NEUE ZEIT 303 volutionierung und Zerstörung des alten ordo und die Leug nung seiner verpflichtenden Macht über Leben und Lebens gestaltung des Menschen. Mit dieser Tendenz entzieht der neue Geist dem Mittelalter unweigerlich den Boden. Die Arbeit ist nun kein »Amt« mehr in der Gesellschaft und in deren Dienst, das Wirtschaften hat die religiöse Fundierung verloren, die es im ordo behaupten konnte, da es Sorge für eine gottgewollte Gesellschaft und ihre Stände war. Diese wesenthche Differenz zwischen mittelalterlichem und ka pitalistischem Wirtschafts- und Arbeitsgeist wird auch da durch nicht verharmlost, daß Franz Keller, Werner Som- bart, neuestens auch Robert Linhardt auf die grundlegende Bedeutung des Zweckgedankens in der thomistischen Ethik und Wirtschaftslehre hinweisen, der mit dem Zweck auch das Mittel wollen und in der Überlegung [consilium] im ethischen Individualleben und im praktischen Sozialleben die debita proportio zwischen Zweck und Mittel auffmden muß. Darum glaubt man, »die Idee des zweckmäßigen Verhaltens, kalkulatorischen und rationalisierenden Geistes... weit über die kapitalistischen Zeiten« vordatieren zu müssen. Aber das Entscheidende bleibt, was man einschränkend hinzufügen muß, daß die Recbenhaftigkeit eben »nicht in rein wirt schaftlicher Einstellung« in der thomistischen Ethik gefor dert wird. Das aber ist gerade das Entscheidende für den»kapitahstischen Geist«. Die thomistische Zweckidee ist im Ontologischen fundiert, und sie läßt jedem Dinge und jedem Wesen seinen eigenen Sinn, bezieht ihn als solchen in den sinnvollen Zweck des Ganzen der Welt hinein, kann daher das »zweckhafte« Denken gar nicht in dem utilitaristischen Sinne der kapitalistischen Zeit verstehen, wonach der wirtschaft liche Letztzweck jedes Mittel sich dienstbar machen darf und die in der ethischen Seins-Wert-Ordnung gründende Proportion zwischen sittheh gutem Zweck und erlaubtem Mittel, die die Wahl des Mittels normiert, nicht zu achten braucht. Thomistische Rationalisierung ist wesensverschie den von kapitahstischer Rationahsierung. Die »Vernunft«