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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.08.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187508049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18750804
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18750804
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1875
- Monat1875-08
- Tag1875-08-04
- Monat1875-08
- Jahr1875
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.08.1875
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Erste Lcllagc mm Leipziger Tageblatt und Anzeiger« Zu den Landtigswahlen. * Leipzig, 3 Aug. Die Ergänzung-wahlen zum Landtage stehen nahe bevor. Emunvdreiß'g Sitze in der Kammer sind neu zu besitzen. Von dem Ausfälle dieser Watten hängt eS ab, ob die liberale Partei, welche bisher, ihre verschieden«» Schatlirungen zufammengerecbnrt, die Mehrheit in der II Kammer belaß, diese Mehrheit be baupten, vielleicht verstärken, oder ob sie zur Minderheit herabsinken soll An euch. Partei genossen, ist e«, da» letztere zu verhüten, daS erstere zur Wahrheit zu machen! Auf nunmehr drei Landtagen (seit dem Inkraft treten deS neuen Wahlgesetzes) haben die liberalen Abgeordneten zur II. Kammer in ihrem Auftreten vor dem Lande offen bekundet, welches ihre Ziele und ihre Wege sind, haben sie durch die Thal bewährt, daß ihnen daS Wohl aller Elasten deS Volkes, daß ihnen ein besonnener, aber stetiger Fortschritt in der Gesetzgebung ausrichtig am Herzen liegt Sie haben eine Reihe zeitgemäßer Reformen. theilS von der Regierung in bankens- werthcr Bereitwilligkeit ihren entgegengebracht. IhnlS von ihnen selbst angeregt, mrl Eifer gelöi- dert und erfolgreich inS Leben führen helf n. Sn haben dabei gez«igt, daß sie ebenso in ihren F,r derungen Maß zu batten und jede radikale lleder- stürzung zu vermeiden, als daß sie standhaft zu bleiben wissen, wo eS gilt, unveräußerliche Grund sätze zu verlhcidigen. Wesentlich mit durch ihre beharrlichen Anstrengungen ind jene wichtigen Verbesserungen in der Gesetzgebung zu Stande gekommen, welche den Gemeinden, inSbesoi.dere den Landgemeinden, ein erhöhtes Maß von Selbst ständlgkeit, den Bezirken eine biS bah n noch nichi gekannre Selbstverwaltung, den Bezirks- und Kreisangehörigen eine entscheidende Mitwirkung sogar der vielen Acten der Staatsverwaltung, der Volksschule eine zweckcntlprechende fachmän nische Aussicht, einen engern Zusammenhang mit Gemeinde und AelternhauS und eine für die all gkmeine Fortbildung dcS Volkes ersprießliche AuS dehnung ihrer Wirksamkeit über da- eigentlich schulpflichtige Aller hinaus gesichert haben. Sie haben durch eine sorgsame Controls der Ausgaben und Einnahmen deS Staate- daS Inter este der Steuerzahler wahrgenommcn, aber sie haben auch nicht gekargt, wo eS darauf ankam dringenden malern llen oder geistigen Bedürsnissin de» V. lke» entgegenzukommen. Sie haben für Landwirthschaft und Gewerbe, für Kunst und Wissenschaft und für jeden sonstigen WohlsahrtS- und Bildung-Zweck allezeit eine freigebige Hand gehabt. Sie haben sich angelegen sein lasten, und eS ist ihnen gelungen, durch Vereinfachung de» Geschäfts ganges die Möglichkeit einer Abkürzung der Land tage zu erzielen. Die liberale Partei wird nicht müde werden, im gleichen Geiste auf dem betretenen Wege weiter zu gehen. Wenn der nächste Landtag Voraussicht licy de. ständischen Thäligkeit weniger umfänglich« und tiefgreifende gesetzgeberische Ausgaben stellt, al- die vorhergcgangenen, so wird sich dennoch den Volksvertretern eine fruchtbare Wirksamkeit eröffnen in der Berathung mancher im