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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187608262
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18760826
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18760826
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1876
- Monat1876-08
- Tag1876-08-26
- Monat1876-08
- Jahr1876
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1876
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Nr-actl«» na» Lkpkdiü»» IohaniilSgcrsjr 3L. Verantwortlicher Redacteur Kr. Hüttner in Reudnitz. Sprechstunde d. Rrbactio« »,, u—u U»r ri«ch»m-,» 4—» uv?. A«u»h«e tzer für tzie nächst- f«ian,de Nummer destimntteu Inserate an Wochenlagru bis »Uhr Nachmittags, an Lonu- »ad Kesttagm früh bis '/.S Uhr. Z, »e«/Uialrn für Zas.Ä,,»tz»e: Otto Klemm, UnlversitütSstr. 22, Ssuts Lüsche, Lathannenstr. tü.p. m»r dis '/^ Uhr. WpMerIagcblatt Anzeiger. OlM für Pvlitik, Lvcalgcschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. «»!>«» 14.4»«: iikonnemrmap««» vieMey. 4>/,ML, uxl. Ariuoerlotzn b VL. durch die Pop bezog« k Mt- Jede einzelne Nummer 30 Pf. Belegexemplar 10 Pf. vedril-ren für Ertrabeucze« atme Pnstbefürderui'g 3v Mk. mit Postbefvrderuug 4» Mt. Ziffrratr tacsp. Bourgeois-. 2o Pf. Größe« Lchnsteu laut unserem Preiüveitzeichuiß. — TadeL^rLch« Satz auch höherem Tarif. k«lla«k» »nlrr de« Nr»arL'«firbH die Spaltzole 4P Pf. Inserate find stet« an d. «trpebttir» zu sende». — Rabatt wird nicht gegeben Zahlunapruenmuamnüa oder durcl ' " ' LS9. Sommbeud den 26. August 187«. Zur gesMgen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 27. August nur Vormittags bis H9 Uhr geöffnet LxpvsNIIoi» ÄV8 luvIpLlxer V«fisebI«ttS>4. 47 ^f. Bekanntmachung. Lu Michaeli- d. I. sind von nnS die nachverzeichneten 4 Stipendien zu vergeben: 1) daS Martin Leubel'sche im Betrage von 77 8 ^s, 2) da- Appollonien von Wiedebach'sche im Betrage von 67 ^ 4L ^f, 3) das Heinz Wiederlehrer'sche, sonst Propst'fche, rm Betrage von 40 4) da- vr. Petri Freytag'sche im Betrage von 40 .4k 47 ^s. Bewerberinnen, welche ») zu Michaelis diese- Jahres noch nickt ein Jahr lang verheiratet, d) von gutem Rufe, e) arm, 6) Leipziger BUrgerStöchter und waS da- unter 3 gedachte Stipendium anlangt e) ehelicher Geburt find, werden hierdurch veranlaßt ihre Gesuche unter Beifügung eines Trauscheines bez einer Heirats urkunde, eines Zeugnisse- zweier hiesiger Bürger über die Armulh «nd Unbescholtenheit der Bewer- derin, und was das Heinz Wiederkeh'rer'sche sonst Propst'fche Stipendium anlaugt, eines Tauszeug- nisteS, bis zun» 30. September d. I. schriftlich bei unS cinzureichen. Leipzig, am 22. August 1878. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Mesterschmidt. Der Unterricht findet auch Israelitische Religionsschule. auch in den RachnnttagSstunden wieder statt. Layreuth. Bon unserm Specialreferente«. Mittwoch, den 16. Nachmittags 4 Uhr begann die Aufführung des „Siegfried", des ebenfalls »reiactigen zweiten, in Betreff der Musik aber in seinen meisten Partien gleich große Gruppen der „Götterdämmerung" zuletzt componirten Drama Die musikalische Anlage ist schon aus diesem Gründe, waS freieste, konsequenteste Durchführung von WagnersPrincipien betrifft, der des „Tristan" ,m verwandtesten, auch bietet dieses Drama seltener als „Rheingold" und „Walküre" große »eue Grundgedanken, sondern entwickelt großen- cheils die Gedanken der beiden ersten Dramen konsequent weiter. Bei einseitiger Beurtheilung der Musik ließ Dies vielfach die Befürchtung aus- kommen, daß es viel weniger als die übrigen zu schein vermögen würde. Um so höher freut es «ns, berichten zu können, daß der „Siegfried" m Folge der ungewöhnlichen Kraft und Poesie keiner Anlage trotz einiger sceniscber Unzuläng lichkeiten