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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187607288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18760728
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18760728
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1876
- Monat1876-07
- Tag1876-07-28
- Monat1876-07
- Jahr1876
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1876
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Srschetnt täglich früh 6'/r Uhr. »rdacllo« na» -rvrötlto, Ivhannisgass« 33. Verantwortlicher Redacteur Kr. Hüttner in Reuduiy. Sprechstunde d. Redactiou «vrmitiL,« von 11—» Udr N«ch«illa,4 »»» 4 —L Udr. »nnabme der für die nächst- 'otacnde Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis 8 Uhr Nachmittags, an Sonn- ,nd Krsttagen früh bis '/,v Uhr. z, dra/illate» f>r Ins. Annahme: Otto Klemm, Universilätsstr. 22, LouiS Lösche, Lathannenstr. 18, p. nur bis V,3 Uhr. Mchztztr Anzeiger. Organ für Politik, «vcalgcfchichte, Handels- und Geschäftsverkehr. «uslage 14,4,1». At>oone«enlsnrkl»viertclj.4'/,Mt, incl. Brinaerlvhn L Mk.. durch die Post brzogeu ti Mk. Jede einzelne Nummer 30 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbesörderung 3,'> Mk. mit Postbesörderung 43 Mk. Znserale 4aesp. Bourgeois;. 20 Pf. Größer« Schriften laut unserem PreiSverzeichmß. — Tabellarischer Latz nach höherem Tarif, vellauic» untrr vrm Nrdartioaoftrtch die Spaltzeile 40 Ps. Inserate sind stets an d. Slpcdltica zu senden. — Nabatt wird nicht gegeben Zahlimg prsvauii oiiuiüo oder durch Postvorschnß. M 210. Freitag den 28 Juli 1876. Bekanntmachung, Verdingung deS Postfuhrwesens in Schwarzenberg in Sachsen betreffend. Das Possfuhrwesen der Station in Schwarzenberg in Sachsen, auf welcher gegenwärtig 29 Pferde und 10 Postillone zu unterhalten und täglich 2 Personenposten nach Iohanngeorgenstadt, 1 dergl. nach Geyer, 3 dergl. nach Scheibenberg und 1 dergl. nach Zwönitz. sowie 2 einfache Bahn- hosStranSporte und 3 Hin- und Rücktransport? zu befördern sind, soll an einen Privatunternehmer übertragen werden. Die maßgebenden Bedingungen liegen während der Geschäslsstunden im Bürcau der Kaiserlichen Ober-Postdirection Hierselbst zur Einsichtnahme aus. Bewerber wollen ihre Angebote spätestens biS zu« 31. August d. I. versiegelt und mit der Aufschrift „Posthaltcrei Schwarzenberg i. S." versehen bei der Unterzeich neten Stelle einreichen. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Leipzig, den 25. Juli 1876. Kaiserliche Ober-Post-Direction. Bekanlitmachnlig. ... .. . ^ . 14.—25. Mai 6.—17. Juni 19.—30. Juni Dl- E>,„chl>d,l,lmg lur t,c m der Z-l, mm und m -. allhier einquartierl gewesenen Wehr-Man«schasten vom Königl. Sachs. 8. Infanterie- Regiment „Prinz Johann Georg" Rr. L07 kann in den nächsten acbt Tagen bei unserm Ouartier-Amte, Ratkbaus 2. Etage, erhoben werden. Der den Ouartierzcttel Verweisende gilt zur Empfangnahme berechtigt. Leipzig, den 23. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Lamprecbt Bekanntmachung. DaS am Ausgange deS Roscnthales jenseits der neuen Wehrbrücke am Fahrwege nach Gohüs aus der Wiesenparzelle Nr. 26.56 der Stadtflur gelegene, baufällige ehemalige RettungShauS sammt dem darin befindlichen Inventar soll an Rathsstelle Sonnabend, den 2k». d. M., Vormittags IL Uhr auf den Abbruch versteigert werden. Leipzig, den 22. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. vr Georgi. Wangemann. Bekanntmachung. Wegen vorzunehmender Veränderungen in der Anordnung der Bilder bleibt daS städtische Musen« a« 2V., 27. und 28. d. Mon. geschloffen. Leipzig, am 24. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Mesterscbmidt. Bekanntmachung. Die Stelle eines ständigen HülsSgeistltchen bei den vereinigten Parochien Leipzigs, mit welcher ein jährlicher Gehalt von 2801» .4 verbunden ist, soll alsbald besetzt werden. Wir fordern geeignete Bewerber andurch auf, ihre diesbezüglichen Gesuche nebst den erforder lichen Zeugnissen oi« zum Ik». August dS. IS. bei uns einzureichen. Leipzig, den 25. Juli 1876 Der Rath der Stadt Leipzig. ür. Georgi. Messerschmidt. Bekanntmachung. Vom Sonnabend den 29. ds. Mts. ab bis auf Weiteres wird der Gurkenmarkt aus dem Fleischerplatze gehalten. Leipzig, am 25. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Messerschmidt. Tagesgeschichtliche Aeberjicht. So lakonisch die Mittheilungen des englischen Blaubuchs über die Reichstadter Zusammen kunft auch sind, — aus den mitgctheilten Akten stücken, namentlich aus der Zeit zwischen dem Äusbruch des serbisch-türkischen Krieges und der Reichstadter Conferenz, ergiebt sich in der aller- unnveideutigsten Weise, daß die Reichstadter Ver einbarung das große Verdienst hat, den Ausbruch eine- russisch-österreichischen Krieges verhindert zu haben. Die Kriegserklärung Serbiens und Mon tenegros an die Pforte hatte die gcsammte volitische Lage von Grund auS verändert. Die Localisirung der Bewegung, welche Graf Ändrassy den Delegationen gegenüber alS das hauptsächlichste Resultat der diploma tischen Bemühungen geschildert hatte, war ver eitelt. Aus der einen Seite war die Möglichkeit vorhanden, daß Rußland das Pertrauen der glau bensverwandten Serben und Montenegriner aus die Unterstützung deS St. Petersburger Cabinets recht- fertigen und den Krieg gegen die Pforte zunächst in direkt durch Geldzahlungen u. s. w. und wenn nöthig auch direct unterstützen möchte. Auf der anderen Seite war zu befürchten, daß Oesterreich, indem es den KriedenSbruch seitens Serbiens und Montenegro'S als Folge der russischen Doppelzüngigkeit be trachtete, den Entschluß faßte, die wichtigsten In leressen der österreichisch-ungarischen Monarchie durch eine directe Intervention in Serbien zu sichern. In Reichstadt hat nun weder Rußland die Serben für alle Fälle Preis gegeben, noch Oesterreich die Verpflichtung übernom men, serbische Erfolge gegen die Türken unter allen Umständen gut zu heißen. Beide verständigten sich, den Gang der Dinge abzu warten, mit dem Vorbehalte, an die Pariser BertragSmächte zu appeliren, wenn die Pforte von einem etwaigen Siege über Serbien einen mit den Interessen Rußland- unverträglichen Gebrauch machen sollte, oder wenn die serbischen Erfolge im Sinne der groß-serbischen Idee Oesterreich-Ünqarn bedrohen sollten. Natürlich werden die Reichstadter Vereinbarungen in der Folge erst die Probe zu bestehen haben. Die Stadt Paris hatte am letzten Sonn abend ein 4procentiges Anlchen von 120 Millio nrn Francs zum Course von 465 Frcs. für den Nominalbetrag von 500 Frcs. aufgelegt, daS neunundsünfzigmal gedeckt worden ist. Dieser Erfolg aiebt auf vielen Seiten Veranlassung zu einem Vergleiche desselben mit dem der jüngst aufgelegten neuen 4procentigen preußischen An leihe . auS welchem zum Nächtheil der letzteren Consequcnzen gezogen werden. die weit über daS Ziel hinausgehen. Vor allem sind die günstigen Bedingungen in Betracht zu ziehen, unter welchen die pariser Anleihe auf den Markt gebracht wurde. Der Cour- derselben war auf 93 Proc.. der der preußischen Anleibe auf 97 Proc. sixirt. Ferner ist die Zahlung der gezeichneten Beträge bei jener auf einen Zeitraum von mehreren Jah ren vertheilt, während bei dieser die Zahluncx im