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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187702073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1877
- Monat1877-02
- Tag1877-02-07
- Monat1877-02
- Jahr1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1877
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«rscheiNt rr,ttch fr«y S»/, Uhr. IMrlK» «ü OipeRttou JohemuiSgaff« SZ. L^rchstmitöt, »er Aeöecii»»: vvrmiUag« 10-12 Uhr. Nachmittag« 4—6 Uhr. «»»Atz«« der für dtr nächst- «vlgeude Nnmmer beftimmtru Kuseratr «« Wochentage« bi« 8 Uhr «achmttttlgs. an Sonn- und Festtagen srühbi- '/,9 »hr. Hu «enFMalr» für Za^-Laaad»«» Otto Klemm, UuiverfitätSstr. 22, H«ll» Lösche, Katharinenstr. 18, p. nur bis '/^ Uhr- MMerIaMM Anzeiger. OrW für Politik, Localgeschichtk, Handels- md GeschästSdnkrstc. «ich»,-1»,»»». ^bvuanurutopttt« viertzrlj. 4»/, Ml, incl. Brmqcrlofu L Mk, bmrh die Post bezog« k Ml. Jede einzeliie Nummer »v Pf. Belegexemplar 10 Pf Gebäre» für Extrabeilage» ohne Postbefvrdenlng 38 Ml. mit Pofibefürdermig 4L L.k Zalrrate laesp. Bourgeois. 2» Pf Preisverzrichniß Satz nach h . . Uretame» »«Irr «m, KcöaNloaoüriS die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stctS an d.-rMtitl»» »U senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung vr»«nll»«w»S« ' -durch Po' «der Sostvorlchxst. W 38. Mittwoch d^r 7. Februar 1877. 71. Jahrgang. Bekanntmachung. Die Stelle eir.eS Fündigen Hülf-getFltche» bei den vereinigten Parochien Leipzigs, mit welcher ein jährlicher Gehall von 216V verbunden ist, soll alöbald besetzt werden. Dir fordern geeignete Bewerber hierdurch auf, ihre diesbezüglichen Gesuche bi- zum SO. Februar diese- Jahee- bei unß einzureichen. Leipzig, den 29. Januar l877. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Mefferschmidt. Nutzholz-Auctton. Freitag de» IS. Febrnar m. «. sollen von LormittagS 9 Uhr an im Forstreviere Con newitz auf dem Mittelwaldschlage in Abth. 17« ca. 82 eichene Rutzklötze, meist von gesunder Qualität und von besonderen Dimen- fionen »nd zwar von 3—16 Mtr. Länge und 56-112 Elm. Mitleldnrchmesier, ferner 24 buchene, 1 eschener, 1 ahorner, 29 rüst«rne und 66 ellerne RntzklöNe. ferner 17 eschene, 5 rüsterne und 14 ellerne Sehirrhblzer, sowie 126 ellerne nBassrrban« Fange» unter den tm Termine öffentlich au-gehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an de« Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem WafferlettungSan läge. Leipzig, am 3l. Januar 1877 Holzfchlage ün sogenannten Streitholzc bei Connewitz unweit der D<- Raths FnrFdepntation. Bekanntmachung. An unserer höheren Bürgerschule fEr Möidche« ist zum l. April d. 2 eine mit 2256 -4k IahreSgehall dotirte Oberlehrerstelle ^» besetzen. Akademisch gebildete Bewerber mit der Befähigung zur UnterrichtSertheiluug w» Deutschen. Französischen und möglichst auch im Englischen wollen ihre Gesuche unter Beifügung ihrer Zeugnisse und eine- kurzen Leben-lause- spätesten- bi» zn« L. Wstälrz d. I. bei un» einreichen. Leipzig, den 29. Januar 1877. Der RaHH her Stadt Leipzig. °Seorgi. «Ursch, «es Holzauctton. Mttt»»ch, -e» stst. Fehrnar m. «. sollen von Bormittag- 9 Uhr an i« Forstreviere Connewitz auf dem Mtttelwaldschlage in Abth. 16» und 17« ca. V7 Farke Rbrannohansen und LRO , Langhalzhanse« unter den im Termine öffentlich au-gehaogcnen Bedingungen und der üblichen Anzahlnng an den Meistbietenden verkauft werden. Lnfaninrenlknnst: auf dem Holzschöage im sogenannten Streitholze bei Connewitz, unweit der WasserleitungSanlage. Leipzig, am 31. Januar 1877. De- RatHO AmrFhepntatim«. Leipzig, 6. Februar. AuS dem Orient bringt unS heute der Tele graph folgende kurze, aber vielsagende Nachricht- Konstantinopel, 5. Febr. Ofsiciell: Mid hat Pascha wurde abgefetzt und Edhem Pascha zum Großvezier ernannt. Es ist eine vollständige Neubildung deS CabinetS erfolgt. Die Meldung, die sich al» amtlich giebt, geht vom Serail selbst auS, und e- ist daher nicht an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Da hätten wir also wieder einmal einen neuen Act in der bilderreichen Tragikomödie der orientalischen KrisiS. Midhat Pascha, der große Reformtürke, der dem Reiche der MoSlemS eine Verfassung gab, die alle euro päischen an Kreist? nigkeit übertrifft, der da» An srhen der Pforte so glanzvoll hob, Rußland so »churühlich blamirte, der Couferenz ein Schnippchen über oaS andere schlug und ganz Europa zur Zielscheibe seine» Spotte» machte — er geht, und nimmer kehrt er wieder. Und Das nicht etwa gutwillig, auf eigenes Verlangen und mit Dank für seine Dienste; nein, er wird einfach abgesetzt, wird mitten auS seiner Bahn gerissen, nachdem er noch Tags vorher eine gepfefferte Note unter die Mächte geschleudert, in der er, unter Hinweis auf seine papierenen Reformen, jede fremde Ein mischung in die türkischen Wirren schroff abwehrte. Möglich, daß eben diese thörickte Note, die daS hinter dem Pruth lauernde Rußland leichtsinnig heraussordert, ihm den HalS gebrochen hat. Mitten unter dem allgemeinen Gerede von dem ver meintlichen F-aSko Rußlands sind wir nicht müde geworden, darauf hinzuweisen, wie plan mäßig der schwerfällige, aber fest aus- Ziel lvöschreitende Bärentritt der russischen Politik von Erfolg zu Erfolavorwärts gegangen ist, wie sie selbst scheinbare Mißerfolge glücklich in daS Netz ihrer Pläne eingeflochten hat. E» kam ihr vor Allem darauf an, die Pforte alS unverbesserlich und verblendet. alS brüsk und keck, Europas Rathschläge al» mißachtet und verhöhnt, Rußland aber al» unschlüssig, zurückhaltend und trotz aller Nachgiebigkeit, trotz aller Geduld von der Pforte gereizt und hcrausgefordert erscheinen zu lasten. ES ist Rußland gelungen, die türkische StaatS- kunst in diese- Fahrwasser zu bringen, und wäre Midhat am Ruder geblieben, wäre «S ihm ver gönnt gewesen, sich noch weiter von feinem Hoch» mutbe hinreißeu zu laßen, so hätten die Dinge sich sehr schnell znm Kriege -«gespitzt. Da nun Vdhem Pascha, der seitherige Botschafter in Berlin, au seine Stelle kommt, so tritt vorläufig wieder eine rückläufige Bewegung ein. E» kann ja sein, daß Edhem, der mehr Gelegenheit gehabt, sich im Abendlande umzusehen, al» sein Vorgänger, den Forderungen der europäischen Diplomatie mebr Berfländniß und Opferwilligkeit entgegen- bringen wird, al» jener ES kann sein, daß er. dem die junge türkische Verfassung nicht so an» Herz gewachsen ist wie ihrem Vater Midhat, auf diese ebenso wenig giebt wie wir in Europa, und daß er zu einer wirklichen Aufbesserung der Zu stände in den slawischen Provinzen die Hand reichen wird. Dann würde Rußland ohne Krieg durchsetzen, wa» e» jetzt mit dem Schwerte in der Hand verlangt. Wir klammern un» gern an diese Hoffnung an, obwohl sie schon so häufig enttäuscht worden ist. Jedenfalls wird Rußland nicht zögern, dem neuen Großvezier ans den Zahn zu fühlen. Ueber