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Dresdner Nachrichten : 08.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189908085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18990808
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18990808
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1899
- Monat1899-08
- Tag1899-08-08
- Monat1899-08
- Jahr1899
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- Dresdner Nachrichten : 08.08.1899
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findet, io bleiben doch immer noch genug in« Lande zurück, um den vollständigen Umsturz deS Staates herbcuusi'chre». Unsere Aufgabe muß letzt darin bestehen, dah wir endlich einmal Ordnung schassen im Inneren des Reiches mit rücksichtsloser Energie und den deutschen Boden wieder kehren mit eisernen Ruthen: wir niüssen zu Felde ziehen gegen die staatsgefährliche» Umsturzvarteien. wir müssen Juden und Demokraten mächtig auf's Angesicht schlugen, bis sich daS ganze fremde, vaterlandslose und revolutionäre Gesindel scheu verkriecht ln die entlegensten Winkel, erschreckt und verängstigt von der rauhen Kraft und dem Zornesblick der Germanen. Von einem Siege im nächsten Feldzug kann keine Rede sein, wenn iin Innern des Reiches eine solche trostlose Wirthschaft herrscht. Erst wenn wir vollständig geordnete und musterhaft soziale Zustände im Lande haben, erst dann können wir mit Ruhe und Fassung dem auswärtigen Kriege entgegensetzen: wir sind dann eine in sich ge schlossene furchtbare Macht geworden, ein eherner Koloß in der Mitte von Europa, den nichts wird überwältigen könne». Und wehe dem Gegner, der dann wagt, unsere Grenzen zu überschreiten, er wird ein Volk in Waffen finden, das entschlossen ist, bis auf den letzten Mann zu kämpfen. Vielleicht haben wir noch einige Jahre Zeit bis zum Ausbruch des europäische» Krieges; diese kost bare Zeit müssen wir rührig benutzen und versuchen, heraus- zukommcn aus dem sozialen Elend. Mit Inden gehen wir der Vernichtung, der Niederlage und dem Umsturz entgegen, ohne Juden dem Glück, dem Glanze und dem Ruhme. Die mehr oder weniger apokryphe Acnßcrung, die dem amerika nischen Admiral Dewey in den Mnnd gelegt worden, daß der nächste Krieg Amerikas ein Krieg mit Tcntschland sein werde, wird auch in der schweizerischen Presse sehr abfällig bcurtheilt. So schreibt die .Nene Zürcher Zig.": „Die Hetzereien der englischen Presse haben verfangen; es mögen von amtlicher Seite in Washington und Berlin Erklärungen irgend welcher Art aus- gegangen sein und noch ausgehcn. bas nützt nichts mehr. Im amerikanischen Volk und namentlich im amerikanischen Heer sitzt nun einmal die Idee fest und ist nicht mehr nuszmvtte». die deutsche Flotte unter Admiral Diedcrichs vor Manila habe den Spaniern gegen die Amerikaner bcigeslandcn und habe daselbst überhaupt eine den Amerikanern feindliche Haltung eingenommen Und zu diesem Glauben kommt der Größenwahns»»!, der letzt alle Amerikaner gefangen hat. Darum ist eine Aeußerung. wie sie Dewey gethan haben soll, leicht möglich. Ueber die Wahrscheinlich keit und die Aussichten eines Krieges zwischen Deutschland und de» Vereinigten Staaten wollen wir uns gar nicht auslasse». Der Wahnsinn ist zu groß. Schlimm ist dabei nur. das: die Amcrikaner onfangen, sich als em von Gott auscrschcnes Volk zu betrachten, das Ordnung in der Welt schassen und die übermüthigen Nationen züchtigen soll, wie es in Virgil's Aeneide heißt: kaicvro sub.jootis st üsbollsro supvrbos (die Unterworfenen schonen und die