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Dresdner Nachrichten : 07.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188812071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18881207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18881207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1888
- Monat1888-12
- Tag1888-12-07
- Monat1888-12
- Jahr1888
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 07.12.1888
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vtnrrHeilt Llluna s.^. d>. m.»°. der Tbür chier Zelle gewaltsam beseitigt und sollen livischen 4 und ff Ubr Morgens in'S Freie gelangt lein. Der Hausdiener deS dem Gefängnisse gegenüberliegenden Hotel» will früh gegen b Ubr ge- setzen und gehört baden, wie zwei Männer, deren einer eine Laterne in der Hand hatte, die GefängnißhauStdur aukschlossr» und halb» laut sprechend davonaingen. Wie die Verbrecher -u der Laterne und dem hauSIchlUssel gekommen sind, wird wühl die Untersuchung ergeben. Daß rin derartiger verwegener Ausbruch nicht ohne Silke von außen her vollfützet sein kan», wird allgemein angenommen. Die Entsprungenen dürften sich der polnilchen Grenze zugewendet haben, woselbst der M. Verbindungen mit Schmugglerbandrn haben »oll. koloniales. Einem Privatbries aus Ouittah (Obrr-Gul- nea) entnevme» die »Hamb. Nachr.", das? Leutnant Tappenbeck unter der Führung des Leutnants Kund von Banann aus wieder in das Innere zu geben beabsichtigt. Auch solle» in Berlin angeblich Unterhandlungen bezüglich Abtretung Ouiltatz's a» die Deutschen gepflogen werden. Ferner wird berichtet, daß Hauptma»» von Francois im Togoland verweilt, um Vorschläge zum Bau einer Eisenbahn iu's Innere zu machen. Koloniales. Nach de» Satzungen des Afrika-Verein« deutscher Katholiken bezweckt der Verein : 1 - die Forderung der von den Vroß- mächten übernommene» Ausgaben zur Erhaltung und Hebung der Be völkerung Airikas duich Unterdrückung des Sklavenhandels und der Sklaverei. 2) die C>vili>alio» der Neger duich Bekehrung zum Etzristenthuin. Der Verein wird seine Tbätigkeit in erster Linie auf Teutsch-Ostasrika richten. Zur Erreichung dieser Zwecke wird der Verein: I) Sowohl durch die Presse wie durch Abhaltung von Versammlungen, und durch Petitionen a» dir maßgebenden Stellen da« Interesse an den Zielen des Vereins in weiteren Kreisen Teutichlands wachruken und Iruchtbar zu machen suchen. 2> Durch Sammlung von Beiträgen Mittel beschaffen zur Unter- stützt»», von Expeditione», zur Bildung fester und gesicherter Wohnsitze für die bedrohte» Neger, zur Gründung von Missionen, Von Waisen-, Kranken- und Erzielnittasbäusern, überhaupt zur Chiistianisirung der Neger und Verbesserung ihrer mvralischeu und Wirthschaftlichen Veihältnissc. — Die in dem lebten Sähe an gegebenen Einrichtungen sind selbstverständlich mit Sicherheit nur unter einigermaßen geordnete» staatlichen Zustände» zu schasse» Der Verein muh daher, wenn er praktisch etwas erreichen will, daraus dinwirken, daß die deutschen Kolouiulgebicte sengehalten werden, speziell dasienige in Ostastika, da er ausdrücklich erklärt, »seine Tbätigkeit in erster Linie au» Deutsch Ostasrika richte»" zu wollen. ES bleibt abzumarten. welche Haltung in der ostakrikani- schcn Angelegenheit die dem Verein ang>hörenden leitenden Mit glieder des Centc.ims im Reichstag eiuiichmen werden. Nach einer Dratztmeldung aus Sansibar ist der deutsche Admiral jetzt in Bagamoyo, wo zwilchen den Eingeborenen und Europäern augenblicklich die beste» Beziehungen benschen, man wisse jedoch nicht (fügt die englische Darstellung bangemachertsch hinzu), welche Wirkung die