Dresdner Nachrichten : 07.05.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189905072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18990507
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18990507
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-07
- Monat1899-05
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- Dresdner Nachrichten : 07.05.1899
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Teile 81k. Belletristische Touutags-Beitage zu den „Dresdner -tachrichteii". Akkevtei öre AvL^^renBVekt. Merkfpruck. Die wahn Liebe bringt cs fertig, Dah Raum und Zeit vor ihr zerstiebt: In ;> dcm Augenblicke gegenwärtig Hat wahre Liebe was sie liebt. Arida Schon;. „Freundlicher Grus; öffnet die Kerze».* Ich möchte das bansten. den» auch ..freundlicher Tai' »aick öffnet die Herzen". We' „Was werden die Leute dazu sagen?" Frau Lffdia stedt vor dem Spiegel und füblt sich überglücklich. Es rst aber auch ein liebreizendes Bild, das Ihr aus dem Glase cntgegenstrablt. Ihre schlanke Figur macht sich vorzüglich in der Robe aus gelber Bengaline. welche die Modistin eben ge bracht hat. Das Kleid ist geschmackvoll mit Goldregenzweigen garnirt: eben solche Zweige wiegen sich rn Lydias dunklen Locken. Ja — sic würde Be wunderung erregen aus den» Kasinoball! Und — bewundert zu werden, das ist für sie der Inbegriff alles irdischen Glückes. — Wie wird sich ihr Mann freuen! — Wird er sich wirklich freuen? Ach ja. er liebte ja seine Lydia, wenn er auchfeit einiger Zeit eine beängstigende Neigung zum Sparen merken lick. Einen Moment noch zögert die junge Frau — doch dann legt sie die Hand aus die Thürklinke und steht gleich darauf im Arbeitszimmer ihres Gatten, des Baumeisters D. „Run. Theo, wie gefalle ich Dir?" ruft sie übcrmüthig. die Arme um seinen Hals schlingend und bietet ihm den rosigen Mnnd zum Kusse dar. Er küßte sein junges Weib zärtlich, doch dann wird eine Falte auf seiner Stirn sichtbar. „Äber Ltddy, ein neues Kleid?" „Ja. Schaff, zum Kasinoball," erwidert sie. schmeichelnd das Köpfchen an seine Schulter lehnend. „Dein blauseidenes ist doch noch so schön, liebes Kind." fährt der Gatte fort. „Aber Theo." die junge Frau ruft es mit tvahrcm Entlehen, „das Kleid, mit dem ich diesen Winter zu jeder Festlichkeit erschienen bin, tann ich doch un möglich zum Kasiuoball anziehen! Was würden dic Leute dazu sagen? — Ach» da s.stlt mir ein," unterbricht sie sich. „Amtsrichters ließen vorhin fragen, ob wir mit in das Eoncert des Pianisten W. gehen wollten. Wir werden rws doch nicht ausschließen?" „Mein süßer Liebling," erwidert Herr D. mit ernster Miene, „ich gönne Dir gewiß von Herze» jedes Vergnügen. Aber wir haben doch dis jetzt aus keinem Ball und in keinem Eoncert, die ja in diesem Winter mit erschreckender Schnelligkeit auf einander folgten, gefehlt, auch haben wir den Kasinoball noch vor uns, — da könnten wir woht die Billets zu diesem Eoncert sparen " „Sparen und immer wieder sparen." schmollt Lydia. „Geheimraths gehen hin. Bürgermeisters werden nicht fehlen. Alle, Alle haben zuaesagt, mir wir sollen fern bleiben — was werden die Leute dazu sagen?" Und Lydia schmeichelt und kost, ihr