87 Wirtschaftliche Masznalimen der Zünfte. Die Zünfte waren wirtschaftliche Vereinigungen, und als solche schenkten sie wirtschaftlichen Maßnahmen ihre besondere Beachtung. Der Zweck aller dieser Bestimmungen war die Sicherung des Gewerbe betriebes, die man zu erreichen suchte durch Konkurrenzbestimmungen gegen Fremde und gegen die Zunftgenossen selbst, durch Vorschriften über die Beschaffenheit der Waren, durch genossenschaftliche Einrich tungen, Regelung von Lohnsätzen und dergl. mehr. Die ältesten wirtschaftlichen Maßnahmen waren die Konkurrenzbestimmungeu, aber die für das Handwerk wichtigsten ohne Zweifel die Bestimmungen über die Güte der Erzeugnisse. Daher möchte ich mit diesen beginnen. Bestimmungen über die Beschaffenheit der Erzeugnisse. Wer heute die alten Znnstnrknnden des 16. Jahrhunderts liest, der wird staunen über die mannigfachen Bestimmungen, die für die Herstellung guter Waren gegeben worden sind. Wer kümmert sich jetzt darum, wenn ein Käufer ein Paar Stiefel erwirbt, deren Nähte nach kurzer Zeit des Gebrauchs anfplatzen, oder Wollzeug ersteht, das den Namen zu unrecht trägt. Eine Kontrolle über die Güte der Waren haben wir nicht, ausgenommen für gewisse Lebcnsmittelpräparate. Der Käufer meidet das Geschäft, und damit ist die Angelegenheit, wenn es sich nicht um ausgesprochenen Betrug handelt, erledigt. Wir lesen die alten Vorschriften, die einer genauen Arbeitsvorschrift und Quali tätsbezeichnung gleichkommen, mit Verwunderung. Und es ist die Frage am Platze, woher kommen diese Bestimmungen über die Be schaffenheit der Produkte? Stammen sie von den Zunftmitgliedern, oder sind sie aus Veranlassung der Aufsichtsbehörden in die Zunst- rollen hineingekommen? Die Frage ist von der Wissenschaft verschieden beantwortet worden. Kentgen vertritt die Ansicht, daß die Bestimmungen über die Güte der Waren nicht in der Absicht der Handwerker gelegen haben können, da viele Fälle von dem rücksichtslosen Eigennutz der Handwerker da gegen sprächen. Schönberg ist gleichfalls der Meinung, die Vor schriften seien aus Sorge für den Konsumenten geschaffen worden, also von seiten der Obrigkeit. Auch Stieda (S. 106) schließt sich dieser Ansicht an. Dagegen betonen andere, wie Jnama-Sternegg (Deutsche Wirtschaftsgeschichte III, S. 74) und besonders von Loesch (s. Literatur), daß die Vorschriften lediglich im Interesse des Hand werkers gegeben worden sind. Loesch sagt ans S. 53: „Der Schwer-