Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.03.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19000314015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900031401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900031401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 33-40 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-03
- Tag1900-03-14
- Monat1900-03
- Jahr1900
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.03.1900
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
II ! Li -TZ linkst Abg. Beckh (freis. Bolkp.) wendet sich VesonderS gegen den Kunstparaaraphen. der ein Fauslschlag gcgc» die deutsche Kunst sei. Das Hoch auf Heinze, von dem Roeren gesprochen habe, sei erfunden. Selbst wenn die Linie bei diesem Gesetz niedergestimmt lverde. hoffe er. das; die Regierung rS sich doch noch überlegen werde, ob sic das Gesetz annehnicn dürfe angesichts einer solchen Volksbewegung, an deren Stütze die Matadorc von Kunst und Wissenschaft stehen. Abg. Himburg (kvns.) erklärt sich Ramens seiner Fraktion kurz für den Kompromiß. Was gegen dieses Gesetz in den Versammlungen vorgebracht worden sei, beruhe mis Ilebertreibungen. Abg. Schräder (freist Arg.): An der Spitze der Protestbewegung stehen allererste Künstler und diesen wagt Herr Roeren vorzuwerfen, daß sie ununterrichtet seien: es lind das Künstler, deren Namen noch lange im deutschen Volke leben werden, wenn Ihre Namen längst vergessen sind. Abg. Viel habe» (Res.): Die Kunst und Künstler würden hier nicht berührt. Aber ist cs etwas Angenehmes fiir den Künstler, wenn ei» Polizist bei ihm erscheint und sagt: „Dies und Das mußt Du aus dem Schaufenster entsernc»!" Die Künstler, die sich so sehr von Politik fern gehalten haben, sehen jetzt ein, daß dies nur der erste Schritt ist zu einer Bedrohung der geistigen Freiheit. Sie wollen auf geistigem Gebiet dasselbe, was Sie bereits auf wirth- ichaftlichem Gebiet gethan haben: der freie» Entwickelung Fesseln anlegcn. Abg. G r ö b e r (Centr.) erwidert dem Vorredner, mit einem Manne, der auch die Herstellung unzüchtiger Bilder frei- gegeben wissen wolle, könne er überhaupt nicht reden. Eine Kunst, die der Unzucht dienen solle, verdiene keine Schonung. Und wenn das die ersten Männer der Litteratur sind, die solche Proteste erheben, dann dauert mich nur die deutsche Litteratur und das deutsche Volk. (Beifall im Ecntrum.) Zu einer hiesigen Protesl- oersnmmlung habe auch die nationalliberale Fraktion eine Ein ladung erhalten. Man erzähle sich, sie habe zwar der Einladung nicht stattgegeben, sich aber in ihrem Fraktivnszimmer zum Zeichen der Zustimmung zu dem Protest von den Plätzen erhoben. (Große Heiterkeit.) Die niederländischen Strafbestimmungen seien noch viel schärfer, sie richteten sich u. A. sogar gegen unanständige Reden. (Heiterkeit.) Auch im italienischen Strafgesetz fände» sich viel weiter gehende Bestimmungen, ebenso im ungarischen, öster reichischen und norwegischen. Bassermann sagte, die Kunst solle frei sein; aber sie dürfe doch nicht frei sei» von Sitten, sie dürfe nicht frech sein. Die Kunst und Künstler dürsten nicht für sich eine Hcrrcnmoral beanspruchen. (Beifall.) Das »Nisse die Mehr heit in diesem Hanse verhüten, dafür trage sie die Verantwortung vor dem Allmächtigen. (Beifall im Eeutrum und rechts.) Abg. Bebel (Soz.): Wen» man diese Reden anhört, muß man ,a beinahe glauben, Deutschland sei in Unmoral versunken. Das ist eine unbegründete Herabsetzung des Ansehens Deutschlands. (Bei fall.) Man hat vorhin gemeint, die Richter würden bei der Aus legung dieser Paragraphen schon das Richtige