IDEE UND WIRKLICHKEIT 281 ches. Der hohe Adel betrachtet den Träger der Krone nur als seinen »Exponenten«. Diesem Stande der »freien Herren« fügt die Zeit des Mero winger- und Frankenreiches die hohen Königsbeamten auf Grund und in Anerkennung von Leistung und Dienst ein, die große Grundherren wurden und im späteren Mittelalter Landesherrlichkeit und Sitz und Stimme auf den Reichs tagen, die sogenannte »Reichsstandschaft«, genossen. Der hohe Klerus, die Bischöfe und Reichsäbte, bilden das dritte Glied im hohen Adelsstand, auch seine Macht ruht auf Grundbesitz, und er gibt der vom Klerus geleiteten Kultur den »seigneurialen« Charakter, der sie im Mittelalter kenn zeichnet. Noch Aeneas Sylvius, der spätere Papst Pius II. [1458—64], findet es, wie es im ganzen Mittelalter gegolten hatte, selbstverständlich, daß nur adelige Herren die Bis tümer verwalten, wenn er mit den vom Bürgertum einge führten demokratischen Neuerungen nicht einverstanden ist: »In bewegten Zeiten wagen es die Menschen aus niederem Stande, haben sie nur etwas gelernt, nach Bistümern zu stre ben !« Es war eben für mittelalterliches Standesbewußtsein undenkbar, daß die hohen Ämter in Kirche und Staat anders als vom Adel bekleidet wurden. Das Herrschaftsprinzip beherrschte das gesellschaftliche Be wußtsein, und der Adelsstand war der Herrenstand. Er schloß sich in seinem weltlichen Teil früh als aristokratischer Geburtsstand ab, er vererbte seine Besitzrechte in seinem Stande und hielt alle nicht »standesmäßig« Geborenen von sich fern, wie auch der hohe Klerus nicht für seinen engeren Kreis, sondern für den geistlichen Stand überhaupt dem Un freien den Zutritt zum Klerus verweigerte. Seit dem elften und zwölften Jahrhundert öffnet der Adels stand dem »niederen« Adel die Tore, der aber vom hohen Adel trotz der Einheit des Standes und in ihr gesondert blieb, ein gleichfalls sich abschließender Zweig des Adels. Er geht hervor aus den Dienstmannen des alten Adels, den »Mini sterialen«, und dieser Name sagt schon, daß sie ursprünglich im Dienst des hohen Adels standen; es ist der Stand »freier