weiches Hündchen gleitet zärtlich über des Gatten Wange — er schaut ihr in die Augen — und giebt schließlich seine Einwilligung zm» Besuche de» Eoneerts. Dafür wird er mit einem Kuß belohnt und froh erregt eilt die junge Frau hinaus mit den Worten: „Ich schicke Dorctte geschwind zu Amtsrichters — sie wollten die Billets besorgen." Wie manche unserer Mitichwcstern wird bei gewmcnhafter Emkehr in sich selbst hier ihr eigenstes Wesen erkennen! Leider, leider giebt eine große Anzahl derselben nur allzuviel aus das Urtheil der Welt. Sie sind taub für die Vorstellungen ihrer Ehegatten, daß der Haus stand schon genug Unkosten verursache, daß man sich deshalb hier und da ein Vergnügen versagen muffe — damit die Leute nicht darüber reden, darf man sich ihrer Anncht nach nickt ausichließen; und viele Männer besitzen dann die Schwachheit, doch endlich nachzugeben, so wie in dem oben angeführten Falle. Frau Lydias Bitten bestimmten ihren Gatten immer wieder, sich ihren Wünschen zu fügen. Und Lydia liebte das Vergnügen. Eoncerte und Theater wurden besucht, und man wählte nicht etwa die billigen Plätze, denn —: „Was würden die Leute dazu sagen?" „Die D.'s leben über ihre Verhältnisse," so sagten die Leute, ohne daß diese Enteren cS hörten. Und Lydia sah, wie ihr Gatte mit sorgenvoller Miene i»i Hause cindcrging, immer wortkarger wurde — selbst ihre süße Stimme, ihr kindliches Geplauder ver mochten kaum, ein Lächeln aus sein Antlitz zu zaubern. — Sie wußte sich dies nicht zu erklären. Da brach plötzlich die KatastroDe herein. Eine Zcitnngs noti; meloete: „Ein bekannter Bürger unserer stadt, Baumeister D.. hat sich, nachdem er von ihm auvertmutcn Mündelgeldern bedeutende Summen unterschlagen, aus Furcht vor einer bevorstehenden Kasscurevision durch einen Revolverschuß getvdtct." — — - O. Tn unglückliche ginge Fra»! Durch Deinen Leichtsinn hast Du den. dem Du am Altar Liebe und Treue ge schworen, in den Tod getrieben. Deinen Kindern den Ernährer geraubt! werden hierzu die Leute sagen? FridaNettkr, Wir Erdenkinder sind ein undankbares Geschlecht vom Anbeginn der Welt. Selten achten wir das. was Gottes Güte uns gab, immer strecken tvir verlangend die Hände nach den verbotenen Frachten ans. Dem Verlorenen weinen wir nach, ein Leben lang oftmals, »nd trauern und klagen darum, und im sündigen Schmerz übersehen wir dabei, Schau' nur um was uns geblieben, was uns auf's Reue geschenkt ward. Dich, thörichter Mensch, mache dic Augen aus. weit auf, und las; Dir die goldene Sonne in's Herz scheinen! Findest Du wirklich nichts, was de» Danke? Werth wäre? Und mußtest Du auch Alles lsingeben. was Dir lieb und theuer war, wenn Dir Alles genommen wurde, was Dein Erdcnglück bedeutete — verzage nickt! Es bleibt Dir noch immer zu danken üdng. So arm ist Keines rn Gottes Welt, daß es nicht für Etwas seinem eschöpser danken könnte. <->;» e» «rn«r. vaby Hildegunde VS» Anna Haverlaud. (Fortsetzung.; „Baden. Gunde! Keine Launen, Schnell gemacht!" „Ficdclnke," bittet Gnnde, Zögernd, sacht. „Tinte doch das viele Wasser! Mein Desicht Tannst Dn ßnell mit Swämmchen Weiche»: Willst Dn nicht?" Dankbarkeit. Turgenjew erzählt uns einmal, daß