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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187301197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18730119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18730119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1873
- Monat1873-01
- Tag1873-01-19
- Monat1873-01
- Jahr1873
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1873
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lldlr. TrAe Sellage M Leipziger Tagchlatt M Anzeiger? Uor, cdermäuse 19. Sormtag den 19. Januar. 1873. en cn ein wacher. zen Noliz, daß ich Beehrenden Nadln. .enden Repa« D.O. »88 ick weine Unu8 neben r 'luraknlle icdcmci, Kitts wie vor de- brik, trtsd it prompt VK, e» ze Lager tri. »?«r ln, Loi- «, Gar- nsol», Art. e». reichhaltig. «itt. Landtag. Dresden. 17. Januar. Gegenstand der Tagesordnung in der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer ist die Endberathung über die Ergebnisse de« Bereinigungsverfahren-, daS Lvlksschulgcsetz betreffend. Präsident Schasfrath macht zunächst aus die einschlaaenden Bestimmungen der LandtagSordnung regen der formellen Behandlung der Angelegen- heil aufmerksam. ES fei nur über die einzelnen Aktie, nicht aber nochmals über das Ganze ab- Mmmen. Lbg. Wigard bemerkt, daß nach dem Wort laut der LandtagSordnung allerdings auch eine Lchlußabstimmung Über das Ganze zulässig sei. Präsident Schasfrath hält seine Auslegung aufrecht. Es wird daraus in die allgemeine Debatte emaetreten. Referent vr. Panitz. Im Vcreinigungsver- sahren habe keine Einigung erzielt werden können, weil die Deputation der Ersten Kammer die Gegensätze eher verschärft als gemildert habe. Die Mehrheit der Deputation der Zweiten em pfiehlt die Ablehnung der Beschlüsse der Ersten Kammer auS folgenden Hauptsächlichen Gründen Durch die Bestimmung in §. 6 über den Reli gwnsuntcrricht der Diffldcnten-Kindcr sei die durch das Gesetz von 1870 in Sachsen gewährleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit in vieler Be gehung wieder beeinträchtigt. In jenem Gesetz ei den Eltern ausdrücklich das Recht eingeräumt, ür die religiöse Erziehung ihrer Kinder selbst zu oraen. Der zweite Grund zur Ablehnung der Beschlüsse der Ersten Kammer sei dadurch gegeben, daß diese Kammer dem gesammten Volksschul- Unterricht einen consessionellen Charakter ans- drücken wolle. Die Deputation der Zweiten Kammer könne sich hierzu unmöglich entschließen, der Unterricht dürfe nicht an gewisse Glaubens sätze sich anlehuen, er habe nur den Grundsätzen der Wissenschaft zu folgen. Man dürfe nicht die religiöse Zerrissenyeit unseres deutschen Vaterlandes dadurch befördern, daß man schon in den Unterricht der Kinder die konfessionelle Trennung übertrage (Bravo!) Die Furcht vor Proselytenmacherei spiele bei tz. 6 eine Hauptrolle mit. Aber blüht denn diese Prose lytenmacherei nicht gerade auf dem streng confessio nellen Boden? Ein weiterer Grund der Ableh nung sei der Umstand, daß die Anstellung der katholischen Lehrer in den Händen der katholischen Geistlichkeit verbleiben solle. (Hört! hört! links.) In dieser Beziehung müsse gegen das Cultus- ministeriunl ein schwerer Vorwurf erhoben wer den, daß es gegen die katholische Hierarchie so ge fügig sei. (Hört! hört!) In der Lausitz ertheilen noch heute ungeprüfte Nonnen Schulunterricht. Die Deputation sei ferner der Meinung, daß die Ortsgemeinde auch die Schulgemeinde sein müsse, daß der bürgerlichen Gemeinde der volle Einfluß aus ihr OrtSsckulwesen gebühre. Und wie wenig sei das Gemeindcprincip in den Beschlüssen der Ersten Kammer