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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187002081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18700208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18700208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-02
- Tag1870-02-08
- Monat1870-02
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1870
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bisweilen auch komisch. Hinzu kommt, daß der Trochäus im Deutschen durch daS häufige Zusammenfallen der Wörter mit den BerSfüßen den Takt der Verse dreschflegelartig markirt und dadurch oft einen klappernden Charakter anrummt, der sich bei kleinen Gedichten wohl vermeiden läßt, bei großen Dramen aber mit störender Monotonie hervortritt. Doch auch abgesehen hiervon zeigte die Darstellung vielfach einen ungeläuterten NaturaliSmuS, der namentlich im Iaromir des Herrn Herzfeld sich bemerkbar machte, so sehr das Feuer, die energischen Mittel des Darstellers und das Streben, dem Charakter einen wilden und zugleich slavisch nationalen Zug zu geben, hier und dort mit jenen Auswüchsen auszusöhnen ver mochten. Fräulein Link als Bertha war in den ersten Scenen üicht einfach und natürlich genug; später aber entwickelte sie die ganze ihr eigentümliche Leidenschaftlichkeit, und den großen Mo nolog sprach sie mit trefflicher dramatischer Auseinandersetzung und Bewegtheit. Herr Herzfeld und Fräulein Link wurden mehrfach lebhaft hervorgerufen. Von den übrigen Darstellern erschien Herr Stürmer als Graf Borotin etwas monoton; Herr Grans als Hauptmann war nicht ganz taktfest, behan delte aber sonst den schwierigen VerS mit gewohntem künstlerischen Verständnis. Herr Kahle als Soldat und Herr Deutschinger als BoleSlaw waren treffliche Repräsentanten ihrer Rollen. Das Stück rief gar keine Stimmung hervor, nicht einmal eine „gru selige", obgleich doch sonst unser Zeitalter einiges Talent für den Spiritismus besitzt. Rudolf Gottschall. Leipzig, 7. Februar. Die oft besprochene Oper „Fra Diavolo" gelangte am 6. Februar mit neuer Besetzung zur Aufführung und wurde vom Publicum trotz einiger Mängel in der Wiedergabe sehr freundlich ausgenommen. ES ist nicht zu leugnen, daß Fräulein Lilli Lehmann bei Re)>roduction der „Zerline" Grazie im Spiel, Noblesse in der Haltung und Fertigkeit im musikalischen Vortrag entwickelte, auch die gefährliche Nachtscene mit Decenz in der Action behandelte: aber oft bemerkten wir im Gesänge eine gewisse Mattigkeit deS Organs, welche bisweilen auf die ganze Charakteristik dieser von Auber so pikant und anziehend durchgeführten Bühnenfigur überging. Auch Herr Groß (Fra Diavolo), obwohl derselbe durch geschickte Darstellung und ver- ständnißvollen Vortrag die Sympathien deS Publicums erwarb, war nicht so glücklich disponirt, als bei früheren Aufführungen der Oper, gleichwie Herr Rebling (Lorenzo) das höchste Register des Organs anscheinend nur mit Anstrengung gebrauchte. Der Engländer, dargeftellt durch Herrn Behr, entfaltete zuweilen einen nicht unglücklichen Humor, wenn auch die ganze Gestalt nicht in der vom Componisten geforderten Eigenthümlichkeit erschien, während die durch Fräulein Börse vertretene Eng länderin sich offenbar in ihr nicht zusagenden Situationen be wegte. Dagegen wurde der „Beppo" durch Herrn Engelhardt wieder in vorzüglicher Weise charakterisirt; wir können daher nur wiederholen, daß die Partie zu den besten des genannten Dar stellers in der