Dresdner Nachrichten : 09.04.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190004093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19000409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19000409
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-04
- Tag1900-04-09
- Monat1900-04
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- Dresdner Nachrichten : 09.04.1900
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Der „Frankfurter Zeitung" wird aus New-Jork gemeldet: Hier ist über Tacvma die Meldung ein- aelaufen, daß Rußland von China ltvnzessionen für die Bahn strecken von Luhan nach Honan-fu und von Kalgan nach Peking erlangte. Rußland verlangt auch die den Engländern verweigerte Konzession für die Bahn von Taven-su nach Sian-fu. London. DaS „Reuter'sche Bureau" meldet aus Bcthany vom 5. d. Mts.: Die gefangenen fünf Kompagnien wurden über rascht, als sic auer durch das Lhnd nach Smithfield über Dcwets- dorp marschitten. Die Truppen hatten keine Kanonen. Redders- burg ist von den Engländern wieder besetzt. Der Feind bedroht die englischen Verbindungen im Süden. London. Eine wertere Depesche des „Reuter'schen Bureaus" aus Accra von gestern besagt, daß der Gouverneur und seine Ge mahlin voraussichtlich sich in einem Fort von Kumossi befinden imd daß zwei Ofnziere verwundet wurden. Einzelheiten über die Empörung der Aschantistämme fehlen. London. Ein Telegramm des Reuter'schen Korresoudenten in Lebombo (Swaziland) schildert die Lage des Landes als eine schreckliche. Die Regimenter der Königin (Queens Imp iss im Swaziland« metzeln die schlecht angesehenen Häuptlinge mit ihren Familien und ihrem Gefolge massenhaft nieder. Konstantinovel. Die Botschafter überreichten gestern der Pforte eine Kollektivnote, in welcher sie erklären, eine ein seitige Zollerhöhung sei undurchführbar, sie seien jedoch bereit, mit der Pforte diesbezüglich zu verhandeln, wenn ihre Regierungen hierzu die Zustimmung geben. Athen. Der „Astv" zufolge leidet der König an einer Obren- Entznndung als Folge eines Influenza-Anfalles nnd wird dem nächst nach Wien reisen, um euren Specialarzt zu konsuitire». Washington. General Otis ist auf Wunsch vom Ober kommando auf den Philippinen enthoben nnd General Mac Arthur zu seinem Nachfolger ernannt worden. O ertliches und Sächsisches. — S«. Majestät der König besuchte gestern Vormittag den Gottesdienst in der katholischen Hofkirchc und ertheiltc später im König!. Residenzschloß mehrere Audienzen. — Ihre Königl. Hoheiten die Prinzen Georg und Albert beehrten Sonntag Mittag die Ausstellung der Schiller arbeiten der Königl. Kunstgewerbeschulc mit eurem längeren Be suche und nahmen die zahlreich ausgestellten Arbeiten unter Führung des Herrn Geheimen Hofrath Grass in Augenschein. — Ihre Königl. Hoheiten Prinz und Prinzeß Johann Georg sind in der Nackt zum Montag noch siebenwöchcntlicher Abwesenheit hier wieder einactroffen. — Herr Oberst Franke, der neue Kommandeur des IW. Re giments in Zittau, ist vorgestern nach München gereist, um sich persönlich beim Prinz-Regenten Luitpold von Bauern zu melde». — Der Sonntag Pal mar um, hier und irr den meisten anderen Gegenden des protestantischen Deutschland der Konfir mation bezw. der neu korrfirmtrten Jugend gewidmet, pflegt von dieses zu Spaziergängen benutzt zu werden, bei denen sich die nun der Schule Entwachsenen zum ersten Male in ihrer neuen Würde als „Erwachsene" zeigen sollen: leider wich dieses „Erwachsenjein" nur zu oft in unschönem