Gottvater sämint- liche Tugenden vor seine» Thron veschied. Sie Alle kannten sich, nur zwei »varen einander fremd, die schönsten just in dein herrlichen Kran; Niemals hatten sie sich auf Erden getroffen, nie hatte eine den Weg der anderen gekreuzt. Es waren Wohlthat und Dankbarkeit. Turgenjew sagt uns nicht, wann dies geschehen war, aber die kleine Erzählung paßt auch in den Rahmen unserer Tage, in unsere aufgeklärte, fortschrittslusterne Zeit. Dankbarkeit! Es ist ein gutes deutsches Wort, und doch so unverständlich für Manche, als sei es mindestens der Sprache der Botokuden entnommen. Tie Weit vergißt so leicht und so schnell empfangene Wohlthatei, Lieber Himmel, es ist in doch Pflicht eines jeden Bemittelte», dem Aermeren heffcnd bciznstche». Bester ist es wohl, wenn man fest ans eigenen Füßen steht und Niemand z» Dank ver bunden ist. Hat man aber Gutes erhalten, dann soll man auch Dem danken, der so freudig half. Wenn aber die Wohlthat so gering ist. daß cs sich 'chier nicht lohnt, dafür zu danken? Nicht lohnt? War denn rächt der Wille der selbe? Auch das Kleine zu thun erforderte vielleicht ein Ovjcr, von dem eben nur Der ivciß, der es brachte. Also auch dort danke», wo es iaum der Blühe wert!) erscheint Freytag sagt einmal, ich glaube im erste» Band der ./Ahnen" - ätttbc Trüben in Mamachens Ist es „iwatz dcmacht," Und da schläft der kleine Bruder — Storch bat ihn gebracht. Schöne, große Znckerdnte. Kam für Gunde an. Schade, daß der neue Junge Noch nicht .ämecken" tann! „Bleibt der kleine Bruder immer Aus Mamachens Schooß?" „Ja," sagt Väterchen, „die Gnnde Ist dafür zn groß." Gunde fühlt sich gar nicht glücklich: Plötzlich schluchzt sic los: „Storch soll Jungen wieder holen! „Hans, der liebe, nc-ae Junge Muß nun Baby sein: .Hildegund' ist unser gute» Art'ges Töchterlein." Dunde noch nick, doß ^ Gunde faltet fromm die Hände, Horch, sie betet. „Ick, bin klein Und mein Herz is noch ganz rein. Und ich bab' anck, immer Alle Furchtbar lieb — so lieb ich kann — Blos nick, sehr den ßmarzen Main;! Amen." Eo-.iü'tznr'g folgt ' rr öi t b s e l - L ck c. Wo die Alpen steigen in Gletscherpracht. Wo die Sonne aut blumige Halden lacht, Wo der Gleßbach stürzt mit zerstäubende!!! Strahl, Da schaut, was ich meine, vom FelSgrat in's Thal. Und fernab, im lieblichen Heffenland, An des Lahustwm» burgengcichmücktem Rand, Da liegt sei» wäldcrumwachsenes Herz lind bietet Heilung für manchen Schmerz. Die erste Silbe nennt den Mann, Der als Minister viel gctharr Für Deutschland in gar tchweren Zeiten. >- - - " - Als es nmdräut von alle» Seilen. Zweisilbige Lbarade. Die zweit' als feste Stadt erscheint Mit deutsche» Landen eng vereint: Das Ganze war ein tatst rer Deger Dem Feinde furchtbar allerwegen Scbers-Uätbsel. Ein Schwindler ist'?, ein Charlatan. Den Dir drei Silben zeigen an, Doch änderst D» zwei Zeichen ab, äw's ein Metall! Wird'? ein Meta Run den! und re Silben-Ncithscl. Vorsicht beißt Dich die Erste scheust, Klugheit liecht Dich die Zweite hüten: Des guten Ganzen Dick zu freust. Kann Ti> dic Scheelsucht nicht verbieten. Mellelriliische Sonntags-Aeilage M den „Srks-ner Nachrichten". M«. L-A. Sonntag, den 7. Mai. L8VV