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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.02.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187702101
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770210
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- fehlerhafte Bindung; Image 15-22 enth. Beil. vom 08.02.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1877
- Monat1877-02
- Tag1877-02-10
- Monat1877-02
- Jahr1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.02.1877
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vrscheftrl tSgitch frlch S»/, Uhr. «ch TrpeMo» Joh«mi»gass« SS. speechstmseM »er Uriartt»»: Vormittag» 10—IS Uhr. Vachmittag» »—» tlhr. »imadme der für die nächst- sataendr Nummer bestimmte» Snwratr au «ocheuta-r» bi» 8 Uhr Nachmittags, an Sonn- «nv Festtage« srst-ms '/,S Uhr. Sa tzenFitlatr, fkr L,l.Ammh»rr Ott« Klemm, UuivrrsttätSstr. rr, «»«iS L Sicht, Kacharineastr. t»,«. nur bis Uhr. «»flage 15,SOS. zd«aaemait»»rrt» viertelt. ^AOU., intt. Bringerlohn ü ML. durch die Post bezogen ü ML Jede rmzrlne dtummrr »v Pf. Belegexemplar 10 Pf Gebühren für Exttabei!ageu olntt Postbesvrdcrung 36 Mt. mit Postbesördcruug 45 ML Zusrrate lgesp.Bourgeoisz. LOPk. Größere Schriften laut nnferem PrcrSverzerchniß. — Tabellarischer Latz nach höherem Tarif, ktttamei, uatrr dem LeLarlloiugrich dir Spaltzeil« 4« Pf. Inserate sind stets an d. Erpetttt», zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben Zahlung oder durch Postvorschutz. M 41» Sonnabend den 10. Februar 1877. 71. AühlgMA. Bekanntmachung. In Gemäßheit von tz 1 der Instruction sür die Ausführung von Wafierrvhrleitungen rmö Wasseranlagen m Privatgrundstücken vom 7. Juli 1865 machen wir bekaunt, daß der Schlosser Herr Frawz R«d»l»h, Gustav Adolph-Straße Nr. 16, zur Uebernabme solcher Arbeiten bei uuö sich angemeldet und dem Besitz der erforderlichen Vorrrä tungen nachgewiesen hat. ' Leipzig, den 8. Februar 1877. Drr Rath h«r Stadt Sotpztg. De. Tröndlin. Harrwrtz Jur geMMn Beachtung, Unsere ExpediUon ist morgen Sonntag den 11. Februar nur Vormittags bis !-9 Uhr geöffnet LxpeÄIIIon ÄB« LelpLlxer VnrredlallB«. Bekanntmachung. Aus der Onaistraße entlang der alten Elster von der Frankfurter Straße bi- zur Fregeüraße sind 54 t OMeter Pflaster von dossirten Steinen zu den Straßenübergängen und Fuß wegen und 2464 l^Meter Bruchsteinpflaster zu der Fahrbahn neu derzußellen. Die hierbei erforderlichen Steinsetzerarbeiten sollen im Wege der Submission vergeben werden und haben darauf Reflectirende ihre Offerten bi- zum 28. d. M. Adends 6 Uhr versiegelt bei der Marstall-Expedition niederzulegen, wo auch die näheren Bedingungen eingesehen werden können. Leipzig, den 7. Februar 1877. Des Raths Stra-rttbaa-Depatatio«. Bekanntmachung. In Gemäßheit dkS tz. 1 der Instruction für die Ausführung von Wasserrohr leitungen unv Wasieranlagen in Privatgrundstücken vom 7. Juli 1865 und der tztz 2 nnd 7 de- Regulativ« für dre Einführung von Ga-rohrleitungen und GaSdeleuchtungsanlagen in Privatgrundstticken vom 2. Mörz t863 bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß der Schlosser Herr Earl Otto Glbr, Glockeuftraße Nr. 8. zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 8. Februar 1877. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Harrwitz. Leidig, 9. Februar. Kein wirksameres Beweisstück konnte e- für die russische Orient Politik geben, alS dasjenige, da- ihr die Türkei selbst durch den Sturz Mivhat'S iu die Hände gespielt hat. Rußland ist bis zum letzten Augenblick bei der Forderung stehen ge blieben, daß eine Besserstellung der christlichen Landschaften, für die e- nun einmal seine Ehre emgesetzt hat, nur durch feste Bürgschaften, wie die Ansehung christlicher Statthalter, einer euro päischen Aufsichtsbehörde :c. zu sichern sei. Die Türkcnsreunde erklärten daS sür eine unerhörte Zumuthung, die man der Pforte nicht bieten dürfe; von Vieser könne man nur verlangen, daß sie selbst die Einführung von R«formen in die Hand nehme und von sich auS daS Loo- der Christen bessere. AIS nun Midhat seinen großen VersassungSrummel loSließ. da war Freude an der Themse und Jauchzen ließ sich hören in Wien und Köln. Die „Neue Fr. Presse" und die „Kölnische Zeitung" klatschten begeistert in die Hände und riesen den genialen Resormtürken als Heiland der bedrängten Christen in BoSnien und Bulgarien auS. Diese aber schüttelten die Köpfe; sie glaubten nicht, daß von dort auS gründ liche Hülse kommen könne. Nun hat sich ein kleiner Windstoß erhoben, und über Nackt ist der große Midhat weggeblasen, zu einem Nichts zu- iaminengeschsumpst. Jetzt sehen wohl auch die Türkensreunde ein, daß aus diesen Mann und ferne Reformen kein Verlaß war. Und wenn auch Edhem Pascha seine Erbschaft antreten will. — wer bürgt unS denn dafür, daß nicht auch dieser in kurzer Zeit einen Erben erhalte? — Sind also schivere Uebelstände in der europäischen Türkei vorhanden — und darüber sind Gelehrte und Un- gelehrte einig —, sind sie eine fortwährende Gefahr für den Frieden unseres WelttheilS — und dieser Folgerung wird sich wohl Niemand verschließen —, >si man ernstlich gesonnen, sie abzustellen — und man thut allgemein so, alS ob man eS wäre—, nun, so wird unS weiter gar Nichts übrig bleiben, als in den säuern Apfel zu beißen, den Rußland nnS wohlgeschält und fern geschnitten auf den Teller legt. In Petersburg beeilt man sich denn auch schon, auS dieser neuesten Wendung der Orientwirren Nutzen zu ziehen. Von Neuem taucht dort die Hoffnung auf, daß man vielleicht doch aus diplo matischem Wege den größten Theü der bekannten Forderungen durchsetzen und sich einen großen Krieg ersparen könnte. Der sonst so heißblütige „GoloS" bespricht den türkischen Ministerwechsrl in ruhiger Tonart. Er meint, der Sturz Midhat Pascha's werde von den Mächten sehr zu be herzigen sein, welch« eS für möglich gehalten hätten, ihre orientalische Politik auf die Reform pläne Midhat'- zusaründeu. Für die Orientpolitik bedürfe es eine- festeren Boden- Rußland hätte dies mit vollem Rechte betont. Der „GoloS" hebt sodann hervor, die Mächte würden bei der Be antwortung de- russischen Rundschreiben- die jüngsten Ereignisse in Konstantinopel berücksich tigen müssen. Wenn sie ander- handelten, würden sie nach der Ansicht de- „GoloS" eingestehen, daß die Politik der Westmächte auf Neid und Feind seligkeit gegen Rußland begründet sei, waS doch Lord Northcote in seiner jüngsten Rede in Liver pool in Abrede gestellt habe. Da- Blatt schließt den Artikel mit den Worten: ..Hoffen wir. daß die englische Thronrede bei Eröffnung de- Parla ment- beweisen wird, daß die durch den Sturz Midhat'- den englischen Türkensreunden gegebene Lehre nicht ungehört geblieben ist." Die englische Thronrede, di« inzwischen bekannt geworden ist, hält sich nun zwar in ganz all gemeinen Au-brücken,läßt aber doch durchschimmern, daß der neueste Act de- Orientdrama in der That diejenige Wirkung in London hervorgerusen bat, die man in Rußland erhofft. Weiß dieses Maß zu ballen und auch nur den Insellen Ber. dacht eine- EroberungSgelÜsteS nrederzuschlaaen, so wird es einen großen diplomatischen Aieg feiern. England wird dann noch mehr alS bi-her nach der russischen Seite hinüberschwenken und alle seine Hebel ansetzen, uni der Regierung Evhrni Pascha'- die nöthige Geschmeidigkeit zu geben. DaS wird denn auch nicht schwer fallen, wenn eS wahr ist, daß der neue Großvezier schon in den Bor Verhandlungen mit Serbien und Mon tenegro die stolze und schroffe Haltung Midhat'S durch um so größere- Entgegenkommen auSzu- gleichen sucht. Hierüber, sowie über das Schicksal de- gestürzten Großvezier- liegen heute folgende neuere Nachrichten vor: AuS Wien wird gemeldet: Die Verhandlungen de- türkischen Bevollmächtigten mit dem serbi schen Agenten werben auf ausdrückliche Anord nung dcs neuen Großvezier- fortgesetzt. ES heißt, daß, wenn weitere Grundlagen sür den Friedens- schluß gewonnen sind, die Verhandlungen in Kon stantinopel fortgesetzt iverden sollen. Aus Konstantinopel telegraphirt man: Der Fürst von Montenegro hat in Beantwortung der (zu Friedensverhandlungen einladenden) De pesche de- GrvßvenerS seine Geneigtheit angezeigk, mit der Pforte ans der Grundlage de- Zustande-, wie er vor dem Kriege war. und einer Grenz- berichtigung sofort über den Frieden zu verhan deln, dabei jedoch erklärt, er halte es für unnütz, einen Delegirten nach Konstantinopel zu ent senden und wünsche, daß die Verhandlungen mit dem türkischen Botschafter in Wien geführt werden möchten. Die türkische Yacht „Jzzendin" hat sich am Donnerstag mit dem sr. 'ren Großvezier Midhat Pascha von Syra naa, rindifi begeben. Uebcr den Sitz de- RerchSgerichtS eröffnet die AugSburger „Allg. Ztg" eine Reihe von Artikeln, die, wie au-drücklrch bemerkt wird, aus der Feder eines Süddeutschen herrühren. Der Verfasser tritt in sehr scharfer, vielleicht zu scharfer Weise gegen die Wahl Berlins und für die Beibehaltung Leipzigs ein. Wir lheilen für heute den Hauptinhalt des ersten Artikel- mit und wollen den Verfasser sprechen lassen, ohne ihm durch Zwischenbemerkungen in- Wort zu fallen: In der BundeSrathSsitzung vom I. Februar wurde seitens de» Reichskanzlers ein Gesetzentwurf eingebracht: e» solle das oberste Reichsgericht seinen Sitz in Berlin haben. Sehr sein war die Sache angelegt, daß Alles so kommen konnte, wie es gekommen ist Mit einer für jeden politischen Kops geradezu räthfethaften Respekt losigkeit gegen da» Bestehende und gegen da« erste Gesetz jede« gesunden Fortschritts, das Gute, wo eS sich bewährt, mit schonender Hand zu pflegen und zu bessern, brachten die preußischen Entwürfe zum Ge richtsverfass,mgSgrsetz zunächst den Borschlag: ein ganz neues Reichsgericht zu schassen. 