Blvkade aut die Stimmung der Ein geborene» im Allgemeinen ausübe» werde. Oesterreich. Der Papst entsandte de» Gcbeimkäinmerer Mon signore Mere» del Val nach Wien, ui» dem Kaiser ein Glück wunschschreiben und em Jubiläumsgeschenk zu überreichen. Der Ablegat, sowie Nuntius Galimbcili wurden vom Kaiser in beson derer Audienz emptaugcii. DaS Geschenk des Papstes ist ein Wundervoll gearbeitetes Mosaikbild, darstellend die heilige Jungfrau Mit dem Jeslikiud. uugrsähr 5 Fuji hoch. Ter Kaiser kantte in Hinter-Radmer in Steiermark von der Alvinen-Mvntnngescllschast Waldungen kür 72,MO Gulden, sowie in Eisenerz, hieslvn re. ebenfalls Waldungen für 1,027,000 Gulden t»r Vergrößerung der Jagdreviere. Ungarn. Ter ungarische Parlamentarismus hat den traurigen Annalen seiner Wahlprütniigspraxis ein neues, vielleicht das schnrah- licksteBlattcingesügt. indem dre eine Gerichtsevinniiisivn deSAbgeord- tietenhauses die arrgesochlene wahrbasl skandalöse Wahl des reichen CpiritnSfabrikante» Krauß verifizirt hat. Das OvvositionSblatt -Eghelsrtss" g»ebt seiner Entrüstung in einem von Bitterkeit über- nießenden Artikel Ansdruck, dem wir folgende Sätze entnehmen: Wir geben zu. daß die Verifizirung der Wahl des Ludwig Krauß im heutigen Ungarn ganz in der Ordnung ist, und daß cs lächerlich wäre, an ihr Anstoß zu nehmen. Aber eS will uns nicht auS dem Kopse, wie dasjenige in Ungarn eure acccplirte uns unangreisbare constitiilioneUe Thatiachc sein könne, was sonst nirgends »i der ebildcten Welt geschehen kann. Unrecktmaßigkcit, Gewaltlhütrg> eil, Verbrechen gegen Gesetz und Recht könuen überall Vorkommen, eil. aber sic könne» nicht solch' 'öffentlicher Anerkennung und feierlicher Gutheißung z» Theil werden, wie sie aus der Praxis unserer par- lamentauschen GcrichtScommissionen daS össentliche Bewußtsein des Landes vcrgitteii. Es wäre doch klüger, sich einfach oabei zu be ruhigen, daß bei den Wahlen das Fauslrecht der Gewalt herrsche, daß das Mandat der Regierungspartei, wo cs uölhig i», mit kolossaler Bestechung, wo es nöthig ist, mittelst einfacher Fälichung erworben werde, daß cs keine Rcmednr gegen Ungesetzlichkeit und Ehrlosigkeit gehe, als daß jede Ungesetzlichkeit und jedes Berbrechen mit der Saiietion der höchsten eoasliiutionellcii Autarität versehe» werde. Schasse man doch wenigstens Ine pgllniiicntarijchen Gcrichts- Commissivnen ab. welche Fälschung und Bestechung unier den seierlichc» Formen der Rechtspflege vor den Augen des Landes und der gnnren Welt gntheißen." Sehr treffend bemerkt „Pest, Naplo" : Die Akitgliedcr der Gcrichtseommiisio» sahen, daß, wenn sic die Wahl Ludwig Krauß cuniulliren, wenigstens zweihnndertsünszig dlb- geordcte Nicht in der Legislativ? sitzea dürften. Und als sie im Hinblick auf das System und aus sonstige flagrante Fälle Gerech tizkest üben wollten, da stellten sie das ganze herrschende System und sich seihst an den Pranger. Als sie die Dunaszcrdahclycr Wahl verisizirten. gestalteten sie die Folgerung, daß die Bestechung erlaubt sei, daß der Nachweis derselbe» weder »ür den Bestechenden, noch für die Bestochenen Folge» nach sich zieht, daß die Bestechung ein anständiges Verialpcii ist. Doch ließ die Gcrichtscommiision nur Billigkeit gegen Herrn Krauß walten. Warum soll eS ihm nicht erlaubt sein, zu besteche» und mit seinem um Geld gelausten Mandat das Lager der Regierungspartei zu vermehren, wenn dies mit einem gelausten Mandat der Minister Gras Paul Szccheuyi tbun durfte, wen» Obergewalt Tnllia» in Kaposvar, wenn im Ka- nsszaer Bezirk eben so hertelendv gegen Jnkey bestehen durfte, wenn Obergest'an OrmoS AdclSbricie verlausen konnte, um