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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1868
- Erscheinungsdatum
- 1868-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186809304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18680930
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18680930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1868
- Monat1868-09
- Tag1868-09-30
- Monat1868-09
- Jahr1868
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1868
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PaulinervereinS unter Leitung Vr. Lünger^s daS schöne Sterbe lied: Iteati mortui. Darauf trat auS dem Kreise der Leidtragenden, unter denen die beiden Söhne de-Verstorbenen, Bürgerschuldirector vr. Paul Möbius und der auS Kiel herbeigeeilte UniversitälSprofestor vr. Theodor MöbiuS in ihrer tiefen Bewegung die leb hafteste Theilnahme erregten, Prof. vr. BruhnS, Director der Universitälssternwarte im JohanniSthale auf den Rand der Gruft und hielt in einer einfachen und doch ergreifenden und wunder bar zu den Herzen aller Anwesenden sprechenden Weise eine letzte Anrede an den Verklärten, welche einen gedrängten LebenSabriß des Verstorbenen gab als eine- der gediegensten Schüler der ehrwürdigen Schulpsorte, eines Mathematikers und Astronomen, der schon 1813 zu den Füßen des großen Gauß gesessen, und betonte mit Recht, wie der nachfolgende geistliche Redner, bei dem Verstorbenen die in un serer Zeit, welche im gelehrten Berufe die Lebenskraft so rasch ab- sorbirt, seltener und seltener werdende Erscheinung einer bis ans Ende der Tage schier ungetrübten Geisteskraft, und die große Segnung des Himmels, wodurch der Verklärte nicht bloS das 101. Docentensemester, sondern auch daS goldene Professorenjubiläum erleben konnte. Redner schilderte den Verstorbenen als ausge zeichneten . unermüdlich fortarbeitenden Gelehrten nicht bloS auf dem großen Gebiete der Astronomie, sondern auch auf dem der Geometrie, der Statik, der höhern Mechanik u. ß w., und eS gipfelte das in solchem Munde schwer wiegende Lob deS weit be kannten und beliebten Dahingeschiedenen in dem AuSdrucke, daß wir in MöbiuS unbestritten den größten Geometer unserer Zeit verlieren. Der Redner schilderte aber nicht blos die großen wissenschaftlichen Verdienste des Verewigten als Lehrer und Verfasser zahlreicher Schriften und Abhandlungen, sondern verweilte, auch mit wärmster, auS dem Herzen quellender Anerkennung bei dem Bilde des edlen, liebenswürdigen und wohlwollenden beschei denen Charakter- unseres ehrwürdigen Möbius, einem Bilde, dessen Züge gewiß alle Anwesenden auSnahmloS als von treffend ster Ähnlichkeit bezeichnen konnten, wenn es auch, wie Redner selbst anführte, auf einer nur achtjährigen Bekanntschaft mit dem Verstorbenen, also einem vergleichsweise zwar kurzen, aber bald vertrautern und wohlchuenden Zusammenfcin und Wirken mit demselben als College und jüngerer Freund beruhte. ES war von Wichtigkeit, auS der Rede entnehmen zu können, daß der Verstorbene, der seit den letzten Semestern zwar nicht mehr las, bis vor wenigen Wochen Antheil an den Ereignissen der wissenschaftlichen Welt genommen und sich noch vom Redner von den Leistungen der großen astronomischen Expedition zur Beobach tung der jüngsten Sonnenfinsterniß und den Ergebnissen dieser Forschungen erzählen lassen konnte, durch daS schöne Aufleuchten seiner klaren, tieffchauenden Augen daS Interesse bezeugend, welches ihm noch am späten Lebensabend die Untersuchungen der jungen Gelehrtenwelt einflößien. — Die Worte des Redner- gereichten ihm selbst zu nicht minderer Ehre, als dem Verstorbenen, dem