finden; wie aber die Richter so dehnbare Bestimmungen auslegen, das sehen Sie an den groben Unfugs- und Majestätsbelcidigungs-Paragraphen. An dieser ganzen Sache seien in erster Linie auch Damen betheiligt, die aus den Hvfbällen nicht weit genug nach unten ausgeschnitten gehen könnten. Es handele sich hier um die erbärmlichste Heuchelei, die es je gegeben habe. Lasse man doch gerade den Arbeitgeber- Paragraphen fallen. Staatssekretär Nicberding: Diese Kom- promißvorschläge sind als Vereinbarung mit der Regierung bezeichnet worden; meine Thätigkeit bei diesen Lcsprechnnge» hat sich aber nur darauf beschränkt, daß ich nach meinen neulich eingeholtcn In formationen mitgetheilt habe, welche Beschlüsse zweiter Lesung für die Regierung unannehmbar seien. Ferner bade ich erklärt, daß die Regierung aus dem Paragraphen über das Wohnen der Dirnen keine conäitio sino qua non machen wurde. Ich habe endlich erklärt, daß der Theater-Paragraph zweiter Lesung unannehmbar sei. An den weiteren Verhandlungen habe ich nicht thcilgeiionunen. Bei diesen Kompromißauträgen handelt cs sich also nicht um einen Kompromiß mit der Regierung, sondern um einen solchen zwischen den Parteien. Redner erwidert auf eine Anfrage des Aba. Bassermann, daß der Gendarm, der in einer hiesigen Kunst handlung ein dort liegendes Bild aus dem Schaufenster habe entfernen lassen, keinen Auftrag dazu gehabt habe. Weiter bedauert der Staatssekretär die Erregung der Künstler. Er habe mit Künstlern gesprochen, die zum Theil zugegeben hätten, die geplanten Be stimmungen übcrliaupt nicht gelesen zu haben; andere hätten die Bestimnuninen falsch ausgclegt. Angesehene Künstler hätten ihm jedenfalls Recht gegeben. Daß er aus die cinzelueu Angriffe, die hier gegen die Regierung gerichtet seien, antworte, könne man nicht verlangen. (Beifall rechtst- Abg. Stöcker (christl.-soz.) erklärt, wie Bebel, so sei auch ihm der Arbcitgcberparagraph, sowie der Schuhalterparagraph wichtiger als das ganze Gesetz. Da aber die Regierung diese beiden Paragraphen absolut ablehne, so seien er und seine Freunde ohne Schuld, wenn diese beiden Bestimmungen nicht Gesetz würden. Die ganzen Verhandlungen seien in nichts nutziger Weise von der Presse mit Hohn und Spott beworfen, Roeren in der infamsten Weise herunrergerisse» worden. Wie ge bildete, sittlich fühlende Mensche» ein Lamento anslimmcn können, wenn wir Dinge, die das Scham- und Sittlichkeitsgesühl gröblich verletzen, vor den Strafrichter bringen wollen, das ist mir un begreiflich. (Beifall rechts.) Damit schließt die Generaldebatte. Auf Vorschlag des Präsidenten wird heute in die Spezialberathung nicht eingetreten, sondern zu den als zweiter Gegenstand auf der Tagesordnung stehenden Abstimmungen über die Münzgeietz-Novelle geschritten. Die ersten drei Artikel werde» fast einstimmig an genommen. Bei Artikel 4 wird der Antrag Arendt, für die Neu prägung nicht die vorhandenen Thaler zu verwenden, sondern Silberbarren anzukaufen, in namentlicher Abstimmung mit 1«il gegen 61 Stimmen abgclehut. Artikel 4 wird alsdann in der Fassung des Antrags Herold angenommen. desgleichen in der Kommissionsfassung der Rest des Gesetzes. — Morgen: lex Heiuze, Einzelberatbung. Berlin Das Abgeordnetenhaus setzte heute die Berathung des Kultusetats fort. Eine längere Debatte vcranlaßte die Frage, ob geistliche oder weltliche Schulaufsicht. Konservative und Eentrumsredner wünschten die Schulaussicht ausschließlich in die Hände der Geistlichen gelegt zu sehen. Minister Dr. Studt nieinte, die Hauptsache sei doch, daß die Schulinspcktion in christ lichem Geiste geführt