zu Bestechung-Zwecken bei Wahlen im Temescher Comitate Geld zu beschaffen Frankreich. Paris giebt die Mode an, und die Provinz beeilt sich, sie vlmd nachzuahmen. Kaum war bekannt geworden, daß man in Paris das Andenken Baudin's durch einen großen Auszug feiern wolle, da emviand man plötzlich — zum ersten Male seit 37 Jahren - an hundert Orten des Landes das unabweislichc Bedürmiß. ven Blut- oder einfachen Zeugen des 1851er Staats streiches Ehre zu erweise» Das Divllige an der Sache ist. daß die eifrigen Nachahmer in der Provinz entweder nie wußten oder ganz vergaßen, welcher politische Gedanke der Pariser Kuudaebung zu Grunde lag, und daß sic ohne alle Schlauheit, ohne Absicht lichkeit. in ichlnhter herzeiiscinsalt die rcpublikamiche» Helden »i Ihrer Erinnerung wieder ciuflrbcn ließen, ohne sich im Geringste» gegen Boulgugcr zu erzürnen. Im Gcgentheil, au manche» Orten stellten die braven Vatcilandssteundr ihre Gcdäclstnißieier für Ban dln und Andere geradezu unier die Anrufung Bvnlanner's, und sic ließen in gleichem Aihem de» tobten Bandin und oen lebenden „tazstcrn General" hocbleben. Die Teputirtenkanimer nahm die fünf ersten Artikel des Bud gets sü, die Culte an. nachdem die auf eine Reduklwn der Zahl der Bislhümer gerichteten Anträge abgelebt» waren. Der Justiz- minister riklärte, die Regierung bekenne sich zu der 'Trennung von Staat und Kirche, so lange aber dasEoncordat bestehe, müsse man es ausfülirc». Fortsetzung der Beraihung morgen. Welcher maßlosen Nebertrcibnngr» sich die Pariser Presse schul dig macht, zeiac» die Angabe» über die Zahl drr Tlikilnehiner an dem Zuge zum Grabe Baudin's. „Repnbligue sranyaise" und -Rappel" sagen, die Breiige sei unzählbar gewesen. Die „Lan- terne" hat 3«>0,000 Körne gezählt, der „Petit National" und der -Parti Ouvrier" 200,000, der „Radien!" I">0,000, drr „Malin" iVv.liOO. Nun sinken die Angabe» rasch und unverhältiußinäßig. „XIX. Siöele" hat 50,000 Theiliiehmcr gcrählt, „Siöcle" 30—40,000, „La Paix" 35,000, „Parti National" 30,000, „France" höchstens 20.000. „GnnloiS" 20,000, „Soleil" 15,000, „Jiitransigcanl" 12.000. -Petit Journal" 7001». Die beiden letztgenannte» Blätter sind bou- lanaistisch. Man sicht, wie die politische Richtung die Schätzung nach oben wie nach unten beeinträchtigt hat. Paris. M Numa Kilt» ist von seinem Amte als Maire Von Rimes offiziell enthoben worden. Als Protest gegen diese Enthebung hat M. G'lly seine Entlassung ans dem Municipalrattze deS Gard-Departements eingrreicht. — Arik Veroidiiung de, Regie rung sind die Boulnnger-Kalender mit Beschlag belegt worden, an geblich weil sie Aufreizungen gegen den Staat und die staatlichen ilten. — Alt Episode au» dem Leben und indem daS SnSlöschen eine« Meirichen- wertb gefunden wird, giebt sich folgender Fall: vor einigen Tagen erinnerten sich zufällig die Bewohner eines HauleS der Reposstraße. daß sie einen alten Herrn, der seit Jahren sein Heim in ihrer Mitte ausgescdlagen, schon monarelana nicht bemerkt hätten. Man vocht« an seiner Ttzürr an und al- hierauf kein Lebenszeichen zu erlangen war, holte man den Schlosser, um die Wohnung zu öffnen. Der Anblick, der sich bot. war rin wahrhaft Grauen erregender. Mitten im Zimmer lag. von einer Sck.oar Natten umgrdrn, ein menschliche« Skelett, an welchem ,»m Tbetl schon die Knochen zerfresse» waren. — Am Dienstag fand in London daS lährliche offizielle Verbrecher-Dmer statt. A» dem selben nabmen 260 Diebe theil, weiche ihre Strafzeit überstanden batten. Den Vorsitz dieser, vom „Verein zur Fürsorge sür ent lassene Sträflinge" veranstalteten Festlichkeit präsidirtr der Lord- Mavor und