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Dresdner Nachrichten : 15.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189908150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18990815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18990815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1899
- Monat1899-08
- Tag1899-08-15
- Monat1899-08
- Jahr1899
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- Dresdner Nachrichten : 15.08.1899
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nqirl-und die Thaten Meines Herrn Großvater- wieder er den, und diese Macht soll auch für dieses große Werk mit voller ^.ccht eingesetzt werde», dafür werde ich stehen! Die Beziehung auf das einem Willen gehorchende Reich legt die Deutung näher. dem einen Willen die Uebereinstimmung der verfassungs mäßigen drei Gewalten Kaiser. Bundestag und Reichstag zu sehen. > . Zu den Dortmunder Kaiserreden bemerken die ..Hamb. Nachr.": Bedauerlich erscheint es uns. daß das offiziöse Telegramm über die Rede de- Kaisers wieder den Eindruck zulößt. als ob der Monarch gesagt habe, außer der Gnade des Himmels verdankten wir das Deutsche Reich lediglich den Thaten seines Herrn Groß vaters. Der regierende Herr hat zu oft öffentlich bekundet, daß dabei noch ein Dritter wesentlich ..mitgeholsen" hat. nämlich Otto v. BiSmarck. als daß man von ihm eine so geschichtswidrige Auf fassung und eine so befremdliche Jgnorirung der Wirksamkeit des msüßen Kanzlers erwarten könnte. Wir nehmen an, daß diese Stelle der kaiserlichen Rede ungenau wiedergegeben ist. Die Stelle in der von Cscu Nh ödes in Kapstadt gehaltenen. Banketrede, welche sich mit dem deutsche» Kaiser besaßt, lautet folgender maßen: .WennwirdicEisenbnhndurchRbvdesiagesührthnben. konnnen wir an die Grenze des deutschen Territoriums und Sie haben sich in freundlicher Weise auf die Handlung des deutschen Kaisers gegen mich in Ihrer Anrede bezogen. Ich kann nur sagen, daß nach meiner unterthäniaen Ansicht er ein großer Mann ist (big mau). Er ließ mich wissen, daß es ihm Bergungen machen wurde, mich zu sehen und ich besprach mit ihm die Frage des Durchstoßens der Telegraphen- und Eisenbahnlinie durch sein Terri torium. Er kam mir m der freundlichsten Weise entgegen (Beifall) nsid gab mir durch seine Minister jede Beihilfe (Lauter Beifall). Es werden keine Schwierigkeiten in Bezug auf das deutsche Terri torium entstehen und ich kann nur hinznsügcn, daß ich das deutsche Volk für glücklich halte, solch' eine» Kaiser zu haben, der den ganzen Tag in Anstrengung für sein Bolk zubriugt. Wir aber haben die freudige Genugthuung, zu wissen, daß er ein halber Engländer ist. (Gelächter und Beifall.) Sehen Sie also, wir gehen vor wärts." Diese Behandlung des deutschen Kaisers, die Nhodes sicherlich für sehr schmeichelhaft hält, zeugt wieder von der an maßenden Natur des Mannes. In einer Berliner Zuschrift an den „Hann. Cour." heißt es in Bezug auf die Erwartung der Franzosen, daß Kaiser Wilhelm die Pariser Weitaus st ellung im Jahre l!