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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.02.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187002284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18700228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18700228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-02
- Tag1870-02-28
- Monat1870-02
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.02.1870
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Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. M 5S. Montag dm 28. Februar. 1870. Die Expedition des Leipziger Tageblattes wird heute Montag den 28. Februar von Lv Uhr Vormittag bis 2 Uhr Nachmittag geschloffen. Leipziger Carneval. i. Hi Leipzig, 27. Februar. ES ist keine Uebertreibung, wenn ir an der Spitze unseres Berichtes die Versicherung geben, daß iisere liebe Lindenstadt, wenige exclusive Kreise der Einwohner- aft vielleicht ausgenommen, gegenwärtig sich in einer vollständig rnevalistischen Atmosphäre befindet. Allen Zweifeln zum Trotze N der auf gut Glück mit kühnem Griffe zu unS verpflanzte larneval unverkennbar feste Wurzeln in unserm Boden geschlagen; aß er jetzt bereits zum. vierten Mal seine kraftvollen Schwingen egt und daß die Betheiligung der verschiedensten Bevölkerungs- Schichten am Carneval noch täglich an Intensität zunimmt, mag instweilen Bürgschaft dafür sein, daß wir an dem Narrenfest ein »ahres Volksfest gewonnen haben. Es ist erstaunlich, wie sich die jeiten ändern! Noch vor 20, ja, noch vor 10 Jahren hätte man vserer Bevölkerung kaum zugetraut, daß auS ihr ein wahre- Volksfest sich herausarbeiten könne; selbst i.I. 1863 noch, alSLeipzig n Stätte des großen deutschen Turnfestes iausersehen worden, Melle mancher gute Bürger patriotisch-kummervoll sein Haupt, eil er der festen Ueberzeugung lebte, das Leipziger Wesen sei zu steif id zurückhaltend für em großes Fest und eben deshalb werde sich die ftadt unrettbar blamiren. Nun — ganz Deutschland weiß, wir 'er alle Erwartung großartig und gemüthlich jenes Natiovalfeft sich Met und in wie braver Weise Leipzig als Festgeberin sich er lesen hat. Man kann mit Recht sagen, daß bei jener Gelegen es unsere Bevölkerung in sich selbst eine Eigenschaft erst entdeckte, »elcbe bis dahin ihr vollständig latent geblieben war, und seit Mer Zeit »ben hat unsere lebenslustige Jugend — untermischt Übrigens mit sehr, sehr vielen älteren Elementen — den CultuS ies Humors zu einer ihrer liebsten und wichtigsten Aufgaben ge iacht. Nur auf solchem Grunde vermochte die fremdartige Pflanze s Carneval überhaupt hier zu gedeihen; rechnet man dazu den Leipzig bis in die tieferen Schichten deS BürgerthumS herab vor- mdenen allgemeinen Wohlstand, die Unabhängigkeit der äußeren ige wie der inneren Gesinnung, die vielen Tausende hier zu- mienströmender junger Männer, welchen leichter Lebensgenuß sehr ernsthaftes Ziel ist, die Fülle künstlerischer, technischer und ' ;er Kräfte, welche mit Lust ihr Wissen und ihr Können in )ienft der Narrheit stellen: — so wird man gewiß gern zu- en, daß nicht viele Städte sich so gut zu einer Metropole de- meval eignen wie unser Leipzig. Daß auch auswärts Leipzig als CarnevalSstadt sich bereit st guten Namen erworben hat, dafür liegen Beweise zur lüge vor. Die TageSpreffe unserer sächsischen und nicht- eschen Nachbarschaft hat von unserem Carneval schon fett »gern Zeit in schmeichelhaftester Weise eingehend Notiz ge- mmen. .Nachahmungen deS Letzteren sind in mehr als einer Stadt lucht und mit mehr oder weniger Glück in- Werk gesetzt worden. Die Leipziger Carneval - Literatur hat ihre aufmerksamen Leser in die kleinsten Provinzial-Städte hinaus und erregt auch in ^en Kreisen, denen die Herrlichkeiten unseres Narrenthum- zu len nicht vergönnt ist, Luft und Heiterkeit unter zahlreichen istigen Theilnehmern an unserem Localfeste. Vor Allem aber der kolossale Zudrang von Auswärtigen nach unserer Stadt den Tagen des Carnevals der sprechendste Beweis für die That- he, daß mit demselben em Volksfest geschaffen worden ist, dessen Nägerin zu sein die sonst so ehrsame und fleißige Lipsia sich zum