gewahrt! Alle Gemeinden, die nicht 1ü Lehrer haben, sollen das freie Wahlrecht bei Anstellung der (Lehrer verlieren. Es könne hiernach sogar der Fall eintreten, daß eine Ge meinde, die sechs Lehrer hat und dabei einen Di rektor anstellt, trotz dieses Direktors sich die Lehrer vom Cultuöministerium Vorschlägen lasten muß. Zwei Dritttheilc der Lehrer werden nach der getroffenen Bestimmung von der Staatsbehörde an- gestellt. Die Lehrerschaft.Sachsens, ivelche den ersten Anstoß zu dem neuen Volksschulqesctz ge geben, würde in eine sehr bedenkliche Abhängigkeit von dem Cultusministerium gerathen, unk) es kann dieser Umstand für die liberale Partei nicht gleichgültig sind. Man darf die Lehrer in ihrem Streben nach Befreiung von den Fesseln der Geistlichkeit nicht hindern. Die Deputation glaube ferner daraus beharren zu müssen, daß der Reli- gionSunterricht auf ein gewisses Maß eingeschränkt wird. Der übermäßige Religionsunterricht be schädige nur das religiöse Gefühl im Volke (Sehr wahr ! Lebhaftes Bravo! von links.) Referent der Minorität vr. Hahn. Einen Vorwurf des Vorredners glaube er schon jetzt als unbegründet zurückwcisen zu sollen, nämlich den, daß die Volksschule auch fernerhin unter der Herrschaft der Geistlichkeit verbleibe. Das sei nicht wahr. Ein orthodoxer Superintendent im Muldenthale habe erklärt, das Gesetz tauge nichts, weil es die Kirche auS der Schule hinausivcrse. Redner zählt nun alle Fortschritte und Bortheile her, welche das Gesetz bietet. Es erweitere die rehrgegcnständc, führe die Fortbildungsschule ein, ferner die fachmännische Schulinspcction, und mache den Lebrcrstand in einem hohen Grade frei. Der Lehrcrstand Sachsens werde, er spreche DaS offen und frei, für das Gesetz dankbar sein. DaS Gesetz sei eins der besten in Deutschland. Er achte die Meinung dcS Vorredners, aber er glaube, daß die große Mehrheit der sächsischen rehrer aus seiner, des Redners, Seite stehe. Redner richtet schließlich einen dringenden Appell an die Kammer, daS Gesetz anrunehmen. Selbst freisinnige Männer, w,e z. B. der Präsident Schaffrath, hätten ihm gegenüber die Vorzüge des Gesetze« betont und versichert, daß sie für das Zustandekommen de« Gesetze« wirken würden. (Bravo! von der Rechten.) Präsident Schasfrath. Er habe nur durch stme Abstimmung seine Meinung auSdrÜcken wollen, erkläre nun aber, durch den Vorredner provocirt, daß er allerdings wegen des Vortreff lichen, das in dem Gesetz enthalten, das Zustande- kommen des Gesetzes dringend wünsche, daß er aber gegen einige Bestimmungen de- Gesetzes, die sehr bedenklicher Art seien, unbedingt stimmen werde. z Abg. von Zahn für das Gesetz. Au- der Verfassung unseres Landes laste sich keineswegs, wie der Referent der Deputations-Mehrheit be hauptet habe, herleiten, daß Kinder ohne jeden Religionsunterricht auswachsen dürfen. In Bezug auf daS ConsessionS - Berhältniß meint Redner, bei uns in Sachsen bestehe confessioneller Frieden und man brauche gesetzlich in dieser Beziehung Nichts zu ändern. Der Referent habe die kon fessionelle Zerrissenheit von Deutschland betont und sie bedauert. Aber gerade durch die Vor schläge de- Referenten werde die Zerrissenheit, das Sectenwcscn gefördert (Oho! links). Redner geht in eine ausführliche Erörterung Üoer die Begriffe ..Schulgemeinde" und „bürgerliche Gemeinde" über, bezeichnet dann die voraeschlagene Regelung der Patronatssrage als einen Compromißvorschlag, deu er im Namen seiner Wähler nicht von der Hand weisen dürfe, und erklärt endlich, dem Gesetz entwürfe seine volle Zustimmung geben zu wollen. Die Kammer möge es sich genau