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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187705197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770519
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1877
- Monat1877-05
- Tag1877-05-19
- Monat1877-05
- Jahr1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1877
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Srschetirt täglich früh 6'/, Uhr. Lkdattto» uitj -»rdvt»» JohanniSgafte SS. Sprkch-vodrv der Ardatttoa: BonnittagS 10—12 Uhr. Nachmittags 4—S Uhr. Annahme der für die nilckjt- tolaenbe Nummer bestimm: e> Zn,eratr a« Wochentagen bis 8 Uhr Nachmittags, an Lonn- nnd Festtagen früh dis V«9 Uhr. Z> »rn /ilialkn für Ins. A»»ahwt: Otto klemm. UniversttLtsstr. 22. LouiS Lösche, Katharinenstr. 18,p. nur bis '/^ Uhr. WpMtrLa-MM Anzeiger. VW» für Politik, Localgeschichte, Handels- md Gcschästßvcrkebr. Auslage 15,100. Xoouar««»l»prkt»vlerttlj. 4'/. incl. Brinarrtohu e> Mt. durch die Post bezogen 6 -i'H. Jede einzelne Nummer zq Pf. Belegexemplar 1» Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbesvrderuug 3« Mt. Mit Postbrfvrdrrung 4d Mk. Zofcrotr igesp BouraeoiSz. 2" Pf. Größere «Lchriften laut uufere« PreiSverzrichniß. — Tabellans«!'» Satz nach höherem Tarif. Arklamr« ualrr drm tledartl-noßrfch die Spallzeile 40 Pf. Inserate sind Ms an d. Äpedtttm zu senden. — Rabatt wird ma? gegeben. Zahlung xraeavwer»ach oder durch Postoorlcduh. M 139. Sonnabend den t9 Mai 1877. 71. Jahrgang. >»- Zur gefälligen Beachtung, Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 20. Mai nur Vormittags bis 1-9 Ubr geöffnet. Bekanntmachung. Auf den Prome«ade«» und Roseulhalwege», insoweit daselbst da- Fahre» »>tt Kluderwage« gestattet ist, dürfen »iearalS mehrere solcher Wagen nebe» et»a»der gefahren werden. Zuwiderhandlungen werden an jeder betheiligten Person mit Geldstrafe bi- zu 15 oder ent sprechender Haft geahndet werden. Leipzig, am 12. Mai 1877. Der Ralh der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Reichel. Die Inhaber der al-verloren, vernichtet oder sonst al- abhanden gekommen angezeigten Pfand scheine vik. v. Nr. 76256, 76828, 9t36l, 9565t, 97948, 99500. Vit. Nr. 3824, 5705, »142, 8443, 11902, 18834, 27706, 28350, 38503. 38505, 42074, 42986, 46446, 47830, 54474, 56002 werden hierdurch aufgejordert, sich damit unverzüglich bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, um ihr Recht daran zu bewerfen, od orrfelben gegen Belohnung zurückzugeben, widrigenfalls der LeihhauS- Orbnung gemäß den Anzeigern die Pfänder werden auSgelrefert werden. Leipzig, den 17. Mai 1877. Die Bera»altu«g de- Leihhauses u«d der Spareaffe. Bekanntmachung. Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß nach der Bestimmung de- Herrn Reichs kanzler- mit dem 1. Juli d. I. an Stelle der jetzt bestehenden Bar.k-Kommandite m Stolp eine ReichSbankstelle daselbst errichtet werden wird. Der ihr überwiesene GeschäftSbezirk sowie die Namen und Unterschriften der VorstandSbcamten werden durch AuSbanq in dem GeschästSlocal der Bankstelle bekannt gemacht werden. Berlin, den 16. Mai 1877. Retch-bauk.Dtrrctorium. v. Deckend. Koch. Die Schieferdecker», Kirmpuer» und Glaserardettr« (letztere nur die Verglasung be treffend) zu vem Neubau eine- gro-e« Stallgeba'udeS auf dem Postwagenremisen-Grund- stück in Leipzig sollen im Wege der schriftlichen Anbietung unter Vorbehalt der Au-wahl unter den Bietenden verdungen werden. Im Vorstanr-zimmer de- Postamt«- I. in Leipzig am AugusiuS- platz liegen die Vertragsentwürfe und die Anbietun^sbedingungen