Ueber- müthiaen bekriegen). Und wenn dieser Glaube allgemein wird und sich festsetzt, dann kann der Wahnsinn auch zur Lhat werde». Hoffen wir, daß der Krieg gegen die Philippiner auf die erhitzten Gcmüther in den Vereinigten Staaten immer ernüchternder rinwirkc." In der Stadt Eßlingen ist der Snnitätsrath Adae gestorben, der von 1«86 bis 1890 Mitglied des Reichstags war. Er gehörte der nationalliberalcn Partei an. In Erdmannsdorf im Niescngcbirge fand die Enthüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals unter Tbcilnahme des Erb prinzen und der Erbpriiizcisin von Sachsen-Meiningen, des Prinzen Heinrich XXX. von Rcuß i. L. nebst Gemahlin und der Palastdame der Kaiserin Friedrich Gräfin Brühl statt. Ferner waren Abordnungen des Grenadier-Regiments „Kronprinz Fried rich Wilhelm", des Dragoner-Regiments „König Friedrich Hl." und des Jägervataillons Nr. 5 mit Jahnen bcz. Standarte, der Kriegervereine der Umgegend, sowie zahlreiche höhere Offiziere zu gegen. Im Auftrag des Kaisers legte der Kommandeur des Leib- Kürassier-Regimcnts „Großer Kurfürst", Jlügcladjutant Graf Moltke eine» Kranz am Denkmnl nieder Nach der „Mein. Volksztg." hat das hessische Gcsammt- ministerium die Verfügung erlasse», daß in Landvrten, in denen wegen allgemeinen, nicht zu beseitigenden Mangels an ländliche» Arbeitern die Einheimsnng der Feldsrüchte nur sehr schwer zu be wältigen ist, die verschiedenen Ferien unter Umständen bis zu 11 Wochen verlängert werden dürfen. In der bayerischen Kammer der Abgeordneten beabsichtigt das Ecntrum, den Ceiitrnmsabgeordncten Ritter Orterer zum ersten Präsidenten Vvrznschlagcn. In Posen fand auf dem Kleist-Platze die Enthüllung des Denkmals für die in de» letzten Feldzügen gefallenen An gehörigen des Grenadier-Regiments Graf Kleist v. Nvllendorf <1. Äestprenß.) Nr 6 statt, lieber 400 ehemalige Angehörige des Regiments sowie die Militärvcreine wohnten der Feier bei. Der 7. Internationale Beterin ä rm cd izinischc Kongreß ist in Baden-Baden rusainmengctrcten. Am Vormittag tagte der engere Ausschuß unterDorsitz dcsDircllorSdcsReichsgcsnndheitsamts Geh. Oberrcgierungsrath Köhler zu den Vorbereitungen der An träge. welche der Vollversammlung bcz. der Frage von Schutz- maßregeln gegen die Verbreitung von Thierscuchcn und bcz. der Frage des internationale» Thicrvertehrs vorznlegcn find. Die König!. Sachs. Skaatsregierung ist durch Herrn Geh. Medizinal rath Prof. Dr. Siedamarotzki vertreten. Der an das preußische Kultusministerium gerichtete Antragdcr technischen Hochschulen auf das Recht, den Doktortitcl zu verleihen, hat die Universitäten in lebhafte Erregung versetzt und sie veranlaßt, auch ihrerseits zu der wichtigen Frage Stellung zu nehmen, deren Entscheidung von der Entschließung des Kaisers ab hängig ist. Von dem ursprünglich gefaßten Plane, in einer ge meinsamen Petition -sich dagegen zu erklären, ist man indessen wieder abgekommcn; es ist dagegen angeregt worden, daß sich >cde Universität besonders zu der Sache äußern soll. Seitens der Berliner Universität ist nun diese Stellungnahme zu dem er wähnte» Anträge erfolgt und zwar in ablehnendem Sinne. Die in Halle a. S der Stude>rtci»'chast von dem Magistrate gelegentlich der Bismarck-Ehrung b e r b o t e n c Rede auf den Kaiser und den Altreichskanzler soll noch ei» gerichtliches Nachspiel erleben. Der Magistrat hat gegen die „Hallesche Zeitung" Klage angestrengt, weil sie au der Hand der verschiedene» Zeitunas- stimmen einen Artikel: „Blamirt vor ganz Deutschland" brachte. Vor zwei JMren