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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187304177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18730417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18730417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1873
- Monat1873-04
- Tag1873-04-17
- Monat1873-04
- Jahr1873
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1873
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» "" «rschcint täglich früh 6'/, Uhr. Rrt«ctt«, «,» Lkprtttt«, JohanuiSgaffe 33. Gerant». Rcdacteur Fr. HüNncr. Sprechstunde d. Redaktion Vormittag« von ll—» Uhr vachmttiag» von 4—!> Uhr. A,mahme der für die uächst- fntornde Nummer bestimmten Inserate in den Wochentagen dis 3 Uhr Nachmittags. Filiale silr Inserate«» »ahme: Otto klemm. Universttätsstr. 22, tianiS Lösche, Haiusir. 21, part. Anzeiger. Amtsblatt des Lomgl. Bezirksgerichts und der Raths der SM Leipzig. >»n»v uaa«. Ad«»»r»e»tookri< viertchckhrlich 1 Lhlr. 7»/, Ngr. ' incl. vringettohn 1 Lhlr. U» Ng» Jede einzeln« Nummer rv, Ng» Belegexemplar 1 Ngr. Gebühren für Extrabeilagen «hne Postbefvrderung Id Lhlr. «it Popbrstrveruug 14 Lhlr. Inserate 4g«spalteneBourgoi»zeile 1'/»Rgr. Grdtzere Schriften laut unserem PreiSverzeichuiß. Rrclanie, »ater d ttedaelioiusitlch die Spaltzeile r Ngr. >o 107. Donnerstag den 17. April. 1873. König!. Kunst Akademie. Die -ie-jölhrige Ausstellung von Arbeite» der Schüler hiesiger Kunst« Wudemte findet statt iur Kartousaale deS städtischen MuseumS vou Sonntag de» IS. bis Freitag de« 18. April.Bros. L-. Direktor. Thomasschule. Die zur Aufnahme anaemeldeten Schüler bitte ich vom 16. bis 18. April mir zuzuführen; die Prüfung derselben, soweit fie in die unteren Classen eintreteu sollen, wird am 2l. AprU von 8 Uhr «m angestellt. Die Prüfung der Bewerber um AlumnatSstellen findet am IS. April um 8 Uhr statt. Prof. vr. Eckstein. Bekanntmachung. Nachdem der Armenpflegcr Herr Earl Hermann Tcheffler, JohanniSgaffe 12, welcher für die 1. und 3. Pflege deS DistricteS XV als Pfleger fnnqirt, annoch die 3. Pflege de- Districles XVII übernommen hat, so wird die- hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Leipzig, den 10. April 1873. DaS Armen »Direktorin«. Schleißner. Zweite Bürgerschule. > Die Aufnahme der neuen Zöglinge findet künftigen Montag den 21. April früh um S Uhr statt Dir. vr. -lenter. Dritter Deutscher Mufikertag. Leipzig, 16. April. Den Concerteu de- All gemeinen Deutschen Mustkverein-, die bei Gele genheit der Tonkünstlerfeste zu hören waren, konnte «an nicht jedekmal die glücklichste Auswahl der Novitäten nachrühmen. Diesmal aber in dem Kammermusik- Concerte, daS wir gestern im Ge- wandhauSsaale hörten, war die Au-wahl eine fast durchaus glückliche , und auch die zahlreichen Solisten wußten sich in vortrefflicher Weise gel- tend zu machen. Besonders zeichneten sich dabei daS Streichquartett, aus den Herren Concert- meister Lauterback. Hüllweck sev., Göring und Grützmacher aus Dresden bestehend, aus. Es wurde nicht programmmäßig mit dem Volk- mann'schen 6 moll-Quartett, sondern mit dem Octett in 6dur von Joachim Raff begonnen, vermuthlich weil die Künstler selbst die Steigerung des EffectS von dem Volkmann'schen Quartett erwarteten, wie es sich dann auch erfüllte. Bei dem Rassischen Octett wirkten außer den schon erwähnten Helden des Quartetts au- Dresden noch die Herren Medesind, Eckhold, Wilhelm und Hüllweck jav. wacker mit. Joachim Raff ist der produclwste Componist des Deutschen Musik- Vereins. Er hat auch sein 6 dar-Octett mit allen den Reizen der Instrumentation ausgestattct, di« seinen meiste» Compositionen Wirkung ver schaffen. Höchst gefällig und durch schöne Farben gebung ausgezeichnet ist da- Xodauto