ZWEITER TEIL DIE MITTELALTERLICHE GEMEINSCHAFTSIDEE IN DEUTSCHEM EMPFINDEN UND DENKEN DER ROMANTIK UND DER GEGENWART 1 Die Entdeckung der »organischen« Einheit des Mittelalters durch die Romantik trotz aller Tendenz zur Verklärung des als Norm des Le bens empfundenen Vergangenen hat die Romantik das hi storische Verdienst, als Reaktion gegen eine Verstandes- und fortschrittsfrohe Aufklärung das Mittelalter wieder entdeckt zu haben, das ja dem »finster« sein mußte, der in der Freude am Lichte eigener Verstandeseinsicht und im optimistischen Glauben an die zweckhafte »vernünftige« Lebens- und Ge sellschaftsformung die eigene Gegenwart selbstsicher erha ben wußte über das Vitale mittelalterlichen Empfindens und das Irrationale, das im Glauben und Leben des Mittelalters die »Vernunft« gebunden hielt und von einer Autonomie des Menschen im Sinne der Loslösung von göttlicher Offen barung und der Gründung des Menschseins auf die »reine Vernunft« nichts wußte. Ebensowenig kannte das Mittel- alter jene Profanierung und Säkularisierung des Kultur lebens, die die selbstverständliche Folge dieser Autonomie im Zeitalter der Aufklärung war. Diese war der gläubig-opti mistischen Auffassung, daß die Eigengesetzlichkeit der Da- seinsgebicte, weil Vernunftgesetzlichkeit, trotz aller Hem mungen und Widerstände — die auch jetzt noch zu deut lich und zu wirklich waren, um in Einzel- und Gesellschafts leben übersehen werden zu können— zuletzt doch zur »Har monie«, zum »Sieg des Guten«, d. h. des »Vernünftigen« und in diesem Sinne »Humanen«, führen werde. Wie Wertvol les die Romantik solch unhistorischer Anschauung gegen über gerade in der Entdeckung des Mittelalters geleistet