einen über alles Erwarten großen, durch schlagenden Erfolg erzielt hat! AIS sich der Vorhang theilt, zerbricht sich Albe rich'- Bruder Mime in seiner einsamen Wald- Schmiede (ein prächtiges dekoratives Genrestück) den lkops darüber, wie er dem von Sieglinde in seiner Höhle gebornen und von ihm großgezogenen Sieg fried ein Schwert schmiede, womit ihm jener den Riesen Fafner tödtc, welcher den Nibelungenhort alS riesiger Drache hütet. Dessen Schnarchen ver sinnlicht schon in der ersten Einleitung die nach WagnerS Angabe neuconstruirte Contrabaßposaune mit drastisch unheimlichen Windungen, außerdem ergeht sich das Orchester in düsteren Nibelungen gedanken oder veranschaulicht Mime's kleinlich lauernde-, ängstlich trippelndes Wesen, im Hinter gründe stets oas rhythmisch scharf ausgeprägte Schmiedemotiv. Ungemein frisch contrastiren hier mit deS mit dem gefangenen Bären hereinstür menden Siegfried*) fröhlicher, echten WaldeSduft alhmender Gesang und die bei den ungestümen Fragen über seine Herkunft angeregten kindlich rührenden Empfindungen: bei Wotan'S Erscheinen aber (als Wanderer mit blauem Mantel und daS fehlende Auge deckendem großem Hute) dessen gött lich würdig ernste Weise. Jenes hier beginnende verhängnisvolle Frage- und Antwortspiel fesselt m der Dichtung viel geistvoller alS auf der Bühne, weil dem nicht genau Eingeweihten die meisten Pointen durch stärkere Orchestereintritte unverständ lich bleiben. Höchst charakteristisch illustrirt hierbei mit TrinnerungSmotiven daS Orchester: Wotan'S Ver trag mit den Riesen, daS düstere Niebelheim, die Dälsungen, SieqmundS Scbwert. und besonder- schön die lichte Götterburg Walhall. Nun aber entfaltet sich jene elektrisirende große Scblußscene, in welcher Siegfried de- Vater- zerbrochenes kchwert neu schmiedet, während Mime heimlich den Gifttrank für Siegfried braut. Besonders hier hat Wagner nicht Bedenken getragen, die Farben echt realistisch grell und kühn zu mischen zur Schil derung der einzelnen Momente dieser merkwürdigen *) Urkomisch wirkt eS Pdes Mal, wenn der schwäch Üch« Zwerg Mime ver Hünengestalt Siegfried Unger'S «egrnüber den Ausdruck „das Kind" gebraucht, de- vuders so oft er ihm in- Gewissen redet, mit welchem ll»v««t und Mangel au Liebe ihm „da- Lind" sein Mühseliges LruLhreramt »ergrlte — Schmiedearbeit, vom Zerfeilen. Ansachen deS Windes und Schmelzen bis zum Schmieden und Hämmern. In scenisch zugleich so naturgetreu geistvoller Darstellung^wirkte diese Scene wahrhaft berauschend, zumal der Schluß, alS Siegfried (zu deS sich bereits an heimtückischer Schadenfreude weidenden Mime Entsetzen) als Schwertprobc mit dem neuen Schwert den AmboL auseinander spaltet. Für. Mime hat aber auch Wagner in Schlosser aus München einen Künstler gefunden, der diese groteske Gnomensigur in jeder Bewegung mit einer Consequenz zeichnet, daß man wirklich einen verkümmerten Zwerg vor sich zu haben glaubte, jedem Wort und jehem Ton eine so scharf ausgeprägte Charakterisirung verleiht, daß es un möglich ist, deS Tondichters Intentionen voll- kommner zu illustriren, ja denselben sein Organ so dienstbar macht, daß man nur selten inne wird, über im Grunde wie schöne- Stimmmaterial zu gleich dieser unersetzliche Künstler verfügt. Hrn. Schlösser ist jedenfalls der Preis von allen Künstlern zuzuertheilen. Im tiefsten Dunkel felsiger Waldgegend (eben falls eineS der vorzüglichsten Bilder) beginnt der zweite Act nahe der großen Höhle, in welcher der Drache Fafner schläft. Unheimlich schnarchen die Orchesterbässe zwischen dem tiefsten xes und o. Der unglückliche Alberich lauert hier unablässig aus «neu Zufall, der ihn wieder in den Besitz seiner Schätze setze, und geräth in wilde Wuth, als von der andern Seite würdevoll ernst Wotan naht, wiederum von geisterhaftem