bedenken, was aus dem Spiele stehe, sie möge erwägen, ob sie resultatlos aus einander gehen «volle. (Bravo von der Rechten.) Abg. vr. Biedermann. Wer heute sich von seinem Gewissen gedrungen fühle, bei dem zu be harren, was er bei den früheren Abstimmungen für richtig anerkannt, der müsse sich daraus ge faßt machen, schwere Vorwürfe zu. hören. Einen Vorgeschmack davon habe man schon in den officiös gehaltenen Artikeln eines Dresdner Blattes und der soeben gehörten Rede eines Mitgliedes der Rechten empfangen. Es sei eine traurige That- sachc, daß der Zweiten Kammer auch nicht ein Zugeständnis von Belang gemacht worden. Man möge ihui ein einziges solches Zugestäudniß Nach weisen. Das vorliegende Gesetz sei ein Volks - schulgesctz. Die Herren iu der Ersten Kammer, die so hartnäckig aus ihrem Willen bestanden, würden wahrscheinlich nicht ein einziges ihrer Kinder in die Volksschule schicken, wir aber hier, in der Ziveiteu Kammer, wir müssen unsere Kinder in die Volksschule schicken und dieser Um stand sei recht wohl zu beachten! (Bravo!) Wenn man aus die liberale Partei in Preußen hinge wiesen, wie man dort die vorgelegten Gesetze, auch wenn sie in erster Reihe Ablehnung fänden, zuletzt, um Etwas zu Stande zu bringen, doch annehmc, so sei dies Beispiel herzlich schlecht gewählt. Man betrachte sich doch nur den jüngsten Vorgang, wo die liberale Partei in Preußen die Krcisordnung als unannehmbar zu rückwies, und endlich, nachdem sie den Wünschen des Abgeordnetenhauses entsprechend abgeäntcrt worden, cm Lerein mit der Regierung ihren Willen durchsetzte. Der Grundsatz, Etwas zu Stande zu bringen, komme gewiß nicht in Betracht, wenn seine Befolgung mit der Opferung großer Prin- cipicn erkauft werden solle. (Sehr ivahr!) Es handele sich auch nicht darum, Etwas überhaupt zu Stande zu bringen, sondern man müsse etwas Gutes zu Stande bringen. Blicke man doch aus die anderen Länder in Deutschland, wo man fortwährend recht frei sinnige Gesetze erlasse! Blicke man aus Preußen, wo Bismarck und Falk ungcschwächt den Kamps auf kirchlichem Gebiete weitersühren. Ein officiöses Blatt in Preußen habe erst in den letzten Tagen betont, daß Fürst Bismarck nach wie vor der Umgestaltung des Herrenhauses im volksthümlichen Sinne seine Ausmerksamkcu zuwcnde (vr. Leistner ruft: Möge er sie auch aus unser Herrenhaus ausdehnen ! Heiterkeit!) Redner geht nun auf die Aeußerungen einiger' hervorragender Redner der Ersten Kammer ein, bemerkt zu der un versöhnlichen Rede des Herrn von Erdmanns dorf bezüglich des tz. 6: „Diese Consequenz ist auch unser Theil, das Festhalten am Re.lt ist nicht Sache des Adels allein, sondern auch vor Allem die des Bürgerthums." (Bravo.) Recht sehr müsse man auch der von Herrn Bischof For mer! bei tz. V gehaltenen Rede ins Auge sehen, man muffe daran denken, daß hier eine Meinung zum Ausdruck gekommen, die sich bekanntlich auf dem Boden des Syllabus, der päpstlichen Unfehl barkeit bewege! Es handele sich jetzt um den Kamps zwischen großen Principicn. — Dieser Standpunkt sei in der Ersten Kammer ganz richtig betont worden — wir müssen in diesen Kampf eintreten. Redner bemerkt, er habe einen sckivcren Kamps gekämpft, aber er könne das große Princip der Gewissensfreiheit nicht opfern. Falle das Gesetz, so gedenke er vom Rechte der Initiative der Kammer Gebrauch zu machen und mittelst eines kurzen Gesetzentwurfes das Beste auS dem Gesetze zu retten. Redner spricht noch die Hoffnung aus, daß der Geist unseres Bolkes das Richtige immer mehr erfassen und den Be schluß der Kammer nach seinem ganzen Umfange wohl erwägen werde. (Lebhaftes