hme anrechnen kann. Doch jetzt zur Schilderung der Einzelheiten de- Feste-. Der heutige Vormittag war der feierlichen Einholung be tritt zen gewidmet. Gegen 11 Uhr setzte sich der stattliche zenzug, der gleichwie bei der Kappenfahrt mit seltenen Pro- ducten de- erfinderischen NarrengeisteS ausgestattet war, und be sonder- durch eine Deputation auS Krähwinkel verherrlicht wurde, vom Fleischerplatze auS in Bewegung. Die tapfere Garde du CorpS — ein au-erleseneS Häuflein gewaltiger Krieger, auS den verschiedensten Generationen früherer Jahrhunderte rekrutirt, in die buntesten Uniformen gekleidet, jeder Mann ein Held auf eigene Faust — hatte sich auS Anlaß dieser Feierlichkeit bereits um die selbe Zeit von der Commandanten-(Nicolai-)straße aus über den Feldzeugmeisterplatz in Bewegung gesetzt und that am Bahnhof die Ehrenwache. Der Prinz kam auf der Dresdner Bahn kurz nach 11 Uhr hier an und wurde bei seinem Austritt auS dem Bahnhofe mit einem stürmischen Hoch der närrisch-begeisterten Menge sowie mit einer Ansprache des General - FeldmarschallS Seeler-Ernst feierlich empfangen, worauf der Zug seinen Weg in der vorgeschriebenen Weise um die Bahnhöfe herum durch die be kannten Straßen der Stadt nahm und gegen 12 Uhr am Prinzen- PalaiS anlangte. Nach einer kurzen Rast betrat Se. närrische Hoheit, umgeben von seinen Ministern und dem Hofstaat, den Balcon de- Palais und hielt an daS in undurchdringlichen Haufen versammelte Volk eine Ansprache, in welcher er seine Freude über die in so'unzweideutiger Weise kundgegebenen Sympathien zu er kennen gab, und unter dem Vorwände, daß daS Ministerium Hunger, der Hofstaat Durst, Er, der Prinz, aber Beides ver spüre, da- Narrenvolk zur Wiederkehr am Nachmittage einlud und sich zur Festtafel begab, die unter Theilnahme zahlreicher Narren und Närrinnen zu einer glänzenden sich gestaltete. Mittlerweile war auch die Garde du Corps am Platze an- gekommen, defilirte vor dem Prinzen und trat, nachdem der Prinz diesem herrlichen Corps fein Wohlgefallen in den schmeichelhaftesten Ausdrücken zu erkennen gegeben, der General-Felvmarschall auch gebührend geantwortet hatte, in die Hauptwache ab, vor welcher da- Volk in dichten Haufen "auf- und abwogte. Gegen halb drei Uhr fand die Eröffnung de- Corso durch festlichen Aufzug der Garde du Corps statt, und den MeereS- wogen gleich ergoß sich die schaulustige Menschheit in die engen Straßen der klemen Stadt, welche der Corso darftellt. Voll Pflichtgefühl warf sich auch der Verfasser dieses Berichts in da- grauenvolle Wogen und Treiben, um die Wunder des Corso auS nächster Nähe zu beschauen. Freilich konnte diese Entdeckungs reise — bei solchen äußern Hindernissen und Erschwerungen — nur lückenhafte Ergebnisse bieten, und der geneigte Leser möge de-halb entschuldigen, wenn er in Nachfolgendem nur einen mangel haften Bericht erhält. Da, wo beim vorjährigen Carneval die Lotterie-Buden auf gerichtet waren, findet man jetzt die prächtig decoriiten und zu einem fast zusammenhängenden Ganzen verewigten Glücksbuden. Hier find an die viertausend Gegenstände aufgestapelt, deren Be sitz einem Jeden um den billigen Eintrittspreis von fünf Groschen ermöglicht wird. Man erblickt hier u A. ein ganzes Büffet mit den feinsten Conditoreiwaaren, ein förmliches Lager der verschiedensten feinsten Cigarren, Galanterie-, Bijouterie-, Glas-, Porzellan-, Bäckerei-Waaren, Gärtnersachen, als niedliche BouquetS rc, Spiel- fache«, nützliche HauS- und WirthschaftS-Gerät he, Nippsachen, Liqueur-, Weine und hunderterlei andere Zierrathen und brauch bare Gegenstände rc. re. Auf dem Obfimarkte, da, wo zu Meßzeiten der Hippodrom steht, ist heute eine ähnliche riesengroße Bude entstanden, welche al- Aufschrift die verlockenden Worte: „Große Pariser Welt-AuS» stellnng" trägt und in der That auch verlockend ist. Die Herr lichkeiten und Seltenheiten, welche wir hier gesehen, vermögen ge trost mit denen der ersten Museen der Weltstädte zu rivalisireu. Man sieht z. B. eine mittelalterliche Streitaxt, den Trinkkrug Kaiser Karl- de- Großen, da- Rad, auf welche- daS Kabel zwischen
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