Licht Ubergossen. Mit dämonisch grausigen Farben mall das Orchester Alberich's teuflischen Haß gegen Wotan, andrerseits mit köstlichem Humor den in seiner Dummheit Wotan'S Warnung nicht achtenden Drachen. An die Stelle dieses nächtlichen SpukS treten mit Anbrechen des jungen Tages Siegfried und Mime, der ihm hier daS „Fürchten" lehren will. AlS er ihn verlassen, entspinnt sich jener herrliche Monolog des unter der Linde träumen den und den Vögeln lauschenden Siegfried, und hiermit jene- wunderbare „Waldweben", wie es noch in keiner Walbsymphonie geschildert worden, wie man es so wonnig in halöwachem Zustande auf weichem Moose liegend und den tausendfältigen Stimmen der Natur lauschend empfindet, welche anscheinend alle gestaltlos, zu den süßesten Accor- den und Weisen sich vereinigen, eine Musik, eine Verwendung derselben, so völlig neu, so weni mit irgend Etwas zu vergleichen, was bisher, selb! auch von Wagner, geschaffen worden! Stundenlang könnte man erzählen von all diesen wonnevollen Stimmungen, von den in Siegfried'- Brust erwachen, den rührend innigenGefühlen undGedanken, — würde nian nicht hierin gestört durch daS von Sieafried'S fröhlichem Hornriis (einer der köstlichsten Natur weisen) erweckte Ungethüm, welche- nach Londoner Fabrikantenbegriffen den Lindwurm Fafner dar stellen soll. Man erspare mir jede weitere Kritik über dieses erheiternde Ungeheuer, welche- auS England leider viel zu spät und auch da noch, ominös genug, zuerst kopflos ankam, um eS durch ein weniger die Illusion störendes ersetzen zu können. Auch sein von gutem Rathe überfließendcr moralischer Sterbeqesang, nachdem e« Siegfried urgemüthlich abgestochen, vermag jenen unbeab sichtigten Eindruck nicht zu Verbestern. Glücklicher weise kann Mime es nicht länger erwarten, sich iu den Besitz des Ringe- zu setzen, rennt aber sehr ärgerlich mit Alberich zusammen und geht nur an seiner eigenen Heimtücke zn Grunde (auch hier deckt da- den häßlichen Charakter Beider trefflich zeichnende Orchester leider manche der geist vollsten Pointen). DaS bis dahin noch wortlos warnende süßeVogelzwitschern der Instrumente aber hat sich, seit eS Siegfried versteht, in den aus der >öhe klar und licht herablönenden Gesang von illy Lehmann verwandelt (nur blieben die Worte leider völlig unverständlich) und nun folgt Siegfried dem ihm zu Brünnhilden'S Stätte vor ausflatternden Vogel, während sich im Orchester mit dem Waldweben der Feuerzauber magisch lockend vereinigt. Mit Beginn des dritten ActeS finden wir Wotan am Fuß de- WalkürenfelsenS, wie er die «eise Erda aus der Tiefe ruft, um ihren Rath zn hören. In dieser hochpoetischen Scene drängen sich im Orchester fast alle warnenden und drohen- den Motive der bisherigen Handlung iu den Vordergrund, einem lüvnv telcel gleich wachsen sie furchtbar geisterhaft an, das nahe Verhängniß verkündend. Und welch eine Größe göttlichen Schmerze- und Unmuths durchwühlt zugleich die Musik. Auch scenisch ist die ganze Erscheinung der Erda unter daS magisch Schönste zu rechnen, was BeleuchtungSkunst erreicht hat. Frau Iaide aber gab mit der unheimlich geisterhaften Färbung ihres großen schönen Organs und dessen dämonisch plastischer Behandlung dieser Scene ein wahrhaft ideales, überwältigendes Gepräge. Als Erda wieder versunken, kündigen die fröhlichen und zauberhaft lustigen Waldweisen aus dem 2. Acte Siegfrieds Herönstürmen an, welcher dem ihm hemmenden Wotan schließlich ungeduldig den Speer zerschlägt und auf der Höhe die Fcuerlohe durchdringt. Wotan'« Verschwinden abgerechnet, war diese Scene wie ihr Uebcrgang zur folgenden, wo unter unvergleichlicher Tonmalerei des Orchester- AlleS von der bis zum Himmel aufflammenden Lohe verschlungen wird, biS wir uns in Hellem Tageslicht Brünnhildcns Schlummerstätte