>00 besuchen werde: „Die Art und Weise, wie man in Frankreich die Möglichkeit des Besuchs der Pariser Weltausstellung durch den deutschen Kaiser er örtert. ist von Interesse für den Bölkerpshcholvgcn. In dem Wunsche der Franzosen liegt eine köstliche, uns unbegreifliche Naivetät. die dem französischen Volke sonst fremd ist. Freilich, verdenken kann man es ihnen nicht. Ter Besuch Kaiser Wilhelms ll. ans der Ausstellung wurde ihrem Nationalstolz ge waltig schmeicheln, würde die Eitelkeit der französischen Station befriedigen: ja — und das ist nicht das Unwichtigste — er wäre die denkbar größte Reklame für die Ausstellung selbst. Aber der Wunsch der Franzosen wird, wie die Dinge heute noch liegen, ein frommer Wunsch bleiben. Ein fleißiger Chronist veröffentlichte unlängst eine ebenso Lehrreiche wie amüsante Zusammenstellung »gl . lrch doch noch nicht, daß sie im nächsten Jahre auch „Vivo l'Lm«iarslli sllomanä!" msen sollten. Folglich wird sich ihre Weltausstellung ohne den Besuch des deutschen Kaisers behelfen müssen. In Wirk lichkeit hat der Kaiser, wie von maßgebender Seite versichert wird, niemals den ernsthaften Gedanken geäußert, im nächsten Jahre Paris zu besuchen. Es mag sein, daß der Kaiker, der vor länger als zwanzig Jahre» Paris einmal gesehen hat. gelegentlich zu feiner Umgebung im vertrauten Kreife beim Gespräche über die Pariser WetranSstellnng das Wort hat falten lassen, er hätte wohl auch Lust, einmal solche Ausstellung zu besuchen. Ein solcher oder ähn licher Ausspruch ist vielleicht vom Kauer gethan worden. Auch bei harmlosen Privatleuten, deren Thaten ünd Worte nicht über wacht und abgewogen werden, soll es zuweilen Vorkommen, daß sic Wünsche äußern, von denen sic wissen, daß sie nicht in Eksüllung gehen werden. Es braucht aber keinem Ver ständigen gesagt zu werden, daß der Kaiser mit jenem Aussprache, wxnn er ihn wirklich gethan haben sollte, leinen ernsten Willens entschluß knndgcben wollte. Trotzdem ist die Legende, Kaiser Wilhelm II. arbeite an der Vorbereitung seiner Pariser Reste, weil verbleitet, und sogar in diplomatischen Kreisen Berlins sind neuerdings einzelne Regiernngshandlnngen des Kaisers — wir erinnern an den Zwischenfall der „Iphigenie" in Bergen — irr- thümlich in diesem Sinne gedeutet worden. Da kann man sich freilich nicht wundern über die liebenswürdige Naivetttt, mit der jcsiseits des Rheines dieses interessante Thema variirt wird. Tic Herren Franzosen mögen es sich alio gejagt sei» lassen, Kaiser Wilhelm H. wird ihre Weltausstellung nicht besuchen. Er wird sie nicht besuchen, weil er als Monarch selbst am beste» weiß, daß eine derartige Reise mit Gefahren verbanden wäre, für die kein Minister in Preußen und Tcnlschland die Berantwortnng über nehmen kann. Es muß »och viel Rcvanchcstanb die Seine hinnntergespiilt werden, ehe die Stadt Paris den Deutschen Kaiser als Gast wird beherbergen können. Das Berliner „Kleine Journal" hat sich in letzter Zeit wiederholt als konservatives Parteiorgan aufgespielt. Demgegen über schreibt die „Krcuzztg.": In einem hiesigen Blatte, dem sicherlich bisher Niemand eine hervorragende volitstche Bedentnng zuzuschreibcn geneigt gewesen wäre, sind in letzter Zeit wiederholt Knndgebungen erfolgt, denen dadurch größeres Gewicht verliehe» werden sollte, daß ostentativ behauvtct wurde, sie rührten von autorisirten leitenden Stellender tomervativcii Partei her. U. A wurde unter der erwähnten Dcaslagge behanplct. „gerade de» hervorragenden Parteiführern der Konservativen sei das Verdienst znzuschreiben. den Antisemitismus aus der Fraktion verbannt za hoben". Wir haben keine Veranlassung, mit dem erwähnte» Blatte zu volemisiren; es muß aber als vollständig ausgeschlossen erachtet werden, daß irgend ein Führer unserer Partei sich in solcher Weise geäußert haben könnte. Eine solche