'Zwar besitzt Deutschland schon rrn solches: denn da» sogenannte Reicks-Oberhandelsgericht in Leipzig ist mitnichten nur ein Handelsgericht, sondern ein echtes Reichsgericht mit einer Lompeteuz, die — wenn auch nicht sehr abge rundet — doch weit über da» Gebiet der Handelssachen hwau«reicht. Zwar hatte sich dieses Gericht in der kurzen Zeit seine« Bestehen« das vollste Vertrauen in allen deutschen Ländern erworben. Frei auf sich gestellt, nicht beengt durch die Nachbarschaft einer massenhaften Burraukratie, nicht gebnndeu an den Schlendrian einer langen Tradition, besetzt mit arößtentbeilS tress- lichem Material, bat eS mit eben soviel Selbstgefühl als Brrständniß stir seine Aufgabe, mit eben soviel Sorgfalt im «dwägen der Gründe als Entschlossenheit in der Ziehung der Ergebnisse sich an die Spitze der deutschen Gerichte geschwungen. Ja jedem andern Lande würde solch ein nationaler Schatz — denn daS ist eia Gericht, welches allgemeines Bertram« nicht nur ver dient. sondern auch genießt — mit der größten Behut samkeit gevflegt, und es würde ängstlich darüber gewacht werden, daß dt, Loutiouität der Rechtsprechung ja nicht unterbrochen werde. Bei »uS hat man dafür kein Ber- stäadnißl Der Dank für die eminenten Lierdirnste des heute thätigen Reichsgerichts ist — sein Todesurtheil! Und warum geht eS unter? Man mag sich dir größte Mühe geben, nach Gründen zu suchen, eS bleibt schließ lich nur einer übrig: das Gericht muß verschwinden — damit das preußische Obertrtbunat unter anderem Namen au seine Stelle trete! Nur au» diesem Gedanken heraus, der natürlich überall verleugnet werden wird, erklärt sich der Vorschlag, daß der Sitz de« Reichs gerichts durch Berordnung bestimmt werden sollte; man fürchtete, daß der Reichstag die Absicht merken und ver stimmt stimmen könnte, wenn inan di« Fixirung de« Sitzes durch ein Gesetz vornehmen lassen wollte. Der Reichstag aber parirte den Streich, und so muß man jetzt offen Farbe bekennen! Und w,e hat man daS ge- than! Der Schreiber dieser Zeilen weiß nicht, wie es An- deren gegangen ist, als sie di« Motive zu jenem Gesetzes- Vorschläge zu Gunsten Berlins lasen: thm selbst schwand die Heiterkeit darüber nur allzu bald. So lang' er sich entsinnen kann, ist dem deutschen Bolle etwas AehnlrcheS an Moliviruug von GesetzrSvorschlägen noch nie ge boten worden — selbst nicht bei der Strafgesetznovelle I Dies« Motive gelangen mit drei kühnen Schritten zum ersehnten Ziele! Der erste dient dazu, um preußischen Particularismus unter schwarz-weiß rother Flagqe zu bergen; es verstehe sich, daß bei der Wahl des Ortes nur das Reichsioceresse entscheidend sein dürfe. Das versteht fick allerdings von selbst! Mit einer Logik, di« nicht von dieser Welt ist, wird nun gefolgert, daß nur «ine Residenz, und zwar die Residenz eines größeren BundeSstaatS, dem Reichs- intrresse Genüge tbun könne, weil in der Residenz allein der ReicksgerichtSrath mit dem ganzen wissenschaftlichen Leben der Nation in Berührung bleiben könne. Welch edle Loyalität in der Würdigung der Residenzen! In dessen alle Hochachtung vor Städten wie Stuttgart und Dresden , aber Jedermann weiß, daß sich in Mar burg. ,n Kiel ober Gießen oder gar in Tübingen mehr wissenschaftliches Leben zusammendrängt, als iu den beiden Residenzen zusammengrnommen. DaS wissen ja auch ien« Motive ganz gut: sie wollen es aber zu vergessen scheinen; denn eS soll sich nur um die Aus- wähl unter Residenzen handeln, und unter diesen ist selbstverständlich Berlin, als die prim» toter als Loppelrestdtnz vom Reich und von Preußen dir relativ berechtigtste. Und so wird zu Gunsten