werde. DieBcrathung wird in einer Abcnd- sitzuiig svrtgeführt. — Offiziös wird mitgetheilt, daß bei der in Vorbereitung befindlichen Revision des Kranken-Versicherungsgesetzcs auch Maßnahmen beabsichtigt würden, welche durch Vereinfachung der Organisation die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen mehr in Einklang mit den Kassenleistungen zu bringen geeignet wären. — Ter Eisenbahnbau- und Betriebsingenicur Strasburg, Vorstand der Eisenbabn-BetricbSimpektion I in Hamburg erhielt das Ritter kreuz 1. Klasse des sächsichen Albrechtsordens, der Eisenbahnbau- und Betriebsingcnieur Matthäi. Vorstand der Eisenbahn-Betriebs- iuspektion Hl in Bremen, und der Eisenbahn-Stationsvorsteher 1. Klasse Krüger zu Frankfurt a. M. (aus dem Personenbahnhöfe) das Ritterkreuz 2- Klasse desselben Ordens. — Ein 38>ähriger Dütenklebcr versuchte gestern Abend in seiner Wohnung sich und /eine uus Frau und vier Kindern bestehende Familie zu tödten. Er begoß erst sich und seine Frau mit Petroleum und zündete dann einen mit Stroh gefüllten Sack an. Durch die Frau benachrichtigt, eilten zwei Schutzmänner von der Polizeiwache herbei, denen es gelang, die vier Kinder aus dem bereits völlig verqualmten Wohn- raume zu schaffen, den Vater, dessen Kleider bereits brannte», zu Zetten und das Feuer zu löschen, ehe die Feuerwehr eintraf. Der Mann hat erhebliche Brandwunden erlitten: er wurde als gemein gefährlich geisteskrank in die Irrenanstalt gebracht. Hamburg. Die heutige, von Vertretern deutscher Rhedereien und Schiffswerften aus allen deutsche» Küstenplätzen zahlreich besuchte Versammlung beschloß einstimmig eine an den Reichskanzler zu richtende Resolution, welche sich entschieden gegen die Jleuch- eiufuhrvcrbote richtet, die in ihren Folgen zu unvcrmetvlicheu Störungen unserer handelspolitischen Verhältnisse führen und gleich zeitig die Ernährung unserer Arbeiter empfindlich vertheucrn würde. Ferner wurde eine Resolution gegen die Aufhebung der zollfreien Einfuhr für Schisssbaumaterial einstimmig angenommen. Durch eine solche Aushebung würden die erst seit wenigen Jahren er rungenen Erfolge des deutschen Schiffsbaues wieder gänzlich unter bunden werden, und dadurch würde der englischen Konkurrenz die frühere Uebermacht für die Lieferung der deutschen Schiffe wieder zugesührt. Die deutschen Rheder und Schiffsbauer würden dies als ein großes nationales Unglück anlehen, weil dadurch der deutschen Kriegsmarine wie der deutschen Handelsflotte der natür liche und feste Stützpunkt für den Bau ihrer Schiffe verloren ginge. Bremen. Ter Kaiser ging gegen 11 Uhr in Bremerhaven an Land und besichtigte die Versuchsstation des „Norddeutschen Lloyd" und das Kaiierdock. Um 11*/« Uhr fuhr der Kaffer nach Bremen ab. wo die Ankunst 1>/r Uhr erfolgte. Der Kaiser wurde hier von den Spitzen der Behörden empfangen. Ec begab sich dann mit seinem Gesolge, unter welchem sich der Kabinetsches v. Lucanns und der Staatssekretär v. Podbielski besauden, nach dem RathSkckker. wo das Frühstück eingenommen wurde, me Be völkerung bereitete dem Monarchen einen enthusiastischen Empfang. Wien. Das Abgeordnetenhaus nahm heute in zweiter und dritter Lesung das Rekrutenkontingent-Grsetz an. Brüx. Infolge überaus großen Zuzugs auswärtiger streikender Bergarbeiter kam es beute Vormittag zu Zusammen rottungen und Kundgebuiige» namentlich vor der Bruderlade. Die Menge verlangte stürmisch die Rückzahlung ihres Antheils an der Bruderlade, leistete der Behörde Widerstand, vereitelte eine Ver haftung und schleuderte Steine. Es wurde Militär zu Hilfe ge rufen. welches indeb nicht in Thätigkeit trat. Haag. Im