Tren bis in den Tod. Novelle von Onida. (Fochetzung.; „Kommt Kinder." sprach Caterina, und als sie sich erhob, folgten alle anderen Weiber ihrem Beiipiel und verließen die Küche: Märcella befand sich unter ihnen. Gegen den Willen der Massaja gab es keine Auflehnung in dem Haushalt, welcher von ihr gelenkt wurde. Nachdem Caterina die Mägde an ihre Abendarbeit gesendet hatte, fübrte sic das Mädchen nach ihrem eigenen Zimmer und zeigte ihr lieben diesem eine kleine Kammer, in welcher sie schlafen sollte. ^ „Tn steckst die Hand in ein Wespennest. Kind!" sprach sie mit einer Strenge, die wohimvüende Gutmüthigkeir durckblickeu ließ. „Die Wald- bewohncr werden es sich nie gefallen lasten, daß Du gegen sie und ihre Rechte zu Felde ziehst." „Was sie „Rechte" nennen, ist aber kein Recht," sprach Marcella, „cs sind diebische, schlechte, knechtische Gewohnheiten. Sie sollten Dank empfinden für Alles, was der Verwalter für sie thnt. Er ist barmherzig und gut. Sie sollten sich seiner Herrschaft freuen." Caterina lachte kurz und rauh aus. „Eine Helle wolkenlose Nackt ist schön," sprach sie, „wenn aber ein Mann um seines Nächste» Weib wirbt, oder wenn er mit dem Messer aus der Lauer liegt, um irgend ein altes Unrecht zn lohnen, dann zieht er eine finstere Nacht vor. nicht wahr? In Le Selve wandelt man keine geraden Wege nnd keinem der Waldbcwohncr liegt daran, daß man ibm die Straße weise. Deine Verwandten legen den geringsten Wert!, daraus." „Das weiß ich recht gut," warf Marcella ein, „aber ans dem Boden zn kriechen, mag für Schlangen gelten, nicht für Meirichen." „Schöne Worte, mein Kind, können Dir aber tHeuer zn stehen kommen." entgegnctc die Alle. „Kümmere Tick um Dick selbst, damit hast Du genug zn thun. Mir wollen die beißen Blicke nicht gefallen, die Faustino Dir zuwirft. Er ist ein acwnltthütiger Geselle, und nächste Ostern soll er ein Mädchen aus Montc-Fialcone heirathen." Marcella lächelte. „Sior Faustino kann ausseben, wie er will »nd heirathen. wen er will, den Frieden meiner Scete stört er gewiß nicht." „Am besten, wenn das Niemandem gelingt: es wäre aber am klügsten. Tu verlaßt die böien Menschen, bei weichen Du Dick bcsindeft, und trachtest, eine gute Hciratb zu »lachen." Marcella schüttelte den Kopf. , „Werde mich hüten! Will nicht» vom Heirathen wissen!" ries sie mit großer Bestimmtheit. „Warum nicht? Ein Weib bat nnr zwischen zwei Dingen zu wählen, zwischen der Ehe nnd der Klosterzelle, Du aber, b'iglietta niio, bist für letztere nicht geschaffen." „Ich bin aber auch nicht dazu geschaffen, das Lasithier eines Mannes zn werden." erwiderte das Mädchen lebhaft. „Tie Weiber hier zu Lande führen ein Leden gleich den Kühen: sie müssen arbeiten, nickt nur wenn sie frisch und wohl, sondern auch wenn sie krank lind eiend sind! Das taugt mir nicht' Lieber den Tod!" „Es giebt ja auch gute Männer," sprach Eatcrina, aber es fehlte ihren ätzorten die rechte Ueberzellgungstrene. „Nietn in unseren Wälder»!" warf Marcella ein, „und sollte auch einer unserer Männer gut sein — was tonnte er thun ? Sein Weib gehört ihm an, zn seiner Freude nnd ihrem Leide, gleich der Kuh im Stalle." „Das ist nun einmal