genau wie am Schluß der „Walküre" gegenüberbcfinden, eine der besten, glücklichsten Leistungen der Sceneric. Wieder sind wir hiermit zu einem ganz ohne allen Vergleich dastehpnden gigantischen Höhe punkte gelängt. So gewaltig sich zwei Abkömm linge Wotan'S wie Brünnhilde und Siegfried von gewöhnlichen Sterblichen unterscheiden, so alle irdischen Schranken überschreitend ist auch ihr Empfinden, ja es ist, man möchte sagen, etwas von antikem Cyklopenstyl in jenen wuchtigen QuartenschrittendeS riesigen Schlußthcma'S. Eben sowenig wage ich allerdings zu entscheiden, wie viele schlichte Sterbliche dieser Scene bis rum Schlüsse zu folgen vermögen, ohne sich von ihrer zweiten Häste nahezu erdrückt zu fühlen, und ebenso wenig. wie viele Sänger sich finden werden, die ihr Stand zu halten vermögen, denn der diesmalige Siegfried wenigstens ließ, da er sich vorher Über nommen hatte, grade eminente Hauptmomcnte dieser Schlußscene leider kaum erkennbar auS- einanderfallen. Bei ihrem Beginn geht daS Zwischenspiel de- Orchesters auS dem Feuerzauber m immer ätherischere Klänge über. Wunderbar schön aber schildert es Brünnhilden'S allmäligeS wonniges Erwachen. Doch wie überhaupt fast in alle freudigeren Momente dieser gewaltigen Tragödie sich schon ein neuer Tropfen Wermuth drohenden Verhängnisses mischt, so greift auch hier die Blechharmonie wiederholt mit einem grellen L moll-Accorde ein, der echt genial bald nach 6<lur. bald nach vmoll auSwcicht, sich erst allmälig mildernd und verklärend in die üppig-ätherischen Arpeggien der 8 Harfen ergießt und bis in zartes Flimmern in höchster Höhe sich verflüchtigt. In der großartigen wie sublimen Schilderung aller Stadien und Uebergänge er wachender Gefühle zeigt sich Wagner hier wieder einmal in semer ganzen Größe, nie wird sein Geist zu hohlem T^eaterpatho« ermatten, zwar sind auch hier einige Kürzungen im Intereste der Frische de- Totaleindruckes, aber Alles ist wahr und wirklich empfunden, immer neue Seiten des HcrzenS schließt er unS auf, und darunter Züge von rührend kindlicher Naivetät. wie sie nur der tiefste Kenner des GeniüthS demselben abzulauschen vermag. Aus der Größe dieser Empfindungen erwachsen denn auchgrößere Melodien, so ungewohnt und doch so überzeugend wahr, allmälig verschlingen sie sich untereinander, immer reicher, bis endlich von diesen Hauptmelodien abwechselnd immer eine unter der andern unablässig hervorquillt. Ueber- raschten schon früher die übermuthsvoll jauchzen den Walkürentriller und Melismen. so finden sich, alS ebenfalls neue tief afsectvolle Verwendung des fiorirten Gesanges in dieser Scene Coloratur- wendungen noch reicher verwerthet. Wohl am Erscbütterndsten geschildert aber wird der harte Kampf, welchen Ärünnhilbe mit sicb selbst durch kämpfen muß, als sie ihre jungfräulich göttliche Walhallnatur ausgeben und ein scblicbtes Erden- wnb werden soll; uud so übermenschlich gewaltig dann auch die Wonne ihres Liebesglückes hervor bricht, unablässig empfinden wir, wie ihr Glück keineswegs ein reine- und ungetrübte-, wie eS mehr ein Betäuben drohender Vorahnungen, wäh rend sich Siegfried dagegen seinem ersten kiebes- rausch mit aller Naivetät kindlicher Unschuld »nd Ahnungslosigkeit hingiebt, völlig ahnungslos am Schluß in BrüuuhildenS Worte mit emstimmt: „leuchtende Liebe, lachender Tod!" — Neues Theater. 