Berlins der dritte Schritt gewagt — und der preußische Parti» cularismus ist nach lebhafter Emotion auf den Punct zurückgrtehrt, von dem er ausgegavgen war. Die Emotion war nur etwas gewaltsam nnd wenig an- muthend. Will ich mich ietzt zn einer ernsten Kritik des mir so verhängnißvoll scheinenden Berliner PrvirctL wenden, so sehe ich im Geiste die klug lächelnden Gesichter der Freunde jenes Plans mich anschauen, als frügen ste: „sür welch' andere Stadt soll es denn eine »rati» pro <tnmn werden? Denn doch nur darauf ist r« abgesehen!" Ihnen erwidere ich einstweilen: wenn ich persönlicher Vorliebe folgen wollt«, würde sch für eine altehrwürdige Stadt auf der Grenze von Süd und Nord plaidiren, die da- Reichsgericht brauchen könnte wie kein« ander«, um endlich wieder politisch gesund zu werden! Da mich aber kein« Neigungen und Abneigungen, sondern Gründe, keine Interessen sür die eine Stadt und gegen die andere, sondern wahrlich nicht» Anderes als der warme Antbeil am Gedeihen unsere» Reiches und die Sorge sür seine Zukunft bewegen, so muß ich gegen jene Stadt eintleten. in viel höherem Maß allerdings noch gegen Berlin. Berlin ist zunächst gerade aus dem Grunde, den die Motive jener Borlage an den BundeSrath sür daS Lentrum Preußens ausühren, die alleruntauglichstr Stadt: es ist die ReichSreftdenz. Dort tagt der BundeS rath, dort wirkt die ganze Reichsverwaltung, dort branden am Sitze deS Reichstags die politischen Kämpfe mächtiger als irgendwo in Deutschland; wenn ein Zwiespalt ansbricht zwischen den Interessen der Politik und den Forderungen der Gesetze — dort wird er am Schwersten von den Männern der Politik, dort am Tiefsten von den Männern de» Rechts empfunden! Mau bat neuerdings, um den Liuwänden gegen die Rrich»- refidenz, die doch wahrlich nicht von gestern sind, obgleich sie von jeneuMotiven unglaublicherweise ignorirt werdeo, die Spitz« abzubiegen, mit Geschick dir Karte auSgespielt: «» sei nicht nur absurd, r» sei schlecht, den Mitgliedern des Reichsgerichts zuzutrauen, ste könnten sich von den Stimmungen der politischen, insbesondere der Regierungs krise beeinflussen lassen. Solcher sittlichen Apostroph« gegenüber alanbt häufig verstummen zu sollen, wer Anspruch erhebt, unter die Männer von Tatl und Anstand gerechnet zu werden: und wenn dies« verstummen, ist eine Anzahl der Hauptgegurr zwar nicht geschlagen, aber zu unschädlichen Männern geworden. Indessen wer ,n aller Welt wagt unsere obersten Richter der bewußten Gesetzesverletzung zu zeihen ? Glücklicherweise Niemand! „Aber" — 'ahreu dre Berthridiger Berlins zu rhren Gegern gewandt fort — .wenn ihr uuseren Reichsgerichtsräthen auch den Bor wurs des -toiu, erspart, so fürchtet ihr von ihrer Fahr lässigkeit und habt sie som,t doch in unbegründetem Berdacht, daß ste ihre Re nheit und Unparteilichkeit nicht zu bewahren wissen werden!" Wir fürchten auch dies nicht, wohl aber sorgen m,r in ihrem Interesse, daß ihnen ihre so wie so schon »rrcnblicki schwere Ausgabe noch ganz unnützer- nnd gesährlicherweise erschwer: werde. Führt man ein Schiss, welches ferne vabn ohne Schwenkung nach rechts und links machen soll, zu diesem Behuf in die Brandung hinein und heraus? Gi-bt es ferner Menschen, die von ihrer Umgebung ganz unabhängig find ? Nicht einen einzigen! Rufen wir unsere Oderrichter nach Berlin, so setzen unr sie in ein Nest von politischen Motiven hinein, denen sie sich m,t dem besten Willen nicht entschlaqen können, wert sie ihnen ganz unbewußt wirken. Das waren >a gerade die Klippen, an denen das Obertribunal hie und da schuldlos gestrandet ist! Wollen wir nie aus Erfahrung lernen? Und haben wir nicht dringenderen Aulaß alS je, unserem obersten Gerichtshof aus dem Bereich ,ener Klippciibänke berauszuhelfcn? Ja selbst wenn diese — waS durchaus nicht der Fall ist — nur in der Einbildung unseres Lölkes «xrfirrten. müßte man sich vor ihnen hüte». Die schwerste Lala mität, welche ein oberstes Gericht treffen kann, ist dre. daß es kein Vertrauen verdient , di« zweitschwerfic, daß es Bertrauen zwar verdient, aber nicht genießt. Und gerade sür unser deutsches Vaterland wäre letztere von den verbängnißvollsten Folgen begleitet. Lassen wir ein paar Urtheile des Reichsgerichts zu Berlin so aus fallen, daß sie auch nur den Anschein der Regierung-: sreundlichkeit an sich tragen, dann ist wieder ein An laß zum Sturmlauf aus das Reich gegeben, den alle RrichSseinde mit Frohlocken kommen sehen. Daun wird der verschwundenen Gerechtigkeit elegisch nackige- klagt und unter ihrem weit hinwirkenben Namen H,m- mel unv Hölle in Bewegung gesetzt, um die Saat des Mißtrauens in die Halme der Feindschaft gegen da« Reich aufschießeu zu lassen. Dann werden die zahl reichen Männer in Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden schweren .Herzens ihre obersten Gerichtshöfe ver schwinden sehen, sie erst zurücksehnen, dann zurück fordern, und das verdächtigte Reichsgericht in der Residenz wird seiner Bestimmung zuwider den mäL tigsten Anstoß zum Anwachsen der reichsfeindlichen, se: es socialistischen, sei eS particularistischen Bewegung geben. Gerade weil Dem so ist, weil es im Interesse aller Rerchsfeiude liegt, daS oberste Gericht iu Berlin zu sehen, werden wir ein Schauspiel erleben, da« die Re- aierung über ihr« wahren Freund« wohl aufkläreu könnte. ES werden im Reichstag dt« weitsichtigeren der Feinde — Herr Wivdthorst hat schon den Anfang dazu armacht — das Berliner Projrct mit so ber«h»ekr Leidenschaftlichkeit angrrifen, daß die Ehre der Regierung wo möglich für Berlin enaagirt wird nnd ste um so hartnäckiger auf ihrem Plane bleibt; dann hat das Doppelspiel Jener den schönen Doppelersolg: sie haben erreicht, was ste wollen, und zugleich gegen daS, was fir erreicht, protrstirt und im Namen der gefährdeten Rechtsordnung den Bann gesprochen Und beim ersten angreistichen Erkrmrtniß werden von. allen Seiten die Rufe erschallen „So mußte e» kommen so ist es gekommen; aber lieber opfert die ReickiSre gieruua die köstlichsten Güter, als daß ste auf den wohl meinenden Rath ihrer ehrlichen Gegner hörte." Sv kann unsere Schuld die größte Errungenscha". de» Reiche« aus jüngster Zeit, die RechtSeinheit. zur Waste der Rrichsfeiudr umschmiedro! Tagesgeschichlliche Ueberficht. Leipzig. 9. Februar. Der Etat de- ReichSamtö sür Elsaß- Lothringen für da- EtatSjahr 1877—78 liegt jetzt vor und entnehmen wir der „Nat. Ztg." darüber Folgende-: Die Ansätze haben durch die Neubildung dieser Behörde eine durchaus andere Gestalt gewonnen. DaS Amt besteht au- einem Unterstaatssecretair, 8 Vortragenden Räthen. 2 ständigen HülfSarbeitern, 7 expedirenden Seere-
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