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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186510171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18651017
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18651017
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1865
- Monat1865-10
- Tag1865-10-17
- Monat1865-10
- Jahr1865
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1865
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e»o» IM einsamer Nelkenftrauch schaut kümmerlich au- der eingesunkenen Erde, und kein verwitterte- Kreuz, nicht-, gar nicht- sagt dem Wanderer: Hier schläft Friederike. Aber wenn du als Fremder den Kirchhof betrittst, wird dir ein kleiner ehrwürdiger Greis, ge führt von einem Knaben, auf dem Fuße folgen, und wird wissen, du brauchst eS gar nicht zu sagen, was du suchst. Er hat Friederiken gekannt und hat sie begraben; er erzählt dir, daß sie „gar gut gegen die armen Leut' gewesen", daß sie als juuge- „Maidle" „mit einem berühmten vornehmen Herrn eine Liebschaft gehabt", daß er manche freundliche Gabe von ihr empfing, davon „Fischers" (die Familie des ihr anverwaudten OrtSpfarrerS, in dessen Hause sie dis zu ihrem Tode lebte) aber nichts hätten wissen dürfen, w«l diese Lem' „knauserig" gewesen. Der Ort, auf dessen Kirchhof Friederike Brion, die Jugend liebe unseres größten Dichters, schläft, heißt Meissenheim, drei Stunden von Lahr (Baden), und der alte Todtengräber, der ihr ein Grab geschaufelt Anno 1813, heißt HockenjoS. Er möchte nicht sterben, bevor seine Augen den Denkstein geschaut, der ihrem Grabe gebührt. Seine zitternden Hände möchten ein einziges Mal auf diesem Steine ruhen, ehe er heimgeht zu seinen Vätern. Der Wunsch ist so brav — die Erfüllung für die vielen Freunde ihre- Angedenkens so leicht. Und gewiß, sie muß, sie wird ihm werden! Mit dem alten HockenjoS stirbt die letzte zeitgenössische Be glaubigung der BegrLbnißstätte. Nach seinem Tode, wenn nicht zuvor eine von ihm bescheinigte Urkunde dem zu errichtenden Denkstein eingefügt worden, kann darüber nicht- Sichere- mehr festgestellt werden. Inzwischen sind von einigen Literatur freunden Maßnahmen getrosten worden, um die Stätte wenigstens einmal etwa- bester Herrichten, bepflanzen und mit einem einfachen hölzernen Kreuz ver sehen zu lasten. Beiträge für die Kosten eine- zwar bescheiden, aber doch kunstvoll auszuführenden Denkmals will Herr Kaufmann Greßler, per Adresse Herren Stößer-Fischer in Lahr in Baden, entgegevzunehmen di« Güte haben. Vielleicht veran lassen diese Zeilen irgend einen reichen Goethe-Freund, in seine Börse zn greifen und ein« Gabe daraus an genannte Adresse einzusenden. * *- -X- ** Als im vergangenen Frühjahr die Arbeitseinstellung einer großen Anzahl von Buchdruckergehülfen in hiesiger Stadt zur Durchführung höherer Arbeitslöhne die Gemülher bewegte, wurde auch von verschiedenen Seiten behauptet, daß dabei ein moralischer oder auch physischer Zwang gegen diejenigen Gehülfen auSgeübt oder angedroht worden sei, welche sich der ziemlich allgemeinen Kündigung nicht anschlofsen oder von den dieSfallsigen Verab redungen zurücktraten. Die- veranlaßt« die zuständige Behörde, die einschlagenden Bestimmungen des Gewerbegesetzes vom 15.Octo- ber 1861 emzuschärfen. Letztere- bestimmt nämlich in ß. 73 Fol gendes : „Anmaßung von Strafgewalt über die Genossen, Ver rufserklärungen und jede Anwendung physischer oder mora lischer Zwangsmittel gegen Solche, welche Beschlüssen und Verabredungen von Arbeitern zu Erzwingung höherer Löhne, kürzerer Arbeitszeit rc. nicht