Bravo.) Staatsminister v. Gerber lehnt es zunächst entschieden ab, daß die Staatsrcgierung irgend welche Zeitungsartikel beeinflußt habe Die Be merkung des Vorredners, die Regierung habe der Zweiten Kammer kein freundliches Entgegenkom men gezeigt, könne unmöglich bei objektiver Er wägung der betreffenden Verbaadlungeu aufrecht erhalten werden. Fast chder Paragraph de- Ge setzentwürfe- trage die «spuren von Amendirung durch die Deputation der Zweiten Kammer, und die Regierung habe den meisten dieser Amende ments ihre Zustimmung gegeben. Durch die von der Ersten Kammer beschlossene Aenderung der Fassung des tz. 6 sei keine Aenderung des Prin- cips geschehen, sondern lediglich eine Unklarheit des Ausdruckes beseitigt worden. Die Staats - regieruug habe von Änfang über ihre Absichten Niemanden in Zweifel gelassen, sie habe sofort gesagt, was sie zu geben vermöge. Die Zweite Kammer vertrete das Volk nicht allein, auch die Staatöreqierung dürfe sich mit vollem Rechte als Vertreterin des Bolkes betrachten. Wenn der Vorredner auf die Einführung der Simultan- schulen in Baden hingewiesen, so wisse Derselbe recht wohl, daß die konfessionellen Verhältnisse in Baden ganz anders als bei uns liegen. Mit der Bestimmung in tz. 6 greife der Staat nicht, wie der Vorredner behauptet, in ein gehei ligtes Recht der Eltern ein, sondern sie voll ziehe lediglich ein geheiligtes Recht der Eltern. Bezüglich' des angekündigtcn Nothgcsetzes will Redner mit seiner Meinung nicht zurückhalten. Das neue Gesetz habe namentlich auch die Ten denz, die Thatkraft des Lehrers anzuspanncn, und die Einführung der Bezirksschul-Inspektoren sei vor Allen« berufen, die Thätigkeit der Lehrer zu erweitern. Das Schulgesetz von 1835 habe einen solchen Inhalt nicht, die Bczirksschul-Inspectorcn passen in dieses Gesetz nicht. Um die Berirksschul- Inspectoren ins Leben zu rufen, bedürfen wir unter allen Umständen des neuen Gesetzes. Der Herr Staatsminister wendet sich nun dem Vorträge de« Referenten Vr. Panitz zu und versucht dessen Erläuterungen zu dem H. t> abzuschwächen. Der Staat stelle an jeden Staatsbürger und so auch an den Dissidenten nur die eine Anforderung: Du sollst dein Kind nicht ohne jeden Religions unterricht aufwachsen lassen! In übriger Be ziehung lasse der Staat völlig freie Hand, der Dissident könne unter den Religionen beliebig wählen. Die neue Regelung des Patronatrechtes ergebe den Bortheil, daß das Collaturrecht in Zukunft nach einem einheitlichen Plane gchand- habt werde. Die Regierung habe schon früher erklärt, daß sie darin entschieden nicht eine Vergrößerung ihrer Macht erblicke, und sic er blicke auch heute das ihr zu übertragende Vor- schlagSrecht lediglich als ein schweres Opfer voller Arbeitslast. In Betreff der Feststellung des Religionsunterricht« möge man doch auf die Nothwendigkeit vertrauen, die sich aus der Ver- mehrunq deö Lehrstoffes ganz von selbst ergebe. Diese Vermehrung der Lehrgegcnstände bedinge schon ganz allein die Reduktion des Religions unterrichts auf das geringste Maaß. Die Rege lung der Seminar-Ordnung durch besonderes Gesetz bekämpft der Redner aus rein praktischen Gründen; zum Schluß bemerkt der Staats minister: Die bisherigen Verhandlungen müßten überzeugt haben, daß der Gesetzentwurf aus einem warmen Interesse der Regierung für die Volks bildung hervorgegangen sei. Möge die Kammer diesem warmen Interesse dadurch cntaegenkommen, daß sie auf einzelne ihrer Wünsche Verzicht leiste und den Gesetzentwurf annehme. (Bravo! von der Rechten.) Nach einigen Bemerkungen des Abg. vr. Bie dermann ergreift das Wort