'Leipzig, 26. August. Der Schweitzer'sche Schwank „Großstädtisch", der in diesen Blättern bereit- eine eingehende Besprechung ge funden hat, wurde gestern wiederholt, um einem Gast, Herrn Bergmann, Gelegenheit zn geben, in der Rolle deS Verlagsbuchhändlers Mackedei sein Talent für Charakterrollen des Lustspiel- zu erproben. Unseres Wissens ist Herr Bergmann bisher nur i« Rollen der Tragödie ausgetreten : wir selbst haben ih« weder als Franz Moor, noch als Carlos in „Clavigo" gesehen. Sein Mackeder besaß zwar eine große Geläufigkeit der Rede «nd deutete feine unbezwingliche Nedelust im Gespräch mit den Damen im ersten Act durch bezeichnende Nuancen an. Im Ganzen aber fehlte der Gestalt die komische Wirkung, für deren Ausfall in einem Lustspiel oder gar in einem Schwank die charakte ristische Angemessenheit der Darstellung nicht ent schädigen kann. Daß Schweitzer auS diesem Stoff kein feineres Lustspiel gemacht hat, ist sehr zu bedauern. Er ist wie immer sehr glücklich im Aufsinden komischer Motive, die er nur auS dem Aermcl schüttelt, und auch dies Stück ist reich an denselben; aber er verschleudert sie auch niit einer gewissen Leicht fertigkeit, ohne sie künstlerisch durchzuarbeiten und zu gestalten und ohne den feineren Ton für die zenigen Scenen zu treffen, in die er gehört. So wurde der beste Lustspielstoff unter seinen Händen zur Posse. Einer Rüge der früheren Kritik in Bezug aus die Darstellung müssen wir unS anschließen; sie betrifft die Frt. Western und Wessely und ihre Behandlung d«S ConversationStonS. Sie sprachen besonders im ersten Acte mehrfach undeutlich. Wo die Conversation in kurzen bewegten Sätzen sich ergeht, sich zu dramatischen Pointen zuspitzt: da kam sie freilich auch bei ihnen zu ihrem Rechte. Dies ist aber auch daS bei Weitem Leichtere. DaS Schwierigste in der dramatischen Conversation ist, die längeren, ruhig motivirenden Auseinander setzungen, die ja ui keiner Rolle fehlen, mit der richtigen logischen Betonung und der au- ihr er wachsenden Deutlichkeit zu sprechen. Diese «eist längeren Sätze sind vielen Darstellern unbequem, und indem sie dieselben beiläufig sprechen, fallen lasten, rasch darüber hinweg zu kommen suche», werden sie unverständlich und schädigen damit den inneren Zusammenhang des StückcS. Sie wollen gleichsam nur daS Feuerwerk abbrcunrn, aber nicht daS Gerüste dazu ausbaueu helfen. Die schöne Uneigennützigkeit der Kunst besteht aber darin, dem anscheinend Gleichgültigen liebevolle Behandlung zuzuwenden und daS Effectlosc, im Interesse einer harmonischen Gesammtwirkuug. ebenso sorgfältig auszuarbeiten wie diejenigen Stellen, denen der Dichter selbst einen stärkeren Effect gesichert hat. kudolf Gottschall. Aus Stadt und Land. * Leipzig, 25. August. Der aus Mitgliedern des RathS und de- Stadtverordneten-EollegiumS bestehenden Deputation für Veranstaltung der Theater-Fe stvorstellungam 6 September war, wie nicht minder der Theaterdirection, die Wahl de- an diesem Abend Auszuführenden wesent lich erschwert durch den Umstand, daß die Dauer dieser Vorstellung, welcher sich der große Zapfen streich aus dem Augustusplatze unmittelbar an- schließen soll, höherer Anordnung zufolge daS höchste Maß von zwei Stunden, von 7 bi- 9 Ubr, nicht überschreiten darf. Bon der von vielen Seiten wohl gewünschten oder erwarteten Vor führung einer größeren Oper mußte daher von vornherein abgesehen werden. Mau hat sich nun, wie wir vernehmen, dahin geeinigt, daß, nach vor hergegangener SiegeSfeier-Ouverture von Karl Reineckc und daraus folgendem, eigens für diesen Abend gedichteten Prolog, „Die Geschwister" von Goethe, dann da- muntere einactige Luft spiel „Eigensinn" von Benedip und zum Schluß Richard Wagner'- Kaiser mar sch zur Ausführung gelangen sollen. Der Rath hat für diesen Abend, um sich die freie Verfügung Über die den kaiserlichen und königlichen Majestäten uns anderen fürstlichen Personen sowie den zahlreichen von ihm einzuladenden Gästen hiesiger Stadt zu gewährenden Plätze zu sichern, sämmtliche Plätze des Theater- käuflich übernommen. Die übrig bleibenden Plätze werden durch den Rath zum Verkauf an hiesige Eiuwohner gebracht und es
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