moderato, da» ebenso lieblich anhebt als süß auSklingt. DaS vorhergehende ödlegro molto verhuscht gar zu flüchtig und macht wenig Eindruck, dagegen ist der Schlußsatz Viraee, in welchem auch Anklängc an die 9. Symphonie von Beethoven verflochten sind, sehr prägnant und wirksam. Ganz musterhaft spielten die Dresdner Meister de- Streichquartett- da- Quartett von Robert Volkmann, und eS ist wirklich schwer zu sagen, in welchem Satze die größte Bravour sich gezeigt. Da- Werk ist voll Originalität und Würze; es hebt sich darin jede- Einzelne charakteristisch heran-, sauber, knapp und doch auSaicbig. Dem fein yoiutirten Allegro con 8pirito folgt das klangvolle Andante, zwischen dem graziösen Scherzo und dem rapiden Xllegro eoorxieo schiebt sich ein Lberau- aumulhigcs Andantino ein, so daß überall echt künstlerische Bertheilung und Schattirung ist. Großer und sehr verdienter Beifall felgte jedem Satze. Unter den beiden Solosiingcrinnen, Frl. Gutzsch- bach und Frl. klauwcll, die gleichen Erfolg batten, möchten wir der erstern den Borrang zugestehen. Frl. Gutzschbach sang zwei Lieder von BrahmS: ,.Licb«Streuc' und „Schlummerlied", und rum Schluß cm Cabinetstück von Rob. Franz: „Ständ chen", dessen Wiederholung stürmisch verlangt wurde. Dir fieißi e und sehr beliebte Sängerin gab in diesen Vorträgen eiueu neue« Beweis ihrer fort geschrittene» Au-druck-fähigkeit und Kunstfertigkeit. San, richtig fand fie für jede- der drei Luder den Ton und die charakteristische Haltung, besonder- aber im letzten, dessen volk-liedartige Einfachheit »erst von Sängern de- Theater- verfehlt wird. Ruch da- Schlummerlied sagte ihrer frische« an- »nthiacn Stimme durchaus zu und namentlich drEchlußwortc der Strophen schmeichelten sich ein. Frl. klauwell sang zwei Lieder von F. Liszt und hatte sich zu dieser Wahl vielleicht durch auf- richtige Verehrer ihrer in der Höhe bcsonder- »irkuvgsvollen Stimme bestimmen lasten. Ein wirklich effektvolle- und in jedem Eoncerte er bauliche- Lied ist da- zweite: „Der Fischerknabe", worin echt Liszl'sche geistreiche Tonmalerei zu finden, während die verzuckerten Künsteleien dr eisten: „Kling leise mein Lied", dessen absonderlich «wnesängerischer, resp. unlogischer Text Bedauern «weckt, nur bei ganz virtuoser Wiedergabe an- ziehend wirken können. Die Sängerin verrieth dnrchweg gut« Schule und brachte die Reize ihrer Stimme besten- zur Geltung, hätte aber wvhl »tt einfache, n und herziger» Liedern tiefergehende Wirkung erzielt. Frl. Martha Remmert au- Glogau bewährte sich beim Bortrage einer Oktaven Etüde von kullak, die freilich keine weitere Bedeutung hatte, vud der >,<.ar-PoIonaise von Ehopin al- treff liche Pianistin und wurde mit angemessenem Bei fall bckohut. Zum Schluß wurde von den Herren Rebling, Piäke, Zehrseld, Lima und Frl. Ernestine Grund ein Quintett von Peter Cornelius: „Trost in Thränen", voractrageu, dessen Wirkung eine zweifelhafte blieb. Jedenfalls ist die Factur diese- Gcsangstücke- eine zu kunstvolle uud schwerfällige, sodaß auch bei richtigem und gutem Vortrage, wie diesmal, die Intentionen de- tiespoctischen Componisten zu wenig hervortraten, um eine un mittelbare Wirkung hervorzubringen. Jedenfalls muß e- aber anerkannt werden, daß Herr Prof. Riedel durch sorgfältige Einübung und Borsührung eines so schwierigen Gcsangstückes den Compo nisten der edlern Richtung entgegenkommt. , Allgemeiner Deutscher Schnhmachertag. * Leimig, 15. April. In der heutigen Nach- mittag-sitzung referirt Ullrich-Leipzig über die Arbeiterfrage. Redner ersucht die Versammlung, die Frage vom rein sachlichen Standpunkt aus zu betrachten. Besserung könne nur eintreten, wenn man dafür sorge, daß die Lehrlinge eine bessere Bildung er halten. Der Kaufmann habe den Schuhmacher