Vorwort In den ersten Zeiten der neuen deutschen Singbewe- gung wurde man der Bedeutung des Klaviers nicht eigentlich gerecht. Das Klavierspiel schien allem zu wi dersprechen, was die musikalische Gesinnung als Vor bild nun anerkannte und forderte. Weil viele Menschen das Singen verlernt, die Freude an einer einfachen melodischen Linie verloren hatten, galt es vor allem wieder, für Schönheit und Kraft der Melodik die Emp fänglichkeit aufzuschließen. Im Instrumentalen wandte man sich zunächst mü den Melodicinstrumenten zu. Denn hier mußte jeder Ton erst geschaffen werden. Das Klavier hingegen er schien unzulänglich, weil die Gegebenheit der Tasten — im Gegensatz zu den Melodieinstrumenten — zu einer werktätigen Bildung es nicht kommen läßt. Inzwischen hat die Reform der Musikerziehung, wie in allen anderen Gebieten, auch in der Klavierpäda gogik sich durchgesetzt. Nun erkannte man bei der Be wertung des Klaviers, daß es nicht die Gegebenheit der Töne ist, die in vielen Fällen zu einem oberfläch lichen Musizieren führt. Sondern die Art, wie diese Töne gelernt wurden, wie zunächst nur Auge und me chanische Kenntnisse beteiligt waren, um diese gegebenen Töne zu realisieren. Noten und Tastcnnamcn wurden an ihrer äußeren Lage erkannt: ob auf oder zwischen den Notenlinien, ob vor, nach oder zwischen Obertasten usf. Die Klangverbindung mit dem Notennamen, mit der Taste, stellte sich mehr zufällig, eben durch Übung und oft auch gar nicht ein. Verläßt man aber diesen Erziehungsweg zugunsten einer Unterweisung, die sich ganz auf Bildung der Musikalität im Kinde stützt, so entfallen die bis dahin berechtigten Vorwürfe gegen eine Musikerziehung nur vom Klavier aus. Gerade die Gegebenheit der Töne wird nun Vorteil. Denn die Bildung des Tons, dies nur akustische Faktum, steht hier erst gar nicht in Frage. Und so wird dem Kinde möglich, seine Klangvorstel lungen unmittelbar zu verwirklichen. Es gibt bei der Erzeugung des Tons als solchen keine technischen Hem mungen. Der Ton ist da, unabhängig von Atemführung und Sauberkeit. Es gilt nur, den richtigen zu wählen. Lebendige Gehörbildung setzt ein. Ein falsch angeschla gener Ton beweist dem Schüler sofort die Unzulänglich keit seines Gehörs. Falsche Töne stören das innere Klangbewußtsein. Der Schüler wird sich mehr an strengen müssen, um diese Mißtönc zu vermeiden. Das Klavier steht so einer Durchbildung deö musikalischen Gehörs nicht entgegen, vielmehr fordert es sie. Die Gegebenheit der Tasten ist aber nicht nur in die sem einen Sinne Bildungswert für die Musikerziehung. Die Klaviertastcn, so wie sie aufgereiht nebeneinander liegen, regen die Phantasie in starkem Maße an. Ein zufällig angeschlagener Ton, ein achtlos gegriffener Akkord, reizen zur Weiterführung. Oft entstehen auf