sie galten. „Die richtig gewandelt haben, die ruhen in ihren Kammern und kommen zum Frieden", mit diesen Worten leitete der zweite Redner, ArchidiakonuS vr. Wille, seine Grabpredigt ein. Auch er batte ein weite- Feld, um von dem Dahingeschiedenen mit preisenden Worten sprechen zu können. Galt eS doch deS kindlich frommen Sinne-, deS unendlich weichen Herzens zu gedenken, das sich in einem fast 78jährigen Leben in der liebenswürdigsten Weise tausendfältig gegenüber den Seinigen, wie gegenüber Allen, die ihm nahe traten, offenbart, da- m einer fast 40jährigen glück lichen , wenn auch nicht von Sorgen und Trübsal freien Ehe mit der vor 9 Jahren verstorbenen Mutter der drei Kinder deS Ver blichenen, welche jetzt erschüttert an dem Sarge desselben standen, erprobt habe vr. Wille nannte den Verstorbenen mit Glück einen der immer seltener werdenden „ehrwürdigen Alten unserer Stadt", in denen sich die edle selbstlose Einfachheit der frühern Zeit gepaart mit der größten Tüchtigkeit und Gediegenheit de- Charakter- und der Leistungen zum Muster für die Gegenwart, welche diese Güter wahrlich nicht immer zu schätzen und jene Eigenschaften selten zu vereinigen weiß, bewundern lasse. Auf diese Grabrede des Geistlichen folgte ein deutscher Gesang, den die ThvmaSfchüler vortrugen: „Es ist bestimmt in GotteS Rath"; darauf sprach vr. Wille das Vater unser und entließ die Versammlung mit dem Segen, damit sie dem in die Gruft gesenkten Sarge die letzten Spenden Erde nachsenden konnte. Tagergeschichtliche Uebersicht. Seit einiger Zeit schon ist der preußische General v. Beyer, einer der CorpSführer in der Main - Armee unter Vogel v. Falcken- stein im Jahre 1866, in Baden Krieg-minister und ungemein einflußreich. Die jüngsten großen Manöver, die für die badischen Truppen zum großen Examen im strengen Feld- und Kriegs dienst wurden, haben zu einer Krisis für die höheren badischen Officiere geführt, von welcher, wie eS scheint, sogar der Prinz Wilhelm, der seitherige Commandirende und ein entschiedener Prevßenfteund, betroffen worden ist. Tr hat um einen längeren Urlaub gebeten und wird an Beyer seinen Nachfolger erhalten; viele badische Officiere werden pensionirt werden. Zur Kennzeichnung der volkSwirchschasilichen Bildung de- vr. Schweitzer, welcher den Arbeiteringreß in Berlin eröffnet?, diene die nachfolgende Stelle aus der Ansprache, welche er ber dieser Gelegenheit an die Versammlung gehalten: „Vom Stand punkte de- SocialiSmus auS stellt sich die Sache so: Wir ver werfen den ganzen heutigen Zustand, wir wollen keine Trennung von Arbeitskraft und Capital, denn wir wissen, daß sie nicht- weiter besagt, als daß der Capitalfft den Arbeiter auSzubeuten sucht. Der heutige Zustand, wo Capital und Arbeit ln getrennten Händen sind, führt dahin, daß trotz aller Neichthümer und Erzeug nisse der Production eine Classe mit Wenigem abgefunden wird. Wir dringen darauf, daß diese Trennung aufhört. Wir sagen nicht: „Nieder mit dem Capital!" sondern: „Her mit dem Capital!" (Sehr gm!) Wir wollen, daß die große Masse de- arbeitenden Volks im Besitze diese- Capitals ist, welche- daS arbei tende Volk selbst hervorgebracht hat; denn AlleS, was an Capital vorhanden ist, ist Erzeugniß der früheren Arbeit, gehört nicht Denen, welche gearbeitet haben, sondern Denen, welche, weil sie früher schon Capital hatten, da- Capital der Arbeiter an sich ziehen konnten." Die 12 Delegirten der Maschinenbauer haben, nachdem sie au- dem Arbeitercongreß gewaltsam entfernt worden, sich später zu folgender Resolution geeinigt: „Die auf Befehl de- Herrn Schweitzer mit Gewalt auS der ersten Versammlung