überflügelt, au- keiner anderen Ursache, als weil er eine bessere Bildung habe. ES sei nöthig, daß man dem Lehrling die uölhige Zeit gebe, um die Fortbildungsschule besuchen zu können. E- ge nüge nicht, daß der Lehrling sich in dieser Schule mit Lesen, Schreiben und Rechnen beschäftige, sondern man möge ihn namentlich auch mit Zeichnen beschäftigen. Ein Schuhmacher, der tüchtig zu zeichnen verstche, brauche nicht die Form de- Fußes vom Kunden im Kopfe zu be halten. Die zehnstündige Arbeitszeit für Lehr linge unter 16 Jahren werde da- Zivcckmäßigste sein. Der plötzliche Uebergang von den Zunft zuständen zur Gewcrbcfrciheit in Deutschland habe, da» sei nicht zu läugncn. viele Unzuträglich keiten mit sich geführt. Aber hieran sei nicht die Gewerbesreiheit schuld, sondern die Verhältnisse. Deutschland war über die Gebühr in der socialen Entwickelung zurückgeblieben. WaS sei zu thun gegen solche Lehrlinge, die auS der Lehre laufen? Zunächst müsse zwar der moralische Weg Helsen, aber e- lasse sich auch praktisch Etwas dagegen thun. In dem von den Leipziger Mitgliedern de- Eentralcomittt vorgelegten Entwurf eine« I Lehrcontracts sei Leistung und Gegenleistung auf- > genommen. Der Lehrling bez. dessen Eltern sollen dem Lehrherrn ein gewisse- Kost- und Lehrgeld bezahlen, während der Lchrherr dem Lehrling, um denselben anzufpornen, einen bestimmten Lohn bewilligt und in gewissen Zetten mit demselben abrechnet. Läuft der Lehrling fort, so verfällt da- ganze Kost- und Lehrgeld. Referent bcan- tragt schließlich, daß der Schuhmachertag den von Leipzig »orgcleaten Lehrcontract als Norm an nehme und beschließe, daß i« Schuhmachergewerbe Fortbildungsschulen unbedingt errichtet werden müssen. Kellner-Hamburg findet den Hauptschiden der heutigen Verhältnisse darin, daß bei den Lehr lingen und Gehülsen da- Ehr- und Selbstgefühl in vedauerlicdem Maaße abhanden gekommen sind; freilich, die Zeit ist eine andere geworden. In Hamburg bestehen schon seit Jahren die schönsten Fortbildungsschulen, der Unterricht in ihnen kostet fo gut wie aar Nicht». Aber wie wenige Lehr linge, obwohl fie die Zeit haben, besuchen diese Schulen! Soll man sie vielleicht hinein prügeln? Die einzige Hoffnung zu einer Besserung ent springe au- dem in neuerer Zeit mehr und mehr zu Tage tretenden Bestreben, da« Corpora, tionS-System inuerhalb der Gewerke wieder in Aufnahme zu bringen. Dadurch werde viel- leicht da- Ehrgefühl der Arbeiter wieder erweckt werden! Bierberg-Berlin macht Front gegen den Vorschlag de- Referenten, daß der Lehrling gleich von Anfang an verdienen müsse. Seit wann sei die Unzufriedenheit unter den Gehülsen entstanden? Seitdem sic von dem Bett und dem Tisch de- Lehrherrn entfernt worden sind. (Sehr wahr!) Der Lehrling gehöre unbedingt zu der Familie de- Lebrberrn, bewillige man ihm von Anfang einen Lohn, so zerstöre man da- familiäre Ber- hältniß. (Sehr wahr!) Wir müssen un» unbe dingt hüten, die unnatürlichen ArteitSverhältuisse k in England, Frankreich, Amerika x. ia unserem deutschen Baterlande herbeizuführcn. Aber auch der Lehrherr habe große Verpflichtungen gegen seinen Lehrling. Völlig zu verwerfen seien die fünf- und vierjährigen Lehrcontracte, man müsse die dreijährige Lehrzeit einsühren. (Lebhafte« Bravo!) Meißner-Doberan ist im Wesentlichen mit dem Vorredner einverstanden. Durch das Ver- einswescn müsse das Gefühl der Zusammenge hörigkeit unter den Meistern sich wiedcr finden, und diese» Gefühl werde von selbst auf die Ge- hülfen und Lehrlinge zurückwirken. Man möge bei den Behörden in jeder Weise auf die Grün dung von Fortbildungsschulen hinwirken und, wenn sic gegründet sind, für deren Gedeihen Mit wirken. daß man sich überzeugt, ob die Lehrlinge wirklich hingeben u. s. w. Schmidt-Dresden hielt