leine Gemahlin, der Polizei-Piäsident Munro und verschiedene Getäiigiilßdircktore» und Mitglieder de« Parlaments Italien. Ter Kronprinz, welcher a» seinem 18. Geburtstage zum Hauptnian» rmannt und gleichzeitig angewiesen worden ist, nunmehr in regelmäßigen Zwi'chenräumrn den Hebungen des 5. Infanterie-Regimentes bcrzuivohne», wurde dem Regmienie vorgrstellt. Als der Kronprinz, in Begleitung seiues Gouverneurs und zweier Adjutanten, im Fechtiaale die Vorstellung der Offiziere entgegengenommen Halle, neben dem Oberst vor den Truppen er schien, wurde der Königsmarsch gespielt und das Gewehr präientirt. Der Oberst sprach mit laute, Stimme die Worte: „Offiziere. Unler- vsfuiere und Soldaten! Aus Beseht Sr. Majestät des Königs werdet Ihr Se. König!. Hoheit den Prinzen von Neapel, Victor Cmanuel, als Hanplmaim anerkennen." Drr Kronprinz saintirle mil gezogenem Säbel und blieb in dieser Stellung, bis „Gewehr bei Fug" lvnimaiidiet wurde. Hieraus desilirte da« Regiment vor Pri drnr jrmzcn, zu dessen Ehren am Abend Hostaiel statttand. ächste - - - . . - . Portugal. dem König und Königin, welche i stehe nun darauf, DaS »ächste Eonsistorium wird in Folge der Schwierigkeiten, die sich wegen Ernennung von Bischöfen zwiichen Frankreich, Ruß land und dem Vatikan erhoben haben, bis zum Monat März k. I. verschoben. Man berichtet über Differenzen, welche zwischen der Königin vo» Portugal ansaebrocben Die ckvn lange mit dem König in Unfrieden lebt, be- daS Land zu verlassen und sich nach Moncalieri bei Turin zu ihrer Schwester, drr Frau des Prinzen Napoleon, zu- rückzuziehe». Ter König wiversetzc sich jedoch der Absicht und babc die Intervention des Königs Humbert und der Schweiler der Köni gin angerusen. Au» diese Zwistigkeiten seien die m letzter Zeit arff- getauchien Gerückte zurückzuiühren, daß der König von Portugal zu Gunsten des Kronprinzen abdanken wolle. Belgien. In Brussel hat Bürgermeister Bnls den Ein wohnern. namentlich ober ven Sozialisten, eine Ueberraschung be reitet. Nachdem der Bürgermeister längere Zeit den lärmenden Auszügen in der Stadt thatloS zugesehen batte, verkündete spät Abends ei» an alle» Ecke», Säule» und Anschlagstasrln angehefteter zweisprachiger Eilaß das strengste Verbot aller össentliche», nicht genehmigten Auszüge, sowie ler Zusammenrottung. Buis begrün dete seinen Antrag mit de» Worte»: „Bis letzt habe ich kein all gemeines Bcrbot erlassen; nachdem aber unsere Herrscherin durch eine Bande beschimpft worden ist, welche auch andere Personen auf dem Boulevard insultirt hat, glaube ich die Pflicht zu haben, der- artige ordnungswidrige Vorgänge untersage» zu müssen." Der Vorgang hat sich folgendermaßen zugerrngen. Nachmittags wurde »r St. Josse tcn Noove, wo es stets etwas lebhaft zugeht. unter steiem Himmel eine Versammlung gehalten, wobei der Sozialist Verrycke» von einem Suchte herab eine Ansprache hielt. Nach der Rede begab sich die aus etwa 200 Mitgliedern bestehende Versamm lung unter Voranrragung der rothe» Fahne nach der Stadl und dem großen, dieselbe rings umziehende» schönen Boulevard, auf welchem es gerade von Spaziergängern wimmelte. Unter Ab- singung der Carmognole und Marseillaise und Begleitung von ich,eiend lauter Blechmusik ans kleine», bei de» Sozialisten sehr beliebten Pistons bewegte sich der inzwischen aus etwa 5—600 Theil- nrhmer angewachsenc Zug lärmend vorwärts. ES mochte gegen 4 Uhr sei», als der tobenden Menge der Wagen der Könrgi» ent- aegenkam, welche ihren täglichen Ausflug machte. Kaum hatte die Bande die Königin erkannt, als sic dieselbe auch mit Zischen. Pseste» und Geschrei empfing. Die Polizei, welche