Äeußerung würde der Ver leugnung unseres Parteiprogramms, in dem es klipv und klar heißt: „Wir bekämpfen den vielfach sich vordrängendcn und zer setzenden jüdischen Einfluß auf unser Volksleben" gleichkvmtnen. Ueberhaupt glauben wir nicht, daß konservatibe Führer sich gerade des erwähnten Blattes zu Kundgebniigcn bedienen würden, die Nif die Konservativen im Lande einwicken sotten. Sic würden dies vermuthlich doch wohl an einer Stelle klm», wo derartige Kund gebungen wirklich beachtet werden, also in der „Konservativen Korrespondenz", dem amtlichen Parteiorgan, oder in den konser vativen Zeitungen, die solchen Kundgebungen von Führern ohne Zweifel bereitwilligst ihre Spalten öffnen würde». Unter der Ueberschrift: „Liebknecht als Vaterlandsfeind en aus dem Schloß Hubcrlusburg in Sachjen gestohlen sei Thaler anfertigen ließ. Liebknecht liefert hier einen neuen trassen Beweis dafür, wie wenig ihm die Ehre seines Vaterlandes am Herzen liegt. Kann man wohl eine stärkere Verleugnung der nationalen Regung an den Tag legen, als wenn man seine Lands leute des gemeinen Diebstahls bezichtigt und dem ruhmvollsten König des Hohenzollcmhauses unterstellt, er habe eine Garnison- kirche mit einem gestohlenen Glockenspiele geschmückt? Eine solche vaterlandslose Gesinnung verdient össcntlich gebrandmarkt zu werden. Man hätte erwarten sollen, daß aus der Versammlung selbst sich ein Widerspruch gegen die Verlästerung des großen Königs, des preußischen Vaterlands und der preußischen Soldaten erhoben hätte, da doch den anwesenden Potsdamern der wahre Sachverhalt bekannt sein mußte. Da ein Widerspruch nicht er folgte. muß vorausgesetzt werden, daß die Potsdamer Hörer in Bezug auf Wahrheits- und Vaterlandsliebe auf dem gleichen Gtanvpunkte wie der revolutionäre Redner standen und dre Ver leumdung bei ihnen willige Ohre» und Herze» fand: ohnehin finden ja viele Menschen an der Verlästerung mehr Geschmack als an dem Lobe und der gerechten Bcurtheilnng. Wir erinnern uns, als die Ahlwardt'schen Verleumdungen im Reichstage, die er mit etlichen Centnern Akten belegen wollte, nach der kläglichen Ent larvung deS Urhebers eine so allgemeine Entrüstung hcrvorriefcn, wie sie wohl bis dahin noch niemals im Reichstage gesellen war, daß da die Sozialdemokraten ^>ch ganz besonders in der Bcthätß N fragen» „Ist verdient eS nicht ebenso viel Abscheu und Entrüstung?" Doch d^tst^eS ja eben: dir Sozialdemokratie hat zweierlei moralischen Abscheus gegen ein solches Gcbahrc» hervvrthaten. ch> ^ . denn Liebknecht s Verfahre» nicht das gleiche, lainig Aber Der Staatssekretär des ReichSPostamtS hat über dle Wohn» ungen der Untcrbeamten statistische Ermittelungen angeordnet. Der betreffende Fragebogen, den jeder Unterbecnnte auszusüllen hat, ist sehr ausführlich gehalten. Der Centralverband Deutscher Bäcker-Innungen, dem gegenwärtig 19 Zweigverbände mit 96l Innungen und 29,907 Mitgliedern angehören, ist in Magdeburg unter lehr zahl reicher Betheiligung zu seinem 11. Verbanostag zusammenyetreten. Gleichzeitig feiert der Verband das Jubelfest seines 25jährigen Bestehens, mit dem eine Jubiläums-Fachausstellung verbunden ist. die durch den Obervräsidentcn Dr. v. Bötticher mit einer Rede eröffnet wurde, worin es heißt: Das Rezept, nach dem hier ge arbeitet. war: Rüstig undunverzagt an die Arbeit, eifrig und treu an die Fortführung. Es ist das Rezept, ans dem allein für dos deutsche Handwerk Heil zu hoffen ist