wenn sie spüren, daß man ihrem Tun und Reden eine be sondere Bedeutung beimißt. Besonders interessant sind die Beobachtungen, die man über eigenartige, nicht selten irrige Vorstellungen des Kindes anstellen kann. Etwa: die Mutter hat gelegentlich gesagt: „Sieh doch die hübsche blaue Blume!” Da aber das Kind die Farben noch nicht kennt, ist ihm von nun an das Wort „blau" eine Bezeichnung des ihm Wohlgefälligen, Angenehmen, Begehrenswerten. Es spricht von einer „blauen Tante”, von „feinem blauem Kuchen” usw. Beim Spielen mit der kleinen Eisenbahn wird das Wort „Zug” gebraucht, jedoch ist der einzelne Wagen des Zuges nach kindlichem Begriff damit gemeint. Oder die Spatzen sind keine Vögel, sie sind eben Spatzen, ein „Vogel” ist nur der Piep-piep, der im Vogelbauer sitzt. Die „große Ticktack” ist die Turmuhr, die „kleine Ticktack” ist die Wanduhr; und „meine Ticktack” sagte ein Kind für seinen Nabel — die runde Form hat dazu Anlaß gegeben. Ein Vierjähriger fragte: „Mutter, du kriegst morgen zu deinem Geburtstag doch ein Schaukelpferd?” Er selbst hatte vor vier Wochen eins be kommen zu seinem Geburtstage; nun waren ihm Geburtstag und Schaukelpferd untrennbare Begriffe. Beim Vogelbegräb nis hatte derselbe Knabe gesehen, wie die großen Ge schwister den kleinen Sänger in Seidenpapier gewickelt ins Grab legten. Als bald darauf ein Todesfall in der Bekannt schaft eintrat, fragte der Kleine ganz folgerichtig: „Nun wird der Tater T. wohl in Seidenpapier eingewickelt?” Ihm gehörte das Seidenpapier ganz wesentlich zum Sterben und zum Begräbnis. So hat jedes Kind seine Begriffs- und Ge dankenwelt und redet seine Sprache, die ein Fernstehender immer erst studieren und lernen muß. Nun heißt es: den Kindern ein Kind werden. Das bedeutet nicht etwa, die kindliche Sprache mit all ihren Eigenheiten und Mängeln nachahmen und mitmachen. Wie soll ein Kind richtig sprechen lernen, wenn man ihm nicht richtig vorspricht? Es ist auch nicht ratsam, die verstümmelten Namen, mit denen ein Kind sich zuerst selber nennt, festzu halten für spätere Jahre. Manches Kind hat unter den Schulkameraden zu leiden gehabt, die den einstigen Kose namen zum Spitznamen machten. Ebenso verfehlt aber wie das Nachahmen der Kinder wäre das beständige Verbessern Den Kindern ein Kind.