beüreten wollen, oder von schon gefaßten und getroffenen zurücktreten, werden an jedem Theünehmer mit Gefängniß bis zu vier Wochen, an den Anstiftern und Anführern mit Gefängniß bis zu acht Wochen bestraft — eS sei denn, daß der Thatbestand eine- nach dem Strafgesetzbuche mit Strafe bedrohten Verbrechens vorliege." Wenn nun schon Fälle eine- solchen physischen Zwange- nicht vorgekommen sein mögen, so fand sich doch der Rath, als GewerbS- polizeibehörde, veranlaßt, auf Grund der angezogenen Bestim mungen bei den damaligen Verhältnissen gegen die Mitglieder der zur Ausarbeitung eine- Tarifs niedergesetzten Commission der Gehülfen Wilhelm Pf. und Genoffen mit der Untersuchung zu verfahren, nachdem diese Commission an die Schriftsetzer Hermann SiegiSmund Kr. und Leopold Br., welche die Arbeit wieder be gonnen, ohne den von den Gehülfen aufgestellten Tarif zu beach ten, brieflich die Aufforderung erlösten hatten, die ihnen während der Arbeitseinstellung gezahlten Unterstützungen zurückzuerstatten, mit dem Bemerken: die Commission zahle nur an solche College« Unterstützung, welche in ihrer Sache treu bis zum Ausgange auS- harren. Bei der Wichtigkeit, welche die Arbeitseinstellung der Buch druckergehülfen für unsere Stadt erlangt hatte, dürft« eS nicht ohne Intereste sein, wenn wir da- Resultat der Untersuchung und die Entscheidungen, deren beigrfügte Gründe zugleich die nähere» Umstände enthalten, hierdurch mittheileu. Der Rath der Stadt Leipzig erkannte: „daß die Schriftsetzergehülfen W lhelm Pf.. Johann August A., Eduard H., Friedrich Moritz B., Wilhelm B., Carl Emil Z., Carl Friedrich H., Hugo P., August Wilhelm H., Carl Heinrich S., Carl D.. Hermann Ä, Ernst Michael R., Gustav Adolph St. wegen Anwendung moralischer Zwangs mittel, deren sie insonderheit geaen die Schriftsetzergehülfen Hermann SiegiSmund Kr. und Leopold Br., weil dieselben von dem auf Erzwingung eines höheren Lohne- gerichteten Beschlüsse der Gehülfenschaft der Buchdrucker Hierselbst wie der zmückgetreten, für geständig und überführt zu erachten, nach Maßgabe §. 73 des Gewerbegesetzes vom 15. October 1861 und zwar ein Jeder mit 14 Tagen Gefängniß zu bestrafen, auch die erwachsenen Kosten amheilig, und soviel deren ein Jeder veranlaßt, zu bezahlen verbunden." Gründe: „Nach Blatt 4 der Acten war eS von der Genossenschaft hiesiger Buchdrucker unter ausführlicher Darlegung der Verhältnisse zur Kenntniß de- RatheS gebracht worden, daß ein Theil ihrer Ge düsten eine Erhöhung der zeitherigen Löhne verlange und zur Durchführung ihrer Bestrebungen mehrfache zahlreich besuchte Ver sammlungen abgehalten habe, deren Resultat endlich der Tarif Blatt 2 gewesen sei. Dieser Tarif sei mittelst de- CircularS Blatt 3, mit der Unterschrift: „die zur Ausarbeitung eines Tarifs nieder gesetzte Commission" jedem hier etablirten Buchdruckereibesitzer durch eine au- dessen Gehülfen zusammengesetzte Deputation vorgelegt worden. Die Privcipale hätten jedoch hierauf die Erklärung abgegeben, daß sie auf einen Tarif, bei besten Fassung sie nicht betheiligt gewesen, sich nicht einlasten könnten. Hierauf erfolgten, wenn auch unter Beobachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen, massenhafte Arbeitseinstellungen, und es konnte selbst der von den Principalm unter dem 12. April d. I. heraus gegebene Tarif die allseitig« Zufriedenstellung der Gehülfenschaft nicht herbeiführen. Während der letztere Tarif als Minimum des Arbeitslohnes 27 Pfennige pr. 1000 n Corpus-, Borgis- und Petit-Kegel in Aussicht stellte, beansprucht die Gehülfenschaft durch