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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187610024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18761002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18761002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1876
- Monat1876-10
- Tag1876-10-02
- Monat1876-10
- Jahr1876
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1876
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Rrdactts« »»» teprtllts» JoharmrSgafle «». »^»ntwortl. Haupt-«edactrn, Fr. Hüttner in Reudnitz. ,->tk d polit. Theü verantwortlich vr. Arnold Bodek in Leipzig. >«u»h«e der für dir nächst» folgende «nmmer beMmmten Anferatk an Wochentage« bi» Z Uhr «achnrtttag». an Sonn- »üd-eftiagm fr«, bt< '/.SUstr. ^ »ni Male« für Zas. Annahme. Htt» Llemm. UniversttLtSstr. 21. >«N« LSfchr. Kattzarruenstr. I8,p. nnr bt< '/.8 Udr. Tageblaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «lld Gkschästrvcrktdr. «kk-«»fl»,k 14.8»«. >I» aaroentipret» viertelt. 4V,MLz incl. Bringerlohn 5 Mt., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzeln« Nummer SV Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ohne Postbesvrderung 38 Mt. mit Postbefvrvrruug 4ü Mt. Zaseratr »aesp Bourgeois;. 20 Pf. Großer« «chnslen laut nuferem Preisverzeichniß — Tabellarisch«» Satz nach höherem Tarif NeUamra «ater dem ttetarttsnißrich die Spaltzrile 40 Pf. Inserate find stet» au d. <e»editt«« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben gahlmra pr»«nun«r»nck oder durch Postvorschuß 1^0 276. Montag den 2. October 1876. Städtische Gewerbeschule, Leffingstratze L4, Hintergebäude Die Studien im Winterhalbjahr 1876/77 beginnen Montag de» 2. Ortober. Die LageScurse früh 8 U-r. Die Abendkurse un» 7 U-r. Die Directtou der städt. Gewerbeschule. Nieper, Pros. Bekanntmachung. Im neuen JohanniS-HoSpital-Gebäude sollen die Aschen-und Kehrichtbehälter nebst Zuführungen theilweiS verändert und die hierzu erforderlichen Maurer- und Schlosserarbeiten rc. an einen Unter nehmer in Accord gegeben werden. Zeichnungen nebst Bedingungen liegen im RathSbauamte auS, woselbst auch die Preisforderungen bi< Montag den tt. October Abend- S Uhr mit der Aufschrift „JohanniS-HoSpital" ver siegelt und unterschrieben abzugeben sind. Leipzig, den 29. September 1876 DeS GathS Baudeputatio». Bekanntmachung. Wegen Vornahme von Baulichkeiten muß die Universitäts-Bibliothek am 2., 3. und 4. October geschloffen bleiben. Leipzig, den 30. September 1876. Die Direktion der Universitätsbibliothek. , Vr. Kreht' Bicrte Bezirksschule. Die Einweibung deS neuen GebäudeS der Vierten BezirkSschnle findet Montag, den 2. October, früh IO Uhr statt. Der Schnl AuSschust der Stadt Leipzig. I)r. Panitz. ' Fer/.lIIet>er tieZi-l^vei-eln «Ivr 8>M Uelprlz. Fbemi 8 Ddr im Krusei-saale cler tentralkallo. I. 1)r. ^Jubiläum der Musikalienhandlung C. F. Kahnt. !> N Leipzig, l. October Der 2. Oktober 1870 Ist für das Haus (5. F. Kahnt ein denkwürdiger tag. Sind es dock da gerade 25 Jahre, daß diese von kleinem Anfänge auögegangene, zu schöner Entfaltung gekommene Musikalienhandlung besteht, mit allen Ehren besteht. Sie kann darum wahrlich diesen Tag mit den »Worten aus C. F. Adams' Turnliedern op. 24 sNr. 6 bewillkommnen: „Sei gegrüßt, Du Tag der Freude" seder mit MendelSsohn'S Stiftungsfeier: ,,Auf, Freunde, laßt das Jahr uns singen." „Mit Gottes Hilf'" heißt das zweite Lied des selben Adams'schen Opus, und mit Gottes