Anschluß an bereit- vollendete Arbeiten der Lande-- und der ReichSgesetzgebung erforderlichen Maßregel, in der endgültigen Durchführung de- beim letzten Landtage festgesetzten neuen BesteuerungSmodu- (wobei vielleicht auch manche in der Praxi- her vorgetretene Unebenheit und Härte noch einc Milderung erfahren mag), endlich in um so sorg samerer Beschäftigung mit den finanziellen und wirthschastlichen Angelegenheiten deS Lande-, Die Ansicht, als ob tie Landtage der Einzel staaten an Werth und Wichtigkeit eingebüß' hätten und immer mehr einbüßen müßten nni der wachsenden Macht und Bedeutung de- Reiche» — diese Ansicht weisen wir entschieden zurück Je rücksichtsloser wir den Standpunct vertreten, daß die großen Angelegenheiten der Nation, di ihrer Natur nach eine Gemeinsamkeit und Gleich artigkelt der Behandlung erheischen, zweckmäßiger weise nur von den Organen eben dieser Gemein samkeit und Gleichartigkeit den gesetzgeberischer Gewalten deS Reiches, besorgt werden können um so aufrichtiger halten wir andererseits fesi an der Ueberzeugung, daß daneben ein reichet Feld fruchtbaren Wirken- fort und fort der selbstständigen Thäligkeit der Eirzelstaaten ge sichert ist und gesichert blerben muß — auf der- Gebieten der inner» Verwaltung und Wohlfahrt- Polizei, de- GemeindewesenS, der Kirche, des öffentlichen Unterricht-, der Pflege von Land- wirthschast und Gewerbe re. — und daß ein möglichst reger Wetteifer unter den Einzelstaatcn auf diesen Gebieten, je nach den besonderen Be dürsnisten und Interesten eine» jeden derselben, dem Reiche nur erwünscht und vorthrilhast sein kann. Die liberale Partei bedarf, um da- vertrauen der Wähler aus sich zu lenken, keine- neuen Pro gramm». Getrost kann sie auf ihre politische Vergangenheit verweisen, die offen vor den Augen de» Volke» daliegt. Diejenigen Wählerschaften, welche bisher durch einen al- liberal bewährten Abg« ordneten vertreten waren, werden einem solchen ihr vertrauen nicht entziehen. In solchen Wahlkreisen aber, in denen bi- jetzt die liberale Partei noch nicht durch einen Abgeordneten nach ihrem Hrrzen vertreten war, wird e» die Aufgabe unserer Parieigenosten sein, dahin zu streben, daß die- womöglich künftig der Kall sei. Und wenn sie nur eifrig, regsam und einig sind, wird ihnen die- auch wenigsten» hier und da gelingen. Nicht j-ber freilich ist liberal, der sich so nennt. So groß ist beutzutage bereit» die Macht de» liberalen Gedanken», daß kaum noch jemand sich offen als Gegner desselben zu bekennen wagt. Möge daher jede Wählerschaft, ehe sie für einen Canbidaten sich enticheldet, erst Zusehen, ob der selbe wirklich und aufrichtig frei und deutsch- gesinnt sei oder sich dloS so stelle. Sie wöge ferner p'üsen, ob er Math und Charakterfestigkeit genug besitze, um seine Ueberzeugung nicht nur in jeder Lage offen und frei zu bekennen, sondern auch, so oft die- nölhig, durch die Thal zu erhärten. Und nun ein Wort an diejenigen unserer Par teigenoffen, denen da» Vertrau.» ihrer Mnbü-g-r «in Mandat zum Landtage entgegenbringl! Möge keiner von diesen einer solchen Ebre, der höchsten, die dem Manne zu Theil werden mag. sich. wenn er nur »rgcno mit seinen Beruf»- und Privat- oerdältmsten eS vereinigen kann, entziehen! Möge auch keiner der Annahme einer Eandi oatur etwa darum sich weigern, weil er sich für ungeübt in parlamentarischen Geschäften und darum für ungeeignet zur Stelle eine» Abgeord neten hält! Alle- will gelernt sein und alle« lernt sich, wenn nur da- Eine n«cht fehlt: Klar beit und Muth der Ueberzeugung und jene Selbst osigkeit, der eS immer nur um die