übrigens höchst spärlich vertreten war, erwies sich machtlos. Die Königin war »der de» Austritt sichtlich sehr erregt, wandte ihr Pony-Getährt. das sie selbst lenkte, sofort um und fuhr nach dem Palaste zurück, diesmal unter begeisterte» Zunste» der Svaziergängcr. welche ihr eine Ovation bereitete». Der Erlaß des Bürgermeisters ist die nächste Folge der Ausschreitung der Sozialisten und wird von der Bürgerichast im Allgemeinen init Geiinqthuung begrüßt, da die sozialistischen Banden »ul ihre», tobende» Gebahre» in den letzten Wochen die Ruhe »n- gebübrlich störte» und dre ordnungsliebenden Bürger lercvrisirteii. Die radikale „Nösvrmc" freilich und ihr Anhang ziehen in den schärfsten Ausdrücken gegen das „unciualifizirharc Hofschranzeiilhum" des Herrn Bnls zu Felde. Bor dem Berufungsgerichte in Brüssel fand eine anziehende Verhandlung statt. Eine junge Dame hatte an der dortigen Hoch schule die Rechte sindirt und vor einigen Monate» die Doktor prüfung mit Er>olg bestanden. Als sie sich aber zu Anfang des Gerichköjahrcs vvrstelltc. »m den Eid als Advokat abzutegen, wurde sie zu demselben nicht zugelassen. Nun trat der Stabhalter der Abvveaten, Gnillerv. und ein anderer Advokat, der sich der Frauen- rechtc besonders warm annimint. zu» Vertheidigung der Toklori» aus. Ter Bertrcler der Staatsanwaltschaft hielt eine maßvolle, aber krallige strebe gegen die Wirksamkeit der Frauen in Männer- bernten und ini Rechis'nch im Besondere», worin er nachwieS, daß das gellende Recht sich der Zulassung der Frauen widcrsetze. Der Spruch wird nächstens ergehen. Brüssel hat den ziveüelhaften Po>tl>e>l, 800 Advokaten zu besitzen; da wäre es doch wohl ange bracht, den beinahe spielend zu erreichenden Doktorhut etwas höher zu hängen. Die Polizei entdeckte in Brüssel mehrere neue Dynanütaiischlägc. Ruffland. In Persien hat die englische Diplomatie vor Kurzem euren vedeutenden Erfolg über die ruisische davongetrage», indem sie durcyjetzie, daß der Schah den Hauvlsluß Persiens dem Handel öffne. Davon hat der engliiche Handel zunächst den Haupt- vorthcil. Hierüber sind die Russen »ehr erbost. Der „Graihdaniir" aiebt über die Rolle, welche der Rudel aus Reisen in der rnssiichen Politik spielt, einige Andeutung. Das Blatt äußert die Ansicht, daß am Ende der jüngste Mißerfolg dort sich damit erklären lasse, daß dem russischen diplomatischen Vertreter nicht genügend jenes „verächtliche Metall" zur Disposition gestellt worden, das in Asien beredter ist, als Worte und überzeugender, als jegliche Weisheit. Es wird nach Teheran ein Adjutant des Kaiiers gesandt, der den Namen eines Fürsten Dolgorukow trägt. Wenn er aber reprasen- lircn soll, so muß er dazu die Mittel habe». Dieses ist aber um so uothwendiger, als in Persien ein englischer Bevollmächtigter aus- taucht, der die Ausgabe hat, Persien dem russischen Einfluß zu ent ziehen. und welcher ebenfalls mit einem Hobe» Namen und großem Pompe zum Repläseiitileii ausgerüstet ist. Nun bandelt es sich nicht um irgend welche diplomatische Bagatellen, sondern um Frage», die Rußlands Staats- und WirthichaflS-JiiIeresse» bedeuten. Hier wird au» eine Karte Rußlands ganzes zukünftiges Sei» oder Nicht sein in Asien geietzt und es wäre doch ein wenig sonderbar, wenn der eine Spieler — der Engländer Drummond Wolfs — Goldrolle» aus die Karte setzen würde — der andere — Fürst Dolaornkviv — nur ,Pvliini»ti" (Halbcrribelslückc). E« ist klar, daß i einer für die Interessen Rußlands io wichtigen Minute Fürst Dolgorukow ebenso hoch spiele» muß, wie Herr Wolfs. Und gerade hier rn dieser höchst veihäiigiiißvollen Frage vsscnbart sich nun die