kaufe diese« Jahre- erfolgen muß. WaS unS aber als ein bedeutendes Reizmittel gewirktzu haben scbemt und alS nicht zu unterschätzendes Motiv de« größeren Erfolge- der Pariser Anleihe gelten darf, ist die Gewinnchance, welche in vier jähr lichen Ziehungen mit Treffern von 100,000 bis lOOO Frcs. herab den Zeichnern de- französischen Anlehens geboten wurde, ein — Lockmittel, dai zu den verwerflichen, gesunden volkswirthschaft lichen Principien widersprechenden gehört, das man in Deutschland glücklicherweise zu entbehren gelernt )at. Weder hier noch im Auslande wagt man aus beni Mißerfolg der preußischen Anleihe einen Schluß auf eine Erschütterung des Credit PreußenS zu ziehen, der vielmehr durch eine sparsame und den schwierigen ErwerbSverhältnisien in Preußen angepaßte Fmanzwirthschaft fest begründet dasteht. Die Bahnstrecke Straßburg-Lauterburg wurde am 24. l. M. dem Verkehr Übergeben. Die „Straßburger Zeitung" widmet dem Ereig niß einen Festartikcl, dem wir das Folgende ent nehmen : Ein weit ausgedehnter Theil der Rheinebene wird durch diese Schienenstraße mit dem Weltverkehr in Ver bindung gebracht, reich und fruchtbar, einer der schönsten Theile des Elsasses. Den Bewohnern dieser Lanvestheile ist nunmehr ein Äbsatzweg für ihre Ernten, für die Er zeugnisse ihres Fleißes geöffnet, eine neue Quelle für die Vermehrung ihres Wohlstandes. Die Bedeutung Straßburgs aber steigt erheblich durch die Schienen straße, welche hier einmündet, und zur gleichen Zeit, wo man diese dem Verkehre übergiebt, geschehen die ersten Spatenstiche für die Erweiterung unserer Stadt. Man legt somit heute die Grundlagen zu dem neuen Ltraßbnrg, das dereinst erstehen soll. Allein nicht nur für den Verkehr, welchen Handel und Gewerbe bedürfen, auch für den geistigen Verkehr, der zwischen dem Elsaß und Ältdeutschland besteht, bietet diese neue Schienen- straße einen Anknüpfungspunkt. Birgt doch der Name einer ihrer Stationen eine Erinnerung, welche uns Allen lieb und theuer ist— Sesenheim, das stille Dörfchen, wo verklärt durch des Dichters Genius uns FriedenkenS Bild entgegenwirkt. Sesenheim, sei es uns ein gün- stiges Omen für die Zukunft. Sesenheim, das nun die Verehrer unseres Dichterfürsten aussuchen werden — eine für Elsaß und Altdeutschland gleich tbeuere Erinne rung. sei es uns ein günstiges Vorzeichen des Geistes des Friedens und der Versöhnung, unter dessen Seg nungen das neue Elsaß, das Elsaß der Zukunft, ge deihen soll! Es ist bemerkenswerth, daß die Erbauung dieser Bahn auf den Grafen Mo ltkc zurückzuführen ist. Die bezügliche Vorlage batte im Reichstag alle Wahrscheinlichkeit für sich, abgelehnt zu werden, die Commission hatte sich mit großer Mehrheit dagegen erklärt und wenig Stimmung war für den Vorschlag vorhanden. In dem kritischen Moment vor der Abstimmung erhob sich jedoch der Feldmarschall Moltke für das Projcct und da- Schlachtenglück blieb ihm auch aus dem Par lamentarischen Felde treu; mit kleiner Mehrheit wurde der Bahnbau bewilligt, der jetzt von dem Elsässer Blatt unter den Schutz der Goethe'schen Muse gestellt wird, in der That aber mehr als Kriegsbahn wie alS Poetensteig gedacht war. Die immer wieder aufs Neue verlängerte bäuerische Landtagssession scheint nun endlich mit dem Ausgang dieser Woche zum Ab chluß gelangen zu sollen. Ueber ein halbes Jahr ind die Kammern versammelt gewesen; waS aber md, bei Lichte besehen, die Ergebnisse dieser langen Thätigkeit? Außer dem mit Ach und Krach zu Stande gebrachten Budget so gut wie Nichts. Verwundert werden sich die Wähler der „patrio tischen" Majorität fragen, was denn von den versprochenen