gestrigen Mtnisterrath wurde über das Ersuchen des Präsidenten Krüger um Intervention berathen. Es ist wenig wahrscheinlich, daß ein Beschluß ohne vorherige Befragung der anderen Regierungen gefaßt wird. London. Aus Vanzul Hill vom 12. März wird gemeldet: General Clemens machte beute bei Tagesanbruch eine Rekogno- scirnng mit Artillerie, um die Stärke der feindlichen Stellung au' dem nördlichen User des Oranjeflusses ausfindig zu machen. Er besetzte mit I Vicrzigpfündcr, 4 Batterien und :i Marimgeschützcn Hügel und Stellungen am südlichen Ufer des Flusses. Das Ärtillcrieseuer wurde mehrere Stunden fortgesetzt. Der Vierzig- pfünder feuerte Lydditaeschossc. Die gegenüberliegenden Hügel wurden heftig beschossen. Eine von den Buren besetzte Farm wurde in Brand geschossen. Die Buren erwiderten mit einem planlosen Gcwchrfener. Es wurde» nur wenig feindliche Mannschaften sicht bar. Die britischen Truppen halten keine Verluste. — Ans Hvpctown wird gemeldet: Die britische Kavallerie gerieth 6 Meilen westlich von Karree Kloos bei Schesserspan mit dem Feinde in's Gefecht. Die Buren verloren 6 Tobte und Verwundete. Auf Selten der Briten wurde 1 Mann leicht verwundet. — lieber die Schlacht bei Driesvntein vom 10. ds. M. wird gemeldet: Nach dem Ausbruch aus dem Lager bei Poplar Grove theiltc Feld- »rarschnll Lord Roberts seine Streitkräste in drei Theile. Auf dem rechten Flügel marichirte die Division Tucker längs der Pctrus- bergstraße, im Eentrum eine Kolonne unter Lord Roberts persön licher Führung, aus dem linken Flügel rückte eine Kolonne unter General French längs des Mvdderflusscs vor. Am Sonnabend Vormittag kanr die englische Kavallerie unter General Broadwood in Berührung mit dem Feinde und Vertrieb denselben von dem niederen Bergrücken. Nachdem um 1 Uhr die Infanterie-Division südlich bei den Stellungen der Buren angelaugt war. führte General Broadwood die Kavallerie nach links und hatte bei Anbruch der Nacht dieselbe schon 8 Meilen gegen den Rücken des Feindes vorgeschoben. Inzwischen griff General Kelly Kenn» das Eentrum der Buren a», welche ein heftiges Feuer aus die eng lischen Reihen richteten, ohne jedoch deren Vormarsch zu hindern. Obwohl die Buren keine Äerschanzungen hatten, gewährten ihnen doch überall große Steine Schutz. Um 2 Uhr begann eine berittene Batterie den Weg für die Infanterie zu ebnen. Der Feind erwiderte das Feuer mit Mazimgeschütze». Inzwischen rückte die englische Infanterie unter heftigem und anhalteudem Feuer des Fcurdcs vor, erreichte den Bcrgkamm und nahm vor Ernbrechcn der Dunkelheit die Stellung des Feindes mit dem Bajonett. Be sonders bcmerkenswerth war der großartige Marsch der Division Kelly Kenny's über das Veldt bei glühender Sonne, welchem ein sechsstündiger harter Kamps folgte. Die Streitmacht der Buren stand unter dem Befehl Delnrcy's. Viele Buren waren aus Cvles- berg, ein kleiner Theil auch aus Ladysmith gekommen. — Aus Durban wird von gestern gemeldet: General Warren befindet sich mit einem Theil seuier Division hier; es herrscht jedoch Unsicher heit darüber, wohin er mit seinen Truppen zu gehen beabsichtigt. Petersburg. Viel bemerkt wird ei» heftiger Artikel des „Graihdanin" gegen die Politik Frankreichs. Auch sonst macht sich in der hiesigen Presse in letzter Zeit Verstimmung gegen Fraukreich anläßlich der Rede Dcschancl's in Nogeut-Le-Rolrvu bemerkbar. Es wird die Meinung geäußert, daß Rußland nicht gewillt sei, sich von Frankreich Lehren crtheilen zu lassen. Zugleich wird die unter würfige Politik Frankreichs gegenüber England verurtheilt. New-Aork. Das „New-Borker Journal" berichtet