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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187003313
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18700331
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18700331
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-03
- Tag1870-03-31
- Monat1870-03
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1870
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1 2934 erreichen (die gesunden und befähigten Kinder), und in solche, die das Schulziel kaum zur Hälfte erreichen. Bei den letzter« scheinen die Gehirnfunclionen fast erloschen; doch sind diese Schwachsinnigen von den Blöosiavigen (bei denen alle- Geistige erloschen ist und die nicht zu heilen sind) zu unterscheiden; sie sind im Besitz der Sprache, ste lernen die durch die Sinne erworbenen Anschauungen zu Begriffen verwertheu und erweisen sich mit einem Worte noch als bildungsfähig. Auf dem gewöhnlichen Wege läßt sich freilich mit solchen Kindern nicht- erreichen. Die Schule weiß nichts mit ihnen anzufangen, sie sind Steine deS Anstoßes für Kinder und Lehrer; sie bilden häufig Zielscheiben deS Spotte-, und leider pflegt man ihren Geistes-Zustand erst recht zu er kennen, wenn sie auf der Verbrecherbank sitzen, oder sonst wie einer Gemeinde zur Last fallen. In Oesterreich, Baden und andern Orten hat man daher die Forderung gestellt, daß diese Kinder in besonder« Anstalten auSgebildet werden sollen; auch in Leipzig ist diese Idee im Werke. Der Vortragende entwarf hierauf ein Bild von der Wirk samkeit an Schwachsinnigen, welches in seinen einzelnen Zügen zeigte, wie eigenthümlich man mit solchen Kindern verfahren muß. Sie müssen als tabula rasa betrachtet werden, müssen sehen, hören, riechen, tasten lernen, müssen einen sorgfältigen Anschauungs unterricht (mit Sachen, Modellen, Bildern) erhalten, und endlich müssen sie ruckt nur unterrichtet, sondern zu praktischen, er werbsfähigen Menschen erzogen werden. Nachdem der Redner daraebgt, daß dies in Nachhülfeclaffen nicht möglich sei, und in Anstalten, welche nach Art der Bewahranstalten eingerichtet sind, geschehen müsse, wieS er darauf hin, daß die schwachsinnigen Km der in solchen Anstalten gar wohl die ihnen gesteckten Ziele erreichten, wozu unter Andern die HubertuSburger den Beweis liefere (deren Arbeiten, Flechtereien, Bücher rc. ausgestellt waren), die bereu- 62 Kinder habe confirmiren lassen, worunter nur drei in ihren Zustand zurück fielen. DaS Schulziel, welches der Leip ziger Rath einer solchen Anstalt gesteckt habe, sei freilich viel zu hoch und müsse herabgesetzt werden. Hieran knüpfte der Redner Berichte über die Nachhülfeclaffen in Dresden und Chemnitz, die nicht besonders günstig lauteten, und stellte dann die Gründung einer Sckule für Schwachsinnige in Leipzig (wo eS 30—40 solche Kinder gäbe) als höchst nothwendig hin. Es sei eine Grausam keit, diese Kinder in den gewöhnlichen Schulen zu lassen, und wie andere zeitgemäße Ideen, die man bekämpft habe (wie z. B. den Taubstummen-Unterricht), immer wieder aufgetaucht und zur Ausführung gekommen seien, so werde es auch mit dieser Idee gehen. Nach diesem Vortrage verlas der Vorsitzende einen Brief deS vr. Erdmann, der leider vom Besuch der Sitzung abgehalten war. vr. Erdmann sprach darin unterm Anderm auS, daß, wenn eine solche Anstalt wirklich nothwendig sei (waS er freilich bestreite), dieselbe noch ganz anders eingerichtet werden müsse, als der Rath beabsichtigt habe. Die Kinder seien dann auch dort zu speisen, zu verpflegen rc. Lehrer Stötzner spricht seine Freude über diesen Brief auS, der bezeuge, daß vr. Erdmann der Sache selbst Teilnahme schenke. Der Vorsitzende scklägt dann hinsicht lich der Debatte vor: 1) über die Kinder für solche Schulen; 2) über die