Hülfe hat es der Begründer des Geschäfts in der Thal so weit gebracht. Mit den Platzverhältnissen durch vieljährige Thätigkeit im Hause E. A. Klemm durchaus ver traut geworden, thal Derselbe am 2. October 1851 seine Firma als Musikalienhandlung und Leihanstalt für Musik aus und begann bald eine rührige Wirksamkeit nach verschiedenen Richtungen hin, und zwar alS Sortimenter, Verleger und Commissionair. Ein wichtiger Schritt vorwärts war wenige Jahre nach der Begründung des Geschäfts die Ucbernahme dcd Verlags und Debits der „Neuen Zeitschrift für Musik", die 1834 begründet von Robert Schumann, nachmals von vr. Franz Brendcl im Geiste der Wagner-LiSzt'scben Richtung fortgesührt wurde. Nach vr. Brendcl's Tode übernahm er selbst die Redaction und jetzt zeichnet er auch als verantwortlicher Redacteur, wie er in der That der wirkliche Chefredakteur des Blattes ist. Die Zeitschrift ist in den einundzwanzig Jahren sich und der einmal eingeschlagenen Richtung treu geblieben und verficht diesen Standpunct mit Glück und gesinnungsvollcr Energie gegen ihre zahlreichen, mit gewichtigen Waffen zu Felde ziehen den Gegner. „Viel Feinde, viel Ehr'". Noch ein anderes periodisches Organ mehr populärer Richtung erschien in Kahnt's Verlage: die von ihm gegründete und persönlich redigirte „Symphonia, Fliegende Blätter für Musiker und Musikfreunde" (jährlich elf Nummern). Sechs Jahrgänge liegen davon vor aus der Zeit von 1863 bis 1868. lieber Kahnt's Verlag geben die umfänglichen Kataloge hinreichend Auskunft, um sich ein Bild seiner eigenartigen Richtung zu machen. Der Vocalmusik ist darin die erste Stelle eingeräumt, waS die Zahl und die Bedeutung der veröffent lichten Werke anlangt. Die Pflege deS deutschen Männergesangs zumal hat sich der Jubilar besonders angelegen sein lasten. Einen hübschen lieberblick über diese Seite seiner Verleger- thätigkeit g'bt ein Specialkatalog, der für Männergesängvereine und Liedertafeln be stimmt ist und ein Verzeichniß der cinschlagen- den mehrstimmigen Gesangswerke in alvha- betischer Ordnung enthält. Nicht uninteressant ist es, wenn man sich in diesem wahren Urwalde von Dichtungen und Tomverken dadurch orientirt, daß man die Werke nach Inhalt, Gegenstand, Veranlassung gruppirt. Dieser Arbeit unterzog sich Referent und hatte Genuß dabei Um von dem Ernsten anzufangcn, ist selbstver ständlich dem religiösen Gesang die ihm gebührende Stelle angewiesen. JuliuS Rietz, E. F. Richter. G. Flügel, Chr. Fink, Franz LiSzt sind die fleißigsten Componisten dieser Richtung. Den bochpatriotischen Ton schlagen Meister an, wie F. Abt mit seinem „Körnerlied" und „drei vater ländischen Liedern", V. E. Becker, K. Appel. Th Bertbold, Th Gaugler. K. Kunkel, K. Kuntze, Leidgebel, Liszt, Job. Marktwort, F. Neumann, Joachim Raff und Lou,S Schubert. Uns Leipziger gehen darunter besonders daS „Leipziger Siegeölied", gesetzt von K Kuntze nach Worten Müller s v. d. Werra, und die Festcantate, zum fünfzigjährigen Jubiläum der Völkerschlacht > an. „Deutschlands Auferstehung", heißt Joachim Rafs's preisgekrönte Composition dieser zweiten Dichtung von Müller v. d. Werra. Von Liszt gehören hierher die „geharnischten Lieder": „Vor der Schlacht" (von Götze); „Nicht gezagt"; „Es rufet Gott unS mahnend". „Ein Hoch dem deutschen Kaiser", Tasellied von M. Hering, hat K. Kuntze für vierstimmigen Männerckwr gesetzt. Nun kommen die Reiter- und Soldatenlieder von K. Appel (Abendscene beim Bivouak), W. Speidel (Lenau's Reiterlicd: „Wir streifen durchs Leben in schnellem Zug"), I. Otto (E. Gcibel's „Streich aus, mein Roß, die Flanken hoch"), Ferdinand Hiller (K. Brentano'- „Es leben die Soldaten!"), F. Liszt (Soldatenlied aus Goethe's Faust) und I. Raff (Soldatenabschied). Jagdlust, Waldlust atbmen so Dichtung, wie Tonsatz der Lieder von CH. Fink (Waidmanns Gruß, von Will»; Im Wald, im bellen Sonnenschein, von E. Geibel), Th. Gaugler, C. Jansen, K. Kuntze, Conrad Schleinitz, Joachim Raff, Jos. Schulz- Weyda, I. E. Schmölzer, W. Taubert, Franz Wohlfahrt und A. Schmidt. Wir sind im Walde, hören sein Rauschen, des WaldbachS bange Weise, lauschen dem „Bäch lein im Walde," begleiten den „Wanderer im Walde". — RitterShaus singt sein Maiblumenlicd: „Nun liegt oer Mai aus Wald und Au'," und Müller von der Werra stimmt an sein Jägerlied: „ES girrt und schwirrt".... „JnS schwellende Moos" führt uns „Wald einsamkeit." — Rittershaus ist es wieder, der uns fragt: „Wundert's Dich?" wenn es männiglich zieht in die Natur hinaus, „wenn die Bäume grünen." Schleiden schildert das „Jägcrleben": „Wenn der Morgen graut, Da zieh'n wir zu Wal»." DaS Jägerlied von E. Schulze hebt an: „Was blitzt in den Büschen so hell ?" Der Lieben daheim wird nicht vergessen in dem herrlichen schwedischen Liede: „Bin ich im Wald fern von Dir." Und nicht schwül ist's im Forst. Taubert'S Lied läßt wenigstens „linde Lüste dort wehen und spielen." — „Wär ich nie aus Euch gegangen", klagt A. Schmidt in seinem Liede „Sehnsucht nach dem Walde." — Abschied endlich nehmen von den grünen Hallen Wohlfahrt mit seinem „Ade, Du schöner Tannenwald" und Jansen mit den Worten Hofimann's von Fallersleben: „Leb wohl, Du schöner Wald." Aber nicht bloS für Patrioten, Krieger zu Fuß und Reisige hoch zu Roß, für Jäger sorgt das musikalische Füllhorn dieses VcrlagS: die Wanderer zumal, die Turner, Musikanten, Studenten, sogar die Drescher*), Stromer*), Vagabunden*), Frem den und — Räubers-) finden ihren Bedarf an Liedern dort vollauf gedeckt. Wer zählt die Morgen- und AbcndstLndchen im deutschen Musikalicnhandcl'? Auch in Kahnt'S Verlag find zahlreiche Sere naden, Notturno'- und Morgengesänge enthalten von v. Perfall, I. Rietz, F.L'Szt, I. Raff, Schlei nitz, Mendelssohn. Langer. Neßler, I. Otto, Rei- neckc, Speidel, W Tschirch rc. Die Dichter sind u. A. Goethe, v. Eichendorff, Rückert, Ubland, Träger, H. Lingg, Kaiser Heinrich VI., Lenau, Gottschall, C. Gärtner, G Kinkel und I.Hammer. ES bleibt uns nur wenig Raum, der Trink- und Weinlieder zu erwähnen, die in reicher Aus wahl unS hier hell und heiter entgegen schallen. Da singt wohl der verstorbene A. Berlijn mit sträflichem Durst: „Und wär' der Main ein großes Faß", da huldigen K. Rcinecke (nach Jul. Allmann) und F. Neumann (»ach dem Lied von Müller v. d. Werra) vor Allem dem Rbeinweine, da begrüßt den Steinwein A Berlijn mit den Worten: „Süße Schcnkin mein" und C. F. Adam feiert den Champagner („Wir griffen jüngst, den Weltlrand anzufachcn"). So- *> Joackim Raff nach Voß. **1,A. Klauwell nach? ***1 I Schulz-Weyda nach W. Dunker. -s) W Mangold nach K. Holtei („Robert der Teufel"). 1 gar der Punsch wird angesungen. A. Berlijn hat ' unS Scbiller'ö Punschlied in Musik gesetzt — Für „edlen Wein" (nach Chaiinffo) erklärt sich Jadassobn, K. Kuntze bekennt dagegen mit von THÜnen'S Worten: „Ich trinke gern den starken Wein". Wo cs „daS beste Bier im ganzen Nest" giebt, sagt Roguette's „Margret am Thor", Lied von T. Petschke. Belcke findet „Trost im Becher" (nach v. Dcuern), mit Stentorstimme aber heischt Appel: „Wein zum Lied, Lied zum Wein!" (H. Heine); denn er klagt an anderer Stelle: „Ach, uns durstet gar zu sehr". „t^utores rrmrrot kumore^, versichert schon Hans Sack'S, und K. Ecker bestätigt DaS, indem er die Musik zu dem Liede liefert, wie Grützmacher Uhlands alle Zeit gültige Frage in Tönen wiederholt: „WaS ist das für ein durstig Jahr!" Der Maler-Dichter R. Reinicke wünscht sich „Volle Taschen und Flaschen" (componirt von W Taubert). während es m Gauglcr's „Aus der Wanderschaft" umgekehrt heißt: „Volles Herz und leere Taschen". DaS „Wcinlied eines armen Liederdichters" von K. Kuntze ist so gut ein Trinklied, als Lcssing's „Freunde, Wasser macht stumm", Emanuel Geibel's Zechlied der Alten und W. Man- aold's Näubergesang oder W. Speidel's vier stimmiger Chor nach F. Kobell: „Wenn auch im Herzen ein schöner Tag". Das Verzeichniß der Männcrcböre in Kahnt's Verlag »eist über ein halbes Hundert Compo- nistennamen auf. I)r. Langer'- Repertorium ist allein eine Fundgrube von 32 Männerguartetten. Die größeren Chorwerke können wir nicht mehr eingehend auszählen. Solostücke für eine Singstimme sind im Katalog von 111 Componisten aufgeführt, von Liszt allein 43 Lieder. Eine ansehnliche Reihe von Jnstrumentalwerken vertritt die andere Seite des Verlags. Die Ton- sctzer sind namhaft genug. Da sebcn wir Namen wie Dracseke, Grützmacber, Adclburg, Speidel, Faminzin, Gade. Jadassohn, Wüllner neben Liszt, RubiRstein, Raff. Der Orgelmusik in neuerer Heit sich »ehr und mehr zuwendcnd, gab die Firma eine Anzahl ge diegener Werke dieser Art heraus, zuletzt ein Album für Orgelspieler, von dem schon 24 Hefte vorliegen. — Persteht sich, daß auch die Clavier- musik mit Eifer gepflegt wurde, es fehlt von den bekannteren Meistern kaum ein bedeutender Name. Eine Hauptbranche des Kahnt'schen Verlags sind die UnterrichtSwerke. Dieser Theil deS Katalogs ist besonders reich an gediegenen Werken von Meistern, wie Klau well, Handrock, Wohlfahrt, Brunner, Bertini, Cramer, Grützmacher, Reißmann, Storch, Knorr, Struve und Burkhardt. Mit dieser flüchtig skizzirten VcrlagSthätigkeit ist Kahnt'S Wirksamkeit m unserer musikalischen Welt keineswegs erschöpft. Er hat besondere Verdienste um den gemischten Chorgesang in Leipzig durch die Gründung deS „Ossian". in dessen Bereinsvorstand er über 25 Jahre sich befindet. In ähnlicher Weise förderte er den Riedel-Verein, wo er konnte. Er ward in Folge dessen zum Ebrenmitglied desselben erwählt. Ebenso wurde er i86l in das Direktorium deS Allgemeinen Deutschen MusikvereinS gewählt. Dem Musikvcrein „Euterpe" gehört er seit Jahren als Dircctorialmitglicd an Das Wirken des strebsamen und bescheidenen ManneS blieb nicht unbeachtet. Seit acht Jahren wurden ihm fort und fort seltene Auszeichnungen und Titel verliehen, noch jüngst z. B. der Herzog!, sächsisch-erncstinische Hausorden und vor drei Jahren die bayerische Ludwigs-Medaille. Von Weimar wurde ihm 1868 die goldene Civilverdienst Medaille. Meiningen machte chn zum CommissionS ratb, Schwarzburg zum Hosmusikalicnhändlcr. Der Jubeltag wird für die Firma und deren Mitarbeiter eine bleibende Bedeutung erkalten, indem an diesem Tage der Sohn deS Jubilars, Herr Paul Kahnt, ai? Thcilhabcr ins Geschäft durch Ertbeilunq der Procura eine verdiente An erkennung erhält. Wahrlich ein schöner, sinniger Festaccord! ^nakalius Grün an seinen Sohn. Eine poetische Reliquie des jüngst dahingeschie- denen Dichters, dem die Trauer des ganzen deutsch österreichischen Volkes da- Ehrengeleite zum Grabe gab, bildet den ersten Stein des Denkmals für den Verstorbenen. Es ist zugleich ein wertbvolles Vermächtniß, das der zärtliche Vater dem geliebten, hoffnungsvollen Erben seines Namens zurückließ — ein Gedicht, daS Gras Anton AuerSperg kurz vor der Feier seine- siebzigsten Geburtstages, im März dieses Jahres, an seinen Sohn Theodor gerichtet hat. Der jugendliche Greis wendete sich an seinen Sohn als an seinen jungen Freund, und unter dem Titel: „An einen jungen Freund" ist nun dieses Gedicht als Vorwort zu der siebenten Auflage der „Spaziergänge eines Wiener Poeten" erschienen, die von der G. Grote'schen Verlags buchhandlung in Berlin mit geschmackvoller künst lerischer Ausstattung deS BüchlcinS veranstaltet wurde. Auch in dieser rührenden Ansprache an seinen Sohn verleugnet sich der Dichter nickt, der seit den Tagen seiner Jugend gewohnt war, die Er eignisse seiner Zeit und den Gang der Geschichte mit dem Blick des Sängers der Freiheit zu be trachten. ES ist ein ausgesprochen politisches Gedicht, das Gras Anton AuerSperg der neuen Auflage seiner ersten, mächtig ergreifenden und er schütternden Heitgedichte vorangcstellt hat. DaS Gedickt beginnt mit folgenden Strophen: Einem jungen Freunde. Noch als ein junges Biirscklein zog Dein Pater — jetzt in Silbcrbaaren - Äls dieses Liederbuch vor Jahren Zum erstenmal ins Weite flog. Das klang wie Lcbwertschlag auf den Schild, Da aus dem Schlummer ausgerüttelt. Hat Mancher arg daS Haupt geschüttelt: „Wie weit voraus, wie rasch und wild!" Du bist so jung, wie damals wir, Dein Antlitz blüht, Dein Aug' ist Helle; Heut sä'wiiigt mein Lied an Deiner Schwelle In neuem Kleid sein alt Panier, Das rauscht Dir fremd und wundersam; Die Blätter seh' ick Dick durchfliegen. Dein freundlich Haupt bedenklich wiegen: „Wie weit zurück, wie mild und zahm!" Ich blick in s Aug' dem eignen Lied: Ach, wie die Zeit in stillem Gange Auch Liedern bleicht Gelock und Wange Und Furchen in ihr Antlitz zieht! Fremd siehts mich an und doch vertraut. Ein Kind, das längst zum Manne reifte Und eignen Pfad s die Welt durchschweifte. Doch trägt's des Vaters Zug und Laut. Und Beß res noch! Im Busen tief Was heute Dich und mich vereine: Den deutschen Herzschlag, wie der Deine, Den Morgenruf. den einst eS rief. Den Glauben an des Geistes Hort, Zu neuen Flammen alte Liebe Zu neuem Kampf die alten Hiebe, In Lust und Weh ein Manneswort! Der Dichter überläßt sich nun einer Vision, in der er die Wiedergeburt und Neugestaltung de- deutschen Volkes schon durch Luther'S kühne That vorgebildet sieht, und er schließt dann sein Ge dicht mit Worten tröstlicher Zuversicht und mit einem tiefsinnigen Gleickniß: Das Schwert durchschallt das Tischtuch leicht. Ein schmollend Brüderpaar zu scheiden; Den Marmortisck kann's nicht durchschneiden. Darüber sich's die Hand gereicht. NM unterm Grenzstein gräbst Du ein Das schöne Heim, das Du besessen, Wie ihre Wiege längst vergessen Die stille Muschel dort im Schrein. Die Muschel dort? Was sie verlor, Sb sie vergaß der früher» Tage? Ei, frag sie selbst, daß sie Dir's sage! Die Schnecke hielt ich an mein Obr, Ta walltS heran aus Fernen weit, Ich hör' es branden, orgeln, sausen, und mich umrauscht im Woqenbrausrn Des Weltmeers ganze Herrlichkeit.
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