gewaltigen Thaten wirklich in Er füllung gegangen. Die Schaar de- Herrn Jörg hat dem Ministerium am 10. Oktober v. I. ein Mißtrauensvotum ertheilt und außerdem eine Reihe von liberalen Wahlen cassirt. DaS Miß trauenSvotum ist zu den Acten gelegt, ohne das Ministerium Lutz, wie der Augenschein lehrt, in seinem Woblbefinden alterirt zu haben, und die Wirkung der Wahlcaffationcn besteht, wie daS Beispiel von München so glänzend bewiesen hat, in der Wiederwahl der „Vernichteten". Daneben hat die „patriotische" Partei aus diesen Wahl- affairen noch den doppelten negativen Portbeil ge zogen, daß sie, was die Begründung der Cassa tionen anlangt, dem trefflichen Satze: Oeäo gniL adgnrclnm est wieder zu seinem Rechte verholfen und daß sie bei den Münchener Wahlen die viel- angefochtene Behauptung von dem Liebäugeln deS UltramontaniSmus mit der Socialdemokratie aufs Unzweideutigste bestätigt hat. Sonst weiß die Geschichte von den Heloenthaten der „Patrioten" Nichts zu erzählen. Sie selbst aber rühmen sich in ihren Organen des großen Verdienstes, „durch ibr einmüthlgeS Zusammenstehen in wichtigen Fragen manches Unheil von« Lande ferngebatten und vor Allein verhindert zu haben, daß der „Culturkanips" in Bayern Eingang fand. Bedenkt man, daß durch die Zweistimmenmajorität der Ultramonlanen die bayerische Landesgesetzgcbung zu einer Unfruchtbarkeit verdammt ist, welche durch «brc Verhinderung auch der allernotbwendigstcn Reformen aus die Dauer zu den unseligsten Zu stände«« führen muß, so ist über die „Verdienste" der „Patrioten" eine beißendere Ironie als das eben angeführte Urtbcil ihrer eigenen Blätter kaum denkbar. Allrnälig haben die Telegramme vom Kriegs schauplätze einen Charakter angenommen, wel cher mit dem nichtssagenden Inhalt der letzt wöchentlichen Berichte ziemlich scharf contrastirt und daS Herannahen größerer, wenn nicht ent scheidender Schläge aus den beiden getrennten Kriegstheatern anzukünden scheint, wie solche denn auch von Konstantinopel auS direct in Aussicht gestellt werden. WaS zunächst die Nachrichten über den in der Herzegowina stattgesundenen Zusammenstoß zwischen den Türkei« nntcrMoukhtar Pascha und der montenegrinischen Hauptmacht unter Befehl des Fürsten Nikita selbst anbctrifft, so ist der montenegrinischerseits gemachte Versuch, der Affaire jede erliste Bedeutung abzusprechcn, nur von kurzer Dauer gewesen. Die übereinstimmend««« auS Ramlsa und Zara von slawischer wie von tür kischer Seite eingeaanaenen Nachrichten bestätigen die erste türkische Meldung, nach welcher eS sich hierbei unr eine empfindliche Schlappe der Mon tenegriner handelt, durch welche Fürst Nikita ge zwungen worden ist, nicht nur seine Absichten aus Mostär auszngebcn, sondern auch von dem Ver suche, sich NevesinjeS zu bemächtigen, abzustehen und sich biS Gaczko zurückzuziehen. Leider hat diese Niederlage der Montenegriner die, aller dings vorherzusehcnde, Folge gehabt, auch der bisher von dein Fürste«, Nikita aufrecht erhaltenen humanen Art der Kriegführung ein Ende zu bereiten, indem gemeldet wird, daß die Montenegriner aus ihrem Rückzüge alle diejenigen türkischen Häuser, auS welchen auf sie gefeuert war, niederbrannten. Wie kurz von einer solchen anscheinenden KriegSmaßregel der Uebergang zu allen Gräuelthaten der in jenen Gegenden fetzt stattfindenden Art der Kriegführung ist, und wie leicht z. B eS jenen wilden Schaaren werden wird, ibre Wuth auch gegen die Häuser und Personen der friedlichen Bewohner zu richten, bedarf leider keiner besonderen Betonung. In einem Bericht über die Insurrection in Bosnien wird ganz ruhig erzählt, daß die