NEUE ZEIT 3°i aber zugleich einen die Erkenntnis des Wirklichen und eben auch des Wirklichen, das in sie nicht eingeht, fördernden Zweck. Denn einmal erfassen sie etwas von der Wirklich keit, also von der wirklichen Tendenz des Verhaltens, Ge schehens und Seins, das sie meinen, und dann enthüllen sie gerade auch das, was in ihnen nicht erfaßt ist: die anderen wirklichen Sachverhalte, die anderen Tendenzen und Mo tive, die neben den »typischen« noch da sind und wirken. Auf sie lenken sie somit die Aufmerksamkeit und finden an ihnen ihr Korrektiv. Sie erfüllen damit ihren heuristischen Erkenntniswert für eine möglichst adäquate und allseitige Einsicht in die Wirklichkeit. So ist die »Perspektive«, unter der sie das Seiende betrachten, immer eine »kritische«, dem nach eine ihrer Grenze bewußte und also über diese selbst hinausweisende. Ein solcher typischer Begriff war im ganzen Verlauf unserer Untersuchungen das »christliche Mittelalter«. Er lehrte uns die Grenze dieses Begriffs gegenüber dem wirklichen, histo rischen Mittelalter beachten — was in der Bezeichnung »vir tuelles« Mittelalter zum Ausdruck kam —; er gab zugleich den Antrieb, auch das andere zu beachten, was der virtu ellen »Einheit« des Mittelalters widersprach: die Kluft zwi schen Idee und Wirklichkeit. Ein solcher Typus sind auch die Begriffe »kapitalistischer Geist«, »Kapitalismus«, »Geld wirtschaft«. Faßt man zusammen, was durch Sombart und Max Weber, durch Scheler, Troeltsch u. a. zum Inhalt dieses Typus »ka pitalistischer Geist« erarbeitet worden ist, dann kann man unter ihm eine Wirtschaftsgesinnung und Wirtschaftsfüh rung verstehen, die dem Hochmittelalter fremd war und fremd sein mußte, weil weder die gesellschaftlichen und öko nomischen Vorbedingungen für sie erfüllt waren noch auch die Wertordnung in Geltung stand, die dieser neue Geist sich schaffen mußte. Schon die Statik der mittelalterlichen Ständegesellschaft widerstrebt der Dynamik, die sich im Ka pitalismus aufs mächtigste entfaltet als eine rastlose, äußerst zweckhafte Tätigkeit des Produzierens, die in größter und