verlautete in Baden-Baden, daß die Prüfung zur Erlangung der Einjährig-Freiwilligeii-Bercchtigimg an der dortigen Ober-Realschule vom Neichskanzleramt für ungiltig erklärt worden sei wegen der „allzu milden Behandlung eines Schülers". Kurz darauf wurde weiter bekannt, daß die Ncichs- schulkommission die Verleihung der Berechtigung Allen, die damals das Examen bestanden hatten, verweigert habe, „weil bei der Scyulbehörde die Anschauung vorherrschte, daß nicht nur ein Schüler zu milde behandelt, sondern daß möglicher Weise auch be züglich der übrigen Schüler ein zu milder Maßslab angelegt worden sei". Ueber den weiteren Verlauf der Angelegenheit wird der „Franks. Zta." ans Baden-Baden geschrieben: Diele Thaffache nab dem Arzt Dr. Schmidt Veranlassung, im hiesigen klerikale» Blatt „Echo von Baden" eine Artikel-Serie erscheinen zu lassen, in der das Examenverfnhren des Schulvorstands Pfeffer, wie auch dessen sonstiges Verhalten, einer äußerst scharfen Kritik unterzogen wurde. Es wurde ihm „grober Betrug, schwere Verletzung des Diensteides und unwürdiger Mangel an Ehrgefühl" voraeworfcn. des Weiteren „Verleitung zur Lüge und Henchclei", und endlich wurde bedauert, daß der Vorstand Pfeffer nicht so viel Scham gefühl besessen habe, selbst zu gehen". Der Ober-Schnlrath stellte darauf Klageantrag, dem auch die Staatsanwaltschast entsprach. Die Untersuchung wurde eingeleitct, der Verfasser nannte sich, und man erwartete, daß die Angelegenheit in der Frühjahrs-Session des Schwurgerichts zur Verhandlung gelangen werde. Da erschien Ende Januar die offizielle Miltheilung, daß der Obcrschnlrath den Klageantrag zurückgezogen habe, worauf das Landgericht das Ver fahre» einstellte. Später hat Direktor Pscsscr die Privatklage er hoben, die jetzt zur Verhandlung gelangen soll. Aus den Ausgang dieses gerichtlichen Verfahrens wird man nicht nur in Baden ge spannt sein dürsen. Zum größten Truppenübungsplatz bezw- größten Artillerie-Schießplatz des Deutschen Reiches wird der Truppen übungsplatz Biedrnsko bei Posen demnächst umaewandclt. Die neue Anlage soll bis zum 1. Juli 1900 fertig gestellt sein und zwar sind vorläufig 4 Millionen Mark zu diesem Zwecke in Aussicht ge nommen. Der neue Uebungs- bezw. Schießplatz wird annähernd 26,000 Morgen umfassen. Er wird eine derartige Ausdehnung erhalte», daß die Artillerie in beiden Richtungen ie 10 Kilometer weit zu schießen vermag. Das Schloß Bicdruskv wird zur Kommandantur und zu Wohnungen für Generale umgcwandelt. Für die Offiziere werden massive Baracken, für die Mannschaften Wellblechbaracken gebaut. Dazu kommen noch eine ganze Reihe sonstiger Neubauten: Bauten zur Unterbringung der Munition, knirr rin Wasserthurm lmit mindestens 400 Kubikmeter Wasser täglich), Stabsbaracken, Küchengebäude. Lararethbaracke u. s. w. Jnsgesammt sollen auf dem neuen Trupvenübungs- bezw. Schieß platz über 6000 Mann unterbracht werde» können. Ein Fräulein Helene Stöcker hatte in einem Vortrag über Das Madchengymnasium im preußischen Abgeordnetenhaus" gesagt: „Dadurch" (daß der Frau politische Siechte versagt sind) „wird sie aus eine Stufe mrt Kindern, Idioten und Verbrechern gestellt." Eine andere Frau, Gertrud Kreutzer, weist diese An schauung in der „Deulsch-evanaelischen Kirchenzeitung" wie folgt zurück: „Es ist so : Kinder. Idioten, Verbrecher, Orts-und Land arme dürfen nicht wählen, und auch die geicheidteste und vor trefflichste Frau hat kein Wahlrecht. Dennoch empört uns das nicht, uns empört im Gegentheil dle uns zuacdachte Äesellschasts- stnfe. — Kinder