und das sich nicht verläßt auf die Hilfe Anderer. Dieses Rezept möge dem Handwerk erhalten bleiben. Es wird dann auch keine Noch für die Zukunft haben. Wenn traurige Propheten nicht müde werden, den Untergang des deutschen Handwerks nur als eine Frage der Zeit hinzustcllen, io werde» sie an diesem Rezept ebenso zu Schanden werde» wie mit ibren übrigen Prophezeiungen. Nach diesem Rezept hat es keine Rath, und es ist des Schweißes der Edelsten wertst, darnach zu arbeiten. Wenn dazu Jeder cm seinem Tbeile mitarbeitet, deni Handwerk zur Entfaltung seiner Kraft freie Bahn zu schaffen, dann wird cs zum Ziele kommen, wie es einst gehofft. In einer Zeit wie der unseren, in der erst gestern unser Kaiier mit goldenen Worten cs hinstcllte: „Ein Wille und ein Vaterland!" da ist es lchön und fruchtbar, unter dem Schutze dieses Herrn, er hat cs gestern bezeugt, daß eine jede Bethätignng seiner Liebe und Förderung sicher ist. unter dem Schutze eines solchen Herrn zu arbeiten. Ich weiß, meine Lnndesgenossen wallen nicht anders als mit mir in einen Ruf ans ihn ciiistiinmcm Aber auch Sie van jenseits der weiß-schivarz-rcsthrn Grenzpfähle sind dazu freudig und attesammt bereit, denn auch Sie wissen, daß der Kaiier der beste Hort des Friedens ist. unter dem allein das Gewerbe gedeihe» kann. Damm weiß ich, daß der Ruf volltönend erklingen wird: Gott erhalte und segne den Kaiser. Unser allcrgnädigsler Kaiser, er lebe hoch! Die Bautischler und Einsetzer Berlins vroklamirten in ihrer Generalversammlung einen Gc » eralstreik. Ungarn. Nach der Feier bei dem H o n v ed - D e n k m a l in Budapest ist es zn lärmenden Knndgebungen gekommen. Tie vom Hentzi-Tenkmal abziehenden Offiziere und Trupve» wurden von der Menge mit Stöcken bedroht und verhöhnt. Die Truppen pflanzte» überall die Bawnctte ans, doch wurde ei» ernster Zusammenstoß vermieden. Die Polizei nahm vier Verhaftungen vor. Tie Verhafteten erhielten Geldstrafen. Frankreich. Am Montag waren für die Sitzung des Kriegsgerichts in Rennes vom Vorsitzenden strenge Ordnnngs- maßrcgeln angeordnet worden, um Kundgebungen, wie sie am Sonnabend vorgekommcn sind, zu Verbindern. Eine Anzahl Gen darmen ist im Saale vertheilt und hat die strenge Weisung, Jeden, der zustiinniende oder mißbilligende Zeichen laut werden läßt, sofort ans dem Saale zn entfernen. Um 0 Ubr 20 Min. wurde die Sitzung des Kriegsgerichts eröffnet. Nachdem Dretzfns vor- gefübrt war, erklärte der Vorsitzende, wenn die Knndgebungen vom Sonnabend, die besonders von der Joiirnalistentribüne ausgingen, sich wiederholen würden, würde er ohne Zögern de» Saal räumen oder sogar den Pressedienst unterbrechen lassen. Dcmange ersuchte den Vorsitzenden, die Sitzung zu vertagen, bis man über de» Zustand Labori's unterrichtet sei. der durch die Kugel eines Mörders getroffen worden sei. Der Vorsitzende drückte darauf sein Bedauern über das Attentat aus. Demange erklärte, man werde die Verhandlungen nicht fortictze», bevor man nicht wisse, ob Labors daran tbeilnehme» könne. Hierauf zog sich das Kriegs geeicht zur Bcratlnmg zurück. J:n Saal erreichte die Erregung den Höhepunkt. Demange begab sich während der Unterbrechung der Sitzung zn Labori. Zwischen den Journalisten kam cs zn heftigen Auseinandersetzungen, besonders in der Grnvoe, in der sich der Direktor des „GanloiS". Arthur Metzer, befand, welcher die Ansicht ansiprach, daß alle Journalisten snr das Attentat ver antwortlich