Vicepräsidcnt Streit, um zunächst eine kräftige Verwahrung dagegen einzulegcn, daß er, wie es in der Presse in den letzten Tagen behauptet worden, gewissen Einflüssen zugänglich geworden sei. Das sei nicht ivahr. Redner hat den dringenden Wunsch, daß daS Gesetz um seiner großen Vortheile wegen Annahme finden möge, freilich müsse er die Er klärung hinzusügen, daß es ihm auch in einigen Punkten nicht möglich sei, dafür zu stimmen. In Bezug auf tz. 6 wünscht der Redner eine Aus kunft von der StaatSrcgierung darüber, ob sie an erkenne, daß die Volksschule keine kirchliche Insti tution sei, und ferner darüber, wie öS gehalten werden soll, wenn sich in einer Gemeinde das Berhältniß bezüglich der Confessions - Mehrheit verändert. Werde in einem solchen Falle auch der confessionelle Charakter der betreffenden Volks schule verändert? Die von der Ersten Kammer «n daS Gesetz gebrachte Bestimmung, die Dissi- denten-Kindcr betreffend, sei sehr beklagenswerth und höchst überflüssig. Dafür, daß Kinder nicht ganz ohne Religion auswachsen, sorge schon hinlänglich das Bürgerliche Gesetzbuch. Die Dissidenten werden durch diese Bestimmung un günstiger als die Angehörigen der anderen Reli- gionSgcsellschaftcn gestellt, und Das widerstreite unseren anderen Gesetzen. Redner erklärt, gegen diesen 'Passus stimmen zu müssen. Zu dem Erlaß der Seminarordnung ans dem Verordnungswege sei die Staatsregicrung nach der Verfassung gar nicht ermächtigt. In Bezug auf die vom Refe renten betonte Beibehaltung des seitherigen Colla- turverhältnisies in den Schulen der Conscssions- Mlndcrhciten, also in den katholischen Schulen, verlangt der Redner eine Aufklärung von der Staatsregierung. Zum Schluffe seiner Rede bemerkt der Redner, ihn, stehe bei unseren sächsi schen Verhältnissen die praktische Erreichung der Verbesserung unseres Schulwesens höher als die theoretische Geltendmachung eines Princips. Er erkenne gern die Berechtigung des letzteren Stand punktes an, man möge aber auch ihm Gerechtig keit widerfahren lassen, wenn er sich vielleicht in dem oder jenem Punkte von seinen Parteigenossen trenne. (Bravo rechts. Zischen link« ) Staat-minister von Gerber beantwortet die von dem Vorredner gestellten Anfragen. Es geht auS den Bemerkungen des Redner- hervor, daß die Regierung die Volksschule als eine bürgerliche Institution ansieht und daß daher deren Charakter sich auch gleichzeitig mit der Mehrheit in der Ge meinde ändern müsse. In Betreff der katho lischen Schulen sei es selbstverständlich, daß auch in diesen Schulen die Stellcnbesetzung an den Schulvorstand in der vom Gesetz bestimmten Weise übergehe und daß sich auf sie die Beaufsichtigung der Bezirksschuliufpectoren erstrecke. Abg. Jung nickel motivirt seine Abstimmung gegen tz 6 und für Z. 19. In der letzteren Be ziehung habe er sich zu bescheiden gehabt, daß man einen entgegenkommenden Schritt thun müsse. Es wird der Schluß der allgemeinen Debatte beantragt und trotz der lebhaften Protestation de- Abg. Riedel angenommen. In seinem Schlußworte bemerkt Referent vr. Panitz Folgendes: Die Mehrheit der Deputation ist keinen Augenblick in Zweifel gewesen, daß sie bei den, vorliegenden BerathungS- aeaenstande an ganz bestimmten Grundsätzen fest hallen mußte bis in die letzte Stunde hinein. Kein Zwecftnäßigkeilsgrund könne hierüber hin weg helfen Mochte die Kammer und ganz be sonders die liberale Mehrheit derselben doch bei ihrem jetzigen Votum eingedenk Dessen sein, daß es sich um eine entschiedene Machtfrage Zwischen ihr und der Ersten Kammer handelt. Nehmen Sie, meine Herren, das Gesetz in der