Oper zählt und die letzte Scene des Auber'schen Werkes den amüsantesten Abschluß durch die Mitwirkung jenes Banditen „Beppo" erhält. Herr Ehrke secundirte als „Giacomo" ganz angemessen, Herr Grtt als Matteo befriedigte, und das Orchester, mitunter zu äußerst schnellen Rhythmen veranlaßt, entledigte sich der Aufgabe in künstlerischer Welse. vr. Oscar Paul. Kammermusik. Leipzig, 6. Februar. In der 6. Soiree für Kammermusik, welche wiederum von einem zahlreichen kunstsinnigen Publicum besucht war, hatte die in hiesigen Kreisen sehr geschätzte Pianistin Fräulein Louise Hausse tue Clavierpartie bei Wiedergabe der reizenden Variationen für Pianoforte und Violoncell 0p. 17, väur von Mendelssohn und des an Erfindung so reichen Trio für Pianoforte, Violine und Violoncell Op. 99 Lckur von Franz Schubert übernommen. Wir erkannten aufS Neue, daß die Künstlerin mit Fleiß und Beharrlichkeit ihre Aufgaben studirt, den Inhalt der Tonschöpfungen mit klarem Geiste erfaßt und den selben in Folge ihrer virtuosen Ausbildung wie ihrer tiefen, warmen Empfindung in edler Ausdrucksweise darzulegen weiß. Daß Fräulein Hausse für die gelungene Interpretation der ge nannten Clamerpartieen von der animirten Zuhörerschaft durch stürmischen Beifall und Hervorruf ausgezeichnet wurde, kann auch als Beweis dienen, wie man mit der Zuziehung einheimischer Künstlerkräfte, welche wir mehrfach anregten, in hiesigen Kunst kreisen vollkommen einverstanden ist. Die Herren Concertmeister David (Violine) und Violoncellist Hegar zeichneten sich eben falls wieder in hervorragender Weise aus, gleichwie auch durch die Genannten und durch die Herren Concertmeister Röntgen, Hermann, Haubold und Pester daS Sextett für Streich- Instrumente Op. 18 von I. BrahmS vorzüglich reproducirt wurde. Wir haben diese- Werk schon früher eingehender gewürdigt und können auch jetzt wiederum nur billigen, daß man dasselbe (wie überhaupt die Schöpfungen deS genannten Componisten) zur Auf führung bringt; denn oaS erwähnte Tonstück läßt einen edlen Geist voll hoher Intentionen erkennen, der e- mit seinen Studien ernst nahm und nach gründlicher Einsicht in die Formen, wie nach Beherrschung der AusdruckSmittel gerungen hat. Allerdings sind die Themata der Sätze und deren Durchführungen nicht immer von so weittragender Kraft, tiefer Charakteristik, inter essanter melodischer -und harmonischer Conception, daß wir in Brahms eine Individualität zu erkennen vermöchten, welche ähn lich wie die Beethoven'- oder Schumann'- als epochemachende zu gelten berechtigt wäre. Dagegen ist da- Schumann'sche Streich quartett ^.äur Op. 41 sozusagen vom Genius der Kunst gesegnet, es wirkt unmittelbar und tiefgreifend, die Gedanken sind originell, präsentiren sich voll reiner Schönheit in prägnanten, edel ge stalteten Formen, und die Durcharbeitungen halten sich in den Grenzen strengster, unanfechtbarer Logik. Wer zu solcher Selbst ständigkeit, wie Schumann, vorgedrungen, der gehört eben zu den Classikern. Daß sich bei einer eingehenden Würdigung seiner Indi vidualität natürlich auch Schwächen Herausstellen würden, ist selbst verständlich; denn welcher Mensch wäre ohne Fehler? Oben erwähntes Streichquartett wurde von den Herren David, Röntgen, Hermann und Hegar reproducirt; jeder Satz fand enthusiastische Aufahme und die Vortragenden ernteten nach Schluß des Werkes stürmischen Hervorruf. vr. OScar Paul. Matinee - Concert am 6. Februar. Wenn trotz der abschreckendsten Kälte heute der