russische un- richiige Politik des Sparens. Der russische Gesandte darf gne nicht daian denken, andeis nach Teheran zurückzukehren, als mit einer „in olle» Beziehungen mächtigen" Unte>sl>itzu»g. Denn ivntt würden wir nicht nur schwach, sondern geradezu lächerlich erscheinen. Ter „Russische Invalide" veröffentlichte ein „offizielles Reglement für den militärischen Briestaubrndiensl." Aus den Er läuterungen ist zu eriehen, daß es sich nickt bloS um den Verkehr zwischen den Fcslnngeii, sondern um die allgemeine Verwendung von Brieftauben für Hcereszwecke bandle. Serbien. Nach Naschka wurde, wie nachProknplje, eine ständige Garnison verlegt, um Handstreiche der Amanten zu verhindern. Afrika. In England sind wieder einmal angebliche Nach richten über Stanley eiiigelroffc». Der am Sonnabend in Merle» von der afrikanische» Westküste einaetroffene Dampfer „Cameroon" überbringt die Nachricht, daß in Bonnv ein vom oberen Niger stammendes Gerücht geht, demzufolge Stanley sich mit einer große» bewaffneten Macht binter den Oeistüffen befände. Er habe bei seinem Vormärsche die britische Flagge entfaltet und die Eingebore nen hätten sehr gewünscht, (k) unter britischen Schutz zu kommen. Diese Mittheilung trägt den Stempel der Unmayrscheinlichkeit in »och höherem Maße an sich, als dre Vermischung Staniey'S mit dem geheimnißvollen „weißen Pascha." Direkten Berichten au- Tuaktn zufolge beginnt Stadt gefährlich zu werden. Man benöthlgr dort noch »scher englischer Truppen. Keutlleton. s DaS dritte Philharmonische Eoacert erneuerte uns die Bekanntschaft des Herrn Alfred Grünfrld, eines Künstlers, dessen Bedeutung als Pianist seit einer ziemlichen Reihe von Jahren sesrsteht. Er ist ein Virtuose in des Worte- beste Bedeutung, der Alles, waS er bietet, zu wahrhaft technisch glänzen den Leistungen erhebt. Schwierigkeiten kennt er nicht, und die ge wagieslen davon bewältigt er mit einer förmlich verblüffende» Sicherheit und Bravour. Um von dieser von Neuem zu überzeugen, dcbntrrte er mit Rubinslein'S viertem Concert M-inoll) Das Co» cert in seinem kühnen und vollgrissigei, Clcwieriatz, beste» vvmpöies Donnergedrausc zu wecken und zu bewältigen stayl»eslc Furger uns ein aunnniartigeS Haiiügcienk erfordert, zählt seit seinem Ealsteyen zu den bevorjiiatcsteii Progranimnuiinucrn der technisch fertigen und physisch starken Pianisten. Rubiiittei» hat es zunächst >ür sich ge- ickr>eben, eS trägt in Folge dessen auch de» Stempel ferner eigensten pianistiiche» Jndivivualilät. Alles ist hier kühn, gluihvoll und genial angelegt, und so will es auch dnrgestellt sei». Aehnicch trug das Werk auch Herr Grünfeib vor. ohne jedoch damit demelbe» Eindruck zu erreichen, wie beste» Autor. Technisch fertiger und vollendeter spielt es Rubinstein entschieden selbst nicht, aber wärmer, hriireißendrr und packender. Aach daS Herauösteche» der Melodie vermudet Rubinstem, bei ihm singt diese mehr als sie schreit. Nlchlsdestoweiiigkr erzielte Herr Grnn>eid mit dirsem Evncert und dem Vorträge verichieacner Klavierivli einen aani aiißcrordcatlicheii in oer Hauptsache übrigens wohlverdienten Erfolg, der fick, i» vier- und sunimaiigen Hcrvorruien zu erkennen gab Neben Herr» Grünield ist übrigens der Bechslein'iche Eoncerlflügel anirichlig zu beglückwünschen, der alle Versuche, ihn in Grund und Bode» zu donnern, mit stoischer Kaltbiülikgeit ablehntc. Beicheidei, gegen diese staunciiswerthe Leistungsfähigkeit und Bravour Grünseld's und deS Bcchsteiii'lchen Eonccrtstügcls war die Anerkennung, die sich Frau Schulz-Lilie als Con- ctllsäiigerin erwarb. Die Dame lang Necitaiiv und Arie aus „Figaro s Hochzeit" (als