Vom ersten bis zum sechsten Lebensjahre Nach ahmung und Wieder holung. Autorität und Gehorsam. Zwei Gesetze des kindlichen Seelenlebens lassen sich beim Spiel der Kinder stets aufs neue beobachten: Nachahmung und Wiederholung. Was die Kinder bei den Großen sehen: hämmern, schreiben, nähen, kehren — alles wird sich in ihrem Spiele wiederfinden. Mit gewichtiger Miene steckt das Kind den Schreibstift hinters Ohr, liest aus der Zeitung vor, raucht. Das Lied, welches „Hänschen klein” mit Stock und Hut des Vaters besingt, trifft die Stimmung des Kinder gemüts ganz genau. Und der stolze Satz „wenn ich groß bin” kehrt ungezählte Male wieder. Dazu kommt die gleich falls unermüdliche Bitte: „Noch einmal!" Wenn Vater den Jüngsten auf der Schulter reiten läßt, wenn Mutter Ge schichten erzählt, stets lautet der Schluß: „Noch einmal!” „Ja, morgen!” Den beiden Grundgesetzen des kindlichen Seelenlebens, Nachahmung und Wiederholung, entsprechen die zwei Grundsätze der Erziehung: Vorbild und Gewöhnung. Alle Erziehung beginnt mit Autorität auf seiten des Erziehers und mit Gehorsam auf seiten des Zöglings. Man sage nicht, dem Kinde werde dadurch eine fremde Art aufgezwungen! Nein! Der junge Baum bedarf des Pfahles, der seinen Wuchs seine Bedeutung gehabt. Aber abgesehen davon, daß seine reich lich drastische Art bei zart empfindenden Kindern Abscheu weckt — man vergleiche doch die rein verstandesmäßige Motivierung der Geschichte vom „Suppenkasper" mit der oben geschilderten Methode, wie man schlechten Essern Lust zum Essen macht. Man vergleiche die Geschichten vom „Daumenlutscher" oder „Zappel philipp" mit dem Casparischen: Der Jochen kommt vom Spiel nach Haus, O weh, wie sieht der Jochen aus! Frau Ente und Herr Enterich, Die schau'n ihn an und wundern sich: Ja, selbst das Schwein wird stutzig Und schüttelt sich und spricht: „Pfui, Jochen! bist du schmutzig! So schmutzig bin ich nicht!” Man lege den Struwelpeter und die Casparischen Bücher neben einander. Dann ist ohne weiteres klar, was mehr zum Gemüt der Kinder spricht.