Bedürfnisse derselben; 3) über die Mittel zu ihrer Bildung zu verhandeln. Die Gesellschaft geht darauf ein. Lehrer Thomas stellte sich auf den Siandpunct der Stadtverordneten und erklärte dann Folgendes: Wenn eine solche Schule für Schwachsinnige eine Nothfchule ist, so muß sich der Staat der selben annehmen, wie er ja bereits für Taubstummeninstitute, Blindeninstitute rc. sorgt. Für schwachbefäbigte Kinder frei lich hat die Gemeinde zu sorgen. Die Definitionen schwach sinniger Kinder schwanken sehr; anders beschreibt sie Prof. Bock, anders Bros. Wunderlich. ES muß also erst auSgemacht werden, welche Kinder als schwachsinnig dem Staate, und welche als schwachbefähigt der Gemeinde zufallen. Wie man aber über den Begriff und über die Zahl solcher Kinder schwankt, so ist man auch Über das mit ihnen zu erreichende Ziel nicht einig. Das Ziel, welche- der Rath gestellt hat, ist sicher zu hoch; Stötzner hat rS tiefer gestellt. Gehören die Kinder zu den wirklich schwach sinnigen, so wird sich wenig mit ihnen erreichen lassen; und wenn HubertuSburg gute Erfolge aufweift, so darf man dabei nicht vergessen, daß e- die zurückschickt, die es nicht für bildungsfähig hält. Schließlich 1 heilt der Redner noch seine eigenen Erfahrungen mit, die ihn nur eine sehr geringe DiSpositionSfähigkeit vei schwachsinnigen Kindern annehmen lassen. Medicinalrath vr. Sonnenkalb drückt seine Freude darüber auS, daß die Stadtbehörde etwas für die Sache gethan habe, waS um so dankenSwerther sei, als von Seilen der Regierung für diese Kinder in der Regel nicht- geschehe. Sachsen fei der ern- zige Staat, welcher auf vr. Ettmüller'S Anregung eine solche Anstalt zu HubertuSaurg in- Leben gerufen habe. An die Be griffe schwachsinnig und schwachbefähigt solle man sich nicht stoßen; die psychischen Abweichungen seien schwer in be stimmte Kategorien zu bringen. Um ein richtige- Bild von der Grelenthätigkcit eine- Kinde- zu erhalte», könne mau sich nicht alllln auf anatomische Blicke verlassen (es treten oft Ausnahmen auf, welche die auf Grund aüatortnscher Anschauungen gewomiÄÄ Ansichten über die Seelenthätigkeit eine- KmdeS theilweise wieder aufheben), auch nicht auf die Uriheile der Pädagoge». ^ priori kann hier nicht- entschieden werden, sondern eS muß der Lehrer erst, wenn er eine Zelt lang die Kinder unterrichtet hat, nach und nach erkennen, welche Kinder nicht bildungsfähig (und diese ge hören in Anstalten für Blödsinnige), und welche zwar bildungs fähig sind, aber wesentlich hinter andern Schülern zurückbleibe». Diese letzteren habe der Lehrer von seinem Unterrichte zurück zu weisen, damit sie auf besonder« Wegen zu einem leidlichen Ziele gebracht werden können. Hinsichtlich des Unterrichtes dieser Kruder schließt sich der Redner dem Vortragenden an. vr. v. Schlei nitz macht darauf aufmerksam, daß man bei der Beurtheiluug der fraglichen Kinder die schlechte Ernährung, den Mangel au aller geistigen Anleitung im Elteruhause, die verschiedenen Krank heilen, die ein Kind geistig Niederhalten könnten, berücksichtigen mü^' Lehrer Stötzner erwidert auf die Bemerkungen deS Profe' Sonnenkalb, denen er vollständig beistimmt, daß die von i verlangten Beobachtungen an den vorgeschlagenen Kindern bereit- gemacht seien, vr. Klei n bedauert, daß man zu den vorhandenen Classen der Unglücklichen (Blödsinnigen rc.) noch eine neue be sondere Claffe, die Schwachsinnigen oder Schwachbefähigten gründen müsse, daß aber doch die Stadt für solche Kinder zu sorgen habe, damit sie nicht zur Last fallen. Hierauf ward folgende Resolution angenommen: Die in Frage kommenden Kinder sind solche Individuen, an denen sich gezeigt hat, daß eine geistige Bildungsfähigkeit zwar vorhanden ist, aber mit den gewöhnlichen Mitteln in gedeihlicher Weise nicht gefördert