Sache, nicht um die eigene Person zu thun ist. Wo diese Eigenschaften vorhanden und — wenn auch nur erst IM engern Kreise — erprobt sind, da kann ine Wählerschaft auch dem parlamentarischen Neulinge getrost ihre Stimme geben und kann ein solcher getrost die Wahl annehmen: ist doch auch von den jetzigen Volksvertretern jeder ein mal ..ein Neuling" gewesen! Möge endlich, wer eine Candidatur übernom men hat auch nicht auS B-quemlichkeit, oder Vor nehmheit, oder falscher Scheu sich dagegen sträu- ven, selbst vor den Wählern auszutrelen und persönlich seine Sache und die Sache der Partei, der er angebört, offen und männl'ch zu führen! Und so, Parteigenosten, geht rüstig und rührig an» Werk! Bedenkt, daß daS hochwichtige Recht ?e- Wählend auch die gleich hochwichtige Pflicht ,n sich schließt, diese» Recht mit Eifer und nach bestem Wissen und Gewissen zu üben! Bleibe keiner zurück, no eS gilt, für den Sieg der libc- ralenSache zu wirken! Sucht Fühlung miteinander >n den einzelnen Wahlkreisen, von Ort zu Ort, von Bezirk zu Bezirk; bildet Comirös, haltet Be sprechungen. erst in kleineren, dar.» io größeren Kreisen; seht euch nach Candidaten um, wenn ihr solche nichi schon habt; kurz, macht alle- fertig und haltet euch gefaßt, damit die Wahlen, wenn sie ausgeschrieben werden, euch richt unvorbe reitet finden! Da- liberale LandcSwahlcomitö befolgt auch oie-mal, wie stet-, den Grundsatz, nicht unberufen m die Angelegenheiten der einzelnen Wahlkreise sich einzumtschen, aber eS ist bereit, mit Rath und Thal, soviel eS kann, allen Parteigenosten >m Lande beizustehen, welche den Wunsch danach ihm au-sprechen. Die vorstehende treffliche, sich streng an die Thatsachen haltende und keiner Partei zu nah? tretende Ansprache an die liberalen Wähler Sachsen- ist in diesen Tagen in der Form eine« Flugblatte- von dem in der Landesversammlung zu Leipzig am 18 April d. I bestellten Lande». vahlcomilL versendet worden. Möchten die warmen patriotischen Worte deS Aufrufe- in allen Wahl kreisen die rechte Beherzigung finden. Tagesgeschichtliche Ueberlicht. Au» Berlin schreibt man unS: Die Bot schafter de- deutschen Reiche- treten, wie alljährlich, auch jetzt ihre Urlaubsreisen an. In neuerer Zeit giebt aber fast jeder einzelne dieser Häkle Gelegenheit, von angeblich entstandenen Differenzen und dem möglichen Rücktritt der Bot schafter zu sprechen. In diesem Sinne wurde bei Gelegenheit der UclaubSreise deS Herrn von Keudell in einigen italienischen Blättern be hauptet, derselbe hätte nur unter der Bedingung aus seinen Posten zurückkehren zu wollen erklärt, vaß einzelne Preßsstmmen in Berlin zum Schwei gen gebracht würden, welche die Haltung de» italie nischen Hose» in Bezug auf die kirchenpolitischen Fragen verdächtigten. Jetzt will man auch dem Deutschen Botschafter am englischen Hofe, Grasen Münster, die Absicht imputiren, schon im Herbst seine Abberufung beantragen zu wollen. Alle diese BehaupttNgen embehren natürlich jeder tatsäch lichen Begründung. In diplomatischen Kreisen, >n welchen man keinen Augenblick über die Un vabrhert solcher Angaben rn Zweifel sein kann, wüsten aber derartig scheinbar systematisch auS- gestreute Gerüchte entschieden verstimmen Wenn man auch geneigt ist, die politische Stoffarmuth der heißen Iahre-zeit zu berücksichtigen, so glaubt man doch die Quelle dieser willkürlichen, wenn nicht böswilligen Erfindungen auf einer Seite suchen zu müssen, von welcher augenblicklich die größtmögliche Verwirrung der innern und äußern Angelegenheiten Deu schland» angestrebt wird. Tie „Deutsch. Nachr." melden: Im ReichS- kanzleramte