schickt man in die Schule, Idioten in die Anstalt. Verbrecher in's Zuchthaus; uns Frauen, als gleichwerthiae Ge hilfinnen des Mannes an der Erziehungsarbeit der Menschheit, überläßt man das Haus und das ganze weite Gebiet der Lehr-, Liebes-, Knnst- und Gewerbethätigreit, wie das unserem Wesen und unserer Kulturaufgabe entspricht. Nie wird es uns. unserer Unbildung aemäß. einlenchten, daß wir durch de» Ausschluß vom politischen Parteigetriebe Idioten und Verbrechern gleichgestellt sind. Ter großjährige Mann ist wahlberechtigt: die Frau ist grundsätzlich von dem Rechte ausgeschlvssc». Dari» eine Ent würdigung zu erblicken ist eine Verkennung der Thatsachen. Stur ein Bruchtheil der weiblichen Bevölkerung Tenllchlnnds fordert politische Rechte, sowie auch nur ein Bruchtheil mit dem geltenden Ederccht unzufrieden ist. Die Römerinnen haben es in ihren Emaiizipationsbcstrebunaen weiter gebracht als wir: ihr Beispiel ist aber mehr abschreckend als ermuthigend. Und mit Entrüstung wendet die deutsche und die christliche Frau erst recht sich ab von Frauen, die behaupten, daß es ohne ihren „Zuknnftsglauben" ein Fluch wäre, als Weib geboren zu sein, „mit einem Körper, der nicht ihr gehört, mit einer Seele, von der sie nichts weiß". Wem gehört denn ihr Körper, wenn nicht ihr? Wir empfinden es als einen Segen, als Weib geboren zu sein, den» alle Mängel und Unvollkommenheiten der Verhältnisse können uns nicht verhindern, unsere Schuldigkeit zu thn». Es liegt uns fern, die Grenzen über schreite» zn wollen, die uns durch die Natur gezogen sind, weil wir darin die Weisheit Gottes ertenncn. Unsere Hoffnung, »mer Znknnstsglaiibe wurzelt in der Vergangenheit und geht über die Zeit hinaus i» die Ewigkeit. Sticht vom Studium der Antike, sondern vom richtigen Verständlich der heilige» Schrift erwarten wir Heil für die Frauenbewegung. Von der hohen Warte des christlichen Glaubens wollen wir die Knltnrcntwickelnng der Mensch heit und die soziale Frage der Gegenwart verfolgen und verstehen lernen und nie verzweifeln an dem endlichen Sieg der Wahrheit und Gerechtigkeit." Oesterreich. Kaiser Franz Joses traf in Radmcr (Steiermark) ans Ischl, begleitet von dem Erzherzog Franz Ferdinand, dem Prinzen Leopold von Bayern, sowie deffen Söhnen Georg und Eonrad, zur Hofjagd ein. Wie verlautet, fand in Wien in der Privat-Fechtschule ein Säbelduell zwilchen dem Neichsrathsabgevrdnctcn Wolf und dem czechischcn Lnndtaasadgcordncten Krcpek statt. Wols erhielt zwei Säbelhiebe und wurde unschcinend leicht ver letzt : Krepek blieb unverletzt. Frankreich, lieber den Beginn desDreysns - Prozesses wird aus Rennes berichtet: Das Publikum und die Journalisten stürmen bei Eröffnung lärmend den Sitzungssaal, »m Platz zu suche». Ein Piguct Infanterie nimmt im Saale Ausstellung. Tie angrcnzciiden Straßen sind durch Gendarmerie abgcsperrt. Es herrscht völlige Ruhe. Tie Vcrtheidiger Drcyfus', Tcmangc und Labori. begeben sich mit ihren Sekretären auf ihre Plätze. Easi- mir-Pvrier mit der Rosette der Ehrenlegion nimmt auf dem Zcugen- sitze zwischen den Generalen Billot und Ehanoine Platz. Hinter diesen sitzen Mereier, Zurlinden und Eavaignac. Ter Gerichts diener meldet da? Erscheinen deS Kriegsgerichts Um ','»7 Uhr wurde Dreyfns in Uniform, begleitet von Gendarmerie-Osfizicrcn, zwischen einer doppelten Soldatenreihe über die Straße nach dem Gymnasium geführt. Man ruft: „Da ist er!" Die Ueberführnng erfolgte schnell; nur Wenige sahen den Gefangene». DreyfuS betritt in stolzer Haltung den Saal. Der