leien, Frau Severine vrolestirte heftig hiergegen und erklärte: „Sic allein sind snr den Vorfall verantwortlich!" Tie Gendarmen traten dazwischen und zerstreuten die Gruppen. Alle Stöcke wurden entfernt und die Ruhe wurde wieder hcrgestellt. Um >,08 Ubr berichtete ein Journalist, daß die Berwnndnng Labori's nicht so ernst sei, wie anfangs angenommen wurde. Die Acrzte hofften, die Kugel entfernen zn können, die vcrmnth sich im Mnskelfleiich stecken geblieben sei. Um >58 Uhr wurde die Sitzung wieder eröffnet. Demange erklärte, obgleich dicVerwnnd- nng Labori's nicht sehr ernst zn sein scheine, könne ec doch den Verhandlungen nicht beiwohnen. Hierauf wurde General Mercier liercingcfnhrt. Easimir Perier war zugegen. Ans die Frage des Vorsitzende» erklärte Mcreier. er verharre dabei zn (stauben, daß Esterhaztz das Vorderen» nicht geschrieben habe, obgleich dieser sich selbst als dessen Urheber bezeichnete. Das Vorderen» sei ans Pauspapier geschrieben und in einer fremden Polschaft gefunden worden. Auf Labori. den Vcrthcidiger Dretzfns'. ist in Rennes ei» Attentat verübt worden, lieber den Mordansall werden folgende Einzelheilen bekamst: Ein verlumptes Jndividum», das hinter einer Mauer versteckt ans Labori gelauert hatte, trat, als Labori vorübergegangen war, ans seinem Versteck hervor, ging hinter Labori her und feuerte anS nächster Nähe einen Revolvers. Huf; ans diesen ab. Labori drehte sich um, wankte und sank alsbald ans die rechte Seite. Ter Schuß zog zahlreiche Personen herbei, welche dein Verwundeten die erste Hilfe leisteten. Im Sitznnas- saale des Kriegsgerichts wurde der Vorfall nnmüteibar vor Er öffnung der Sitzung bekannt und rief große Erregung hervor Labori soll eine zweite Kugel erhalten haben. Ter Verwundete, der das Bewußtsein verloren batte, kam bald wieder zu sich. Der Urheber des Atteninls ist bisher unbekannt geblieben. — Der Zu stand Labori's soll sehr ernst sein. Wie cS heißt, hat eine innere Blutung slottgesnnde», auch fall der Kranke sehr viel Blut ans werfen. - - Tie Kugel ist Labori in die Weichlheile des Schulter blattes gedrungen. Nach dem Bekanntwerdcn des Attentats eilten zahlreiche Journalisten, Acrzte. Polizisten und Gendarmen herbei. Auf Wnnsch Labori's wurde der Arzt Dr. Reclns sowie ein Wagen herbcigeholt, in dem Labori iosort nach seiner Wohnung geschasst wurde. Obgleich er malt war, bestieg Labori den Wagen mit Ost sc seiner deidcn Sekretäre. Ter Thätcr entfloh in der Richtung eines Kanalarmes. Wäscherinnen, die den Fliehenden iahen, gaben den ib» verfolgenden Polizisten eine ungesähre Beschreibung. Darnach ist der Mörder von mittlerer Größe und trägt schmutzige, zerlnmvte Kleider und eine Tnchmntze. Etwa 20 Polizisten folgten dem Mörder in der angegebenen Richtung. Bisher waren die Nachforschungen erfolglos. Der Polizeipräsident und der Präfekt, die von dem Attentat sin SitzungSsanle des Kriegsgerichts hörten, begaben sich sofort zn dem Verwundeten. Labori war un Augen blick des Attentats nicht allein, sondern befand sich in Begleitung der Oberstleutnants Piegnart und Gast, in deren Arme er fiel. Beide verfolgten, nachdem sie den Verwundeten ans die Erde gelegt batten, sofort den Mörder und machten die am Kanal beschäftigten Arbeiter unter den Rufen: „Mörder!" auf den Flüchtling anf- merffam. Einer der Arbeiter versuchte ihn ausznhalten. Der Mörder trat ihm mit erhobenem Revolver entgegen und ries: „Lassen Sic mich! Ich habe Dretzfns gctödtet!" Der Arbeiter borgen habe und von Piegnart und Gast verfolgt werde. 