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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.10.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187610180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18761018
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18761018
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1876
- Monat1876-10
- Tag1876-10-18
- Monat1876-10
- Jahr1876
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.10.1876
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. >k>«klt»» mid Llpctiit«, JobamiiSgasse 33. Bkrannvortl. Haupt Rrdacteur Fr. Httlncr in Rrudmtz. Für d. polit. Tpcil verantwortlich er. Arnold Bodrk in Vcipzig. > Annahme der für die nächst- wtgrnde Nummer bestimnuru Fnferalr a» Wochlntiigr» bis iiUhr Nachmittags, a» L0»n- und Festtagen früh bis '/,9 llhr. Zn »„/«taten für Zas.-Zoa«' zc; ttto Klrmm. Univer1itätüstr?22. Louis Löschr. rtatbaniienslr. > K.3. nur bis '/,>! Uhr. MpZi-rr Ja-MM Anzeiger. Dizau M Politik, LkcalcMichte, Handclk- und GeschüstSdlrkthr. Anfla-e 14.SV0. Zdoa»rl»ev!,prri» viertelt. mcl Bringerlohn 5 ML. durch d.e Post bezogen 8 Mt. Jede eiuzelne Nummer 30 Pi. Belegexemplar 10 Pf. Arbühren für Extrabeilage» ohne Postbeförderung 3v M. mit Postbeförderung 45 M! Zastrale tarfp. BourgeoiSz. 20 Pf. Ervßerr Schriften laut unser rin Prerrverzeichniß. — TadellansLer Satz nach höherem Tarif Reklamen vulrr dem Redaktion»-»«- die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stets an d LepedtN « zu senden. — Nadatt wird nicht gegeben. Zahlung praenuwsrnach oder durch Postvorschuß. W 292. Mittwoch den 12. October 1876. Oeffentlichc Plenarsitzung der Handelskammer Freilag, den 2V. October d. IS., Abends O Uhr, in deren LitzungSsaale, Neumarkt Nr. I», I. Tagesordnung: 1. Registrande. 2. AuSschußberich' über die Vorlage des König!. Ministeriums deS Innern, Beschickung der Parts«. Ausstellung 1878 betr. 3. Berichte des »Zoll- und Steuer-AuSschusies über ». die Borlage deS Kaiserl. Statistischen AmteS, Einführung einer DeclarationSpsticht für die Zwecke der Ein- und "AuSsuhrstatisttk betr.; d. einen Vorschlag deS kaufmännischen Verein- zu Buchholz, Anpassung deS WechselstempeiS an die Markwährung betr 4. Bericht deS.AerkehrSauSschusseS über die Vorlage des HandelStagS-Ausfchusses, daS Reichs» Gtfenbah, Projekt betr 5. Bericht deS.» 'ik- und MünzauSschusseS über die Antwort des GeneralpostmeisterS, die Annahme » Banknoten bei den Post- und Telegraphen-Caffen betr 6. Bericht des F anzausschustes über den HauShaltplan der Handelskammer und der Börse für daS Geschäftsjahr 1876,77. Hieraus nicht-öffentlich: 7. Bericht des Wahlausschusses über die Verordnung des Königs. Justizministeriums, die DorschlagSwahl sür die zur Erledigung kommenden Handelsrichter» stellen betr Bekanntmachung. Für die Gewerbeschule sind 24 neue dreisitzige Zeichentische 1 2,50 M. lang, 0,6 l M. breit und 0,79 bis 0,84 M. hock, mit Schubkästen versehen, nach dem Muster der in der König!. Kunst akademie in der Pleißenburg vorhandenen, sowie 54 neue Sessel anzusertigen. Nähere Auskunft ertheill Herr Professor Schefsers, Sophienstraße St». Die Lieferung soll an den Mindestfordernden mit Vorbehalt der Auswahl unter den Bietern vergeben werden und cS sind die Gebote versiegelt und mit der Aufschrift „Zeichentische" versehen biS Montag den 23. October d. I. Abends 5 Uhr auf der Scbulexpedition deS RatheS (RathhauS 2. Etage, Zimmer Nr. 8) einzureichen. Leipzig, den 17. October 1876. DeS NathS Bandeputatto«. Gewerbekammer zu Leipzig. Oefsentliche Sitzung der Gewerbekammer Donnerstag, de« Ist. October 1878, Nach mittag- 8 Uhr im Saale der ersten Bürgerschule hier. Tagesordnung: 1) Registrandenvortrag. 