon zahlen auf dem vom Absender gewählten Wege über England von jetzt ab pro Loth excl. (^/,y Loth) 11 »/i Ngr., unfrankirte Briefe von dort 13*/r Ngr. Leipziger Luustverein. Den Original-Photographien nach Raphaels FreSko-Bildern in den Loggien folgen durch gütige Vermittelung de- Herrn vr. Lampe sen. in dieser Woche die großen Photographien nach Raphael's Cartons zu den Tapeten mit Darstellungen der Apostelgeschichte, deren Originale sich jetzt im Kensington-Museum zu London befinden. Raphael schuf diese Compositionen im Auf trag Leo's X. — vielleicht schon Julius II. — und die Tapeten (Arazzi), welche nach den Cartons in den Mederlanden gewebt wurden, waren ursprünglich für die sixtinische Capelle bestimmt. Neu ausgestellt sind außerdem: ein Cyklus von Aquarellen „Von Kaiser Heinrich dem Städtebauer und der Prinzessin Ilse" von F. Naue in München, einem Schüler Schwind'-. In ähn licher Weise wie es sein Meister in den „Sieben Raben" gethan,
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