Fassung der Ersten Kammer an, so nehmen Sie cS auch im Geiste derselben an. (Lebhafte Zustimmung links, heftige Unterbrechung von rechts.) Sie können sich aber bestimmt darauf verlassen, daß dann das Ansehen der Zweiten Kammer im Lande auf Jahre lang schwer geschädigt sein wved. (Ja, ja! links, Nein, nein! rechts.) Haben Sie daher den Muth, das Gesetz abzulehnen. So schlimm steht Gott sei Dank bei uns die Sache nicht, daß wir unbedingt das Gesetz ge nehmigen müßten. Die Regierung wird, sie muß uns das Gesetz in einem Jahre wieder bringen! (Lebhaftes Bravo von links, Zischen von rechts!) ES wird hierauf in die Specialbcrathung ein getreten. Bei den HZ. 1 — 5 entsteht keine Debatte und eS werden hier überall die Anträge der Deputation angenommen. e« dem wichtigen tz. 6 sucht Abg. Käser ste i n nachzuweisen, daß die von der DeputationS- Mchrhcit begehrte Consessionslosiakeit die Inter essen unserer Volksschule schwer gefährde und von der Mehrheit der Bevölkerung im Lande gar nicht begehrt werde. Abg. Biedermann rcplicirt und beweist dem Vorredner, daß er den eigentlichen Sinn des §. 6 gar nicht richtig ersaßt hat. Abg. Wigard hält eine scharfe Philippika gegen die schwankenden und fahnenflüchtigen Mit glieder der liberalen Mehrheit und giebt darauf ftine Befriedigung darüber zu erkennen, daß der Referent den wahren Sachverhalt, den Kampf gegen die ErsteKammer, der Kammer dargelegt habe. Abg. Günther gegen den Vorredner. Auch die Rechte glaube ihr Gewissen zu befriedigen und ihre Pflicht zu erfüllen, wenn sic heute für daS Gesetz stimme. Abg. Pen zig begründet seine Abstimmung gegen'tz. 6. Abg. Ludwig hält eine fulminante Rede gegen Annahme des z. 6 in der von Regierung und Ersten Kammer begehrten Fassung. Dieser Para graph verstoße so sehr gegen den protestantischen Geist, daß, falls er angenommen werde, dann ein unauslöschlicher Makel auf Sachsens parlamen tarische Geschichte geheftet sei. Als der Redner cs als eine Schande bezeichnet, wenn man für den Paragraphen stimme, unterbricht ihn der Prä sident mit der Drohung des Ordnungsrufes. Abg. Ludwig (fortfahrend): In dem Augen blicke, wo in Berlin und Überall im deutschen Reiche der Kampf nicht blos gegen die katho lischen, sondern auch gegen die protestantischen Ultram ontancn auf da« Heftigste entbrannt sei, da dürfe in der sächsischen Kämmer die liberale Mehrheit den 8. 6 nicht fanctioniren. Wer behaupte, unser Volk wünsche das, der möge nur hinausgehen und sich besser unterrichten. Mau könne da noch ganz andere Dinge hören, man könne sich z. B. davon unterrichten, daß daS Proselytenmacher« nicht in den Volksschichten, sondern in den sogenannten höheren aristokratischen Kreisen vorkomme Gewisse Religions-Uebertritte in den höchsten Kreisen seien noch heute wieder gutzu machen. (Stürmischer Beifall links.) Abg. vr. Heine ebensalls mit energischen Worten gegen A. 6. Man sei aus die Aufrichtung des Scheiterhaufens in Berlin gegen Sydow eine kräftige Antwort schuldig. Nach dem kräftigen Schlußwort des Referenten vr. Panitz wird unter spannender Theilnahme des Hauses und der massenhaft aus den Tribünen amvesenden Zuhörer zur namentlichen Abstimmung übcrgeaangen. Es stimmen 4l Abgeordnete mit Nein, 37 Ab geordnete mit Ja bei dem ersten Passus dcS K. K, welcher lautet: „An Orten, in welchen sich Einwohner verschiedener Glaubensbekenntnisse befinden, und für die Angehörigen der Confessio« der Minderzahl innerhalb de« Schulbezirks eigene, den Schulen der Confessio« der Mehrzahl gleichstehende Schulanstalten bestehen, hab«r
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