20 be rittene Gendarmen machten sich zur Verfolgung des Mörders auf. — Das Feld, ans dein der Mörder sich verborgen hält, ist von allen Seiten ninslcllt. Bisher ist der Mörder noch nicht verhaftet. Als er sich in das Feld flüchtete, rief er: „Ich gehe in's Wasser!" Der Staatsanwalt ist an Ort und Stelle. Es bestätigt sich, daß die Wunde Labori's nicht sehr tief ist. Aus RcnneS wird berichtet, daß der Advokat de Müller anS Lille, aus dessen Auslagen General Mercicr sich berief, Jouaust mitgetheilt habe, daß er seiner gerichtlichen Zeugenvorladung nicht Folge leisten werde. Vor dem Hanse der Antisemitenliga in Paris haben sich zahlreiche Neugierige angesaininclt. Die Thürcn und Fenster laden des Hauses sind geschlossen. Auf der Dachgalerie halten mehrere mit Karabinern bewaffnete Mitglieder der Liga Wache. Jules Gusrin erklärte Ansfraacrn gegenüber, er sei zum Acnßersten entschlossen, sein Haus sei eine uneinnehmbare Festung. Vierzig Mitglieder der Liga, welche sich im Hause befänden, seien entschlossen, eS eher in die Luft zu sprengen, als sich zu ergeben. Die Polizei habe die Gas- und Wasserleitung ab- geschnitten. aber er besitze einen reichlichen Vorrath von Petroleum und Wasser. Wenngleich die Drohungen Gusrin'S nicht ernst ge nommen werden, siedelten doch bereits mehrere ängstliche Bewohner deS HauseS in Nachbarhäuser über. — Während de» aanj» Sonntag Abends veranstalteten etwa 50 Antisemiten, die sich in einer Weinhandlung in der Ruc Ehabrol besanden, gegenüber dem Hause der Antisemitenliga, in dem sich auch Jules Gusrin anf- hielt, Kundgebungen gegen die Juden. Gnvrin und seine An hänger stimmten In die Kundgebungen ein. Die Polizei sperrte schließlich die Straße und verhinderte so weitere Kundgebungen. — Gusrin und seine Genossen verbarrikadirten Nachts das Thor des Hause» mit Balken. Wce es heißt, ist dem mit der Verhaftung Gnörin's beauftragten Polizeikommissar eine Kompagnie Infanterie zur Verfügung gestellt worden. — Der „Matin" versichert, daß die am Sonnabend vorgenoinmenen Haussuchungen zahlreiche neue Anhaltspunkte für das Bestehen eines Komplotts gegen die Republik ergeben hätten. Der Präsident des Ausschusses der rovalistiscken Jugend. Godeicotz, wurde in Saint Ls verhaftet, auch der General sekretär der Patriotenliga Lenumet wurde in Haft genommen. Trotz einer Richtigstellung der „Agence Havas" verharren die nationalistischen Blätter darauf, daß Major Marchand Befehl erhalten habe, seine» Urlaub abzubrechen und sich zu seinen Truppen nach Toulon zu begeben. In den Kirchen von Rennes wurde am Sonntag ein Erlaß des dortige» Erzbisthofs verlesen, durch den das Unterbleiben der sonst alljährlich am 15. August zu Mariä Himmeliahrt statt- sindendcn Prozession angeordnet wird. In verschiedenen rcligivstn Vereinen wurden außerdem die Gläubigen ermahnt, während der Tauer des Prozesses völlige Ruhe zu bewahren. England In einem besonderen Artikel über die Trans vaal-Frage verzeichnen es die „Times" mit Befriedigung, daß, falls die Friedenswcge versagen, die militärischen Operationen von einer Trupvenmacht ausgesnhrt werden würden, in der alle Hanpt- theile des britischen Reiches vertreten seien Wie cs heißt, nehme die Negierung nicht nur im Prinz!», sondern auch thatsächlich die aus de» Kolonien lommenden Anerbietungen, Truppen zu stellen, an. dagegen