es auch für unrich tig, daß den Lehrlingen sofort Lohn bezahlt werde. Dadurch werde man Nicht- weiter erreichen, al« daß die Lehrlinge, wenn sie ausgelcrnt haben, sofort al- Concurrenten gegen ihre Lchrherren austretcn. DaS einzige Mittel fl'» den Lehr lingen Ehrgefühl bcizubringen. Fischer-Stuttgart: Der vorgelegte Lehr contract, sei eine schöne kaufmännische Arbeit, aber er sei unpraktisch. ES stehe darin die zehn stündige Arbeitszeit. Was solle der Lehrling denn mit der übrigen Zeit ans rnaen? Die Forde rung eines Lehrgeldes vom Lehrling sei falsch, dadurch werde die Noth an Lehrlingen noch größer werden. Näthlich sei die in Südvcutschland be stehende Einrichtung der Prämiirung von Lehr lings-Arbeiten. Crfurth-Mügeln: WaS nützen alle Lehr contracte. wenn sie nicht von der Regierung unterstützt werden? Die einzige Abhülfe sei, an den Reichstag zu gehen, damit dem Lehrhcrrn wiedcr gesetzlicher Schutz in Bezug auf daS ge- sammte Verhalten deS Lehrlings zu Theil werde. Redner bringt den Antrag ein, an den Reichstag eine Petition um entsprechende Abänderung der Gewerbeordnung zu richten. B a u m a n n - Gelnhausen: Durch den vor liegenden Lehrcontract werde daS Familienleben gelockert. Die zehnstündige Arbeitszeit sei gerade geeignet, die Demoralisation herauszubeschwörcn. (Sehr wahr!) Durch eine solche Arbeitszeit er ziehe man den Lehrling zu einem Bummler. (Stürmisches Bravo! Öho! von anderer Seite.) Ein solcher Lehrcontract, wie er der Versamm lung vorgelegt sei, sei daS beste Mittel zur För derung der socialdemokratischen Agitation! Und da- wollen wir doch Alle nicht! Ru off-Frankfurt: Die wahre Ursache der LehrlingSnoth sei, daß da« Schuhmachergewcrbe so tief gesunken, daß der Verdienst de- Schuh machers in den allermeisten Fällen unter dem de- Tagelöhners rangire. Dadurch sei die allgemeine Achtung vor dem Schuhmacher verschwunden. Ferner müsse der häufig mit dem Lehrling ge triebene Mißbrauch verschwinden, er möge aus schließlich zur Erlernung seines Gewerbes ver wendet werden. Dem Lehrling gebühre ein freier Sonntag, damit er sich, wie alle ande cn Menschen, erholen könne. Oßwald-Berlin: Die heutige Zeit verlange die Abschaffung jedweder Bevormundung, der Mensch fühle fick schon von der frühesten Jugend an als freier Mann. Geld verdienen sei die Parole der Gegenwart. Durch da- Zurück- greifen auf da- alte Lehrling-wesen werde man die jungen Leute nur noch mehr in die Fabriken treiben. Eine bessere Regelung der Arbeit-zeit muß eintreten. Die beste Prüfung könne der Meister doch wohl vornehmen, wenn er da- erste Stück Arbeit, welche- chm der Geselle liefert, prüfet. Gefalle chm die Arbeit nicht, so sage der Meister zum Gesellen: „Du taugst nicht für mich!" (Beifall, Zischen.) Rink-Berlin bringt folgenden Antrag ein: Die Versammlung möge an den Reichstag und die einzelnen Laudr«vertretuvgru petitwnirra: ») daß Kinder unter l4 Jahren vom Schulbesuch« nicht mehr diSpenfirt «erden, b) daß in ollen Städten obligatorisch« Korlbildmicsschuleu zu er richten find, obligatorisch in dem Sinne, daß jeder Lehrhrrr den Lchrlivg ia die Fortbildungsschule schicken mnß. Redner bekämpft die Lo<lösuug de- Lehrlnig- von der Familie de- Lehrherrn, wie sie vom Vor redner und dem Referenten gepredigt worden, und beantragt sodann noch, daß an die Behörden der Antrag gerichtet werde, Einrich! ungen zu treffen, wonach die Lehrlinge nach beendigter Lehrzeit «neu Beweis über ihre verlangte Befähigung zu liefern haben. Der Schluß der Debatte wird beantragt und angenommen. Ein Redner, der Mitglied der AusfleUungS-Commlssion ist, nimmt nock> Veranlassung, die deutsche Industrie gegen den von einer Seite ausgesprochenen Vorwurf, sie ser hinter derjenigen anderer Länder zurückgeblieben, in Schutz