VORWORT T^hilipp, der Infant, ein Knabe von zwölfJahren, ritt dem Zuge X. voraus, der die junge Kaiserin nach Granada in die Familien gruft überführte. Der Kaiser hatte sich in einem Kloster bei Toledo eingeschlossen und den Sohn mit dem Geleite beauftragt. Im Gefolge der Verstummten zpg Francisco Borja, der Marques von Lombay, der als Sohn des dritten Herzogs von Gandia und der Johanna von Aragon mit dem Königshause verwandt war. Ihm, als einem bevorzugten Diener Isabels, war es zugefallen, einem alten Brauche gemäß Namen und Ursprung der Toten z u verbürgen. Als aber in der Grabkapelle der katholischen Könige der Sarg geöffnet wurde, und die erschreckten Zeugen und der Schreiber auf den Eid Francisco Borjas warteten, traf diesen der Blick in die Kluft, die Tod und Leben trennt, so furchtbar, daß er nicht wagte, die Identität des allen noch gegenwärtigen jugend schönen Bildes mit dem enthüllten Anblick grauenvoller Ver wandlung zu beschwören. Er vermochte einzig Z u versichern, daß er in Anbetracht der Vorsicht und Sorgfalt, mit denen man den Körper der Kaiserin hergebracht und bewahrt habe, dessen Echt heit für gewiß halte; daß dieser Leib kein anderer sein könne, als der seiner Herrin Isabel. Das Gefolge ging rasch; der Marques indessen konnte sich nicht trennen von dem Furchtbaren, das ihn erschütterte. Seine lebendigen Augen waren von den einstmals hellen, leuchtenden und nun verdunkelten Augen der Toten gebannt; gefesselt von dem, was ihn zerstörte, begann er ein seltsames Zwiegespräch mit der Stummen: „Wo sind, heilige Majestät, der Glanz un d die Freude Eures Gesichts? Wo jener Anstand und jene Schönheit, die nicht ihresgleichen hatten ? Seid Ihr jene Donna Isabel ? Seid Ihr meine Kaiserin und meine Herrin ?“ Dann wendete er sich Zu seiner eigenen Seele und redete sie an: „Was tun wir, meine Seele? Was suchen wir? Welchen Dingen gehen wir nach? Wenn der Tod auf solche Weise mit der Majestät verfährt und