Entwicklungsstufen DER MITTELALTERLICHEN BAUKUNST In der geschilderten Weise wird das ganze späte Mittelalter von der Auseinandersetzung zwischen der Bauweise des einfachen Volkes und dem architektonischen Anspruch der herrschenden gesell schaftlichen Kräfte, zwischen Halle und Basilika, Bauernhaus und Bürgerhaus, Burg und be festigtem Fürstensitz ausgefüllt, bis sich mit dem Beginn der Neuzeit auf der Grundlage anderer Lebensverhältnisse neue architektonische Auffassungen durchsetzen. Mit diesem fortschreitenden Entfaltungsprozeß wandelt sich zugleich langsam die künstlerische Bausprache, der mittelalter liche Architekturstil. Auch für das Ostseegebiet lassen sich drei große Entwicklungswellen nach den herkömmlichen Stilbegriffen erkennen und abgrenzen: Spätromanik, Frühgotik und Spät gotik. Ihr Verlauf und ihre Gesamterscheinung erweisen sich jedoch als differenzierter und ver flochtener, als es in einer kurzen Übersicht darstellbar ist. Die kirchliche Baukunst besitzt in diesen drei Entwicklungsabschnitten auch im Küstenland die uneingeschränkte Führung. Sie wird bestimmend für die Gestaltung in der Profanarchitektur, sobald sich diese über einfachstes 1 Bauen erhebt und Anspruch auf künstlerische Gestaltung macht. Im Kirchenbau wurde die 1 statisch konstruktive Bauweise der Gotik entwickelt, und hier entfalteten sich auch die dekora- 1 tiven Einzelformen, die stärker noch als die Konstruktion im Wohnbau, Gemeinschaftsbau und * Wehrbau Eingang fanden. Wie bereits dargetan wurde, kennzeichnet die erste Stufe der Entwicklung die Übertragung von < Grundtypen aus den westlichen Ländern in die neue Kolonialkultur. Die kreuzförmige romanische Basilika wird mit ihrer Grundrißanordnung, ihrer Wölbweise und zahlreichen anderen Einzelheiten 1 von dort übernommen. Ebenso dringt die norddeutsche Dorfkirche mit ihren verschiedenen Typen f nach Osten vor. Der neue Raum zeigt sich offen und aufnahmebereit für die verschiedensten An- * regungen, aber entfaltet zunächst, abgesehen von der Verwendung des Backst eins als Baumaterial, s noch wenig architektonische Eigenkraft. Einfache Grundelemente architektonischer Gestaltung. s kubisch kompakte Körper in gruppenhafter Addition, feste Flächen und leichte linienhafte deko rative Belebung bestimmen die Gesamterscheinung jener frühen romanischen Bauten. Die Profan- i bauten errichtete man damals durchweg aus Fachwerk, und so hat sich nichts von ihnen erhalten. 1 Erst mit den letzten und reifsten Äußerungen der romanischen Bauweise und beim Eindringen I erster gotischer Regungen keimt eine Eigengestaltung der Backsteinarchitektur sichtbar auf. Die g