Protokollführer verliest den Beschluß des Kaffatwnshofes, den Bericht Ormechcvillcs be! dem Prozeß im Jahre 1891 und zählt die Hauvtvnnkte der Anklage ans. Beim Eintritt Znrlindcn's und Mereier s in das Lyecum riesen einige Personen: „Es lebe die Armee!" Tcmange und Labori wurde eine Sympathicknndgcbuiig bereitet. Picguart wurde mit Beifall begrüßt. — Es verlautet, die Reihenfolge der Zeugen werde folgende sein: Ehanoine. Paleologne, de Laroche, Easimir- Pvrier. Mereier und Billot. Einem Gerücht zufolge wolle Billot feierlich erklären, er sei getäuscht worden, er glaube nicht mehr an die Schuld Treysus'. Der Kricgsminister de Gallifct richtete an alle Offiziere, die als Zeugen nach Reimes berusc» worden, folgendes R nnd- schreil> en, das bereits kurz erwähnt worden ist: „Ter Regier- »ngstoiiimissar beim Kriegsgericht zu Reimes ließ mich wissen, daß er beabsichtige, Sie im Prozeß Drchfus als Zeuge anfzncnfcn. Ich habe die Ehre, Ihnen mitziitheilcn, daß ich Ihnen gestatte, dein Ruse Folge zn leisten und vor der» Kriegsgericht ohne Rücksicht ans das Berufsgeheimnis; auszusagen. Immerhin werden Sie sich enthalten müssen, i» Ihrer Aussage solche Personen mit Namen zu nennen, deren Erwähnung diplomatische Verwickelungen hcrbei- sührcn oder die Nützlichkeit unseres Nachrichtendienstes beeinträch tigen könnte. Ich bitte Sie, mir den Empfang dieses Schreibens anzuzcigen." Der „Matin" veröffentlicht ein Schreiben Esterhazy' s an Major Carriöre. in dem er miithcilt, er komme nicht nach Rennes, da das Kriegsgericht, ans das ein offenbarer Druck ausacübt würde, nicht unparteiisch sein könne. Esterhazy schwört, ans Befehl ge handelt zu haben und behauptet, er habe dem Lande die größte» Dienste erwiesen. Ter Abgeordnete Tnrgnol wurde zu 200 Francs Schadenersatz und 100 Francs Geldstrafe verurtheilt, west er in den Wandcl- gängen der Kammer den Direktor des „Svir" durchgcprügelt hatte. Das Weitererscheinen der einzigen protestantischen politischen Zeitung, die in Frankreich besteht, „Le Signal", das vor einiger Zeit gefährdet war, ist dadurch ermöglicht, daß ein Kapital von 50,000 Franken, welches von der Leitung zum Fort bestehen begehrt wurde, innerhalb kurzer Zeit von den Freunden der Sache gezeichnet worden ist. Gruppen von Sozialisten und Freidenkern veranstalteten in Paris die sich alljährlich wiederholende Kundgebung vor dem Denkmal Etienne Dolet's auf der Place Mauoert. Darauf zog ei» Trupp von etwa 200 Manifestanten nach der Rue Montmartre und brachte dort vor den Bureaur des „Jntransigeant" unter Schmährufen auf Rochefort Hochrufe auf Zola und James aus. Es wurden Gegenmfe laut, worauf es zn einem Zusammenstoß tani, bei welchem 2 Personen verivundet wurden. DicPoüzei zer streute die Menae. Dänemark. Die Gencralversammlimg des Vereins der Arbeitgeber in Kopenhagen beschloß die Aushebung der A» s - sperrung, falls bis spätestens den 12. August vom Arbeiter- Fachperband der von den Arbeitgebern vorgeschlagene Vergleich cndgiltig und unverändert angenommen wird: andernfalls behält der Arbeitgeber-Verein sich seine volle Freiheit vor. Amerika. Nach einer Depesche aus Port an Prince (San Domingo) verlautet dort, daß der amerikanische Gesandte volle Sühne für die Verletzung dcs amerikanischen Konsulats ver lange, die darin liege, daß der Versuch gemacht worden sei, einen haitischen Journalisten Namens Dnvivier. der verhaftet werden sollte und die Polizisten mit sich in den Eingang zum amerika nischen Konsulat zog. aus dem Bereich des Konsulates fortzuziehen. Der Gesandte