ist man eifrig mit der Ausstellung de- Reich-hau-halt-etat- für 1876 beschäf- l>gt, weil man denselben schon in den ersten Tagen der Herbstsesfion de- Reichstage- zur Vorlage zu bringen wünscht. Wie wir schon öfter- hervor- zuhrben in der Lage waren, seil in dem Ansatz der Ausgaben mit der größten Sparsamkeit vor gegangen werben, um womö -sich da» Gleichgewicht «in Budget herzvstellen. DaS definitive Ergebniß läßt sich augenblicklich noch nicht übersehen, doch zweifelt man an unterrichteter Stelle nicht daran, daß eine, wenn auch mäßige, Erhöhung der Ma- tricularbeiträge wird emtreten wüsten. Die über eine Mebrforvcrung de- Krieg»mimstcrsuwS cur- sirenden Gerüchte entbehren, wie unS wiederholt versichert wird, der Begründung Damit fällt natürlich auch die Angabe, daß die Mehrforderung sich auf 35 Millionen Mark beziffere. Wenn auch dem K legSm'nister viele Verbesserungen dringend wüi schenSwertb erscheinen, so wird er sich doch streng in dem Rabmen der vom Re chS tage festgesetzten Präsenzzstfer halten DaS Ergebniß der am 26 Juli in Lauen« burg vorgenommenen engeren Wahl hat sich dahin gestaltet, daß der Proomzialsteuerdnecior Krieger mit 3356 Stimmen zum ReichSlagSab. geordneten wirdergewählt ist, wäbrend auf den Lanbratd G-asen Bcrnstorff nur 2364 Stimmen sielen Be« der ersten Wahl war der L«tz>ere dem Ersteren b.kanntlich um etwa 108 Stimmen voraus und da Krieger der nationalliberalen Partei an gehört so gab jene» Zihenoerbältniß den Feinden und Neidern dieser Partei willkommensten Anlaß zu allerlei Verhöhnungen. Da bei der Wahl von 1874 ein coi seroativer Candldat überhaupt nicht aufgestellt gewesen war. so sollte der j tzige Erso'g de- Grafen Bernstorfs klar beweisen, tag Krieger v imal- eigentlich n cdt seiner nat oanlliberalen Parteistellu g wegen, sondern ,aus d«n Namer de- »fürsten BiSmarck ' gcwäblt s«i und weiter, daß die ganze nationallideralc Partei verloren sei, sobald der Reichskanzler „seine Hand von ibr ziehe" Unter diesem Gesichtspunkte gewann die definitive Entscheidung in dieser Lauenburger Wahlangele genheit eine allgemeine Bedeutung, und sie ist, wie man sicht in befriedigendster Weise zu Gun i stkn der nationalliberalen Partei ausgefallen. Der Sieg de- nationalllberalen Candidaten ist um so glänzender, als sein Gegner der oberste verwal tung-beamte des LänvchenS war und schwerlich irgend eine der zahlreichen, ihm durch diese Stel luug gebotenen Handhaben unbenutzt gelasten hat Trat doch der Graf Bcrnstorff persönlich und ausdrücklich mit dem Landrathsprädikate in einer Proclamation vor da» Land, um die Wähler zu ermahnen, bei der Stichwahl ihm ihre Stimme zu geben Die Wählerschaft bat eS jedoch vorgczogen, den vewei- zu liefern, daß selbst in Lauenburg sich eine liberale Majorität nicht auf den bloßen Wink eine» LandrathS in eine konservative umwandeln läßt. Mit diesem AuS gange ist denn allen jenen guten Freunden, die über den „Rückgang de« NationalliberaliSmu- etiva» verfrühte Triumphlieder angrstimmt hatten, ein arger Strich durch die Rechnung gemacht. Noch mehr aber, wenn von jener Sette behauptet wurde, daß die Nationalliberalen nur unter der Aegide deS Fürsten BiSmarck zu siegen im Stande seien, so hat Gras Bernstorfs dafür Sorge ge tragen, daß die Krieger sche Wahl gewissermaßen im Gegensätze zu dem Fürsten BiSmarck zu Stande gekommen ist. Am 31. Juli starb zu Cassel der besonder» au» den kurhessischen VerfastunaSstreitigkeiten be kannte Oberbürgermeister Neoeltbau. Mit ihm verliert Heften eine mit den Verhältnissen und der neuen Geschichte de» Lande» in vieler Beziehung