aus Victoria, daß im Geheimen an bedeutenden Vergrößerungen der britischen Befestigungen des Hafens von Esguimalt gebaut werde, durch welche eine FlottcnbasiS zur Kontrole des Pacific - Ozeans gesichert werden solle. Ladysmith. Wie jetzt feststeht, ist eS die Hauptmacht des Feindes, welche such in der Stellung bei Biggarsberg befindet. General Joubert ist in Glencoe. Oertliches und Sächsisches. — Die hier anwesenden Prinz lichen Herrschaften unseres Königshauses und die anderen Fürstlichkeiten werden heute Abend im große» Saale des Vcreinshauses dem zweiten Vortrage von Fridtjof Nausen über seine Nvrdpolsahrt beiwohnen. — Se. Durchlaucht der regierende Fürst Reuß i. L. hat gestern nach beendetem Winterausenthalt Dresden wieder verlassen. — Se. Majestät der König hat de» bisherigen Vorstand des Brückenbaubureans der König!. Staatseisenbahnen Baurath Lucas hier vom 1. Juli an zum ordentlichen Professor für Straßen-, Eisenbahn- und Tunnelbau an der hiesigen Technischen Hochschule ernannt. — Der Hofmarschnll des Herzogs Ernst Günther zu Schleswig- Holstein Freiherr v. Budden brock ist vorgestern, wie bereits kurz erwähnt, in Primkcnau an der Influenza gestorben. Der Ent schlafene war auch in den hiesigen Hofkreiseu eine bekainrte Per sönlichkeit und erwies noch bei der Einsegnung der verstorbenen Frau Herzogin Friedrich von Schleswig-Holstein die Traucr- honueurs. Er ist am 29. Juli IM) zu Magdeburg geboren und seit 1872 mit Olga Freiin von Zedlitz und Ncukirch vermählt. — Landtag. Die Zweite Kammer bewilligte in ihrer gestrigen 62. öffentlichen Sitzung in Gegenwart der Herren Staats- minister Dr. Schurig und v. Metzsch. sowie mehrerer Regierungs- kommissare debnttclos und einstimmig vom außerordent- lichenStaatshaushaltScta t zu Titel 13 für die Erwerbung von Bau- und Wirthschaftsland zur Errichtung einer Erziehungs anstalt für blinde und schwachsinnige Zöglinge in Chemnitz 250,000 Mk. und genehmigte den zu Titel 14 von dem SlaatsfiskuS mit der Stadtgcmeindc Bautzen abgeschlossenen Vertrag über die un entgeltliche und Hypotheken- und obtastenircic Abtretung einer Gesammtsläche von 1 Hektar 20.3 Aar zur Errichtung einer Straf anstalt. Berichterstatter für beide Gegenstände war Abg. Schubart. Ferner ließ die Kammer cbeusalls ohne Debatte und einstimmig die Petition des AnstaltSaufschers a. D- Schöne in Waldhcim und Genossen um Pcnsionscrhöhung (Berichterstatter Abg.Licbau) dem Anträge der Deputation gemäß auf sich beruhen. Weiter beschäftigte das Haus der Bericht der Fiuanzdeputatron L. und der Gcsetzgebungsdcputation über die wegen Errichtung von A in tS - ge richten eingegangeuen Petitionen (Berichterstatter Abg. Uhl- mann und Dr. Kuhlmorgcn). Die Deputationen beantragte». 1. die Petitionen wegen Errichtung von Amtsgerichten in Rötha und Wilkau der Regierung zur Erwägung zu überweisen. 2-die Petitio nen vom Brandts. Gottleuba, Schöneck, Strehla. Weißcnberg und Zwönitz zur Kenntnißnahme zu überweisen, 3. die Petitionen von Geringswalde. Geyer, Grünhain, Hartha. Kötzscheubroda, Luga», Lnnzenau, Meinersdorf. Oelsnitz i. E-, Thalheim und Thum, sowie ferner die Petition der Stadt Borna und diejenige von Moritzburg, insoweit sic sich aus Errichtung eines Amtsgerichts bezieht, ans sich beruhen zu lassen. Au der Debatte bctheiligten sich die Abgg. Ahnert. Rollfuß, Härtwig. Frenzel, Paulus. Behrens uns Gleisberg, welche sich bezw. befürwortend für Brandts und Rötha. Äeißenberg. Strehla, Gottleuba, Schöncck, Wilkau und Hartha verwendeten. Darauf wurde die Debatte geschlossen und die Kammer trat einstimmig nach dem Schlußwort des Berichterstatters