de« Sitz de» Reichsgericht» bringt die „Köln. Ztg." soeben einen bemerken-werthen Artikel, der warm für die Wahl Leipzig- eintritt und mit dessen Abdruck wir im Juterrfle unserer hiesigen Leser nicht zögern wollen. Der Artikel sagt: „Der Sitz de« Reichsgericht« wird durch das Gesetz hr stimmt." Unrweifelbaft wird diese» Gesetz, welcke« der tz >25 der deutschen Gerichts Verfassung fordert, eine der ersten Aufgaben d«S demuöchst zusammen tretenden Reichstags sein. Schon dir äußerlichen Vorbereitungen, deren das Reichsgericht bedarf, Helschen baldigen Be schluß über seinen Sitz. Da dürste es au der Zeit sein, d,e Interessen und Gründe zu hören und zu wägen, welche für dir Entscheidung dieser Frage mit sprechen dürfen. Denn handelt es sich hier auch nicht um hohe Politik, scheint es sachlich gleichgültig, ob die Rechts, rechung unseres zuküustigeu höchste» deutschen Gerichts von diesem oder jenem Ort auSgeht, und haben die localen und partikularen Interessen, welche sich vordrängen, kein Recht auf Gehör, so zeigen doch schon die bisher durch die letzten großen Ausgaben de» Reichstags nur etwas zurückgehaltrnea Plänkeleien in Parlament und Presse, daß die Frage nach dem Sitze deö Reich-gerichiS unsere Gesammtintrressen nahe be rührt. ES kann uns nicht gleichgültig sein, wie die Körperschaft, in deren Händen zum guten Theil di« ge sunde Entwickelung unseres Recht»- und StaatSlcbens ruhen soll, vou uns gebettet werden und ob es uns gell igen wird, ,hr selbst dir Borbednigungen eine» ge- surden, socialen, geistigen und Berufsleben» zu biettn. Welch« find diese Vorbedingungen ? Unbestreitbar eine Atmosphäre, die vom Geiste höchster Intelligenz durch weht ist» welche die geistigen, politischen, ökonomische» Interessen der Nation kräftig zum Ausdruck und zur Vertretung gelangen läßt und den die Unabbängigkeit der Rechtspflege oder doch da« Vertrauen in sie ge fährdenden Kräften keinen Raum gewährt. Damit ist die Klein- und Mittelstadt außer Frage gestellt. Das höchste Gericht Deutschlands nach Wetzlar, Kassel, Erfurt zu verlegen, kann mir scherzweise begehrt werden. Man wende nicht em. daß an solchen Orten höchste Ge ichte, z. B. das Lübecker. Rostocker, trefflich gediehen seien, daß doch in kleinsten Städten sich die Vorbe dingungen für das nicht minder anspruchsvolle Leben deutscher Hochschulen hinreichend gesunden hätten. Eine Universität ist eine durchaus eigenartige Körperschaft, welcher in Folge der theoretischen und didaktischen Auf gabe die Berührung mit den adziebenden Einflüssen der Großstadt «ber nachtbeilig als förderlich wird und welcher vermöge der Beweglichkeit ihrer Mitglieder dir erforderliche Anregung auS dem Born des Lebens stets genugsam fließen kann. Das Reichsgericht muß die ununterbrochene Fühlung mit dem gesammten socialen, wirthschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen Sein und Schaffen der Nation haben, um jederzeit der Aufgabe, über die manichfachsten Erscheinungen des Leben» abzu- urtbeilen, verständnißvoll genügen zu können. Da« weist den Sitz des Reichsgerichts unweigerlich in eins der Lebens- und Bildungscenttrn Deutschlands. Unter den Orten, welch« in Frage kommen können, stehen in erster Linie Berlin und Leipzig. Beide im Herzen Deutschland»; ersteres als die poutische Haupt stadt de« Reiches, letzteres als der Sitz des Reichs- Oderha»drl«gerickts, dessen thatsäcblicbe Fortsetzung und Erweiterung da» Reichsgericht