zur Einsichtnahme au-. Daselbst sind auch die Anschlag-abfchristen gegen Erstattung der Adfchreibegebühren in Empfang zu nehmen und die PrciSforderungen bi- spätesten- den 3V. Mai d. I. abzugeben. Dresden, den 16. Mai 1877. Der Kaiserliche Postdamrath. Zopfs- Bekanntmachung. Der diesjährige Leipziger Wollmarkt wird an» LL. und 18. Juni abgehalten, eS kann aber die Anjuhre und Auslegung der Wolle in hergebrachter Weise bereit« am 14. desselben Monat- erfolgen. Leipzig, den 16. Mai 1877. Der Rath der Gitadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Leipzig, 18. Mai. Die allgemeine Aufmerksamkeit richtet sich wieder einmal nach Frankreich. Dort ist über Rächt da- republikanische Ministerium Simon zu« rückgetreten, oder vielmehr in der ungnädigsten Form vom Marschall.Präsidenten Mac Mahon entlassen worden. AK Anlaß diente dem auf Zeit gewählten Regenten Kraakreich- die Hal tung de- Cabinei- in Sachen de- Gemeinde- gesetzt-, in welche- die Kammer einige frei sinnige Bestimmnngev hineingebracht, die Iule- Simon selbst al- unzeitgemäß bezeichnet hatte und denen er nach der Meinung de- Mar schall- kräftig hätte entgeaentreten sollen. Dieser setzte dem Ministerpräsidenten in einem ziemlich deutlichen Schreiben den Stuhl vor die Thür, und der Hinau-gewinkte hatte natürlich keine andere Wahl, »l- seiner Wege zu gehen. Nicht durch eine Kundgebung der Kammer, deren Mehrheit zur Regierung hielt, sondern durch einen Willkürakt Sr. provrsorischcn Majestät Mac Mahon'- I. ist da- republikanische Miwfterium Simon gestürzt worden. ES kann kein Zweifel sein, daß diesem Sturz ein Coulissenspiel voran gegangen ist, wie man e- nur an Höfen gewöhnt ist, an denen eine wohleinstudirte Camarilla ihr Wesen treibt; und nicht minder nahe liMt e-, daß die Regisseure diese- hinterlistigen Spieles im Laaer Rom- zu suchen sind. Wie der französische Staatsanwalt bei verbrechen, b,ren Ursprung sich in Dunkel verliert, vor Allem nach der Frau sucht, s« muß man heute, zumal in Frankreich, bei Hof- und Staat-intriguen vor Alle« fragen, ob nicht die Herren von der römischen Klensei im Spiele sinv. Schon seit Monaten sind die Bischöfe FrarkreichS mit er neuter Energie am Werke, um dort einen umge kehrten Eulturkampf zu entfachen Sie verlangen ein offene- Herau-treten Frankreichs zu Gunsten deS im Batican „einge kerkerten" PapstthumS, ja eine Action zur Wiederherstellung seiner welt lichen Gewalt. Diesem gefährlichen Treiben da- Fraukreich nicht nur unter den Pantoffel de« Papste« beugen, sondern auch in den Krieg mit Italien und Deutschland hineinhctzen will, wider- setzt sich die Deputirtenkammer und, von dieser gedrängt, anfang- mild und zahm, dann aber immer bewußter und schärfer das Ministerium Die klerikale Opposition zieht sich scheinbar zurück, aber nur, um während der nun eintretenden Stille und Schwüle in-geheim fortzubohren und der Regierung, die sie weder mit fortreißen noch in offenem Kampfe beseitigen kann, hinterrücks den GarauS zu machen. Sie steckt sich hinter den Marschall Rearnten; dieser, ohnehin kein Republi kaner und den Pfaffen nicht allzu gram, bricht irgend eiven Borwand vomZauneundgiebtden unbequemen Ministern den Lauspaß. Da-,st m Kürze die Geschichte vom Sturze de- Ministerium- Simon ES erhellt darau-, daß wir hier ein Ereigniß von ganz außerordentlicher Tragweite vor un- haben. Daß e- nicht etwa nur aus einen Personen,, sondern vielmehr aus einen ganz gehörigen Systenwechsel abgesehen ist, geht a«S der Zusammensetzung de« neuen Ministerium- hervor, die soeben telegraphisch gemeldet wird. Danach tritt