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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.01.1880
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1880-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18800120022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1880012002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1880012002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
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1 von spott- nd die t feste, '«den Um- schäsl« rn. — » her. letzten ö man m letz- «^hei lten ist e hoch lJute- Lager kleinen ährend en sein ren de- lanuar: ngliscke »«erste QrtrS. r? Sack chm. »25 »11.75 84.25 ft. 84. 83.75 . 523. 5 V. LS. 41.50 -0 tien. SO >. 127. tr.111.80 ock 82.60 Fond». 75L0 >0 126 7V SOLO 61.50 'S. rff. cofts. f 88.80 ns. 87L0 ml. 87.70 98L0 II. 58.40 210.80 208.25 » IO Erschriit M,che,t«ß, 2 Mal. Früh 6'/, Uhr. Nachmittag 5»/, Uhr. Sonn- llni> FclttagS nur ftüh 6Uhr. Atdactle» uv» Lrpktttt»» Johann i-Zgass« 33. ?>kr dtc Nückqnd» kinx-iandl-r M.im- jck»v«k mach» Kid d>c R.o.iclion »>a>k vkvdlilblich. Annahme der für dir nächst folgende Morgen-Ausqabr be stimmten Inserate an Wochen tagen Via 3 Uhr Nachmittags, an Sonn. und Festtagen früh dis '/,v Uhr. Z» »ca /tliale» str Ins. T»-atimc : Otto Stemm, UnivrrsitLlsstr. 22. Louis Lüsche. Sath>ir,nciistr. ld.p. nur dis Uhr. Abend-Ausaabe. Tageblatt Anzeiger. .1« :r.>. Organ für Politik. Localgcschichte, Handclß- und GcschäMcrkehr. Dienbtag den 2i». Januar 1880. Auflage Itz.OVÜ. ZU>»»aemr»«»prcl, viertelt. L ML^ incl. Bringrrlohu 6 ML. durch die Post bezöge» 6 ML Jede einzelne Nummer LL Pf- Bclczqcrmplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilage» ohne Posrbc'ördrrunz »8 ML mit Postbesvrverung 48 ML Inserate Sgesp. Petitzeile iv Pf. Größere Schriften laut unsere« Preisverzrichniß. — Tabellarisch« Latz nach höherem Tarif. Utltamea unter dem »rdnestouoßrtch die Spaltzrile 40 Ps. Inserate sind stets an d. Lrordttl«» zu senden. — Nabatt wird nicht gegeben. Zahlung s>rru:nnmer»uck>» oder durch Postvorschuß. 74. Jahrgang. LS 50 ; rnkn. 57L? lisirungrv. nterhe von en 187L0. luffen von r. WM« >», Mast - >l. ha 174.2» Tendenz: «r Januar Mal-Junt . -RÜbül »2.- enmarkL) eher Umsatz vreiss: Um en, hiervon annn.) U» und Export Stimmung: r Hamburg- nHainbmg. Leipzig, 20. Januar. Preuhtscher Landtag. * Berlin. 19. Januar. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde zu nächst der Gesetzentwurf über den Erwerb des Rheinischen und Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbaknunternehmcns für den Staat erledigt. Die Abgeordneten Röcke rath und Richter recapilulirten noch einmal eingehend alle die Gründe, welche sich gegen die Vcrslaaklichung der Eisen bahnen überhaupt, wie gegen die Art der Durch führung insbesondere Vorbringen lassen. Der Ab geordnete Richter äußerte sich wie folgt: Meine Herren! Ich weiß nickt, ob der Abg. Roderath im Rainen seiner Partei gesprochen Hai. Sollten aber seine Aeuiierungen sich nicht mit den Anschauungen seiner Fractionsgenossen decken, so möchte ick jene Aeußerungen auch sachlich nicht für richtig halten. Der Abg. Röckerath hat gemeint, daß man der weiteren Verstaatlichung der Bahnen zu- stiinmen niüsse, nachdem man einmal diesen Weg betreten hatte. Biel eher