darstellru wird, für die Ansnahm« desselben tn eigener Weise pridestinirt. Beide Städte genügen den positiven Anforderungen, welche in Bezug auf sociale«, mercantiles. wissenschaftliches Leben an den Wohnort des Reichsgerichts gestellt werden müssen. Daß Dem tu Leipzig so ist. beweist die Ersah- runa. Li« großartige und segensreiche Wirksamkeit, welche da« Reichs Oderhandelsgericht entfaltet hat. Die Motive de» Gesetze« über seine Errichtung vom t 2.Juni 1889 sagten: „Dem BundeS-Obe,Handelsgericht Leipzig als Sitz an- zuweisen, empfiehlt sich, «eil Leipzig nicht allein durch ein rege« geistiges Leben hervorragt und eine Universi tät besitzt, welche einen ausgezeichnete» Ruf genießt, wa» insonderheit von der Junstenfacultät gilt, sondern auch, weil die Stadt al« rin Handel»- und Meßplatz ersten Range», als der Hauplsitz des deutschen Buch- Handel» und tn der Mitte einer blühenden Industrie tn seltener Weis« den sonstigen von dem Sitz des Bunde»-Oberhandelsgerichts zu stellende»Anforderungen genügt." Die erweitert« Lomprtenz des Rcich-gerichtS m Bank- und Strafsachen fordert in keinem Puucte andere Vorbedingungen, welch« durch eine andere Stadt bester und völliger besried'gt werden könnten. Mau hat freilich bemerkt, daß nur die ReichSbaupt- stadt als der eigentlich« Mittelpunkt der Intelligenz, der Sitz der politischen Factorrn, des Reichsregimrnt» und Parlament» dem Reichsgerichte fortdauernd dir er forderlichen Lebenskräfte znzuführen vrrmöoe. um e» auf der Höh« der nationalen Geistesentwickelnog zu erhalten Aber man vergißt, daß die Vorzüge Berlins dir specisi'ch politischen sind «nd daß di« Aufgabe d«S Reichsgericht« keme eigentlich politische ist, daß La« Maß de« politischen Wissens, drffeu sein« Mitglieder bedürfen, keineswegs von einer unmittel baren Berührung mit den gesetzgebeuden Faktoren ab- bängt Und technisch« Niithigungrn wird »an für Res« Verbindung vergeblich aufsuchen. Selbst in Straf- fachen, in welchen die ReichS-StaatSanwaltschaft der Aussicht und Leitung des Reichskanzlers unmittelbar untrrsteht, dürfte die Rechtspflege unter der Entfernung von Berlin nicht leiden. Schon jetzt besteht am Reicbs- OberhaudelSgericht d.strlbe Berhältniß für d,e Straf sachen Elsaß-Lothringens ohne jeden erweislichen Scha den, und ungehindert durch örtliche Trennung üben überall die vorgesehen Staatsanwälte gegenüber ihre» Unterbeamteo dieselbe Befngniß dienstlicher Anweisung und Aufficht. Neigt sich hiernach die Schale keineswegs nothwendig für Berlin, so fällt aus der andern Seite dagegen di« Gefahr nachtbeiliger Einflüsse schwer in« Gewicht. Wir weisen den Gedanken an eine Möglichkeit bewußter Be- einslustung der Rechtsprechung durch die RegirrungS- factorrn weit von uns. Selbst dem Elemente der un- bewußten, uugrrrsbaren moralischen Influenz, „die jede 'vrrecte Analyse, jede zwingende Beweisführung au«- schließt", vrrmögev wir die entscheidende Bedeutung nicht drizumesten. Wohl aber smd wir sicher, daß uur zu lercht das Eine wie das Andere geglaubt und brhaupiet werden kann, wenn unser höchste» Gericht mit der Reichsregierung in unmittelbarer Berührung steht Man erwäge nur, wie leicht jeden Augenblick dos Gericht durch seine Eompetenz in Straf-, speciell in Hoch- und LandeSverrathSsachen in den Mittelpunkt einer politischen Bewegung gestellt werden kann. Man erinnere sich unter Anderem der üblen Nachreden, welche sich an den Berliner Obrr-TribunalSbeschlnß