Sinne aufgefaßt. Gestern verbot es das last den ganzen Tag über herrschende nnsreundliche Wetter fast non selbst, größere Exkursionen zu unternehmen, nnd so verlies der Lag im Großen und Ganzen stiller, als sonst. — Das Hochwasser der Elbe steigt zwar langsam, aber stetig weiter und erreicht schon wieder eine bedrohliche Höhe. Wie bei uns. so haben auch in den Zuflußg ebieten der Moldau kleinen Elbe, Jser und Eger in den letzten Tagen ganz erhebliche Niederschläge stattgcfunden, die ein beträchtliches Anschwellen der genannten Flüsse zur Folge hatten. Hier in Dresden ist die Elbe seit Sonnabend früh bis gestern Vormittag von -ff 73 Ctm. auf -ff 206 Ctw. gestiegen: »ach einer von der hydrographischen Landesabtheilung in Prag hier eingegangenen neueren Ansage ist für heute, Montag, Abend in Dresden ein Wasscrstand von -s- 390, für morgen Mittag ein solcher von -ff 420 Ctm. und noch weiteres Steigen zu erwarten. Das diesmalige Hochwasser dürfte also noch dasvomvorigenHerb st übertreffen! Infolge des hohen Wasserstandes ist natürlich auch die Schifffahrt gestört, und schon gestern konnte die Sächsisch-Böhmische Dampsfchifffahrts- Gesellschast den Betrieb nicht voll aufrecht erhalten. Heute ist an einen Schifffahrtsverkehr überhaupt nicht mehr zu denken. Diese neue Betriebsstörung ist im Interesse der Gesellschaft, die schon durch den anhaltenden Winter und den böhm. Kohlenarbeiterausstand zu einer überaus langen unfreiwilligen Pausirung gezwungen war, sehr zu beklagen, zumal da angesichts des immer noch nicderftrömcnden Regens ein Zeitpunkt für die Wiederaufnahme der Fahrten gar nicht mit Bestimmtheit angegeben werden kann, während dieMster- feieitage vor der Thür stehen. — Die Protest-Versammlung gegen die Kunstpara- graphen der I« Helnze. welche am Sonnabend Abend im VereinS- hause stattfand, hotte Saal und Tribünen mit Vertreterinnen und Vertretern der besten Gesellschaftskreise der Residenz — etwa 1000 Personen — dicht gefüllt. Die Leitung der Versammlung lag in den Händen des Herrn Bildhauer Offermann, der dieselbe nach M Uhr mit begrüßenden Worten an die Erschienenen eröffnete. Als erster Rckner sprach Herr Kunstschriftsteller Avenarins: Die Im Heinze sei kein zusammenhängender Gesetzentwurf. Es handle sich um Aeoderunaen und Ergänzungen des Strafgesetz buches. DaS. was das Ganze Zusammenhalte, sei nur der Ver such, Erscheinungen der Unsittlichkett zu bekämpfen. Wer freute sich eines solchen Bettuches nicht und wenn Einer thut, als wäre ein Feldzug für die freie Schamlosigkeit im Gange, so leugne er. Nein, wlr warnen davor, daS Kind mit dem Bade auszuschütten, ja daS Kind im Bade ertrinken zu lassen. Hier kommen die beiden Kunstparagravden in Frage. Eine Bewegunggeh« durch das Land, der keine politische Partei Grenzen setze und Männer besten Stan des hielten sich nicht sür zu gut zum Kampfe auf diesem Gebiet«; fteiltch auch Leute anderer Art. die nicht daran denken, Alle- unter schreiben zu wollen. waS gegen die Im Heinze gesagt werde. Sich über das Allgemeine deS Gegenstandes verbreitend, hebt Rckner hervor, -atz aus dem Gebiete, wo jene neuen Bestimmung« eingreifen wollen, unzweifelhaft Mißständc liegen, gegen die ein Eingreifen noth thut. Wir wissen wohl, daß es einen ganz beacht lichen Tkeil von Büchern, Hefte», Tingeliangelltückcn und der gleichen Maaren stiebt, die aus Schmutz geformt sind. Bekämpfen wir sic. wo wir können ; wir haben dagegen auch bereits Bestimm ungen im gegenwärtigen Recht. Es geht nicht