VIERTER TEIL 278 nackten, nur im Interessenverband der Klasse stehenden »Einzelnen« gegeneinander führte. Die Tradition des Stan des verlor sich, und mit ihr verlor der Mensch den Halt, den ein im Stande notwendig genährtes »konservatives« Ver halten gewährt hatte. Die Revolution gegen den Feudalis mus des ancien regime war traditionslos und blieb es auch als die Revolution des Klassenkampfes gegen den Hochka pitalismus späterer Zeit. Der Bauernstand untersteht der Herrschaft der höheren Stände. Die mittelalterliche Gesellschaftslehre nahm daran keinen Anstoß. In ihr fand ja die Lehre von Herrschaft und Knechtschaft ihren Platz. Aber es entspricht ihrer gesamten Auffassung von Wesen, Würde und sozialer Geltung des Standes, wenn die Herrschermacht und ihre Autorität nicht im Machtmoment allein gesehen, wenn zu der Macht die soziale Wiirde der höheren Stellung in der Gesellschaft hin zugefordert wird, wenn also beides vereint sein muß: die excellentia Status und die potestas gubernandi subditos. Das Dienst- und Untergebenenverhältnis wird mithin durchaus beibehalten, und zwar eignet ihm eine geringere ständische Würde, und das Dienen gilt als die bleibende Eigenschaft eines Standes. Thomas, der der feudalen Ordnung weit mehr zugetan ist als die Volksprediger seiner Zeit, teilt unbe sehen den aristotelischen Herren- und Junkerstandpunkt. Die Sklaverei, d. i. nach Thomas das Verfügungsrecht über einen Menschen zum eigenen Nutzen des Verfügenden, findet er durchaus angemessen als Folge der Erbsünde und als Sün denstrafe — während es im Stande der Unschuld nur eine Herrschaft von Freien über Freie hätte geben können, d. h. eine solche, die über den anderen nicht zu den Zwecken des Herrschenden verfügt, sondern ihn lenkt zur Erreichung des für ihn selbst oder für das Gemeinwohl Förderlichen. In der erwähnten Dreistufung des gesellschaftlichen Aufbaues stellt Thomas die »Optimaten«, die Adeligen, ohne Bedenken — aber entsprechend der der ganzen Theorie als Unterbau die nenden Feudalordnung - über die Bürger und unter diese das gemeine Volk.