tn Sachen der parlamentarischen Redefreiheit geknüpst haben. Die Integrität der Rechtspflege muß nicht bloS thatsächlich vorhanden, sie muh auch unerschütterlich im Volk« geglaubt sein. DaS Volk, welches an diesem Vertrauen Schifsöruch leidet, hat den Boden des beruhigten StaatS- leben« unter den Füßen verloren. Alle» ist daher zu entfernen, was auch nur den äußern AnhaU für Verleumdung und Verdacht geben kann, daß dir RechtS- pflege vom geraden Wege der reinen Gesetzesamvrnduna abweichrn und zur Dienerin der Politik werden könne. Wir haben gerade in der jetzigen bewegten Zeit allrn Grund, hier mit der äußersten Vorsicht zu verfahren und unS nicht im Hinblick ans Jahrhunderte lang de festigte Institutionen de» Ausland«» eine» Andern zu getrosten. Eine Schädigung des Reiche» aber, seiner Lebenskraft und seines Ansehens kann au« der örtlichen Trennung von Reichüregiment und Reichsgericht so wenig erwachsen, daß wir im Gegentheil au- ihr «u» erklecklichen Gewinn verspreche». Bi» wir im Besitz eines einheitlichen EivilrechtS find, wird ohne Uebertreibmig rin Jahrzehnt mindesten« in« Land gehen. Das ist die Zeit, in welcher die neu» Proceßgesetze sich rinleben und bewähren sollen Dafür, für d,e Befestigung des einheitlichen RrchtSlebens, scheint es von größter Bedeutung, daß die Landesregierung» da» Privilegium des tz. 8 des GerichtsverfastungSge- setzes, höchste Landrsgerichte in Eiv'lsachen brizubehalten, Mivdrwrrthet lasten. Aller Voraussicht nach aber würde da« Gegentheil in Sachse»» und Bayern «iutretrn, wenn daS Reichsgericht in Berlin refidiren sollt« Ist man bereit, «S nach Leipzig zu verlegen, so wird dtr sächsisch« Regie rung wohl diese» hohe Geschenk nicht durch Beibehaltung ihres Ober-SppellationSgerichtS zuritckwrisrn können, noch wollen. Sollte dann nicht auch die bayerisch« Regierung und Landtagsmrhrheit den allem richtigen, großherzige« und nat.onalen Entschluß staden, der endlich erlangte« RechtSeinbert auch praktisch di« freie Bahn zu eröffnen? Um diesen Gewinn allem müßte Berlin Le'pzig weicken. Und muß r« da« nicht schon angesichts der Erwägung, wie wenig förderlich der geistigen Freiheit, dem wahre» UnabhängigkettSfinn, besten daS Richteramt bedarf, die Refldenzlost ist, wie schwer «ine echt nationale, im beste» Sinne sich bewährende Stadt wir Leipzig in ihre« innern Lebensnerv durch die Entziehung de« ihr jetzt angehörrndrn Reichsgericht» getroffen werden würde, während dem Reiche kein Nutzen rrsprießt. wenn e« alle« Blut tm Teutrmn sammelt und die Glieder de» Lbsterben Preis giebt?" Die Gründe, die der Verfasser sder vielleicht in den Kreisen «nsereS Oberhandelsgericht- zu suchen ist) für Leipzig vorstihrt, sind jedenfalls viel „schlagender", al» die Motiv« de» mehr- erwähnten Gesetzentwurf». Der Verfasser steht «obl zu schwarz, wenn er Leipzig durch Weg Verlegung de- Reich-gericht» in seinem inuern Lebensnerv getroffen, dem Absterben preisgegeben glaubt. Einen schweren Verlust aber würde unsere Stadt sicher dadurch erleiden. Tagrsgeschichtliche Aeberlicht. Leipzig, « Februar. Lu- Straß bürg kommt gute Sunde Dert ist am Montag die Session des LandeS-AnS- schufse» unter den günstigsten Anzeichen eröffnet worden. Die Eröffnung-rede de- BezirkSpräfi- denten Lcdderhose wurde von dem Alterspräsidenten Flurer mit einer durchweg loyalen Ansprache beantwortet. In dicser Ansprache gab der Redner zunächst seinem lebhaften Bedauern