de- Arbeiter- CvngresseS entfernten Vertreter von Tausenden von Arbeitern er heben hierdurch vor der gesummten deutschen Arbeiterschaft und der öffentlichen Meinung Protest gegen diese unerhörte, die Ver anstalter und die Ausführenden brandmarkende Vergewaltigung. Von einem wichtigen Theil der deutschen Arbeiter erwählt, um ihre Ansichten und Interessen auf dem Congresse zu vertreten, und mit der festen und ausgesprochenen Absicht gekommen, die Opposition gegen die verderbliche Dictatur in gemäßigter und sachlicher Weise zu führen, wurden wir sofort mit Drohungen und Verdächtigungen empfangen und nach vorgefaßtem Plan zuerst provocirt und dann mundtodt gemacht. Eine Partei, die durch solche Mittel Erfolg sucht, ist von vorn herein gerichtet. Wir aber werden in praktischer vie grof und demokratischer Weise Sache der Gewerkschaften in die Hand nehmen und hoffen Dauernde- zu schaffen, während die cäsaristischen Aftergebilde jener Partei auf deutschem Boden niemal- Fuß fassen können." Ueber die Vertagung der Reise des Kaiser- Franz Josef nach Galizien sagt die Wiener „Presse": „Die Kaiserreise unter bleibt, und wir müssen diesem Entschlüsse unsere volle Zustimmung schenken. Nach der Annahme der Adresse und der Resolution seiten de- galizischen Landtag- wrr ein Anderes nicht mehr möglich. Der Statthalter Graf GoluchowSki scheint in dieser leidigen Angelegen heit die meiste Schuld zu tragen; denn hätte er das Ministerium besser informirt, so würde man hier nicht bis zum letzten Augen blick gezögert und zugewartet haben. Aber auch das Ministerium können wir nicht ganz entschuldiget, dem Grafen GoluchowSki größern Einfluß oder bessern Willen zugetraut zu haben, als er vei diesem Anlässe bethätigte. Möge der Beschluß de- Landtags, den ReichSrath ungeachtet der Abbestellung der Kaiserfahrt zu be schicken, nicht bloS ein durch die Noch des Augenblicks dictirteS divgS den Vorsatz, an den Staatsgrundgesetzen festzuhalten und keine Unterwühlung derselben zu gestatten, in hocherfreulicher Weise kundgegeben. Die Krone hat ihre Schuldigkeit gechan; an dem Lande istS nunmehr, zu lassen, waS nimmer gewährt werden kann, an dem Ministerium, zu thun, waS nicht versäumt werden darf." Der Berner FriedenS-Congreß hat am Freitag seine Verhandlungen unter immer geringer werdender Theilnahme deS Publicum- fortgesetzt. ES zeigt sich mehr und mehr, daß der Congreß eine recht eigentlich vom Skandal lebende Versammlung war und, nachdem er sich jetzt veranlaßt gesehen, denselben zu vermeiden, bald wieder unter allgemeiner Theilnahmlosigkeit ein- schlafen dürfte. Charakteristisch in ein Vorgang in der Sitzung diese- Con- gresseS am 24. September. ES handelte sich um einen Antrag der Centralcommifston in Betreff der Trennung der Kirche vom Staate. Derselbe, ziemlich radical, wurde schließlich angenommen, dagegen ein (wie immer) extremer Antrag der Russen, welcher einer Verherrlichung des AcheiSmuS gleichkam, verworfen. Der bekannte Bakunin hatte aber doch eine compacte Schaar von 23 Mann für sich gewonnen. Im Wesentlichen waren alle Red ner für Trennung von Kirche und Staat ; aber sie gehörten ent gegengesetzten Richtungen, der atheistischen und der freigesinnten deiftsschen, an, als deren Repräsentanten die Russen Bakunin und Wyrouboff, Ersterer eine 60jährige Löwengestalt, Letzterer ein junger schmächtiger Mann von circa 20 Jahren, und die beiden Schweizer, Pfarrer LanghanS und v. Rougemont, sich gegenüber - stehen. Wyrouboff schloß seinen Antrag auf Abschaffung der Religionen, unter übrigen- ruhiger philosophischer Argmnen-
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