de» Depntationsaiiträgen bei. Schließlich beschloß die Kammer einstimmig und ohne Debatte nach dem Anträge der Deputation (Berichterstatter Abg. Nhlmann), dem zu Kapitel 41 des ordentlichen Staatshaushaltsetats für 1900/01 von der Ersten Kammer abweichend gefaßten Beschlüsse wegen Ermächtigung des Justizministeriums zur Gewähmng von Ent schädigung für unschuldig Vcrurtheiltc bcizutrcteu. Der frühere Beschluß der Zweiten Kammer ging dahin: Das Justizministerium zu ermächtigen: Personen, welche nach vorausgegangener Ver urtheilung zur Strafe und völliger oder theilweiser Verbüßung der selben im wicderausaenommenen Verfahren Freisprechung erlangt haben, dafem ihnen durch die Strafverbüßung durch eigene Sorg salt nicht abzuwenden gewesene Vermögensschäden verursacht wor den sind, aus Kapitel 4l Entschädigung zu gewähren, dafern die Schuldlosigkeit des Freigesprochenen zu Tage getreten ist, auch die Einleitung des Strafverfahrens und die Verurtheilung nicht durch lein eigenes Verhalten mit verschuldet war Diesem Beschlüsse ist die Erste Kammer unter dem Hinweise auf das Reichsgesetz von 1898, das den Anspruch aus Entschädigung gesetzlich regelst nicht bcigetreten und auch die Zweite Kammer schloß sich " ' — Nächst ung nunmehr an. äffte Sitzung morgen. dieser Auffass- me Erste Ständekammer hielt gestern in Gegenwart Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Georg, des Herrn Staatsministers v. Metzsch und mehrerer Regierungskommtssare ihre 39. öffentliche Sitzung ab. Nach Entgegennahme des üblichen Vortrages aus der Registrande und Beschlußfassung auf die Eingänge berichtete Oberbürgermeister Dr. Käubler - Bautzen Namens der 4. De putation über die Petitionen des Kaufmanns Johann August Friedrich Lingke in Dresden um Befreiung bez. Zurückerstattung von llrkundenstempel und der Gutsbesitzer Rothe und Genossen. Dressel in Streumen und Genossen, sowie des Vorsitzenden des Landwirthschastlichen Vereins für Bobenneukirchen und Umgegend. Arno Sünderhauf und Genossen um Abänderung des Gesetzes die Einführung cincr allgemeinen Schlachtvieh- und Fleischbeschau betreffend, sowie über die Petition des Aufsichtsrathes des Dresdner Spar- und Bauvereins e. G. m. b. H.. nebst An schlußpetitionen des Landesverbandes Evangelischer Arbeitervereine im Königreiche Sachsen, des Gesanuntvorstandes deS evangelischen Arbeitervereins zu Dresden und des Bauvcreins zur Beschaffung preiswerlher Wohnungen in Leipzig, sowie über die Petitionen des Gemeinnützige» Bauvereins zu Dresden und deS Allgemeinen Mielhbewohnervereius zu Dresden nebst Anschlußpetition des Vereins selbstständiger Miether zu Leipzig-Neustadt um staatliche Unterstützung der gemeinnützigen Baugesellichasten. Der Dc- putativusantrag lautete zu iämmtlichen Petitionen dahin, sie aus sich beruhen zu lassen. Hinsichtlich der letztere» Petitionen hob der Berichterstatter hervor, daß die StaatSreaicruna die Unternehmungen der genaiintcn Körperschaften als verdienstlich und segensreich an erkenne und ihnen >cdc thunliche Förderung zu Theil werde» lassen wolle. Eine substantielle Unterstützung durch Zuwendung von Staatsgeldern oder fiskalischen Grundstücken würde jedoch aus gewichtige Bedenken stoße». Zunächst würde ein Versuch nach dieser Richtung hin fick, gar nicht begrenzen lassen und leicht unübersehbare und unerfüllbare Ansprüche Hervorrufen. Ferner sei cs doch kaum rathsam. durch Unterstützung großstädtischer Bau- unternelmnnigen aus Landesmitteln den ohnehin vielbeklagte» Zuzug nach den Großstädten zu erleichtern und dadurch den Abstuß der Arbeitskräfte von de» kleine» Städten und dem