Über die Krank heit de» Oberpräsidenten AuSdruck, indem er zu gleich hinzufügte, daß, trotzdem derselbe nicht an wesend sei, man doch in dem Ausschüsse den ver söhnlichen Grundsätzen wieder begegnet sei, zu denen er sich bekenne und iu welche man sÄ hinemgelevt habe. Die Rede qevachte sodann der Umwandlung der öffentlichen Meinung, w^che sich in dem Ergebnisse der letzten ReichStagS- wahlen kundgegeben habe, und beglückwünschte da» Land zu dieskin Fortschritte in der Voraussetzung, daß die frühere herbe, ergebnißlose und schädliche Proteftpolitik sich überlebt habe. Schließlich wurde die Erwartung ausgesprochen, daß da- Reich land bald eine eigene Verfassung erhalten «erde, welche dasselbe den übrigen deutschen Staaten aleicbstelle. ES erfolgte hierauf die Wahl de- Präsidium- und de- Bureau. Wie in voriger Session wurde Schlumberger zum ersten, Baron Zorn v. Bulach zum zweiten Präsidenten erwählt. Den drei elsässischen Geistlichen, welche bisher im Reichstage den Anspruch erhoben, im Namen de- ReichSlande» zu sprechen, ist es natürlich sehr unbequem, sich in Zukunft von den sechs Autonomisten sei e» überflügelt, fei eS über wacht zu wissen. Sie bemühen sich dc-halb bei Zeiten, die Letzteren für sich zu gewinnen. In einer Elsässer Correspondenz der „Köln. Volk»- zeitung" wird auSgeftihrt, „Autonomiften" seien die Klerikalen ja auch; somit müßten alle elsaß- lothringischen Abgeordneten, vorausgesetzt, daß nicht unlautere Beweggründe im Spiele seien, in den die LandeSverrvaltung betreffenden Fragen zusammengehen. Nach den Schmähungen, welche die Herren von der Tribüne de- Reichstags herunter ans die autonomistische Partei gehäuft — sagte doch Herr Gerber einmal von dem auto nomifiischen Parteiorgan, daß eS daS goldene Hal-band der Knechtschaft trage! — dürfte man über diese Wendung allerdings Überrascht sein, wen» man «» nicht eben mit — Klerikern zu thun hätte. Nicht» desto weniger würden sie ihr Ber halten im Reichstage doch sehr wesentlich ändern müssen, wenn da» „Zusammengehen" eine Mög lichkeit sein sollte. Die scharfe Kritik, welche einer der jetzt gewählten Autonomisten nocb während der letzten ReicbStagSsession an ihnen geübt, läßt keinen Zweifel über einen sehr tiefgreifenden Unter schied der Anschauungen »nd der Taktik. In letzterer Beziehung werden die Herren Simonis. Gerber und Winterer sofort bei der Frage der Tbeilnahme an der Budgetcommisfion für Elsaß- Lothringen in arge Verlegenheit gerathen. Die Autonomisten werden in diese Eommisfion selbst verständlich emtreten; jene aber werden vergeben» nach einleuchtenden Gründen suchen, um ein plötz liche» Aufaeben ihrer bisherigen schroffen Ent haltung-Politik zu begründen Ueber da» allgemeine Wahlrecht und die Angriffe aus dasselbe spricht sich da» „Correfpon- denzblatt de» deutschen Verein» der Rheinprovinz" wie folgt au»: Die Socialdemokratie ist eine ernste Krankheit unseres Volke«; eben darum verdrießt r« un», baß «au st» anscbickt, da« Symptom Niederzuschlagen, statt da« Uebrl a« der Wurzel anzugreifen. «ir gekörte« auL nie zu de« Anhängern de» allgemeinen gleichen Wahl recht», da« dem Princip, daß alle politischen Rechte in erster Linie Pflichten sind und daher nach Maßgabe der Fähigkeit zur Pflichterfüllung anSgeübt werdeu sollen, »videispricht. Euergisch« Gegner der Svcialdrmokratie, priucipirl« Gegner de- allgeineinen gleich«» Wahl-
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