von der Natur to bestimmt," meinte Caterina wieder begütigend. „Ich behaupte ja nicht das Gegcntbcit." Marcella stützte die Anne ans das Knie rmd die Wangen in die Hände und starrte vor sich in's Feuer. Tie Nntnr war nach ihrem Dafürhalten brutal und häßlich in der menschlichen Gestalt, nnr schön in den Bäumen, dem Gewässer und den Wolken. Sie wußte nicbt viel: sie tonnte keine Zeile lesen, sie hatte die Welt außerhalb der Wälder nie keimen gelernt, aber sie verstand sich aus menschliche Herze» und Physiognomien, und was sie in denselben las, war wenig Gutes. Caterina spann dein, Lichte einer dreiarmigen Messinglampe. „Wenn Du nicht hciratben willst, weiß ich nicht, was aus Dir werden soll." sprach sie mit einiger Strenge. Marcella lächelte „Ich bin eine tüchtige Arbeiterin ick kann mir meinen Taaeswlm immer hin verdienen: ich könnte morgen fort von hier und bin gewiß, daß ich inir mein Brot immer verdiene, aber ich verlasse die Wälder nicht gerne, sie sind mir wie Vater und Mutter: sie ersetzen mir Heimath und Wiege." .ckinsiiin!" rief die ältere Frau ärgerlich: „die Wälder sind stumm gleich den Thicren, welchen sie Obdach gewahren." Marcella antwortete nicht: ihr waren weder Wälder noch Thiere stumm: aber sie konnte das nicht so äußern: sic war von Natur schüchtern veranlagt und wußte nicht Allem, was sie empfand. leicht Worte zu verleihen. „Du bist ein reife Kirsche und Fansto ist eine Werve." st, rock, Caterina. an ilnem Vormtbeil gegen den Monn s.stdattend. „Ich bin eine Kirsche, die gleich einer Distel stechen kann," antwortet' das Mädcken mit leisem Lächeln. „Vertraue nicht so sehr auf die eigene Kraft — doch es ist spät, laß uns zu Bette gehen." Nach wenigen Augenblicke» schon schliefen Caterina und ihr Gast den tiefen tranmlosen Schlaf gesunder Ermüdung. 5. Kapitel. Als der Tag zu grauen begann, war das Mädchen schon aus dem Wege nach dem Hanse ihres Obeims. Die Verwandten wanen ihr böse Blicke zu: zu ihrer Ueberrasckmng machte aber Niemand eine Anspielung aus die Ereig nisse des vorangegangenen Tage». Man grollte ihr, aber man fand es an- gezeigt, dem Zorne nicht in Worten Lust zu machen. Die Rache konnte immer noch folgen, man vergaß daran in Le Selve nicht, sie wird anf- bewahrt gleich dem Weine, weichen man alt werden lassen will. „Ick würde kluger daran thun, von ihnen zu gehen." sagte sich Marcella zu wiederholten Malm ini Lause des Tages, „ich Kinn mir mein Brvd überall verdienen." Ihr Her; aber läng am Walde: die Bäume waren ja Alles, was sie zu lieben hatte. Sie kannte jeden großen Baum, wie die Priester jcke Seele seiner Gemeinde kennt Sie liebte ihre Freikcit, ihre Eimamkcit. das tiefe Schweigen des Waldes, da» undurchdringliche Lickickt. dic herrlichen Mond nächte im Waide, sie klammerte sich an all' diese Dinge mit voller Macht der Seele, ohne ganz zum Bewußtsein zu kommen, weshalb ibr all' das so theuer war. Der Haie mit seinen großen, verwundert dreinblickenden Augen, der Vogel mit seinem schmetternden Gesang, all' das waren Dinge, welche ihr näher standen als die Familie, mit der sie lebte. In dm Augen ihrer Angehörigen war sie eine Närrin, nur sie allein wußte, daß sie