an. daß wir blind lings darauf losschießen, wo die Lumve zwischen anständigen Leuten stehen. Es giebt ein gemischtes, ein strittiges Gebiet, wo der Eine sich verletzt fühlt, der Andere nicht. Auch rein keusche Dar stellungen rc. können unter Umständen das Schamgefühl gröblich verletzen. Möglich, daß die Kunstparagravhen in vereinzelten Fällen Gutes stiften. Viel wird es nicht sein, denn unsichtbare Geister gehen durch das Schlüsselloch, und welche Schädig ungen stehen einem etwaigen Ruhen gegenüber! Was besorgt mache, sei vor allen Dingen die Dehnbarkeit all' der in den Para graphen verwendeten Begriffe. Schamlos ist die Dirne, über ihr steht der reine, schamhafte Mensch und über unserer Schamhaftig keit steht die Reinheit des Göttlichen, die unantastbare und nichts antastende, weil durchgeistigte Natur, die Kunst. Richt nur durch Nackbeit wird daS Schamgefühl verletzt. Alle möglichen anderen Verbrechen, Ehebruch und dergleichen. Wersen in unsere Dicht ungen ihre Gluthen und es kan» kommen, daß nicht Irl. Schul-c oder Müller, weil Romeo nnd Julia, Faust und viele Andere rhr Schamgefühl verletzten, dem Theater fern bleiben, sondern Shakespeare oder Goethe diesen Damen weichen müssen. Ebenso dehnbar wie die gröbliche Verletzung des Schamgefühls sei der Begriff, ob eine Kunstausstellung öffentlichen Zwecken diene oder unter öffentlichein Verkehr stehe. Die Rechtsprechung schwankt, alle Erklärungen vom BundcSrathstische binden den Richter nichr. Es könnte sein, daß wir Zuständen entgegen gingen, unter denen Lrlteratur unv Kunst sich fühlen müßten wie die Sträflinge unter Polizeiaufsicht. Es hängt Alles von der Auslegung ad, wie die zahlreichen Vorkommnisse der letzten Jahre insbesondere mit dem ..acoven Unfuaparagraphen" lehren. In der Auslegung sind die Richter an nichts Anderes gebunden, als an den Grsetzestcxt uns ihr Gewissen. Unklare Bestimmungen führen zu RechlSM'.sicherdett. Die Paragraphen sa^ea nicht, daß wir ausgebangcn werdr-r sollen, sie errichten nur einen Galgen, aber unter einem solchen wohnt es sich nicht gemüthlrch. Unmöglich kann jeder Richter ra Kunstdingcu Sachverständiger sein. Wer ausgewachsen M in der Kunst, den ekelt's vor den Schmutzprodukken Nur Erziehung dazu, das Wesentliche «u sehen, überall das Knnstwect zu erfassen, ästhetische Erziehung allein ist es, die nach und nach oie Schamversetzung »iS Mißverständnis; bekämvfen kann. Helft uns dabei, ihr gesetzgeben den Herren, aber hindert uns nicht dabei' Möge dieses Unheil am deutschen Volke vorübcrgehen I Geht es nicht vorüber, würden diese Kunstparagraphen Gesetz — eie. Gutes hätte es, wie noch nichts Anderes, seitdem das Deutsche Reich besteht: ES würde an die geistig Lebendigen mne Mahnung sein, sich zusammen zu schließen, und mit ganz anderer Entschiedenheit als bisher im öffentlichen Lebe» mit zu wachen und mit dimnzuceden nnd zu kämpfen, bis jener Makel aus dem deutschen Gesetzbuch« wieder ausgervttet ist aus der Stirn des Volkes, das nma einst das Volk der Dichter und Denker genannt hat. Wir wollen seycn, ob wir nunmehr das Volk Nveren's sind, oder das Volk Diner s und Goethe s. — Darauf ergriff Geh. Hosrath Prof. Dr. Treu dus Wort, um sich vom cstandpunkte der bildenden Kunst aus über die fraglichen Para graphen zu verbreiten. Wenn es sich um weiter nichts handelte, als Schamlosigkeiten und Obscor,«täten aus den Schaufenstern zu entfernen, wer würde dem nicht mit ganzer Seele zustimmen! Derartiges zu verhindern, reichen aber, wie die Vorkommnisse beweisen, unsere gegenwärtigen Mittel ickon aus. Wenn es jetzt schon möglich ist, daß in dem Schaufenster eines Ladens sür Malerutensilien eine Gliederpuppe verhüllt werden mußte, die doch durch ihre Geschlechtslosigkeit schon keinen Anstoß erregen könne, so bedarf es wahrlich keiner neuen Pauigraphca, oder sie müssen weniger vieldeutig sein wie die gegenwärtig vorgeschlagcncn. Es genügt jetzt, daß das Schnnigcfühl verlegt ist: wessen Scham gefühl? Das Schanigefühl der derschiedcncu Leute ist sehr ver schieden konsttuirt. Es soll das gellen, was das sog. gesunde Volk vor den Gegenständen empfindet. Was empfindet Las gesunde Volk? Der Herr Redner geht hier unter großer Heiterkeit wezlell auf ein Verlangen nach Beseitigung der im Dresdner Großen Garten ausgestellten Heuer'schen Statuen ein. Wenn die Polizei darauf eingehen müßte, so sei noch viel mehr ans unserem Großen Garten zu entfernen. Könne man von einem Kunstwerk sagen, daß die Nacktheit keusch gebildet sei, so gelte es von den Bildwerken Heuer's. Das Gesetz enthält keinen Zusatz, welcher die höheren Interessen der Kunst und Wissenschaft schützt. Nicht nur der Schutzmann, sondern der Philister soll der Kunst den Platz anweiien, den sie haben soll, und sogar im Interesse der Kunst selber soll es richtig sein, daß das Gesetz dazu diene, um die aus Abwege gerathene Kunst ans den richtigen Weg zu weisen. DaS können sich die Künstler nicht gefallen lassen, das Nackte muß Gegenstand der Kunst sein, weil der Menschenleib das schönste Stück Welt ist, das wir kennen, das Einzige, welches wir auch selbst kennen, well wir es auch selbst leben. Es wird die höchste Aufgabe des Künstlers bleiben, den Menschcnleib zu bilden. — Hosrath Dr. Meyer, Dramaturg des Königl. Hof- cheaters, schildert die Gefahren der Kunstparagraphen für die Bühne. Erst vor wenigen Monaten konnte man noch lächeln über die Erzüblungen aus den alten Zeiten der Wiener -vhcotercenjur. Unser Lächeln mußte dagegen schwinden, als wir staunend lasen, welcher Geist engherziger Kunstrichtung die derzeitige Reichstags- Mehrheit beseelt und welch' sonderbare Blüthcu sie getrieben bat. Der sogenannte Theaterparagraph sei für die aesammte dramatische Kunst verbängnißvoll. Die seither übliche polizeiliche Theatercensur werde auch unter der Herrschaft der lex Heinze bestehen bleiben. Sie werde nur um so rigoroser gebandhabt werden, und die Theater werden um so weniger zu fürchten haben; denn sie können sich aus die Polizei berufen, deren Schamgefühl doch als normal angesehen werden müsse! Die Hostheatcr dagegen unterständen der polizeilichen Censur nicht, sondern übten ihre eigene Censur aus. Die Censur freilich unter den neuen Verhältnissen werde den Hoftheatern zum Danaergeschenk werden. Der Spielplan würde einer Revision unterzogen werden, die jeden aufrichtigen Kunstfreund mit Grauen erfüllen müßte. U. A. würden vom Spielplan entfernt werden müssen: Die Räuber, Kabale und Liebe, Maria Stuart, Emilia Galotti. Faust erster und zweiter Theil, Goetz, Clavigo. Stella. Zerbrochener Krug. DeS Meeres und der Liebe Wellen, GewiffenSwurm. Metneidbauer, Dos vierte ! Gebot. Romeo nnd Julia, sämmtliche KönigSdramen von Shake- ' speare, Eingebildeter Krauler. Misanthrop. Lohengrin. Launhänjer, Tristan, Walküre. Siegfried. Götterdämmerung. Don Inan. Figaros Hochzeit, 6vsi tun tntto. Königin von Saba. Siciltaniscbc Baueruehre. Rigolctto, Odhsseus' Heimkehr rc. Unter der Herr schaff deS Thectterparagraplien könne dos deutsche Theater nick: bestehen und gedeihen. Wir würden zu einer Kinderstuben Dramatik komme», und die Heroen der Weltiitterattrr hätten umsonst gelebt und geschaffen. — Schließlich unterwarf Amtsrichter Dr. Heinze das Gesetz bezw. dessen Kunstparagravhen vom juristischen Standpunkte aus einer einaehendcn Kritik. Der Jurist werde das Gesetz schon mit mißtrauischen Angen betrachten. I» längeren jurisiffchen Deduktionen erttärte Redner, daß hervorragende RechtSkenuer sowohl in objektiver als subjektiver Richtung den Begriff des Unzüchtigen schar» zu begrenzen bemüht geweicn. während der Begriff der gröblichen Verletzung des Schamgefühle' früher schon als zu eng bei der Schaffung des Strafgesetzbuchs fallen gelaffcn worden sei. Den Herren, dre dieses jetzt macker, wi die antike Sckönkeit ein Dorn im Auge: sie wollen dos wahre Menschenthum beseitigen und enge konfessionelle Begriffe an seine ! Stelle setzen. U. A. nrgnmentirte Redner, daß bereits letzt hi» i reichende gesetzliche Mittel geboten seien. Unzüchtiges zu unter ! drücke», namentlich bei der weitgehenden Anwendung, die der ^ Paragraph über den groben Unfug bei Verurtheilnngen gefunden habe. Die Beispiele, die der Vortragende in letzterer Richtung aiizvg, waren für das Auditorium freilich nichts weniger als glück lich gewählt. Wenn sich Jemand über den Fürsten Bismarck im »Witthshans laut abfällig äußert, oder bei der Centenarseier zmn i Anderilcn an unseren ehrwürdigen Kaiser Wilhelm I. demonstrativ die festliche Illumination a» seinem Hanse beseitigt, so mag es > schwer sein, juristisch den Thatbcstand des groben Unfugs l daraus abzuleiten. Diese Falle aber als Belege sür eine ganz s verfcklte Anwendung jenes Strafgesetzparagraphen einem gebildeten Dresdner Publikum vorznführen. kann nur einem Redner vassirrn, " der nicht im Bilde ist. Tbatsüchlich legte es sich aus die Znbörer- , schalt momentan wie ein Alb und der Eindruck dicker Anwandlung s mußte erst durch weitere zutreffende Ausführungen überwunden i werden, um die Gesammtsttmmuiig wieder zu beben. Die Sache »habe aber noch eine viel ernstere Bedeutung: Wahrscheinlich werde ! nicht so heiß gegessen werden, wie gekocht worden sei und die Ge- j richte werden sich wahrscheinlich sträube». Alles so zu macke», wie ! cs das Gcwk verlange. Das sei aber ein immenser Schaden für j die Gerechttglcit. wenn der Jurist nicht mehr logisch die Konse- ; gucnzeu des Gesetzes ziehen könne und anders uttheilen müsse, als > er urtheileu sollte. Das Gesetz schlage der wahren Gerechtigkeit. ! dem Fundament des Staates, in's Gesicht. Stürmischer Beifall ! folgte den Ausführungen eines jeden der Herren Redner, und ! nachdem der letzte derselben geendet hatte, nahm die Versammlung ' eil,stimmig die bereits in der gestrigen Nummer mitgetheiltc Re- j svlution au. In einem Schlußworte sprach endlich Proseffoc Dr. ! Schumcr >! n gegen die Ausführungen des Hofprrdigers a. D. Stöcker in der Versammlung am Freitag und forderte zur Gründ ung eines Dresdner Goetde-BundcS ans, wie ein solcher be reits in Berlin und München bestellt. Wer demselben bettrete, erkläre sich als Feind jeglicher schmutziger Schamlosigkeit in Kunst und Litteratur. tei dagegen bereit, für freies künstlerisches, Schaffen einzntreten. DaS Komitee des Bundes bilden diejenigen Herren, die zu dieser Protestversammlung eingeladen hatten, und es erfolgte alsbald eine stattliche Reihe von Beitrittserklärungen. Vom Berliner und Münchener Goethe-Bund waren BegrüßungS-Tele gramme eingelaufen. — Am 5. April ds. I. warm 25 Jahre in's Land gegangen, daß das Königl. Lehrerinncnseminar zu Dresden als Bilduiigsaustalt sür wissenschaftliche Lehrerinnen besteht. Bic- Oslern '1875 war die Anstalt nichts weiter als eine Privat-Töckter schule gewesen, die unter der tüchtigen, vom Geiste der Gortes furcht und Liebe getragenen Leitung ihres Direktors Bernhard Dietrich sich allgemeinen Ansehens erfreute. Durch gänzliche Um wandlung der Organisation der Anstalt wurde die auf der Zwinger straße gelegene Töchterschule vom 5. April 1875 ab in ihren Obcrklassen zum Seminar ansgebaut. während die Unterklaffen als Mädchenschule, die zugleich als Seminar-UcbungSsckulc mit zu dienen hatte, bestehen blieben. Der bishciae Leiter der Schule wurde zum Seminardirektor ernannt, die meisten Lehrkräfte derselben avancirten zu Seminarlehrcrn und Oberlehrerinnen. Mit großem Segen und bestem Erfolge hat das König!. Lehrerinnenseminar in dem verflossenen Wjähiigen Zeiträume seiner Ausgabe, weibliche Lebrkrüfte heranzubilden für die Volksschule und für den häuslichen Privatunterricht obgelegen, sowohl unter seinem ersten Leiter Lchulrath B Dietrich, als auch unter dessen Nachfolger, dem »cir 1894 an der Spitze der Anstalt stehenden Seminardirektor v. R. Buddcnfieg. Wohlgerüstet sür ihren nicht leichten Beruf sind Hunderte von jungen Lehrerinnen nach bestandener Reifeprüfung hliiallSgezogm von ihrer Bildungsstätte in's Schnlleben und haben i die Saat, die treue Lehrerhand im Seminar gestreut, in den; Herzen der ihnen anvertrauten Kinder zu fröhlichem Gedeihen und zu segensvvller Fruchtreife gebracht. Seit dem 16. April 1998 de sitzt das Lehrerinnen!eminar iu dem rbcrffo schön als prakrffch em gerichteten neuen Schiffbaus auf der Marschnerstraße eine Heim stätte. die einer Staatsanstalt in jeder Beziehung würdig i,l. Die eigentliche Judiläumsserer vollzog sich am vorigen Donnerstag Vormittags 11 Uhr. in einfachstem Rahmen und in rein interucc Weise, da nur der Lehrkörper, die Seminaristinnen und die Ober klaffen der Seminarschule in der Aula versammelt waren. Hern ll. Buddensieg gab einen Ueberblick über die Entwickelung der Anstalt und konnte feststellen, daß diese im neuen Schuljahre mit etwa 170 Seminarzöalingcu und 230 Schülerinnen der Töchter schule die größte, der den gegebenen Raumoerhültniffpr überhaupt mögliche Schülerinnenzaht erreichen werde. Nach Worten des Dankes gegen Gott und gegen die vorgeievten Behörde» waudic sich Redner mit herzlichen Glückwünschen an drei Mitglieder de- Kollegiums, die der Schule seit ihrer Gründung angehören, also ein Äjähriges Amtsiubtläum feiern dursten: die Herren Oberlehrer Hausse, Knos und Berghold. Im Rainen der Beglückwünschten dankte Herr Oberlehrer Knos. Eine zweite Jubtläumsfestseier in etwas erweiterterlJorm fand am Sonnabend Nachmittag 6 Uhr in der Turnhalle des Seminars statt. Als Ehrengäste hatten sich erzu die Herren Geh. Cchulräthe Bornemann und Grüllich, todtrath Fischer. SLulrath Dietrich. Königl. Prüfunaskoimnissac k. Oster rc. erngesunden; auch zahlreiche srübere Schülerinnen hatten anläßlich des JubiläumStages ihre einstige alw-r water jeder ausgesucht. Die Festseier wurde eröffnet durch eine von der -emlnarlehrerin Frl. Schwabhänser komponirte und am Flügel Vorgetragene schwungvolle Fejt-Ouverture, die in dem Choräle »Ri« dankt Alle Sott* «Mang. Hinauf überreichte eine Ab- »vzv)r'»4vrr srs u»kuvj.i?,r
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