aus- engste verwachsen? Persönlichkeit von einem in dem letzten Jahrzehnte weittragcn den Einflüsse, die lange in dunkeln wie nachher in helleren Zeiten im öffentlichen Leben vornan- stand. Friedrich Nebclthau war am 22.'Januar 1808 in Cassel geboren, widmete sich Ansang» der Landwirthschaft. wurde dann Advocat >n Her-selb und im Anfang der dreißiger Jahre Vertreter dieser Stadt in der kurhessischen Stände versammlung. Hier entfaltete er eine rege Thä tigkeit, namentlich in finanziellen Angelegenheiten, ohne jedoch den Männern dcr Opposition gegen va» System HastcnpflugS und seiner Nachfolger beigezählt werden zu können, weshalb ihn die Bewegung de» Jahre» 1848 nicht gerade em porhob. 1850 stand er im Kampfe gegen Hasten pflüg- versastungSseindliche Pläne auf Seiten dcr Verfassung. Al- sodann im Jahre 1860 Kr. Oetker den ersten Anstoß zur Bewegung für Wiedererlangung der Verfassung gab, suchte man in Cassel, zumal eS an Persönlichkeiten, die sich voranwagten, fehlte, den Tburn und Taxis'schen Oberpostmeister Nebelthau hervor und wählte ihn zum Oberbürgermeister. Allein der Kurfürst versagte hartnäckig die Bestätigung. Nunmehr trat Nebelthau immer mehr m den Vorder grund und wurde einer der Mittelpuncte der liberalen Bewegung. Die nach Maßgabe der sogenannten provisorischen Verfassung von 1852 zum dritten Male gewählte Zweite Kammer, welche sich gleich ihren Vorgängern für unzu ständig erklärte, wählte ihn im Januar 1861 zum Präsidenten; ebenso die nach Her stellung der Verfassung von 1831 in den Jahren 1864 di- 1866 zusammengetretenen Ständever sammlungen. Hier war er erfolgreich bemüht, bei der Stagnation der Regierung-geschäfte wenigsten- in einigen Hauptpunkten Einverständ- niß zwischen Ministerium und Landesvertretung zu erzielen. Als 1866 der preußische General von Beyer in Cassel eingezogen war und in der Sitzung de- permanenten Ständeau-schusse- er schien, reichte er Nebelthau al- besten Vorsitzen den die Hand mit dem Bemerken, daß er sie damit ganz Heften reiche. Im Herbst 1866 wirkte Nebelthau für die Einverleibung Cur- heften- m die preußische Monarchie und war 1867 Mitglied der nach Berlin berufenen hessischen Vertrauensmänner Conserenz. Am 4 December 1867 wurde er vom König al» Mitglied de- Herrenhauses aus Lebenszeit berufen und nahm an besten hervorragendsten Verhandlungen An- theil. Als Oberbürgermeister von Cassel war er gleich nach der preußischen Besitznahme bestätigt wD'den. Der Tod Nebelthau'» wird in ganz Heften die lebhafteste Theilnahme finden und mit großer Dankbarkeit wird daS Land da» Andenken diese« Manne« ehren, Vesten vermittelnden Be strebungen eS manche Vortheile verdankt. AuS München wird vom 2. August gemeldet: Wie die heute erschienenen klerikalen Blätter übereinstimmend melden, soll da- Ministerium die Ermächtigung erballen haben, im Bunde-rathe einer etwaigen Ausdehnung de- Iesuitengesetze» aus die Orden der Kranzi-kaner, Kapuziner und Carmeliter zuzustimmen. Zur Einberufung und Eröffnung de» neuen bairischen Landtag» ist, wie „W. T. B." vom 1. August meldet, gutem vernehmen nach ker 27. September d. I. in Aussicht genommen. ViS zum 30 September muß nämlich dem Land tage da« Budget vorgelegt sein Wenn der deutche Reichstag in der zweiieu Hälfte de- Oktober Zu sammentritt, so werden die bairischen Kammern vorerst nur wenige Wochen versammelt sein. — Der Fa^rikdirector Kester hat da« ihm von der Stadt München gewordene Adgeordnetenmandat abgelehnt, an seiner Statt wird Professor Haus hofer eintreten. Derselbe ist Lehrer der Na tionalökonomie an der polytechnischen Schule