Brogsie ein Haupt- sichrer der konservativen und llertkalisirenden Op. Position, wieder» die Regierung ein; er übernimmt da- Präsidium und die Justiz; da- Innere erhält Fourtou, gleichfalls der äußersten Rechten ungehörig. Auch die auderen neuen Herren (Pari-: Arbeiten, Meaux: Ackerbau, vrunet: Unterricht, Cailloux: Finanzen) gehören mehr oder minder dieser Rich tung an. Bon den Alten ist nur der Krieg- minister geblieben nnd der Minister de- Aus wärtigen, Herzog Decaze-, der schon seither den rechten Flügel im Ministerium inne halte und, während IuleS Simon nach link- strebte, den StaatSwagen nach rechts zu ziehen suchte. Die Klerikalen haben Oberwasser und werden ihren Sieg auszunutzen wissen. WaS da- heißen will, kann Jeder vorau-sehen, der da- Wühlen dieser frommen Brüder in den letzten Jahren beobachtet hat. Covflict im Innern und Krieg nach Außen — ohne Erbarmen! Und da« Alle- in raajorom äei glorium, zur größeren Ehre de- Gotte-, der daS Erbarmen und die Liebe ist! Deutschland wird den innerer: Kämpfen, die nun zunächst in Frankreich entbrennen werden, ruhig zuschauen können, io lange diese Kämpfe sich jenseit der Mosel halten. Sollten sie aber weitere Kreise beschreiben, sollte da- Papstkönig thum in der Thal mit Hülfe der französischen Armee wieder ausleben wollen, sollte diese sich wirklich zur Leibgarde de- Papste- dearadiren lasten — nun, so mag sich die schwarze Republik vorsehen; Deutschland wacht. Die „Norddeutsche Allgem. Zeitung" hat ein Telegramm a«S Rom erhalten, nach welchem „die dort anwesenden deutschen Bischöfe sich mit dem Batican über mehrere, zu verschiedenen Zeiten gemachte Vorschläge, betreffend die Rege lung ihrer Beziehungen zu der deutschen Re gierung und der Dlöcesanver Wallung, greinigt" haben. Die „N A. Z." fügt selbst die Bemerkung hinzu: „Ein weiterer, Bedeutung und Tragweite der obigen Meldung beleuchtender Commentar bleibt allerding- noch abzuwarten." In der Thal ist zunächst die „Bedeutung" der Nachricht, in der Faffung wenigsten«, wie sie hier vorliegt, durchau» dunkel. Unter den zur Zeit in Rom anwesenden deutschen Bischöfen befinden sich auch einige baye rische, die an der Regelung der in den preußischen Diversen entstandenen Wirren kem unmittelbare- Interesse haben; es klingt te-halb schon wenig genau, wenn in dem Telegramm schlechtweg von „deutschen" Bischöfen die Rede ist. Geradezu falsch aber ist e-, von einer Reaelung der Be, Ziehungen der Bischöfe zu der deutschen Regierung zu sprechen. Zur „deutschen" Regierung stehen die Bischöfe in keiner andern Beziehung, al- jeder beliebige Reichßbürger; gemeint können nur ihre Beziehungen zur preußischen Regierung sein. Auch der Ausdruck von den bischöflichen Be ziehungen zur Diöcesanverwaltung leidet an Un klarheit. Soll er die Theilnahme der Bischöfe an der Verwaltung der Diöcefcn überhaupt bedeuten? Oder hat man die Stellungnahme gegenüber der staatlichen Vermögen-Verwaltung in den erledigten Diöce'en im Auge? Man steht, die „N. A. Z." meldet Plicht- al- Räthfel. Dennoch ist eS, an gesichts der unverkennbaren Thatsache, daß in Bezug aus die kirchen politischen Dinge etwa- in der Luft liegt, nicht rathfam, sie unbeachtet zu lasten. Die Frage kann lediglich sein, ob die Be schlüsse der viscböfe sich in der Linie jener kate- gorischen Proteste halten, welche die Fuldaer Bischof-conferenzen zu erheben pflegten, oder ob sie den Weg de- GnleukenS beschritten haben. Da- Erster« ist nicht wahrscheinlich; denn über die Nebelung de- reinen Widerstande- hat man sich seiuer Zeit in Fulda genügend geeinigt Vielmehr