gute Deutsche selbstverständlich italienisch: „L Lukauaa non visn!") und Lieder von Brahms, Gernsheim und Bizet — von Letzterem eine „vivilio edsnson," dessen Textansivrache an das Diletrantenhaste grenzte. Den Doppelsinn zwischen der „Fauvette" und der „Lucettc" werden wohl nur Wenige der Hörer verstanden habe». Die Stiinnimistel der Künstlerin sind heute noch sehr schätzeaswerihe, und noch schätzensmerther ist die sorgfältige und geschmackvolle Schulung derselben. Dag sich über das Ganze bereits ein herbstlicher Reif breitet, ist das natürliche Zeichen der Zeit, die bekanntlich Allem, was sterblich ist, ihren Stempel nichi erwart. — Atö Dirigent des vorgestrigen Concerles sunairle Herr Pros. Friedr. Gernsheim aus Rotterdam. Er leitete die „Meistersinger"-Ouvertüre, begleitete unter den gegebenen Verhält nissen sicher und subtil das Nubinstein'sche Cvnceri und die Mozarl- schc Arie und diiigirte schließlich ein eigenes Werk, seine dritte Sinfonie i» 6-moII. Tie umiangreiche Eoinvositioii gab sich als die achtunggebietende Arbeit eines hochbegabten Musikers, ohne jedoch ein höheres Interesse erwecken zu könne». Der Eompoiüs: zeigt sich in derselben zu redselig, zu weitschweifig und über schwäiiglich und läßt dazu die erforderliche Begabung iür Farbe und Eolorit vermissen. Alles ließe sich kurze», einfacher und schlagender sagen. Das Ausspinnen der Themen, dos öftere Wiederholen derselben, die vorherrschende lärmende Instrumen tation ermüden derartig, daß man sich, wenn man dem Wecke durch dreiviertel Stunden auimerksam gefolgt ist, nach einer Er- iriichung der Nerven aufrichtig sehnt. Die Neuerung des Herrn Gernsheim, den Geigern und Bratschisten die Stimmen stehend ausfühicn zu lassen, hob wohl dicic Partieen hervor, erdrückte dafür aber die Holzbläser, welche gegen die höher und freier placirten Messing-Instrumente öfter nicht recht zu Worte kommen konnten. Das ganze Experiment ergab sich, wenigstens >ür die vorderen Plätze, als ein Gcigeneffekt aus Kosten des Ensembles. Wenn Derartiges dem Holländer geiallen sollte, so braucht eS deshalb noch lange nicht gut genug und praktisch wccthvoll iür die Deutschen zu lei». Gegenüber dem Gewerbchnuie, in einem gewissen Königl. ! Hvnhcater, sind wir. unbeschadet der Trefflichkeit der Gcwerbehaus- > kapellc, die sich auch vorgestern wieder in hochbeiriedigcnder Weise ! ihrer nicht leichten Aufgabe entledigte, gewohnt, eine „Meistersinger"- > Ouvertüre, ohne da« Erheben der Geiger von den Sitz n. denn doch ! noch ganz anbei« auigefoßt und ohne Mätzchen a»Sge>üi,rt zu hören. § — Apropos Hoslhraier ist »och zu bemerke», daß auch dieses einen ^ Gast zu dem vorgestrige» Concert gestellt hatte, ohne daß aus dem ! Programm etwas davon verkarstete. Unsere vorzügliche Harfen- Birkuosin Frau Melanie Baucr - Z > cch hatte die heikle und ^ schwierige Harfciwarkie in der Gcriisbeini'ichen Sinfonie über Nacht ! übernommen und führte diese, wie nicht anders zu erwarte» stand, borlcefsilch aus. An dieser Thatiache selbst wäre nun weiter nichts Anßergeivödnlicheö zu finden, wenn Frau Bauer-Ziech mit dieser Kunstleiitung nicht auch wi.der ein Kniistslück verbunden hatte. Die Kgl. Gencraldireklion hotte die Eriandniß zur Mlwirknng nänrlich'iur unter der ausdrückliche ii Bedingung gegeben, daß der zu gleicher Zeit zur Aufführung angeietzte „Ratleniäuger von Hameln" unter der Be- ! thciligung der Künstlerin am Philharmonischen Eoiiccrl nicht leide, j Nach genauester Ausrechnung balle man »un gefunden, daß Frau Baucr-Zwch im „Rattenfänger" über eine Parste von 58 Minatcn zu versügcn^liabe. Die Ausiüihung der Harienpartic