wird, während zu hoffen steht, daß durch besondere außerordentliche Mittel noch günstige Resultate zu erzielen sind. Hierauf wandte sich die Debatte zu den Bedürfnissen solcher Kinder; man erkannte sie alS zum Theil physische, zum Theil geistige, und die folgende Resolution fand Annahme: In Hinsicht der physischen Be dürfnisse hat die leibliche Pflege mit der intellek tuellen Hand in Hand zu gehen; die geistige Pflege hat in elementarerer Weise zu beginnen. Den Schluß der Sitzung machte die Berathung über dle Mittel zur Befriedi gung der genannten Bedürfnisse. Lehrer Thomas behauptet, daß nur der Staat diese gewünschten Anstalten zu errichten habe, und daß eine Stadt nur für Nachhülfe im Unterricht in bestimm ten Classen sorgen könne, vr. Gelbe will nicht den RechtSftaud- punct, sondern nur das Bedürfnis und die Forderungen der Pädagogik berücksichtigt wissen, da dre Gesellschaft mit den ersteren sich nicht zu beschäftigen habe. Lehrer Manguer so wie auch der Vorsitzende sprechen auS, daß eine Stadt, wenn sie auch nicht rechtlich dazu verpflichtet sei, doch eine solche menschenfreundliche Anstalt gründen könne, wenn sie die Mittel dazu habe. Die Städtischer Verein. * Leipzig, 30. März. In der gestrigen Versammlung de- Städtischen Vereins stand als erster Gegenstand „die Er richtung einer Schule für Schwachsinnige" auf der Tagesordnung. Da der wesentliche Inhalt des von Herrn Lehrer Stötzner gehaltenen BortragS aus dem in der gegenwärtigen Nummer diese- BlatteS abgedruckten Referat über die letzte Sitzung der Pädagogischen Gesellschaft ersichtlich ist, so verweisen wir auf dasselbe. Herr Stötzner hatte eine Anzahl Arbeiten im BereinS- locale ausgestellt, welche in der Anstalt zu HubertuSburg von schwachsinnigen Kindern gefertigt worden und die von der Art ise der " und Weise der bei verkommenem Geistesvermögen möglichen Fort schritte em günstiges Zeugniß ablegten. Diese Gegenstände be standen in Korb- und anderem Geflechte, weiblichen Handarbeiten, Schreibheften u. s. w. Von den seit der Zeit ihres BestehenS confirmirten 62 Kindern der genannten Anstalt haben 16 al- Handwerker, 38 als Handarbeiter rc. ihr Fortkommen gefunden, 3 mußten zurückgestellt werden. Unter Hinweis auf die Resultate der in Chemnitz und Dresden bestehenden Nachhülfeclaffen für Schwachsinnige und Schwachbefähigte und angesichts der Tat sachen, daß man sich in beiden Städten für Umwandlung der Nachhülfeclaffen in Nachhülfeschulen und für eine vollständige Trennung dieser ausgesprochen, glaubte Redner die Gründung einer solchen Anstalt in Leipzig der Befürwortung deS Städtischen Verein- empfehlen zu dürfen. Herr vr. Schuster, welcher die Debatte eröffuete, betonte den wichtigen Unterschied zwischen Schwachsinnigen und Frage: „Sind Nachhülfeclaffen für die Bedürfnisse der fraglichen ?" wurde mit Nein!, die Frage: Sind be- Krnver ausreichend' sondere Anstalten dafür nothwendig? mit Ja! beantwortet. Nach dem noch Lehrer Thomas zu Protocoll gegeben: Die Schule für Schwachsinnige istSache desStaates; für schwach- befähigte sind Nachhülfeclassen zu schaffen; wurd^ die Sitzung geschlossen. bung« sich dahi befähigt, müßten 1e» in d sondern und ein richtigen Unterriö sei die wolle. Kinder, Weife e Die- sei habe er nommev ei» solch hierauf au-schuf sichtlich Seite gl H»z f ü Collegin Nachhül Heri Beruf-a so hege bewiesen Beger redner- derartig rigkeiter e- kour daß da, au-gefü sich da- Schluß Bescklul nächst ( stützen. Im Uel über di bereit- keine st eine jo die Ans bereit, i die städ halber abaesetzl »ahme * z Waage HülfS wähl v zur Bi Hand 1 samkeit von C 500 P Weihn« zur Be zurückg eine A Beschäl ertheilt vertheil reichen! den s Geldm geschick von b der A Verein denn e wer sii der S Zieh»,
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