platten Lande noch mehr zu befördern. Endlich sei auch der als Gegenleistung in Aussicht gestellte spätere Ucbcrgang der zu erbauenden Häuser in den Besitz des Staates durchaus nicht wünschcnswerth, da die Verwaltung vvnMiethhäusern aiSaußcrhalb dcsBereichesder Staats betriebe stehend nicht zu seinen Ausgaben gehöre. In erster Linie liege es nahe, daß die Arbeitgeber selbst für das Unterkommen ihrer Arbeiter sorgte». I» dieser Beziehung gehe auch der säch sische Staat als Arbeitgeber fortgesetzt mit seinem Beispiele voran. Sv weit aber die Arbeitgebcr-Jürivrge nicht nusrcicht, sei es immer noch eher Sache der Gemeinden als des Staates, sich an der Be seitigung des Wohnungsmangels unmittelbar zu betheiligen. Tie Deputation sei mit den Petenten darin einverstanden, daß eine Wohnungsfrage in dem von ihnen dnrgelcgten Sinne, wenn auch nach den örtlichen Verhältnissen verschieden gestaltet, thatsächlich besteht und daß zweckentsprechende Maßnahmen aus diesem Ge biete zu den wichtigsten sozialpolitischen Ausgaben der Gegenwart gehören. Auch sic bringe daher de» Bestrebungen der in dieser Richtung arbeitenden gemeinnützigen Genossenschaften und Geicll schuften die wärmste Symvathie entgegen, zumal sich erwarten läßt, daß die von ihnen getroffenen Einrichtungen vorbildlich und er zieherisch auf weite Kreise wirken werden, und es kann nur der lebhafte Wunsch ausgesprochen werden, daß diese Bestrebungen namentlich von Seiten der Arbeitgeber und menfchenfreundlicher Kapitalisten eine recht wirksame und nachhaltige Unterstützung er fahren möchte». Aber sie befinde sich auch mit der Staatsregierung im Einklänge, wen» diese eine Zuwendung von Staatsgeldern oder fiskalischen Grundstücken in den oben aiigegebenen Richtungen für bedenklich erachtet. Da dies aber im Wesentlichen das Ziel ist. aus welches sänuntliche Petitionen hinauslaufen und sonstige nebenbei mit geäußerte Wünsche bei Berathung des vorliegenden Entwurfes eines Baugcsetzes mit zur Erörterung und Erledigung kommen dürften, so habe die Deputation zu einem anderen Votum nicht gelange» können. Einstimmig^ und debattelos trat das Haus den Dcputätionsanträgc» bei. — schließlich nahm die Kammer noch die Anzeigen des Vorsitzenden der 4. Deputation. Herrn Kannnerherrn v. Schönberg-Mockritz, über zwei für unzulässig er klärte Petitionen entgegen. — Nächste Sitzung Freitag, den l6. März. — Herr Landtagsabgcordneter Kellner, der Vertreter des 23. Wahlkreises (Plauen r. V.), theilt uns mit, daß er den in der Abcndnummcr erwähnte» Antrag zum Fleischbcschaugesetz noch nicht mit unterzeichnet hat, sondern zuvor erst mit seinen Wählern Rücksprache nehmen will. — Zu den Petitionen um Bahnbauten, welche die Finanz- Deputation 6 der Zweiten Kammer empfiehlt, auf sich beruhen zu lassen, gehören auch die Petitionen der Gemeinde Klotzsche um Herstellung einer elektrischen Straßenbahn nach Dresden und die Petition um Erbauung einer uvriualspurigcn Industrie- bez. Vorortsbahu zwischen Wilsdruss -Gorbitz-Cotta-D resden. Bezüglich der echteren heißt es in dem Berichte: „Die Deputation hält den Zeitpunkt noch nicht für gekommen, an welchem sie eine derartige dringende Nolhwcndigkeit anerkennen möchte, besonders da die Eisenvahnverwaitung für Klotzsche das Möglichste thue, um durchaus günstige Zugsverbindungcn aufrecht zu erhalten." Mit Bezug auf die Linie Wilsdrufs-Dresden heißt es: „Ohne aus das Sachliche dieser Petitionen zunächst eiuzuaehen, mußte sich die Deputation der Thatsache erinnern, daß sür die Stadt Wilsdruff in nicht zu ferner Zeit bereits zwei Bahnverbindungen geschaffen worden sind, während für