2) AnSschuß-Gutachten über Erneuerung deS Deutsch-Oestcrreichischen Handels- und Zoll- verlragS. 3) Verordnung dH Ministeriums deS Innern, die Pariser Weltausstellung betreffend. 4) Anträge Herrn Reichert'S, die Leipziger Messen und Zehnerrechnung betreffend. Leipzig, den 12. October 1876. M. Krause, Adv. Ludwig, Secr. stellvertr. Vorsitzender. Danksagung. Von dem im Juni d. I. hier verstorbenen Fräulein Amalie Friederike Wolf sind dem hiesigen Orchester - PensionS - Fonds Bier Tausend Füns Hundert Mark in verzinslichen Werthpapieren letzlwillig zugewendet worden. Wir verfehlen nicht, für diese freundliche Gabe unfern Dank hiermit öffentlich auszusprcchen. Leipzig, den 15. October 1876. Der DerwaltungSauSschust deS Orchester-PensionS-Fonds. Zum „Crucisconvent" -er Fraternität. Lripfig, 18. October Heute findet die Herbstversammlung mit Semestersestmahl, der sog. CruciSconvent, der hiesigen Fraternität der 'Notarien und Litteraten (eingetragene Genossen schaft) im Saale deS alten SchützenhauseS statt. Durch die Kreise der „cont'rLtres", wie vormals iu nichtclassischer Latinität die Vereinsmitglieder sich gern nannten und auch jetzt noch nennen, läuft ein zwar dunkle-, aber ziemlich verbürgte- Ge rücht von einer desondern lacustrisch-culinarischen Ueberraschung, die in Folge de- vielversprechenden Gelübdrs eines auswärtigen Mitgliedes in Vor bereitung sein soll. Beim Lenzconvent diese- Jahres wurden einem noch lebenden Mitglieds von »uuo 26 (!) die semisäcularen Ehren zu Theil. Dieser Iubel- consrater war kein Anderer denn vr. pdil Albert For biaer, der frühere Conrector der Nicolaitana Hierselbst, der jetzt zu Dresden im wohlverdienten ehrenvollen Ruhestand lebt. Die Fraternität beglückwünschte den Jubilar mit folgender (von Professor Nobbe verfaßter) tabula aratulatoria, die aus der Osficin von E. G. Naumann Hierselbst hervorgegangen war. ^ ^ 8 kU^IIUXII^8X0i^kI0IWIck LI DIIIHV- IOKIM LID8ILX8I8 comwuuidus eruclitiouis iuris dumLisitLlisgue stucküs ae post acto^ ladoies geuio cum sockalidus per oti» inäulxvucki avimi corporis, ,ue Inter lacetias ckapesguo semestres reereauäi üulci üesiclerio et usu lamiliari atgue amieorum pie reminisceuüi vickuarumgue earas sportulis rele- vanäi ansieitiae perpetuLnäae cousuetlläiue conionctissimL et tioreMissim», se ckieXV. mensis >sartü adbinc«,uin<,llL8inta annis nomen invenis ävetissimi Lonnig»-.«, jiun luin clarissimi üuctoris pkilos. et articun lid. magistn optimorum jui-ium et gzmna^ii Xi- colaitani collegae sexti iu aldum suum bonis '»minidas sollenaiter retalisse gaucket. X'»m animi cou^tailtia et incletesso stuäio boc con- >ecutus e^t, ut multi;»lici8 ckuctrinac copia tioreret, «locentlis az»>»a>ii siiscipulis omnium elas^ium -leinceps prukle^^et i»lurin>um. aigue uliguaiucliu badeuüis etiam iectinuil»a8 acackemicis itemgue lidris pdilologicis liistoricis ^eograpdicis ,ia et rutione scriptis inajorem in «lies tainam sidi compai-aret, uam iseeretarguc inull»s, ,,ui ipsius vestigia ainditios,! seguereutur Xec üotuit ami- cis sockalidus et, clum Lipkiae vixit, tratribus nodis srater üileetissimus kilaritate vitae, Lini- citiae ticke, ack ostici» pi-aestancka tamiliaremgue »sum animo proinptissimo et prodatissimu et pai-atis^imo nodisgue fait curissimus. Xibil igitur magis vnl'is est ia votis, ,,n»m ut ckiu cum gsute zua virut feliciter »tgue etiam »dsens memor oostru», omninni tickusgue ack ciueres nsque amiens esse perg»t. .Vmen! Lipsiae ickidns Aartüs aaui Avt 66LXXVI ?ros. o. d vr. Xolide I)r. meck. Lediläftuck Lenior. knlopositus. .zckr Dr. IVeruer <7ou». »ul. »ckv. Lich^euior I. XIsiusedmickt kegi » secr. just. eov^. Lxpraepositus. vr. kotde -äckv. vr 8. Liseder, Lndsenior II. Zzuckicus. Sächsischer Gemeindetag. m. * Plaurn im Vogt!.. 16. October. Mit dem Gemeindetag war auch eine Ausstellung ver- runden, weiche deS Interessanten Mancherlei barg. Eine Anzahl Gemeinden hatte die auf ihre öffentlichen Einrichtungen bezüglichen Dokumente und sonstigen Papiere ausgestellt. Man sah in guter Ordnung an einander gereiht OrtSstatuten, Gemeindebücher, Formulare zu allen möglichen Drucksachen und eine Menge Pläne von in neuerer Zeit erbauten Gemeindehäusern, Krankenanstalten, Wasserleitungen und dergleichen mehr. ES war die erste Au-stellung dieser Art und hoffentlich wird die gegebene Anregung bei den nächsten Gemeindetagen zn immer Größerem führen. Im Interesse des fleißigen Besuches seitens der Theil- nehmer de- Gemeindetages ist zu wünsche«, daß die Ausstellung unmittelbar in« Berathungslvcal selbst mit untergebracht werde. Punct 5 der Tagesordnung kam wegen Mangels an Zeit nicht zur Berathung. Es betraf dieser Punct das Gemeinde-Handbuch für daS Königreich Sachsen, dessen Herausgabe mit Unterstützung deS Gemeindetages beabsichtigt wird. Herr Bürgermeister Kuntze in Plauen hatte die glückliche Idee gehabt, ein Probeblatt dieses Ge meinde-Handbuches auszuarbeiten, in handlicher Broschürensorm drucken zu lasten und damit zu gleich den Mitgliedern de- diesjährigen sächsischen GemeindetageS einen Führer durch die Stadt Plauen in die Hand zu geben. In dem Probeblatt werden die Verhältnisse der Stadt Plauen nach allen Richtungen hin dar gelegt. Man findet zunächst kurze geschichtliche Angaben, in der Hauptsache nach Flag. Fiedler- geschichtlichen Arbeiten, sodann statistische, gewerb liche. topographische Angaben, worauf eine Reihe sorgfältiger Notizen über die öffentlichen Anstal ten, Vereine und Gesellschaften in Plauen, ferner über die Reichs- und Staatsbehörden, die kirch lichen Behörden, die städtischen Behörden, Col- legien und Beamten, über die städtischen Schulen und endlich über die Verwaltungs und Vermögen-Verhältnisse der Stadt folgen. AuS den sämmtlichen Darlegungen geht hervor, daß die Stadt Plauen zu den kräftigst ausblühen den Gemeinwesen de- Lande- gehört und im letzten Jahrzehnt eine gewaltige Entwickelung er fahren hat. Die Stadt zählt gegenwärtig 30,000 Bewohner unt 1670 Wohnhäusern. Sie ist die 5. Stadt in Sachsen, die 58. im Reiche. Die sehr bedeutende industrielle Thätigkeit PlauenS erstreckt sich namentlöck aus glatte und brocbirte Baumwollenwaaren, Gardinen. Weberei, Appretur, Bleicherei. Zwirnerei, Maschinenstickerei, Stepperei und Tambouriren. In Plauen finden jährlich 16 Viehmärktc statt, bei welchen der Zutrieb durchschnittlich gegen 11—12,000 meist vogtländischeS und bayerisches Rindvieh beträgt. Die Ver mögen-Verhältnisse der Stadt Plauen müssen alS günstig bezeichnet werden. Den Aktiven >m Ge- sammtbetrage von 5,332,977 stehen nur Passiven in Höhe von 