die sogenannte Tarifcommisfion auf Grund de- in der General versammlung vom 21. März d. I. einseitig entworfenen Setzer tarifs, pr. 1000 n Corpus, BorgiS und Petit 30 Pfennige und eS ist dieser letztgedachte Tarif identisch mit der in den Acten mehrfach vorkommendea Bezeichnung „Drei-Neugroschev-Tarif". E- ist da- fortgesetzte Streben eines großen TheileS der Ge hülfenschaft gewesen, diesen Drei-Neugrofchen-Tarif durchzusetzen, und nicht minder ist eS actenkundig, welche verschiedenen Mittel hierzu von einzelnen Gehülfen, namentlich von der sogenannten Tarst-Commission angewendet worden sind. Soviel aus den Acten zu ersehen, besteht die Thätigkeit der Tarif-Commission unter Anderm darin, diejenigen Gehülfen, welche die Arbeit eingestellt haben, soweit ihnen von ihren Principalen der Drei-Neugroschen-Tarif nicht verwilligt worden und diese in Folge besten die Arbeit eingestellt haben, zu unterstützen, indem man beabsichtigt, in Folge dieser Maßregel die Principal« zur Gewährung und Annahme de- Drei-Neugroschen-Tarifs zu zwingen. Der Fond zu diesen Unterstützungen rührt nach Ausweis der Acten theils au- Sammlungen her, welche bei anderen Gewerbs- gehülfen vorgenommen worden, theils besteht derselbe aus Zusen dungen von auswärts, welche angeblich unter der Bedingung an die ,hiesige Tarif-Commission gelangt sind, daß damit diejenigen condiiionslosen Gewerbsgehülfen unterstützt werden, welche den Drei-Neugroschen-Tarif durchsetzen helfen. Daß die Eingangs genannten Mitglieder der Tarif-Commission, von welcher hier zunächst nur die Rede sein kann, diese Auffassung gelheilt haben, ergiebt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Schriftsetzergehülfen Pf. und Genoffen. Sind nun auch Ver abredungen von Arbeitern zur Erzwingung höherer Löhne an sich nicht verboten, so haben doch die ernannten Pf. und Genossen einer nach §. 73 de- Gewerbegesetzes für strafbar zu erachtenden Handlung insofern sich schuldig gemacht, als sie insonderheit an die Schriftsetzergehülfen Kr. und Br. geständigermaßen die zu den Acten genommenen Briefe abgesandt haben, worin sie die Ge nannten auffordern, die ihnen ausgezahlte Unterstützung binnen Kurzem zurückzuerstatten, da nur solche College« Unterstützung erhalten könnten, welche in der Sache treu bis zum AuSgavge ausharren. ES fällt hiernach den Mitgliedern der Tarif-Commission zur Last, daß sie die ernannten Kr. und Br. dadurch haben moralisch zwmgen wollen, zur Vermeidung der Rückzahlung der Unterstützung da- eivgegangene ConditionSverhältniß wieder aufzugeben; zugleich liegt aber arch diesem Verfahren unverkennbar die weitere Absicht zu Grunde, diejenigen, welche von der Verabredung zu Erzwingung eine- höheren Lohnes zurückzutreten gemeint sein könnten, von einem solchen Rücktritt in die Arbeit dadurch abzuschrecken, daß auch au ihre Ehrenhaftigkeit wegen Zurückerstattuvg der fraglichen Unterstützung appellirt werden würde. Sind nun solche Arbeiter nicht in der Lage, die gezahlte Unterstützung zurückzuzatzlen, und wollen sich dieselben von der Tarif-Commission den Borwurf nicht machen lasten, um deswillen ehrlos gehandelt zu Hetzen, weil sie von dem Beschlüsse der Erhöhung de- Setzertarif« zmück getreten sind, so liegt hierin allerdings ein moralische- Zwangs mittel. Ein solche- muß umsomehr bezüglich der genausten Kr. und Br. angenommen werden, als dieselben au-gesagt halben, daß ihnen bei AuSzablung der Unterstützung davon etwa- nicht gesagt worden, daß sie die Unterstützung als Vorschuß zu betracht/m und
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