zu München. Der „KarlSr. Ztg." wird au» Wien, 29. Juli geschrieben: ES ist vielleicht nicht uninteressant, zu ersabren, baß Ungarn die Forderungen, welche Dem schland seiner Zeit an die belgische Gesetzgebung gestellt, al» so gerechtfertigt erachtet, vaß e« au« ganz freiem Antriebe sich anschickl, den Grundsatz de» „Gesetzes DucheSne" auch in seinem in der Ausarbeitung begriffenen neuen Strafgesetzbuch zum Ausdruck und zur Geltung zu bringen. Die betreffende CodificirunaS Com mission hat durch da- Ministerium de- Auswär tigen um den amtlichen Text jene- Gesetze- an- gesucht und in Brüssel hat man sich beeilt, dem Ansuchen zu entsprechen. Muthmaßlich zu dem Zwecke, wider die ein reißende „Lauheit" anzukämpsen, soll also in diesem Jahre wieder eine Generalversammlung der katholischen Vereine DeutschlandS abgchalten werden. Am bedenklichsten ist wohl die Situation in Baden, wo Bischof vr. Reinken- soeben in so vielen Orten gefeiert wird, und des halb werden denn auch die katholischen Vereine durch den Commistar der Generalversammlung, Karl Fürsten zu Löwenstem-Wertheim, für dl« Zelt vom 1. bis 4 September nach Freiburg im BreiSgau eingeladen Gleichzeitig ladet da- vor bereitende ComilL, besten Vorsitzender Max Graf v. Kameck ist, zu zahlreichem Erscheinen aller entschiedenen Katholiken ein. Die beiden letzten Generalversammlungen haben — wie der Ausruf sagt — „wegen verschiedener nicht zu beseitigender Hinderniste" au-sallen müssen. 1873 war der Mainzer Katholikenverein daran schuld, welcher die ganze ultramontane Agitation an sich gerissen hatte und die Berufung der Generalversammlung unnöthig erscheinen ließ. Im vergangenen Jahre vereitelte da« Kullmann-Attentat da- Zustande kommen der Versammlung. Der Commistar, welcher einschen mochte, daß der Mordversuch in Kissingeu einen Mißton in den Berathungen erwecken würde, erließ noch in letzter Stunde die Anzeige, daß die nach München ausgeschriebene General versammlung vertagt sei. Da» Programm der diesjährigen Generalversammlung ist noch nicht bekannt. Nach den Einladungsschreiben de- vor- berathenden ComitöS zu urtbeilen, werden sich die Resolutionen voraussichtlich wieder gegen die kirchliche Politik der deutschen Regierungen richten. AuS Wien wird vom 2. August gemeldet: Wie die heute zum ersten Male erschienene „Poli tische Correspondenz" erfährt, sei zur Aufbringung der Mittel für die Beschaffung der neuen Geschütze die Ausnahme einer gemeinsamen An leihe beider Reichshälften in Au-sicht genommen. Durch eine solche «erde die sofortige vollständige Neubewaffaung der Artillerie ermöglicht werden. Gleichzeitig werde eS auf diese Weise gelingen, die erwachsenden Lasten den gegenwärtigen finan ziellen Verhältnissen der beiden Monarchien ent sprechend zu vertheilen. — Wie dieselbe Corre spondenz meldet, hat der nunmehr hier eingetrof- sene Fürst Milan von Serbien seine Reise nur in einer Privatangelegenheit unternommen. Die- schließe indessen nicht au-, daß der Fürst die Gelegenheit benutzen werde, um sich über die in hiesigen maßgebenden Kreisen hinsichtlich der jüngsten Vorgänge in der Herzegowina herrscken- ben Anschauungen zu insormiren. Der Fürst wird acht Tage hier verweilen und sich al-vann direct nach Belgrad rurückbegebeu. Nach einer Mittheilung der „N. Kr Pr." er streckt sich der Aufstand in der Herzegowina aus sämmtliche Dörfer der Bezirke Revestnje, Stolutz, einiger Ortschaften von Bileke und den westlichen Tbeil von Trebinje, d h. von Nevesinje bt- an die Narenta und hinunter bi- an die da!-
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