sollen eingeborene Trnvven ans Indien und oen Kron kolonien nicht verwandt werden. ES geschehe dies zum Theil aus Rücksicht ans die in Südafrika bestehenden Ansichten. Tic Kon tingente Ostindiens und der Kolonie» würden die Trupvenmocht in Siwasrita ans 25.000 Mann bringen, hierzu würden im Bedarfs fälle weitere 20.000 Mann ans England kommen. Der Artikel schließt: Wenn Großbritannien wider seinen Willen dazu getrieben werde, das mit Gewalt durchzusetzen, was doch Sache der Gerechtig keit gewesen wäre, so würde eine gänzlich neue Lage in Südafrika geschaffen. Ter Korresponden! der „Tailtz News" in Neapel hatte eine Unteriednng mit Admiral Dewcv. welcher die ihm zu- geschricbenen. an de» Vertreter des „New-Pork Herald" in Triest aerichtelc» Aeiißernnge» über den nächsten Krieg der Vereinigten Staaten mit Deutschland entschiede» in Abrede stellte. In Londonderrtz kam es zn ernsten Zusammenstößen zwischen Protestanten und Katholiken. Die Polizisten, die cin- griffen, wurden von der Menge verletzt. Tie Ausriihrakte wurden verlese» und Trnvven herbeigernsen. Amerika. Rach Pariser Meldungen ist die Stadt Montc- christi aus Haiti umzingelt. Die Revolution zu Gunsten von Jimenes breitet sich ans. Afrika. Tie „Times" melden vom 12. d. M. aus Johannesburg: Nach der allgemeinen Stimmung sind die Aussichten weniger beruhigend. Die Bemühungen der FriedenS- varte! in Pretoria scheine» sehlgeschlagen zu sein, und es laufen Gerüchte nm von ernsten militärischen Vorbereitungen: die Vcr- bastnna van Uitlanderführcrn und andere Aufsehen erregende Vor fälle sollen bevorstchen. — Der Kapstadtcr Korrespondent des „Tailtz Ehronicie" berichtet, er habe die sichere Nachricht erhalten, daß der erste in Transvaal abgegebene Schuß das Zeichen für einen allgemeinen Aufstand der Bevölkerung sein würde. Der Korrespondent versichert positiv, die Neichsregiernng sei gewarnt und verschiebe deshalb die Eintreibung der neuen Hültensteuer bei den VasntoS. Kunst und Wissenschaft. f Tie König!. Hofover hat vorgestern, nach sechs- wöchentlichen Ferien, die Spielzeit wieder begönnen. Die erste Vor stellung. „T a n n h ä n > e r". die. mit Ausnahme der Elisabeth, die oft gebörlc Besetzung mit Herren Forchhcnmner. Schcidernnntel, Frl. V.tzsenbergcc (Vcnnsi bot, verlief zur großen Zufriedenheit vor gut besetztem Hanse, das in der nun vollständig dnrchgesührten, tadellos fnnilionirenden elektrischen Velenchtnng und in der äußeren Auf frischung an Vornehmheit nicht unwcientlich gewonnen hat. Namentlich ist die vermehrte, i» der Lenchttrast bedeutend ver stärkte Pelenchinng der Treppenhäuser, der Korridore, des Fotzer von angenehmer Wirkung. Dem reichen Beifall, der die Vor stellung in ibren Hauvtmomcnte» begleitete, konnte man in Vielem freudig beislinnnen. bis ans die Eliiaberli der Frau Krammer. Obgleich die Künstlerin scheinbar alle Kräfte cinietzte und für diese Hingebung die Anerlenming sich verdiente, vermochte sic dennoch der Partie nicht voll gerecht zn werden. Das Meiste blieb sie, ganz abgesehen von der wenig vvrtheilhasten Kostümirung, in der Darstellung schuldig. Hier mangelte es zu sichtbar an Hoheit und Noblesse, an Innigkeit und Keuschheit des EmbsindcnS und des Spiels. Frau.strammer wird bemüht sein müssen, nach dieser Seite hin bedeutende Vervollkommnungen anzustredcn, wenn sie !m hiesigen Ensemble nicht fremdartig berühren will. Dem musikalischen Theil der Ausgabe, einige