bezeichnet die Lage als ernst. Afrika. Der Volksraad ivird in Pretoria in geheimer Sitzung Ehanibcrlain's Vorschlag einer gcniciiischaftlichcn Nnter- suchilngskommission berathen. Präsident Krüger hoc einstweilen dem GouverneurMilner mitgethcilt. daß er willens sei, jede freund schaftliche Anregung fragen führen dürfte. freien Orte erhebt, wird jeder Sänger unterichreiben. Da aber die Idee eines Gesangswettstreites oder Preissingens einmal besteht, dürfte es wohl angebracht sein, sie hinsichtlich ihres Werthes, ihrer Zweckmäßigkeit und der Art ihrer eventuellen Verwirklichung näher zu beleuchten. Gar oft ertönt beute die Klage, das Volk habe seine poetische Empfindung, seine Gesangssreudigkeit verloren. Früher sang das Volk, daß Berg und Thal erklang, in der Svinn- stnbe, in der Werkstatt, beim Wasserholen und in der Abend dämmerung. Jetzt ist man schweigsamer geworden. Das ver änderte Alltagsleben mit seiner sich immer schärfer ausprägcndc» realistischen Richtung hat die Gefühle, aus denen der herzliche, innige Gesang strömt, zurückgcdränat. Doch leben sie noch sort, und es bedarf nur eines kleinen Anlasses, sie wieder zu wecken, und sie breiten nach wie vor ibren beglückenden Hauch über Alles, was empfindungsfähig und empsindungsbedürftig ist. Dem inneren Bedürfnisse, sich selbst die schöne, heitere Stimmung, der das Lied entspringt, zu erhalten, sie Anderen mitzutherlen und dann von Anderen wieder auf sich zurückwirken zu lassen, ist die Entstehung der Gesangvereine zu verdanken. Fast alle der alten, heute be stehende» Gesangvereine lassen sich zurücksühren aus drei oder vier Herren, denen das gemeinschaftliche Singen Herzensbcdürfniß und Herzensfreude war, oie aber dabei keinesfalls in svekutativ-bcrech- »euder Weise an die Gründung eines großen Vereins gedacht haben. Betrachtet man so, wie die Gesangvereine also aus einem Bedürfnisse des Volkes entstanden sind, so wird es sofort klar, welches das Ziel eines Gesangvereins sein soll und welches das Mittel, der Weg ist, dieses Ziel zu erreichen: das Ziel ist die Pflege des deutschen Volksgesangcs, d. h. der Lieder, welche sowohl dem Einzelnen als auch der Gesammtheit Bedürsniß sind und Freude machen: der Gesänge, in welchen sich sowohl unser eigenes Gesühlslcben als auch das unserer durch zeitliche, örtliche, kulturelle und historische Momente mit uns verbundener Mitmenschen ivieder- spicgclt. Der Weg. dies Ziel zu erreichen, muß auch bei der Ge sammtheit derselbe sein, der den Einzelnen zum Singen in der Werkstatt, ans freiem Felde führt, die Gesangssreudigkeit, die Liebe zum Gesang. Was das Ziel der Gesangvereine anvelangt, so kann man mit Freude anerkennen, daß wohl alle bestrebt sind, demselben nachznslrcben. Mögen sich immer Gesangvereine, deren Mitglieder größere Intelligenz und musikalische Bildung besitzen, dem Studium auch solcher Gelänge hingeben, deren Eharakter mit dem dcs Volksliedes nicht in Einklang zu bringen ist. So lange sie in ihren Liederabende» auch des Volksliedes in ausreichender und vollendeter Weile gerecht werden, mutz ihnen diese Freiheit gewahrt bleiben. Tie Pflege des deutsche» Volksgesangcs bleibt aber das wesentliche Merkmal und unerläßliche Kennzeichen eines Gesangvereins, das Studium und die Aufführung künstlerischer Werke ist ein zufälliges, durch besondere Berhältnisse an einzelnen Vereinen haftendes Merkmal. Sollen nun deutsche oder sächsische Mannergesangvereine zum Wettkampf miteinander gesuhlt werden, sollen sie Proben ihres Könnens ablegen, so können sie doch wohl