2,273,429 gegenüber. Wenn man auf den Verlaus veS diesjährigen Gemeindetage- einen Rückblick wirst, so läßt sich nur sagen, daß seine Theilnebmer voll befriedigt in ihre Heimatk zurückgekehrt sein werden. Es ist eine Anzahl nützlicher und interessanter An regungen gegeben worden, und eS wird nun Sache der betreffenden Gemeindevertreter sein, diese An regungen in ihren Gemeinden praktisch zu fördern. ES hat sich auch gezeigt, daß eine Versammlung viel ruhiger und sachgemäßer beratheil und be schließen kann, wenn sie auf zwei Tage ausgedehnt ist, alS wenn sie ihre Tagesordnung an einem Tage erledigen muß. Es ist deshalb nur zu billigen, wenn der Vorstand deS GemeindetageS in Zukunft dessen Zusammenkunft immer aus zwei Tage auSdehnen will. Als eine zweckmäßige Maßregel ist ferner zu begrüßen, daß künftig die Referate über die hauptsächlichen Gegenstände der Tagesordnung gedruckt und den Theilnehmern des Gemeindetages vorher zugänglich gemacht werden sollen. Zur Wahl.- DaS Königreich Sachsen genießt den traurigen Vorzug, die meisten Sociäldemokraten in den Reichstag gesandt zu haben. Möge e« bei der bevorstehenden Wahl ander- werden, mögen alle übrigen Parteien dazu beitragen. Die Social- demökraten kennen ihr Ziel genau: Umsturz der bestehenden geordneten Zustände Sie sind rührig und einig in dem Bestreben, daS einzme Ziel, das sie sich gesteckt haben, zu erreichen. Die Parteien, welche für Erhaltung geordneter, öffentlicher Zu- tände einstehen: die National liberalen, die Fortschrittspartei, die Conservativen vllten bei der bevorstehenden Wahl im 13. Reichs- ugSwahlkreise — Leipzig-Land — sich nicht gegen eilig bekämpfen, sondern einmüthig stehen gegen die Socialdemokraten. Nur so wird es möglich, sie, die in diesem Wahlkreise zahl reicher sind, alS in irgend einem andern, mit Er folg zu bekämpfen. Ilrues Theater. Lkipjig, 17. October. Wir wissen cS dem Frl. Geistlnger wenig Dank, daß sie unS die „Cameiiendame" deS jungen Alexander Duma- (bearbeitet von Max Ring) bei ihrem Gastspiel auf die Bühne gebracht hat. DaS Stück gehört zu den widerwärtigsten Productivnen der französischen Muse, wie sehr man auch den dra malischen Verstand und daS technische Geschick deS Verfassers anerkennen mag. Auch ist es in seiner Tendenz nicht eigentlich unmoralisch zu nenne die Entsühnung der Magdalenen, die viel geliebt haben, durch eine reine Liebe, bat sogar etwas Poetisches Dock die Art, wie Duma- den Stofs behandelt hat, rückt gerade seine abstoßenden Seiten in den Vordergrund. Einmal haben wir es mit der pathologischen Darstellung der Schwind sucht auf der Bühne zu thun, und daS verstößt gegen alle Gesetze reiner Kunst Eine flotte lebenslustige Lüderlicbkeit ist noch eher zu er tragen, alS diese schwindsüchtige. Neberbaupt ist daS ganze Stück, insoweit es zu einem tragischen Ausgang führt, im Grunde überflüssig. Die Heldm hat ja von Hause aus die Schwindsucht und eS ist nur eine Frage der Zeit, ob sie früher ober später daran stirbt. Die Assecte, deren Beute sie wird, können diesen AuSgang nur be schleunigen. Die Liebe Armand'- zu einem weib lichen Wesen, dessen Vergangenheit da- Metier einer Buhlerin und dessen Zukunst die höheren Stadien der Schwindsucht lind, übertrifft doch an Romantik Alles, waS die überschwänglichste *) Dirk« Ansprache, aus vrr Feder eines hochacht baren, den gemäßigten Principien huldigenden Mit bürgrrS geflossen, glaube« wir allen 1'esern ganz -e sonder« zur Beachtung empfehlen zn sollen. Dir Red. deutsche Liebespoesie im Drama geleistet hat; sie sie ist geradezu unbegreiflich. Der zweite Punct, welcher das Drama höchst unerfreulich macht, ist die gesellschaftliche Atmo sphäre, in der wir un« bewegen. Die Vorgänge elbst sind ja eigentlich rührender Art: Reue, Wandlung. Besserung, aufopfernder Edelmutb, aber die Voraussetzungen dieser Handlung und der ganze LebenSkreiS, ur welchem sie sich abspielt, ind mit einem rohen Realismus gezeichnet. Nicht die leidenschaftliche Liebe hat gesündigt, sondern die Gewohnheit des Metier. In dem krassen Schlußesiect deS vierten Acte-, wenn Armand der Geliebten das Geld vor die Füße wirst, mit den Worten: sie iss bezahlt, drängt sich da- Abstoßende dieser Voraussetzungen der Handlung wie mit einem Schlage zusammen und gerade dieser Effect wurde von dem Publicum entschieden abgelebnt. Im letzten Acte verwandelt sich daS Magdalencn- W in ein Spital. Frl. Geistinger spielte die Nolle der Mar» zuerite mit großer Hingebung; sie gehörte jeden- allS zu ihren besten Leistungen. Was die Dar- tellung der Krankheit selbst betrifft, so erwähnen vir, daß wir im Zwischenact emen Specialarzt prachen, welcher derselben bis in alle Detail- zroßes Lob zollte. Wir berufen unS aus diese Autorität, da ein Theaterreferent sich für seinen Berus nicht durch den Besuch der Klinik vorzube reiten braucht. Alle Beängstigungen und Auf regungen, welche in der Rolle liegen, wurden von Frl. Geistinger mit einer Naturwahrheit vorge führt, welche auf nervöse Naturen krampserregend wirken konnte. Wenn sie auch den berühmten Aufschrei der Charlotte Wolter nicht ganz er reichte, so kam sie ibm doch nahe. Die Scene mit DuvalS Vater spielte sie besonder- ausdrucks voll und ergreifend; auch den degagirtcn Ton im ersten Acte traf sie sehr gut. Ihre Leistung fand in vielen Scenen und am Schluß den Beifall de- Publikums. Den Armand Duval spielte Herr Sengcr mildem Feuer, welche-dieser sonderbare Schwärm er verlangt, bock hätten wir gewünscht, gerade diesen Zug der Schwärmerei noch mehr hervorgehoben zu seben. Dem Vater Duval gab Herr Pettera die feste Haltung deS ehrenwerthen Mannes, wenn er auch vielleicht auS seiner kühlen Reserve noch mehr hätte berau-treten können, alS erden edeln mn deS MädchenS erkannt hat. Was die ganze übrige Gesellschaft betrifft, so spricht die Kritik gerade keinen Tadel auS. wenn sie findet, daß die Darstellung dieser eröres und eocottös hinter den französischen Ur bildern weit zurückblieb; denn wer kann von deutschen Darstellern diese Aneignung franzö sischen Wesen- verlangen? Der Baron von Varville des Herrn Bram mer hatte wenigstens schneidende Energie und der Gras von Giray de- Herrn Conrad einen gewissen natürlichen Ton, Herr Eichenwald (Saint-GaudenS) bewegt sich aus französischem Boden weniger glücklich. Die edleren Charaktere, der Gaston Rieux dcS Herrn Johannes und der Advocat Gustave dcS Herrn Otto hätten wie die Kammerfrau Nanme der Frau Schubert besser in den Rahmen eine- Lustspiels von Benedir ebenso gut gepaßt. Die Prudence deS Fräul. Räder zeigte bei ihren verschiedenen Geldgeschäften eine urdeutsche, aber erheiternde Gemächlichkeit, und daß diese Olympie, Anais und Ricbette niemals in der Closerie de Lilas oder im Iardin mabile Cancan getanzt hatten, sah man ans hundert Schritt Entfernung. Rudolf Gottschall.
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