anfangs stark hervor- trctende Jittonaiionsschwantnngen abgerechnet, wurde sie besser gerecht als der Darstellung, obgleich sie auch hier nicht annähernd die Höhe erreichte, ans der unsere gewohnten Vertreterinnen dieser Partie zu stehen pflegen. ll. 8t. tz Im König!. Howveruhause gelangt heute „Fra Diavolo" zur Aufführung. Anfang halb 8 Uhr. h R e > i d e n z t h e a te r. Iran Marie Reisenhofer beginnt beute ihr Gastspiel als Ursula in dem neuen Lustspiel „Ladv Ursulas Abenteuer" von Anthontz Hove. tz Eine russische Oper hat sich für den Monat Oktober nach Berlin verpflichtet. Tie Gesellschaft wird bei Kroll einen Etzklns national-russischer Ovcrnwerke veranstalten. Ter Unternehmer bringt neben den Solisten auch eigenen Chor, eigenes Ballet und eigene Ausstattung mit. außerdem kommen mit sinn zwei Dirigenten. Unter den zur Aufführung vorbereite ten Werken besindcn sich „Onegin", „Dämon" und „Igor". s Tie „Fl cd er m anS" ist der Wiener Hofoper gänzlich verloren gegangen. Kurz vor dem Tode von Johann Strauß beschäftigte man sich mit der Idee, das Werk dem Svielplan dieses HvsinstikntS einznverlcibcn. Dem Meister würde d>cs eine große Freude bereitet haben, denn es wäre damit seine Hvfopern- sähigkeit um seiner selbst willen — bisher wurde die „Fledermaus" nur znm Besten des Pensionsfonds gegeben — proklamirt worden. In der Dircktionskanzlei der Hofover war man nun der Meinung, daß kein Wiener Theater das Aufführungsrecht der „Fledermaus" besitze, und man hatte die Absicht, im Herbst an Strauß behufs Erwerbung des erwähnten Werkes heranzutreten. In der Tbat war die „Fledermaus" bis zum Monat Mai ds. I. frei. Einige Wochen vor seinen! Tode hat aber Strauß, ohne daß man in der Hofoper eine Ahnung davon gehabt hätte, das Wiener Aufführ ungsrecht der „Fledermaus" aii Fcl. b. Schönerer, die Direktrice deS Theaters an der Wien, nm eintausend Gulden — die Hofoper würde gern das Fünffache bezahlt oder Tantiümen gewährt haben - verkauft. Damit ist der Hoioper jede Gelegenheit benommen, die „Fledermaus" scrnerhin anfznsnhren. i Die „Allg. Korr, für Kunst" meldet eine bevorstehende Gastspiel-Tournee des „größten Komikers Italiens", Eduard» Scarpclta, der u. A. auch in Dresden anftreten soll. Von einem solchen Gastspiel ist hier allerdings noch nichts bekannt. V Eine große Goet h esc i e r ist für Anfang Oktober von dem „Verein zur Förderung Dresdens und des Fremdenverkehrs" in Aussicht genommen. Sie wird sich unter Mitwirkung der hervorragendsten Künstler der Kvnigl. Hofoper und deS Kvnigl. Hoffchainpiels aus einem Jestvvrtrag über Goethe und seine Be deutung für Deutschland, verschiedenen musikalischen und deklama torischen Darbietungen Gocthe'scher Dichtungen zusammensetzen. Die Vorarbeiten, die bereits in erfreulichem Maße gediehen sind, liegen in den Händen des Herrn Dr. Paul Schumann. s Anpust Wilhelm«, der seit seinem Weggange von Dresden m London lebt, soll leine Stradivari einem Ehicagoer Musiker für 40,000 Mark (!) verkauft haben. Es wäre dies bis jetzt der höchste Preis, der snr eine Violine gezahlt worden ist. s In Nürnberg ist durch den Lchrcrgcsnngvcrcin bei Ge legenheit der Allgemeinen baverischcn Lehrcrversammlung am 2. Angnst die „ M c t t e von Maricnbnrg " . Ballade für Männcrchor. Soli und Orchester von Oskar Wcrmann. unter Dresdner Nachrichten. Sir. 223. Seite 3. « TiciiStag, 13. August 189»
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