mir hinsichtlich der ihnen eigenen Ausbildung des wesentlichen Merlinais der deutschen Gesangvereine bewcrthet werden und ein Ehorlied wie der „Ehoral von Leuthen", das sich bis znm acht- stimimacn Satze ausbreitet, dürfte nie als Preischor für Wettsinaen deutscher oder sächsischer Vereine gewählt werden. Soll durchaus ein Picissingcn staitfinden. so lasse man jeden Verein eine bestimmte Anzahl freigewähltcr Lieder vollsthüinlicben Eharakters sinaen, und entscheide nach der Auswahl und Ausführung dieser Äolksglicder, ob ein Verein und sein Dirigent das Ziel des deutschen Männergesangs erfaßt und wie weit sic sich diesem Ziele genähert haben. Srnd aber Wettgesänge überhaupt geeignet, die Liebe zum deutschen Männer- gesange zn erhöhen, sind sic der richtige Weg, das innere Gefühl für das Singen, die Gesangssreudigkeit zu wecken und zu Hildens SN au betrachte doch das Lebe» in einem Gesangverein, der sich znm Wettsinaen gemeldet hat, in den letzten Wochen vor diesem. Wöchentlich drei und vier Mal, ja zuletzt wohl täglich müssen alle Mitglieder zum Uebnngslokal eilen, wo strenge Kvntrole geführt wird, daß ja Keiner fehle. Das Ucben selbst ist nicht mehr ein Singen ans Lust und Liebe zum Gesang, sondern ein Einpauke» um eines äußeren Erfolges willen, und alle wahren, empfindungs reichen Sänger hegen nur den einen Wunsch, daß diese Jagd nach äußerem Ruhm bald vergehen möchte, damit das Singen zur Er holung und innere» Befriedigung wieder beginnen kann. So kann man wohl sagen, das kleben sür ein Wcttsingen zerstört den idealen Hauch, der um den Bvlksgesana. also auch um den Männergesang, schwebt. Das Singe» in den Männcrgesangvereinen soll nicht zur Fertigkeit werde» und auch nicht als solche bewcrthet werden. Wie der Quell ans verborgenen Tiefen, so muß das deutsche Lied dem treuen dentichcn Herzen entströmen, und weckt es der dunklen Ge fühle Gewalt, die im Herzen wunderbar schliefen, dann hat es den schönsten Preis errungen." — Die Gesangvereine von heute sind mit den Vereinen von ehemals nicht mehr zu vergleichen, und wenn ivir mit der Ansicht des Verfassers vorstehenden Artikels: Gesang vereine müsse» zunächst »nd in erster Linie das Bvlkslicd Pflegen, u»S auch vvllständig einverstanden erklären, so ist heutigen Tags, wo Alles nach möglichster Vervollkommnung strebt, das künst lerische Streben absolut nicht ausznschlicßen. In diesem Sinne sind Volks- und Kunstlied auch nicht mehr zu trennen, und der Knnstgciang ist für jeden besseren Verein, namentlich für solche, die vorwiegend Sänger aus gebildeten Kreisen in sich schließen, ein nnnbweisbärcs Bedürsniß geworden. Welch' vortreffliche Resultate in künstlerischer Hinsicht aber von uniercn ersten Männcrchören und gemischten Gesangvereinen erzielt worden sind, bedarf keiner besonderen Betonung. Man braucht hierbei nur an die Auf- sülnnngen von Bcethoven's 9. Sinfonie, der Mssi Mlemnis, der große» Ebvrwerke überhaupt zn denken, die ohne die künstlerische sziplinirung der Chöre zur Unmöglichkeit würden. Und unter der anzunehmen, die zur Beilegung der Streit- Aunst und Wissenschaft. . Ikon kcsiäke, u der ächsis . Hinweis auf unsere am Schlüsse beigefügten Bemerkungen, wört lich abdrucken: .Die Stummer 201 Ihres geschätzten Blattes bringt die Notiz, daß seitens der Kommission der deutschen KunstanssteU- ung die Veranstaltung eines „Preissingens sächsischer Männer gesangvereine" geplant sei. als Preischor solle Reinhold Beckcr'S „Choral von Leuthen" gewählt werden. Die Bedenken, die die geehrte Redaktion gegen