zu nehmen. ! Referent Ullrich-Leipzig vcrtheidigt in seinem Schlußwort den vorgelegten Lehrcontract und die darin enthaltene zehnstündige Arbeitszeit gegen die Anfechtungen der Vorredner, wird aber dabei häufig durch Schlußrufe auS der Mitte der Ver sammlung unterbrochen. Das so sehr in den Vordergrund gerückte Familienleben, meint Redner, werde nicht durch das Essen uud Schlafen beim Lehrherrn, sondern durch die ganze Behand lung hervorgerufen. Die Versammlung beschließt, den vom Referenten vorgclegten Lehrcontract adzulehnen, vagem werden die von Rink-Bcrlm (s. oben) gestellt» Anträge angenommen. .en en * Leipzig, 16. April. Bei Beginn der heutigen Versammlung thcilt der Vorsitzende auf gestellte Anfrage zunächst mit, daß im Ganzen 189 Dele giere, mit Mandaten versehen, anwesend sind. Es erfolgt hierauf die Wahl de- Orte-, in welchem der nächste Schuhmachertag statt zufindcn hat. CS werden in Vorschlag gebracht Berlin, Frankfurt «Main, Mainz, Kassel. E- wird Berlin gewählt. Knöfel-Dresden referirt über den zweiten Theil der Arbeiterfrage — Regelung der Arbeitszeit, Einführung von Schiedsgerichten mir Executive, Einigungsämter, Einführung von Ar beitSkarten oder Büchern. Redner constatirt die außerordentliche Geduld, Dcmuth und Sanftmuth. die der Schuhmacher gegenüber allen andern Ge werben habe. In Erfurt sei er vor Kurzem auf Verhältnisse gestoßen, die ihm die Thränen in die Augen gebracht hätten. Dort müßten die Frauen und Kinder Tag und Nacht mit arbeiten, nur um den nöthigsten Lebensunterhalt zu verdienen. Da sei ihm auf einmal klar geworden, warum die Erfurter Schuhwaaren so billig verkauft werden könnten. Redner erzählt weiter, wie er jeden Morgen mit Tagearbeitern nach Dresden hereinpilgerc. Diese Tagelöhner hätten ihre zehnstündige Arbeits zeit und verdienten den Tag ihren Thaler. Also unter dem Tagcarbeiter rangire der selbstständige Schuhmacher! Die Einführung der »ehastündigen Arbeitszeit im Schuhmachergewcrbe sei zwar sehr schwierig, aber e- müsse nach ihr i« Interesse der physischen und sittlichen Hebung der Schuh macher gestrebt werden. Ferner sei nöthig, daß die Schuhmacherei etwa- mehr wissenschaftlich betrieben werde, die große Mehrzahl der Schob- macker führe ihre Modelle ln» Kopse, da- müsse aushören. Der auf den Meistern lastende Druck habe sich naturgemäß aus die Arbeiter Übertrag». Man dürfe sich nicht verhehlen, hätten die jungen Arbeiter nicht die Bewegung angesangen, dann würden auch die Alten in ihrer Lethargie ver blieben sein. Harmonie der Meister mit den Arbeitern, da- sei da- anzustrebende Ideal! Die Großproduction ist zwar ein großer Hemmschub, aber sie wird bei der nöthigen Agitation im Schubmachergewcrbc überwunden «erde». Lernen und Rechnen — da- find die Waffen de- Schuh macher- dagegen. Al- Heilmittel empfiehlt Redner ferner belehrende Vorträge in den Kreisen der Gehülsen seitens der Meister, dagegen erklärt er sich gegen die obligatorische Einführung von Ar beitskarten. Zum Schluß bringt der Referent eine Resolution ein, nach welcher der Schuhmacher tag im Wesentlichen sich für Folgende- auS- sprechen soll: „Der Meister hat unbedingt für die größtmöglichste praktische und theoretische Ausbildung seiner Lehrlinge und Gehülsen Sorge zu tragen, eine geregelte Arbeit-zeit, und zwar die zehnstündige ist einzuführen, Schiedsgerichte zur Schlichtung von Streitigkeiten, au- Arb«1- gebern und Arbeitnehmern gleichmäßig zusammen gesetzt uud mit executivischer Gewalt versehen, find cinzurichten, Arbeitsbücher sind nur do» lo- calem Interesse und ihre obligatorische Einfüh- runq ist nicht anzustrebcn." Rink-Berlin ovpomrt gegen den letztenPun:t der Resolution. Wenk-Stuttgart beantragt, da
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