dortigen Insur genten 15 von Türkei, bewohnte Ortschaften nieder brannten, um deren Bewohnern dann zu versichern, daß sie, d. h. die Insurgenten, gar nicht gegen die mohamedanischc Bevölkerung, sondern nur gegen die fremden oSmanischenBedrücker kämpfen wollten, was diese Insurgenten dann aber doch nicht vcr- binderte, das in den ausgeplündertei« und nicdcrgc- brannten Ortschaften Vorgefundene Vieh sortzu- treiben und so die Bevölkerung des einzigen ihr noch gebliebenen EigenthnmS zu berauben. Wenn die so ausgcplünderten Türken dann wieder alö Baschi- BozukS Rache an ihren Feinden üben und die Gräuel zu einer schrecklichen Höhe anwachse,,, so ist Dies aum zu verwundern. Wenden wir uns jetzt zu den« hauptsächlichsten Kriegsschauplatz, dem serbisch- türkischen. Die serbischen Bulletins wissen nur von der Wiederaufnahme der Opera tionen Zach's an der Südwestgrenze des Landes gegen Bosnien und den in Folge dessen stattge- fundencn kleineren Zusammenstößen zu berichten und bringen außerdem immer noch Nachträge zu den an« 18. am Timok, am 20. und 2l. an der Drina stattgesundenen Kämpfen, welche an dem bisherigen Andrucke, daß Leschjanin am l8. em pfindlich geschlagen, während die Dinge an der Drina ziemlich unverändert stehen, Nichts zu än dern vermögen. Dagegen schweigen sie vollstän dig von den viel bedeutsameren Ereignissen an der Südostgrenze des Landes, wo die türkische Offensive sich täglich deutlicher ausprägt, und wir verdanken indirekten Wiener Nachrichten die Kunde davon, daß daS serbische Hauptquartier von Pa- ratschin nach Tscbuprija znrückverlegt worden und serbiscberseits in aller Eile an einer Verstärkung der Befestigungen von Alexinatz und Deliarad gearbeitet wird. A««laß dazu ist gewiß vorhanden, denn ein ossiciellcs Telegramm aus Konstantinopcl meldet lakonisch, daß die türkische Armee bei Selschanitza die Grenze überschritten habe und nach Zurückwerfung der gegenüberstehcnden serbischer« Truppen in Serbien cingedrungen sei, sowie daß eine entscheidende Schlacht bevorstehc, von deren Resultat wohl der Ausgang deS ganzen Feldzugs abhängen wird. Ohne Zweisel würde selbst c«ne ernstjichc Niederlage die Serben nicht an der Fortsetzung deS WiderstandcS hiirdern, aber cs wird dabei der Umstand schwer inS Ge wicht saller«, daß Serbien, welches sich seit einem halven Jahrhundert verhältnißmäßig geordneter Verhältnisse erfreut,.in Folge dessen einen Cultnrzu- ftand erreicht hat, welcher denjenigender benachbarten türkischen Provinzen weit übertrifst und somit die Lasten eines in so barbarischer Weise geführten Kriegcs um so viel schwieriger zu ertragen macht. DaS Eindringen einer großen türkischen Armee mit ihrem (Gefolge von Baschi-BorukS, Tschcrkesscn und all' dein Raubgesindel, welches gerade durch den verhältnißmäßigen Wohlstand Serbiens sich unwiderstehlich angezogen fühlen würde, müßte das Land binnen Kurzem all' derjenigen Er rungenschaften wieder berauben, welche die Frucht der Arbeit von Dccennien gewefcn sind, und eS ist deshalb nicht anzunchmci«, daß ein auf serbischem Boden geführter Krieg lange andauern könnte. Ans die eine oder die andere Weise, entweder durch die Unterwerfung Serbien-, oder durch das Dazwischentreten der Großmächte müßte einem solchen Kampfe binnen Kurzem ein Ende gemacht werden. ES wäre ja allerdings auch noch der andere Fall denkbar, daß eS den Serben gelänge, sich ihrer Angreifer zu erwehren und die Türken wieder über die Grenze zurückzuwersen, doch ist nach den bisherigen Ereig nissen dieser Fall der bei Weitem wenige« wahr scheinliche.
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