GewandhauS- saal ein sehr zahlreiches Publicum an sich gelockt hatte, so waren die Gründe hierfür unschwer zu finden. Diesmal waren die ersten sKünstler Leipzigs wirklich zur Hand: Herr Capellmeifter Reinecke aß am Clavier, Frau Peschka-Leutner und Herr Behr sangen, Fräulein Stürmer that desgleichen, Herr Mitterwurzer declamirte. Alle leisteten das Ihrige in der von ihnen zu erwartenden Weise und erhielten dafür von Seiten der Hörer den unumwundensten Beifall, so daß für eine kritische Nachlese kaum ein Stoff übrig bleibt; wir müßten denn erwähnen, daß Frau vr. Peschka heute disponirt war, als sei der Lenz dieser herrlichen Stimme noch einmal angebrochen, daß ferner Herr Capellmeifter Reinecke mit hoher Liberalität statt des einen Solostücks (laut Programm) unS mit vier dergleichen beschenkte, von denen wir nur Nummer 3 al- ein (von Remecke besorgtes) Arrangement von Schumann'S vier- HLndigcm „Am Springquell" (Op. 85) erkannten, während wir über die anderen nur Vermuthungen hegen, die wegen ihre- apo kryphen Charakters nicht veröffentlicht werden dürfen. Noch fei Herr Mitterwurzer gebeten, beim nächsten Vortrage deS Schiller - schen „Pegasus" den seinigen etwas zu zähmen. DaS Haupt interesse lenkte sich natürlich auf die blinde Concertistin Fräulein Annette Kuhn aus München, von welcher Vorträge auf der Zither und der Concertina zu erwarten standen. Vielleicht waren manche der Hörer, denen es bisher noch nickt geläufig, daß sich die Zieh harmonika auch öfters den stolzen Namen „Concertina" beilegt, etwas überrascht — wir glaubten DieS wenigstens auf den he- treffenden Gesichtern zu lesen —, als die so liebliche und doch zugleich so traurig anzusehende Erscheinung ihnen Klänge ver mittelte, die man, trotz der neulichen Versicherung im Tageblatte, nicht als ungewöhnliche bezeichnen konnte; auch die Zither gilt in unserer Gegend weder für fremdartig, noch für besonders hoffähig. Mit dem feinen Klangsinne jedoch, an welchem die deS Augenlicht- Beraubten gewöhnlich die Sehenden überragen, wußte Fräulein Kuhn trotzdem die ihr von vornherein zufallenden Sympathien zu fesseln und zu erhöhen, ihr Spiel war durchaus correct und sinnig, was sich an Effecten bieten ließ, kam ohne Störung zum Vor schein; vorzüglich gelangen in dem Salonstück für die Zither die zauberhaft anziehenden Passagen mit sechs zugleich erklingenden, nahe an einander liegenden Tönen, auch daS Flageolet war reizend. Die große Klarheit in den einzelnen Stimmen bei Vorführung der Concertina, so wie da- feine Maaß, mit dem die bei diesem Instrumente, dessen Klangfarbe sehr nahe an den Grenzen de- Schönen liegt, leicht gefährlichen Nüancirungen immer vor jeder Uebertreibung bewahrt wurden, zeigte unS, daß Fräulein Kuhn künstlerischen Sinn besitzt. Schade, daß der Gehalt der vorge tragenen Stücke, welche die ganze Armseligkeit der hier em- schlaaenden Literatur repräsentirten, ihr . nicht mehr Gelegenheit zur Bethätigung desselben bot. V. Berichtigung. 3n dem Aufsatze „Verein für Geschichte Leip. zigs. II." in Nr. 37, I. Beilage muß es auf der zweiten Spalte in der Mitte heißen: Wachdienst, Nachtwachen, Heißungen (nicht Heizungen) und weiter oben: Iligtoria Imperatorum (nicht kom»norum). Geehrte Redaction! Den hiesigen Lesern de- Londoner Athenäum, in dessen neuester Nummer mein Bericht über daS Auftreten de- Fräulein Emma Brande- im 13. Gewandhaus-Concert sich befindet, sehe ich mich.
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