einen wirklich künstlerischen Verlauf eines Gesang-Wettstreites im Freien, a» einem akustisch nicht einwand- künsllcrischcn Ausbildung hat auch noch niemals das Volkslied ge litten. Soll nun aber gar ein Preissingen stattfindcn, so ist die künstlerische Seite der Sache unter keinen Umstanden ans- znschließc», sondern als der springende Punkt zu betrachten, gleich viel ob die Sänger wöchentlich mehrmals und zuletzt täglich üben müssen. Dabei hat der Sänger oder ein Verein sich noch niemals Schaden gethan. Wir können uns daher auch der Ansicht nicht anschließen, daß ein Chor wie der Becker'iche „Choral von Leuthen". der sich bis znm achtstimmigen Satze steigert, als Preischor nicht geeignet wäre. Im Gegentheil, gerade dieser Chor, oder ein ähn licher, würde dem Zwecke vortrefflich dienen. In allem Uebrigcn stimmen wir mit dem Inhalte der vorstehenden Zuschrift voll kommen überein, unter Hervorhebung der Thatsache. daß wir zu erst die Ansicht ausgesprochen haben und diese auch heute noch sest- haltcn: ein solches Preisungen kann und darf nimmermehr im Freien stattfinden, sonder» in einem dem Zweck vollkommen dienen den, geschloffenen, in einem der Sache würdigen Raume. 1 Zur Meldung der „Pall Mall Gaz.", daß der Kaiser be stimmt habe, daß von dem Jahre 1900 ab alljährlich in Berlin eine Reihe großer, von den berühmtesten Dirigenten zu leitender Eoncerte stattfinden solle und daß Pietro Mascagni ans- crsehen sei, die ersten dieser Eoncerte zu dirigiren, erfährt die „Voss. Ztg.", daß cs sich dabei um ein Unternehmen des Jmpreiarco K. Locwenstein aus New-Aork handelt. Herr Loewen- stein, der in New-Nork die berühmten Waldors-Astoria-Subskrip- tions-Concerte unter der Leitung von Anton Seidl veranstaltet hat, wird im nächsten Winter in Berlin im Sleuen Königlichen Opern- tbeatcr mit einem Orchester von ungefähr 100 Mann zehn große Snbstriptions-Conccrte unter Leitung hervorragender Dirigenten und unter Bcthciligiing berühmter Solisten geben. Diesen Con- ccrten werden öffentliche Generalproben vorangehen. Für die ersten Eoncerte sind von Herrn Locwenstein als Dirigenten in Aussicht genommen Hermann Zumpe-Schwerin, Pietro Mascagni und Lamourcux. Als Solist wird unter Znmpe's Leitung der Violinist Cäsar Tompson aus Brüssel austreten und unter Lainonreiix Frau Lilli Lehmann. Wer als Solist im Mascagni- Conccrt austretcil wird, ist noch nicht bestimmt. Das erste Eonccct findet am 30. Oktober, die erste Generalprobe am 29. Oktober im Nene» Kvnial Operntheater statt, das letzte Conccrt im April. Eine Abmachung wegen Ueberlassung des ehemaligen Kroll'schen Etablissements für diese Eoncerte ist zwischen der Königl. General- intcildcuitur nnd Herrn Loewenstcin cndgiltig vereinbart worden. -s Frl. Gertrud Lobe, eine Schülerin von Frl. Maria Weinert, die augenblicklich im Helgoländer Theater mit vielem Erfolg spielt, ist für den Winter nach Milwaukee als erste Soubrette engagirt. s Wie das Engagement des BauernspielersJosef Meth, der auch in Dresden mit den Schliersre'rn dcs Oefterm ausgetreten rst, für das Deutsche Volkstheater in Wien zu Stande kam, darüber verlautet Folgendes: Im vorige» Sommer glaubte Frau v. Singer — die einstmalige Elise Bach vom Carl-Theater die Meth wiederholt am Schllersee'r Bauerntheater spielen sah, in dem jungen Bauern rin starkes schauspielerisches Talent zu ent decken. Sie wurde seine Lehrerin und fand ein reiches Talent für Drssdner Nachrrchten. Nr. 218. Seite S. ^ Dienstag. 8. August L8SS
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