in dct Gcrns heim'schen Simonie »ahm genau 38 Minute» in Anspruch Frau Bauer-Ziech mußte also nacy dem letzten Harien-Accord der ersten Bilder un „Rasteistäiigcr" nach dem Gewcrbehausc „fliegen" und zwar innerhalb lO Minuten. Hier stand Alles zum Anfang bereit, und sic brauchte nur die Hand nach der Harie ansznstrcckeii. um die Simonie beginnen zu lassen. Nach dem Berklingen des letzten Accordes hier stand sie. nach 38 Minuten lanaer Thäügkeik, iml einem Fuße schon wieder im Wagen, um in's Hvitheaicr „zur: cl zufliegcir" und dort gerade wieder im Momente ein;»treffen, als Hoskapellmeister Hagen den Taklstvck zum Harfencinsatze erhöh. Und bas Alles ui genau 58 Minuten — die Schnelligkeit des elektrischen Funkens ist dagegen der reine Gütcrzug! Herrmaiin Slarcke. ch Im Rcsidcintheater gelangt heule aus vielseitiges Verlangen die Mvser'sche Posse „Der Sklave oder Ein lieber Schwieger- papn auS Meißen" zur Aufführung. ch Ucber das beieils gestern kurz erwähnte erste Auitrcien von Frl. Alice Noch (unier dem Namen Alice Rvo n) am Leipziger Stadltheatcr berichtet das „Leipziger Tageblatt": Die Daislellung des Frl. Rvvn, an den besten Mustern gebildet, überraschte vor Allem durch eine ausdrucksvolle, iumgbewegle Teclnmation und durch eine große Begabung für die Verdeutlichung pihchologiiche, Vorgänge, welche bei der Durstigkeit der Handlung die grösste Auf merksamkeit beanspruchen. Dre melancholische Grundsliiilinuiig dieses Orpdeus-Cbarakters verleitet nicht selten bei der Darstellung, die ganze Partie in das Weinerliche, Lyrisch-Süßliche zu ziehen. Frl. Norm hielt sich von jeder Einseitigkeit frei, mischte sogar ihrem Orpheus einige sehr wirkungsvolle energische Accente vci. Die Bewegungen waren durchaus amnuthig, jede Pose plastisch schön und von bemerkcnswertheiii dramatstche» Ausdrucksvermögen uitterstützk. Die gesangliche Seite in dieser OrphenS-Darstelluiig berechtigt zu den schönsten Hoffnungen Frl. Roon besitzt ein unilangreicheS Organ, das in der tiefsten Lage de» elwaS lorcittcu To» voller und sasstgcr wünschen laßt, in der Miltettage aber und »r der Höhe wohllautend und kräftig ist. Tie sorgfältige Decla inatio» verdient lobend hervorgehobc» zu werde»; nur die Ans Wracke läßt an Dcnllichkeit noch manchen Wunsch offen. Alles in Allem war dieser erste theatralische Versuch der glänzende Beginn einer hoffentlich glänzende» Bühnenlaufbahn." — An diesen: schöne» und großen Erfolg hat auch Herr Hosopernsänger Eich berg er einen nicht zu unterlchätzcndcn Anlheil zu nehmen Bei ihm ahiolvirte Frl. Roth ihre schauspielkrischeii Studien. -j- In dem vom Grasen Hochberg sür das in Görlitz im Inn !888 slatlfiiideiide zehnte schlesische Musikiest sestgcsetzten Programme war mit Rücksicht oul den zu erwartende» Beurch des dcutichen Kaisers, der em großer Verehrer Wagner'scher Musik ist, die Aufführung des dritten r'KleS vo» „Pariifal" in Aussicht aciioiiniie» worden. Hiervon mußte ober abgesehen werde», weil Frau Eosiina Wagner, der die Bestimmung über die Aufführung des „Parsisal" zustcht. die Genclnmgnng versagt hat. da nur Bruchstücke aus dem letzten We>ke Wagners sür den Concrrtgeber eingerichtet sind. (Ganz Cvsima I) v Frau Pauline Lucca wird ini Laufe der Saiion auch wieder ui Dresden singen. An dem Eoncert, welches im Gcwerde- hauie stattsindct, betheiligt sich Herr Pianist Emil Kranke. * In der Haarschneidestube. — Student (mit geringem Bart anflug) : „Bitte auch meinen Schnurrbart etwas zu locken." Bar bier : „Ja. locken kann ich ihn schon, rü ist nur die Frage, ob er lomml? LI ?Z> Zs « .
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