sprechen manche Anzeichen jür den zweiten Fall. Seit einiger Zeit bereit- sind hie und da Nach richten in die Oeffentlichkeit gedrungen, daß seilen der preußischen Bischöfe dem Papste die Frage vor- gclegt sei, wie der immer weiter schreitenden Zerrüttung der kirchlichen Verhältnisse in Preußen Einhalt gethan werden könne. Zugleich kamen die Gerüchte von friedlicher Stimmung de- Papstes und der Bischöfe; namentlich von dem vor Kurzem nach Rom gereisten Bischof von Ermland erzählt man sich, daß er in München au- seinen versöhn lichen Gesinnungen kein Hehl gemacht Hobe. Die weitere und entscheidende Frage ist nun aber: in welcher Richtung bewegt sich da- Einlenken der Bischöfe? ES läge nahe, anznnehmen, daß ihr Vorschlag auf „Revision der Maigesetze" laute. Damit wäre aber noch wenig gewonnen. Einer Revision der Maigesetze sich grundsätzlich und unter allen Umständen zu widersetzen, würden auch die Vertheibiger der Rechte de- Staate- keine Veranlassung haben; Vorbedingung wäre nur, daß eine solche Revision durch d:e StaatS- gesetzgebung allein und selbstständig vor- genommen werde, nicht aber, wie von ultramon taner Seite bisher beansprucht wurde, auf Grund eine- mit der römischen Curie abgeschlossenen Vertrage-. Vorbedingung wäre ferner, daß die seiten- der Bischöfe an die StaalSregierung gerichteten Proteste, soweit dieselben eine Be streitung der Rcchtmäßigkeit der kirchenpolitischen Gesetze enthalten, ausdrücklich zurückgenommen werden. Würden die Bischöfe auf diese Beding ungen eingehen? Wir brauchen nickt erst zu sagen, daß wir da- für höchst unwahrscheinlich halten. So bleibt also kaum etwa- Andere- alS die Annahme, daß sie die Herstellung eine- moäns vivencii versuchen wollen, der, ohne die Aner kennung der Maigesetze überhaupt zu berühren, thatsächlich den Frieden wieder Herstellen würde. In welcher Weise sie sich die Lösung diese- Pro blem- denken, ist einstweilen lhr Geheimniß Nach wiederholten Andeutungen der „Germania" scheint eS, daß man der Regierung ansinnen möchte, die Gesetze zwar auf dem Paprer bestehen zu lasten, aber praktisch wenigstens in ihren unbequemeren Bestimmungen nickt anzuwenden. Zum G-ück gehören zu einer solchen „Verständigung" zwei Theile. Von der heutigen Verwaltung ist nicht zweifelhaft, wie sie ein derartige- Ansinnen be handeln würde Die Ultramontanen und andere Leute rechnen freilich längst auf einen bründlichen Ministerwechsel. Den aber wollen w:r erst ab- warten. So lange er nicht vollzogen ist, können auch alle Compromißprojecte, welche die An- erkennung der vollen Souverainetät de- StaateS zu umgehen trachten, keine ernstlichen Besorgniste einflößen. Tagesgeschichtliche Aeberstcht. Leipzig« 18. Mai. Im Leben deS Fürsten Bi-marck vollendeten sich am 17 d M. dreißig Jahre, daß der selbe in die politisch« Arena «»getreten ist, dreißig Jahre einer reich gesegneten, weltgeschichtlichen Wirksamkeit. Al- Vertreter der Ritterschaft de« Kreise- Ierichow in der Altmark für den er krankten Abgeordneten ». Brauchitfch einberufen, wohnte am t7. Mai 1847 der damalige Deich Hauptmann v. B--marck-Schvnhausen der Sitzung de- vereinigten Landtage- bei. Der Abgeordnete v Saucken hielt eine schwungvolle Rede, gedacht« in derselben der Freiheitskriege „al- der ewig grünen- den Erde, umweht von der Lust der Vaterlands liebe, die zu den edelsten Bestrebungen Kraft giebt", und behauptete, daß der Wunsch nach Er langung ständischer Freiheiten und verfassung- mäßiger Rechte wesentlich die Erhebung de- Jahre- 1813 hervoraerufen und beeiuflußt habe Da be stieg zum ersten Male in feinem Leben Herr v. Bis marck dieTribüne und sprach: „ES wird mir schwer, nach einer Rede, die von so edler Begeisterung dir« irt war, da- Wort zu ergreifen, um eine einfache Berichtigung anzubringen.... Auf die übrigen Theile der Rebe einzugehen, halte ich erst dann an der Zeit, wenn von politischen Kragen die Rede fein wird; Ür jetzt fühle ich mich nur gedrungen, dem zu widersprechen, was auf der Tribüne sowohl al- auch außerhalb diese- SaaleS so oft laut geworden ist, wenn von Ansprüchen aus Verfassung die Rede war: nämlich al- ob die Bewegung de- Bolke- von 18l3 anderen Gründen »geschrieben werden müßte, und e- eine- anderen Motiv» bedurft hätte, al« der Schmach, daßFremde in unserem Zande geboten." Hjxr sah sich der Redner durch auteS Murren und Zeichen de-Mißfaken- genöthigt, inne zu halten; er wartete, bl- die Aufregung ich gelegt hatte und fuhr dann mit vornehmer Ruhe fort: „E- heißt meine- Erachten- der na tionalen Ehre einen schlechten Dienst erweisen, wenn man meint, daß Mißhandlung und Ernie drigung. welche die Preußen durch einen fremden Gewalthaber erlitten, nicht hinreichend gewesen wären, ihr Blut in Wallung zu bringen und durch den Haß gegen die Fremdlinge alle anderen Gefühle ibertäubt werden zu lasten." Diese einfachen, männ- ichen Worte rufen einen Sturm der Entrüstung hervor, mehrere Redner bestiegen die Tcrbüne, um Verwahrung gegen da- Gehörte einzulegen, ja einer derselben bestritt Bi-marck überhaupt da- Recht mitzusprechen, weil er zur Zeit der Erhebung von 1813 noch gar nicht gelebt habe. — Wehl selten hat ein Mann ohne jede Ahnung seiner späteren glänzenden Laufbahn, gleich bei seinem ersten Auftreten da- Programm seine- Leben unbewußt so klar gezeichnet, al« damal- der zwei- unddreißigjährige Herr v. BiSmarck. „Die Schmach, daß Fremde in unserem Lande geboten wie wunderbar «mklingt nach dreißig Jahren dieses patriotische Wort daS deutsche Ohr. Die Schlachten von Düppel, Königgrätz und Sedan sind ge schlagen, ein SiegeSglanz sonder Gleichen um leuchtet unsere Fahnen: die Schmach, daß Fremde im deutschen Lande geboten, sie ist durch Ströme deutschen Blute- gesühnt. Wie viel sich auch immer über die innere Politik de- Reichskanzler- streiten läßt, in der äußeren ist er der anerkannte Meister, der Führer feine- Volke- durch Kampf zum Sieg geworden. Mit feinem Schlagwonte vom 17. Mai 1847 hat er gewissermaßen der entscheidungSreichen Periode deutscher Geschichte, während der er die leitende Kraft war, den Stempel aufgedrückt: Befreiung nach Nutzen, Selbstständigkeit de- preußischen und deutschen Vaterlandes. Noch immer schwebt über den Zielen der Reise de- russischen Botschafter-, Grafen Schuwaloff, ein dichte- Dunkel. Gras Schuwaloff ist be kanntlich ein persönlicher Freund de- Kaiser- Alexander und in dessen geheimste Pläne und Wünsche eingeweiht. Der Umstand, daß er gerade im jetzigen kritischen Augenblick nach Petersburg reist, baß er vorher mit Fürst Bi-marck conferirte und eine einftünd,ge Audienz beim Kaiser Wilhelm hatte, giebt der Reise noch ein be sondere- Relief. Die Annahme, daß er be reit- zum Nachfolger de- Fürsten Gortfchakoff bestimmt sei, findet keinen Glauben; Persönlich- keilen, die den russischen Reichskanzler kennen, trauen demselben alle- Andere eher zu, al- daß er gerade jetzt, wo die Geschicke Rußlands an einem Wendepunkte avaelanat sind, sich zurück« ziehen werde. Dabei rst die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß er bei seinem hohen Alter und der naturgemäßen Abnahme der Kräfte über
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