dies nicht sei, und mehr denn einmal hatte ihre braune wohlgeformtc Hand einen gramamen Schüserjungen. der seine Herde quäkte, am Genick gepackt und ihn in dm rauschenden Strom getaucht oder ihn auf ein Nrffclteld geworfen. denn sie war sehr kräftig, von jener wunderbaren Kraft, welche dic Bewegung in freier Lust allein zu erzeugen im Staude ist nnd die bei Schwarzbrot und Kränter- nahrung sich entwickelt. Tie Arbeit, welche sie zu leisten hatte. >sar rcnch und Haft/ die einzige Rast, welche sie kannte, bestand darin, sich an den Wcbsttchl zu setze» nnd daS arobe Linnen für den Hausgebrauch zn spinnen. Das bekümmerte sie aber Alles nicht, sie war jung und tlialig: es würde ihr bärter augekommcn sein, ihre Jugend nnd Thattrast brach liegen zn lasten, als sich mit rastloser Arbeit zu beschäftigen. Der Gedanke, in die Fremde ziehen zu sollen, erschreckte pc, nicht weil sie Gefahr fürchtete, sondern weil sic Gewohnheit und Mignng nickt ahstleffen konnte, dic sie an die Scholle banden. Eie wußte, daß sie sich überall sonst Hennathlos Vorkommen iverde, gleich dem Vogel, der sein Nest verloren. Einige Tage spater »ah Emillo das Mädchen bei einem seiner tägliche« Morgcnnttc durch den Wald. Er hielt sein Pferd an. „Ich habe Dir nicht gedankt, Mädchen, für da», was Du in San Vitale neulich gctban," sprach er. während sie sich aus der kmeendeu Stellung auf richtete. welche sic beim GmSschneiden eimiahm. „Ich befürchte nur. es hat den Unwillen Deiner Angehörigen für Dich zm Folge gehabt; war daS der Fall ?" „Wir hegen nicht viel Liebe für einander," gestand sie zu. „Ihre Ge danken sind nicht dic meinen, ihre Ansichten haben mit dem. was ich empsinde. nicht» gemein." „Würdest Tu nicht bester daran thun, von ihnen zu gehen?" „Zwciiclsodnc." ,.Loll ich Caterina annoidern. Dir Arbeit bei uns zu geben?" „Nein. Herr!" „Warum nicht ?" „Es würde mir nicht taugen." Sic wurde roth. tvälnend sie djcie Antwort hervorsticß. Sior Zanstinr hatte sic mit roden Liebesanttägen verfolgt, sie wollte ihm nicht preis- gegeben sein. „Tu kannst Dich nicht glücklich fühlen unter Leuten, deren Wesen roh und dem Deine» ganz entgegengesetzt ist" Sie bückte sich und schnitt, wie in Gedanken versunken, ihr Gras weiter. „Glücklich ? Was ist das?" fragte sic mit einer natürirchcn Unwissenheit, die etwas Euniichc» an sich hatte. „Ibr redet diese Sprache, Ihr Vornehmen, wir verstehen sie nicht." „Es giebt doch natürliche Freuden, welche anck dic Aermsten kennen," sprach Eyrrllo etwas zögernd. Marcella» schöner Mund aber blieb geschloffen, während ein Zug leichten Spottes sich »in ihre Lippen legte. „Haben Sie sie dic Eicl beobachtet, welche den Sand aus de» Grubcu führen?" fragte sie nach einer kleinen Pause. „Sie werden eingcspannt, wen» pe noch ganz klein sind und erlangen deshalb niemals volle Entwickelung. Nie kommt Jemand aus den Einfall, sie zn reinigen: sic surd immer ganz bestaub!, ihre Hufe sind dick mit Koch und Schmutz bedeckt: ihr Futter Hestedt nnr ans welken Blattern nnd Stroh: es sind Lastthiere. dw vo» ^chlüaen leben und nie einen Augenblick der Rüde kennen. Die Weiber der
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