sollte man denken, daß Jemand, der für die erste Serie der Verstaatlichung gestimmt bat, letzt über diese rasche Entwickelung stutzig wird. Der Herr Abgeordnete Miguel hat seinerseits damals erklärt, daß er im In teresse der Gcldbewegung ein langsameres Tempo wünsche, und auch Herr Windlhorst bat sich abweichend von der heutigen Anschauung des Abg. Röckerath dieser Erklärung mit großem Nachdruck an geschlossen. Leider hat die Warnung des Abg. Miguel keinen Eindruck gemacht. Eine Ausnahme machte der Abg. Mever (Breslau), der uns früher bekämpfte, jetzt aber auf unsere Seite getreten ist. Auch der frühere Minister Camphauseu bat gegen die Ver staatlichung gekämpft, derselbe Minister, der seiner Zeit das Reichseisenbahi,Projekt mit unterwichnet hat. Er erklärte im Herrenbause, daß er zwar für den Ankauf der Berlin-Stettin« Bahn stimme, nicht aber für die der übrigen projectirtenLmien, weil er darin eine Ber Mehrung der Omnipotenz de» Staate» erblicke. Der Mi nister hat mit dieserÄeußerung keinen Gesinnungswechsel documentirt. Schon bei der Bcratbung des Reichseisen bahnproiectes bat er sich dahin geäußert, daß, wenn er die Meinung bekommen sollte, daß die Zustimmung zu diesem Projekt eine entschiedene Verurtbeilung des gemischten SvstemS wäre, er sich auf die Seite der Gegner schlagen würde. Dies ist nun geschehen, und ,ch glaube, daß, wenn er seinen Einfluß schon früher geltend gemacht hätte, diese Strömung sich nicht Bah» gebrochen haben würde. In entgegengesetzter Rieb tung hat sich Herr Stephan ausgesprochen. Er wünscht die Berstaatlichung noch energischer angefaßt zu sehe». Run, möge der Himmel die Eisenbahnen vor dem Gcneralpeftmeister Stephan bewahren. Er hat gesagt, Man müsse einen Frontalanariff machen in der Rich tung von Frankfurt a. M. Diese Aeußeruna eines dem Reichskanzler so nabe stehenden Mannes hat nun zur Folge gehabt, daß die große Spekulation sich auf die Thüringer Aktien geworfen hat. Was nun die in Frage stehenden Bahnen ini Besonderen betrifft, so werden dieselben nickt denjenigen Ueberscbnß ab Wersen, welchen sie nach Annahme der Beiträge an Zilisrenten kosten. Man hat sich in den Motiven damit getröstet, daß die sonstigen Vortheile das Deficit mehr als decken würden. Auch mir der Er spariilß, welche durch die Ecntralisiruiig berdeigeführt wird, hat es nicht viel aus sich, weil Zwischenstationen geschaffen werden müssen und die Oderinstanz viele Kosten erfordert. Dies ist auch von den hcthclligten Kreisen sehr wohl empfunden worden, und die rheinisch-westfälischen Interessenten haben sich keines wegs fürden Ankauf ihrer Bahn erwärmt. DerCbarakter der Generalversammlung in Köln ist Ihnen schon ge schildert worden. Bei dieser Generalversammlung hatte das Haus Bleichröder allein 2k,767 Aktien in der Hand (hört! hört!), die es aus einem Stimm zettel abgab. Die Discontogelellschast bat 8488 Actien m der Hand gehabt. Hier hat also tcr Giftbaum ca. 30,OM Stimmen mehr abgegeben als die 347 An wesenden, die dagegen gestimmt haben, zusammenge nommen Meine Herren, ber Herr Minister ist diesen Mächten, die ihm zur Verstaatlichung besonder» ver- bolfen haben, glaub« ick, um so mehr zum Dank ver vflicktet, als er gerade unmittelbar vorher die nicht sehr schmeichelhafte Bemerkung gegen eben diese Bör senmächte gerichtet hat. An demselben Tage schrieb das Organ, welches immer in «Her Reihe für die Verstaatlichung eingetreten war: Mit der Un terstützung der Börse darf dieser Minister keine Bahn mehr erhalten, dies sei geradezu Ehren pflicht der Börse, denn der Minister habe in dem selben Augenblick, wo er mit den hervorragendsten Vertretern der Börse fo> tgcsetzt über die Durchführung der Berstaailichung verhandelte, diese Unterstützung als von giftiger Stelle kommend bezeichnet. Auf mich lxiben diese Worte keinen großen Eindruck ge macht, denn bei der Börse Kerrschen andere Anschau ungen al» in den gewöhn!- den bürgerlichen Kreisen. Es ist weiter zu n,tixcn, daß die Spekulation bei kenier Bahn mehr vertzf»»t hat, als bei der Rheinisch Westfälischen. Im Hochsommer erklärte die Regier rung, sie denke nicht daran, diese Bahn z» verstaat lichen. Am 27. August vorigen Jahre» »tun das Ministerium an dl« Rheinische die Anfrage und bezeicbnete da» Schreiben mit der Iournalbezeichnung „secret", ob sie dem Berkach, zustlmmen wolle. Di« Antwort erfolgte am 4^Sch> Mg. Ztg." von der Absicht der Negierung Kennlniß gegeben worden Run bemächtigte sich die Börsen spekulation dieser Sache: die rheinischen Aktien stiegen von 100 ans 150. Das hätte nun eine Warnung sein können; eS kam aber die Kündigung der Prioritäts aktien, welche auf den Cours der Actien überaus günstig gewirkt. Herr Eamphausen bat davor ge warnt, von der Vollmacht der Eonvertirung Ge brauch zu machen. Das Ministerium hat sich ver pflichtet, so lange dies Geschäft nicht abgewickrlt ist, keine neuen Consols aus den Markt zu bringen, später aber wird sie es doch lbun muffen. Wir wollen sehen, wie dann das Geschäft abläuft. Bei dieser Gelegenheit muß ich noch ein paar Worte sagen über die Konsortien. Ich glaube, daß der Ein fluß der Börse bei den Finanzoperationen des Staates sich verstärken wird. Das Konsortium muß dazwischen treten, um das Risiko des Geschäfts der Regierung gegenüber zu übernehmen, um durch seine Vermittelung die nothwendigen großen Operationen durchführen zu können. Der Vortheil dieses Eonsortiums besteht nun darin, daß es als Bangui« des Staates erscheint und dadurch an Vertrauen bei dem Publicum gewinnt bei denjenigen Operationen, welche es sür sein eigenes Geschäft mackt. Es ist sehr leicht möglich, daß sich daraus eine neue Gründungsära entwickelt. Ick denke hier speciell an einen Fall, der zu großen Bedenken Anlaß giebt. Die Scebandlung ist be kanntlich mit einen- Prospekt betreffs des Südsee- llnternehmens unter de» Autorität des Staates vor- gegangen. Sie hat sich die Erlaubniß erwirkt, einen amtlichen Brief des Reichskanzlers gewissermaßen als Reklame aus der Börse zu verwenden. (Hört! Hört!) Der Herr Reichskanzler wird nun ja darüber im Reichstage die nöthige Auskunft geben. Ein sehr be denkliches Moment ist es aber, daß man sich in diesem Prospekt an das klcme Capital wendet. M. H.l An das kleine Capital soll man sich niemals wenden in Ver hällniffen, die es am wenigsten übersehen kann. (Sehr richtig!) Es ist schwer zu sehen, ob die Bewegung einen schwindelhaftenEharakterannimmt. Wenn wir aber in ähnliche Verhältnisse Hineintreiben sollten, wie in der Gründerperiode, dann kann ich die Regierung nicht von jeder Veranrwortticbt«t in dem MaHefreispreche«, «vier» damals geschehen tonnte. Nun neck »ln Paar Worte über die politische Seit«. Herr Stephan hat über die ivarantien, wie sie hier formulirt worbe« sind, ein eigenthümliches Unheil gefällt. Er hat den Eisen- bahnraih als eine Coulisse bezeichnet, hinter welche sich die Regierung nach Umständen zurückziehen und aus derselben wieder hervortrcten kann. Jedenfalls wird die Beleuchtung von hinten erfolgen. (Heiter keit.) Ich möchte doch dcr Commission anhcimgeben, darüber nachzudenken, ob cs nicht angezcigt ist, gegen über der sich steigernden Mackr der Regierung sickere Garantien zu suchen. DieAbstimmung über den Eisen bahnrath hat uns in zwei gleiche Hälften gespalten. Dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn man die Frage in Er Wägung gezogen hütte.ob nickt dieControlbefugniffedieses Hauses erheblich »«schärst werden müßten. Wir hab-n das Recht, bei der Scbuldenverwallnng Commiffarien zu wählen, die ihrerseits das Recht haben, alle Acten einzusehen. Wäre es nicht ebenso gerechtfertigt, daß Mitglied« dieses Hauses allen Sitzungen von Eisen bahnbehörden beiwohnen? Plan würde hierbei ledig lich von einem Reckte Gebrauch macken, welches die Verfassung uns giebt. Ferner wäre es sehr wünschens- w«th, die Stellung des Effenbahi,Ministers im Mini sterium zu präcisiren durch Stärkung des collegialiscden Princip» dem Reichskanzler gegenüber, um die Ein wirkung der äußeren Politik aus Eisenbahnfragen abwehren zu können. Dadurch würde auch die Frage der Ministerverantwortlichkeit viel schärf« in den Vordergrund treten. Diese ganze Sache gewinnt aber noch ein besondere» Kolorit durch die beabsichtigte Verfassungsänderung in Bezug aus die Einberufung dcS Reich-tagS. ES liegt nahe, daß man versuchen wird, auch den Landtag nur alle zwei Jahre einruberusen. Wenn nun dieses Haus nur alle zwei Jahre in die Lage kommt, sein« parlamentarische Controle in Elsenbabnangelegenheiten wahrzunehmen, dann bliebe von diesem Recht der Controle säst nichts mehr übrig. Unsere Rachbaren (die Rationalliberalen) baden allerdings nicht die Absicht, dieser Verfassungs änderung zuzustimmen. Aber sind wir sicher, daß auch daSCeittrum diesem Beispiel folgen wird? Im vorigen Jahre, als es sich auch um eine Verfassungsänderung, um die Beschränkung der Redefreiheit handelte, hat He« Windlhorst mit großer Emphase sich dagegen erklärt. Wird nun das Ccntrum, welches die Devise: „Für Wahrheit, Freiheit und Reckt" auf seine Fahne gefchnebcn hat, diesen Eingriff in unsere Rechte zu rückweifen? Es wird mir zugenickt, aber Sic werden es bapreiflich finden, daß >ck einen gelinden Zweifel nicht unterdrücken kann. Ich sollte meinen, eS müß ten Dicienigen. welche der weiteren Verstaatlichung der Eisenbahnen zustimmen, sich wohl überlegen, durch diese Verstaatlichung die Macht der Regierung zu stärken in einem Augenblick, wo dieselbe den Ver such macht» durch jene Versassiingsäiideruna die Mackt der La,rdesoertr,tung zu schwächen. (Beifall links. ^ Minister Mavbach gab im Namen dcr Re gierung die Erklärung ab, daß mit der gegen wartigen Vorlage der Rahmen der Berstaatlichung der Eisenbahn«» vorläufig abgeschlossen sein solle, man «st mit den, Gewonnenen sich einrichlen sehen wolle, welche Wirkung die Maßregel r die EtaatSwirthsckaft und sür das sinanziellr fiN»t«ressc mit fich bringt. Sehr bemerkt wurde. tember. Aber schon am 8. August war in der „Nordv. tz datz der Minister Marbach sich gegen die im Herrenhause gemachten Aeußerungen des General postmeisters wandte, der eine sehr geringe Meinung von den Eisenbahngarantien hegte; der Minister erklärte sie als ein werlhvolles Moment für die gute und tüchtige Verwaltung der SlaalSbahiien. Der Fi na uz minister Bitter stimmte seinem College» im Allgemeinen zu und verbreitete sich dann über die Südseegesellschaft wie folgt: Ich will nur auf eine thatsäcbliche Aeußerung des Abgeordneten Richter antworten. Das Konsortium für das Samoa-Niiternebmen besteht aus 16 der sichersten Bankfirmen in Berlin, Köln, Memel, Frank surt und die Direktion wird von der Seehandlung geführt. Tie Seehandlung hat auch von mir den Auftrag bekommen, in Angelegenheit der Anleihe sür das Samoa-Unternehnlktt die Initiative zu er greifen. Dies ist geschehen, denn die preußische Regierung kann sich den Anordnungen des Reichs kanzlers in dieser Bestehung nickt widersetzen. Man kann aber auch annehmcn, daß Verluste hierbei nickt entstehen werden, obgleich sick diese Frage erst in Zukunft wird klarer beantworten lassen. ES sind zwar widersprechende Stimmen laut geworden; aber das Publicum, das dock auch etwas davon versteht, balidarauf mit einer lleberzeicbnung deS Kapitals von 3 Millionen geantwortet, ein Beweis, daß Alle die Ueberzeugung von dem guten Bestände des Unternehmens und seinen Vorthcilcn für das Reich heben. Der Entwurf wurde der Eisenbahncvnimission überwiesen. Es wurde sodann in dcr Etatsbe- ralhung fortgesahren und die ElalS der Justiz und der Staatsschuldenverwaltung erledigt. Bei den einmaligen außerordentlichen Ausgaben sür die Justizverwaltung wird den erheblichen Ab strichen der Budgetcoinmission zugkstiniint. Die Meldung von einem Rescript des preußischcn Ministers deö Innern respective des Oberpräsiden ten von Westprcußen an mehrere westpreußische Land rät he, wonach diese angewiesen werden, aus speiallstische und nihilistische Umtriebe in der dortigen polnischen Bevölkerung ein wachsames Auge zu haben, bedarf i» dieser Fon» einer präciseren Erläuterung und sicherlich auch einer Einschränkung. Man schreibt uns aus Berlin vom Montag: „Wie wir hören, liegt es in der bestinliiitcnAbsichtder polnischenAbgeordneten eine diesbezügliche Interpellation an den Grasen Eulen- burg zu richten. Ob die Beantwortung derselben und die sachliche Unterlage, aus welche die Negie rung sich in dieser Angelegenheit stützt, die sensatio nelle Nachricht in ihrem vollen Umfange bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Hier wohnende Polen versichern, daß m dcr ländlichen Bevölkerung des Ostens jeder Anhaltepunct sür Umsturzbewegungen fehle, so daß die socialdemokratische Agitation dort niemals Boden ru fassen vermocht hatte. Dies treffe in verstärktem Maße für die polnischen LandeS- angchörigen zu, welche, besangen in dumpscm kirchlichen Banne, stets taube Ohren sür Alles haben, was irgendwie nach einen, communistischen Evangelium aussicbl. Gleichwohl mag den Ge rÜchten, welche die Regierung zu ihren Maßregeln veranlaßten, etwas Thälsächlicheo zu Grunde liege». Das nihilistische Manöver, unter den russischen Bauern die Erwartung auf eine neue Landes- verlheilung zu ihren (finnsten zu erregen und sie durch die Enttäuschung dieser Hoffnung in daSLaacr der Unzufriedenen zu ziehen, ist auch in den ehe mals polnischen Gebictslheilen Rußlands versucht worden; mit welchem Erfolg, darüber lauten die Nachrichten widersprechend. Es liegt die Wahr fchcinlichkcit nabe, daß ein Nackklaug dieser Be wcgung auch üver die deutsche (Grenze herandrang, und zwar vermuthlich ganz spontan, ohne be wußte Nachhülfe von Seiten der slavischen Revo lutionsparteien. Jedenfalls ist eine autoritative Aufklärung dringend wünschcnSwerlh." So weit dcr Bericht. Die vatican ische „Aurora" antwortet aus den Artikel der „Provinzial Correspondenz" brtr die Eompetenz de« preußischen EultuS Ministers mit einigen Sätze», die in dcr lieber setzung dcr „Germania" wie folgt lauten: „Tie „Provinzial Korrespondenz" von Berlin be merkt, wie wir aus einem Iclearamm der „Agencia Stefani" erfahren, daß die „Aurora" in ihrem Arlike „Bismarck und der Vatican" bestrebt gewesen sei, die ganze Verantwortlichkeit für die Verbandlungen mit dem b. Stubl dem Fürsten-ReickSkanzl« auszubürden, und die anderen Minister bei Seite gelassen habe Wir wissen sebr wohl, daß in Preutzen etn Ministerium für äußere Angelegenheiten besteh», wie »S eins sür den CultuS gievt, und daß die hoben Persönlichkeiten, welche durch das Vertrauen des Kaisers zu diesen hoben Aemtern berufen sind, eine Stimme bei den Beschlüssen der Regierung in Betresi dcr Beziehungen zur katholischen Kirche haben und folglich auck eine große Verantworrlichkeit tragen „Wir baden vom Fürsten Bismarck allein gesprochen aus folgenden Gründen. W nn «in Mann seiner Nation solche Dienste leisten konnte, wie der Fürst BiSmarck fi» geleistet hat, und wenn « die treib.nde ?raft für jene T baten war, welche die Welt in Er- taunen setzten und welche den Einfluß und die poli tischen Interessen verrückten, so gelangt man natürlich jU der Annahme, daß er in dem Ratye seines Lande» ine unbestreitbare Autorität habe, und daß seine Kollegen sicherlich mit der größten Bereitwilligkeit einen Willen und seine Pläne unterstützen werden. „Die Correspondenz erwähnt, der Fürst leite die Politik des Reiches. Kann nun, möchten wir fragen, die Lösung dcr religiösen Frage im Reiche dies« Politik vollständig fremd sein? Uebrigens waren die Worte, welche wir als unsere Privatmeinung und nicht in Folge irgend welcher Inspiration geschrieben >aben, von dem Bewußtsein der gewaltigen Be deutung dictirt, welche der an d« Spitze der Regie rung des neuen Reiches stehende Staatsmann in den Augen seiner Freunde, sowie seiner Feinde Mt. — Wenn auf religiösem Gebiete der Friede zu Stande kommt — wenn auch nickt durch das ausschließliche Wirken, so doch in Folge des zewicbtigen Einflusses^ des Kanzlers — so wird er ürsich und sür das Wohl seines Vaterlandes viel gethan >aben. Faei an sich, umgeben hingegen von dem h. Stubl feindlich gesinnten Einflüssen, zeigt er dann einen Mulh, würdig erhabener Geister, indem er die Vorstellungen der katholischen Kirche als begründet anerkennt und ihr eine Stellung und die Freiheit wiedergiebt, deren sie bedarf, um ihre Mission zu er- üllen, welche auch für die bürgerliche Gesellschaft üorthcile mit sich bringt." Wie von dcr „Zinne des Tempels" herab ge- ehen, licat da der Ruhm und Lohn ausgcbreitet, den die „Aurora" dem deutschen Kanzler zu ver geben hat. * * * Aus Pest verlauten seit einigen Tagen Ge rüchte über eine MinislcrkrisiS. E« heißt, daß der ungarische Ministerpräsident Herr v. Tis za zurück treten werde. Diesen Nachrichten ist keine Glaub würdigkeit beizumcsscn. Auch hat man sich über die Pcstcr Vorgänge bereits beruhigt, nur werden die Umtriebe, deren Schauplatz die ungarische Hauptstadt doch noch immer ist, ein wachsames Auge erheischen; denn es wäre bereits „erwiesen", daß die Bewegung socialdcmvkratischen Ursprungs (?) war, daß an derselben viele dcr soeialdemo- ratischen Partei angehörcnde Arbeiter in den Pester Fabriken belheiligt waren, und daß die Duell Asfaire nur dazu benutzt worden, um einen eit langer Zeit vorbereiteten und organisirtcn Tumult zuni Auöbruch zu bringen. In der Be völkerung hat diese Agitation keinen Boden, und es ist gewiß charakteristisch, daß das Orczan der äußersten Linken, der „EgyctörteS," constatirl: es »ei während der viertägigen Ausschreitungen auch nicht zu einem einzigen gegen die Regierung ge richteten Ruse gekommen. Wie aus Prag gemeldet wird, scheinen dort in letzterer Zeit wieder socialistische Agita toren ihr Unwesen zu treiben. Diesmal haben sie eS namentlich aus tschechische Arbeiterkreffe ab gesehen, die allerdings in Pracz die arbeitende Hauptmasse bilden. Die öffentlichen Lokale, wo die tschechischen Socialistensührer mit ihren An hängern verkehren, werden seit einiger Zeit von der Polizei schärfer als je überwacht und mehrere Arbelterversaininlungcn sind von der Be- börde verboten worden. Daß diese Agitation von socialistjschen Geheimbünden vom Auslande her genährt wird, beweist unter Anderm der Umstand, daß vor einigen Tagen aus dem Prager Haupt- zollamlc eine Sendung socialistischer Broschüren in tschechischer Sprache mit Beschlag belegt wurde, welche in den Arbeiterkrcisen verbreitet nxrden sollte. DaS von uns signalisirte Dementi, welches dcr „R»ss. Jnv." den alarmirenden Gerüchten von angeblichen russischen Truppenconcentra- tionen an der Westgrenze deS Reiche» appli- cirt hat, lautet wörtlich: „In letzter Zeit begannen die deutschen (?) und österreichischen (?) Zeitungen wiederum in Form von Telegrammen äußerst sensationelle Nachrichten über anaebliche, an unseren Westgrenzen stattfindev de militairische Rüstungen zu veröffentlichen. — Diese Gerüchte, die mit den faktische», vollständig frcund- sckastsicheil Beziehungen dcr Mächte in RicktS in Einklang stehen, erregen die Gesellschaft in schäd licher Weise. Daker halten wir es für unsere Pflicht, dieselben kalegorisck' z» demcntiren und zu erklären, daß alle Meldungen über Verstärkung und koncen- tririnig unserer Truppen im Czartlmm Polen und an dcr Grenze, wie auch über außerordentliche Rust ungen unsererseits, unbedingt in das Gebiet der Fabel gehöre». „Die Maßnahmen unserer Regierung verfolgen un- abwcichbar nur friedliche Zwecke und in unserer Armee findet nicht nur keine Vermehrung statt, son dern im Gegentbeil eine ununterbrochene Bermin- dcrnng, und erst in, Teccmber des verflossenen IabreS wurden in allen Kompagnien, Schwadronen und Batterien mit einem Mal mehrere Mann ausgeschicdcn, wodurch eine Verminderung von gegen 36,000 Mann gegen die Rornialetats in Fr.edcnszeit erzielt wurde/
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