eine dritte, demnächst zu erbauende, bereits ein Königl. Dekret angckündigt ist. Sie vermeint auch ihrer seits, daß hiermit der wirthschastlichen Bedeutung des Ortes ent sprochen werden könne, erbat sich aber vor Allem in dieser Frage die Auslassung der Königl. Staatsrcgierung. welche lautet: Das Hochplateau zwi'cben Wilsdruff und Dresden kann mit einer normalspurigen Eisenbahn nur erreicht werden, wenn man die Bahn von der Verbindungskurve Hauptbahnhof Dresden-Bahnhos Fricdrichstadt in der Nähe der Lobtaucr Straße abzweigen. den Bahnhof Friedrichstadt gänzlich vermeiden und die Linie an der Weißens; hin über Cotta, Burgstädtel und Leutcritz führen würde. Dabei müßte die Bahn von Cotta bis Podemus unausgesetzt im Verhältniß 1: 40 steigen, den Schooncr Grund aus einem MO Meter langen und 50 Nieter hohen Viadukte, der allein 900,000 Ml. kosten würde, übersetze» und könnte die Stadt Wilsdruff nur auf großen Umwegen erreichen. Während die jetzige Bahnverbindung Wils druff-Dresdcn über Potichappel 17,8 Kilometer lang ist. wurde die erbetene Bahn 19 Kilometer lang werden, denn w, wie sich die Petenten die Babuführung aus der Skizze zum Gesuche gedacht haben, ist dieselbe gar nicht ausführbar. Die Bahn kann auch nicht den Charakter enier Vorortbahn erhalten, weil das ungünstige Gelände nicht gestattet, mit der Bah» an die Vororte in zweck dienlicher Weise hcranzugelaugcn; da die Bahn in Steigungen : 40 liegt, lassen sich schon deshalb Haltestelle», z. B- nördlich von Gorbitz, nicht anlegcn. Für einen Durchgangsverkehr aber kann eine solche Bahn noch weniger in Betracht kommen. Die Schmalspurbahn nach Wilsdruff wird für den Lvkalverlehr nach aführuna des Nollbockverkehrs allen berechtigten Wünschen ge nügen. Die Stadt Wilsdruff hat außerdem Aussicht, zu der Bahn verbindung nach Nossen auch noch die Verbindung nach Miltitz- Meißen zu erlangen; es würde nach alledem nicht zu rechtfertigen ein, wollte man auch noch eine Vollspurbahn nach Dresden, deren Koste» im Hinblick auf die Grundwerthe bei Dresden mit min destens 5.000.OOO Mk. zu veranschlagen sein würden, erbauen." — Zwischen dem Königl. Sächs. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts einerseits und 1. dem Königl. Preußischen Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen- heiten, 2. dem Kailerl. Statthalter in Elsaß-Lothringen und 3. dem Grvßherzoglich Sächs. Staatsministerium — und zwar jedem der- elben besonders — andererseits ist vereinbart worden, daß die bisher geltenden Uebereinkommen wegen gegenseitiger Anerkennung der Prüfungszeugnisse für das Lehramt an höheren Schulen auch nach der kürzlich aus beiden Seiten erfolgten Neuordnung der Prüfung sortbcstehen sollen. Demgemäß werden die von den Wissenschaftlichen Prüfungs-Kommissionen des König reichs Preußen, des Reichslandes Elsaß-Lothringen, des Groß- herzoathums und der Herzogthümer Sachsen ausgestellten PrüfunaS- zeuginsse sür das Lehramt an höheren Schulen im Königreich Sachsen in gleicher Weile anerkannt werden, wie die von der Wissenschaftlichen Prüfungs-Kommission zu Leipzig ausgestellten Prüsungszeugnisse. - Nach einer neuerliche» Verordnung des Justizministeriums ist das Verfahren bei Entmündigung von Personen wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche dahin geregelt worden, daß Staatsanwamchast und Gericht sich zur gemeinsamen Mitwirk ung bei der Entmündigung zu vereinen haben, damit sür die Zu kunft die thunlichft sichere Garantie geboten ist, daß alle Falle ausgeschlossen bleiben, in denen etwa eine ungerechtfertigte Unter-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder