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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188003155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800315
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800315
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Paginierfehler; Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-15
- Monat1880-03
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1880
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Erscheint tiigltch früh 6»/, Uhr. ledottl«, «d Lepe-M», JohoaaiSgass« SS. Höchst«»«» der »etettt»,: PormittagS 10—12 Uhr. Nachmittag» 4—« Uhr. l «e Rücktza d« rtAft<i<r-dtrr vl»rnr- M »ach, st« »i» ««darNoo »tch, der für die nlichft- Nummer bestimmte« «u Wochentage« bis Nachmittags, an Sonn- «»Festtag«, früh bis '/.S Uhr. z,N»FlUcktn» fSr ZisTt-uahme: Ott» Stemm. Unwersttätspr. 22. " ö-iche.Satharinenstr. 18.P. — dis Udr. KiMger Lagchlaü Anzeiger. Organ fir Politik, Localgeschichtr, Handels- md GefchastSderkehr. wift»,e 16.0«». Xd»»«r«e»t»rrrt» viertelt-4^/, ML, iacl. Briaaerloha 5 ML. durch di« Post bezogen » Mt. Jede einzelne Nummer 2L Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbefürdenmg SS ML mit Postbesvrderung 48 DtL Jasrratt Lgesp. Petitzeü« 20 Pf. Gröbere Schriften laut nuferem Preisverzeichnis —labellanfcher Satz nach höherem Tarif. Lillamr, »ater Sem lte»act1o,»1ktl» die Spaltzeile 40 Pf Inserate sind stets an d. Trpeditim zu fenden. - Rabatt wird nutzt gegeben. Zahlung pr»«mum«r»u<lo oder durch Postvorschub. 10V. Montag den 15. März 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. Der »fficielle Anfang der diesjährigen Lftermeffe fällt auf den IS. April und er endigt dieselbe »it dem 1. Mat. Während dieser drei Wochen können alle in- und ausländischen Handelsleute, Fabrikanten und Ge «erbetreibende ihre Maaren hier öffentlich feil bieten. Doch kann der Großhandel in der bisher üblichen Leise bereits in der zum Auspacken bestimmten Borwoche, vom 8. April an, betrieben werden. DaS Auspacken der Maaren ist den Inhabern der Meßlocale in den Häusern ebenso wie den in Buden und auf Ständen feilhaltenden Berkäufcrn in der Vorwoche vor der Böttchcrwoche gestattet. Zum Sinpacken H das Offenhalten der Meßlocale in den Häusern auch in der Woche nach der Zahlwoche erlaubt. Jede frühere Eröffnung, sowie jedes längere Offenhalten eines solchen Verkausslocales, ebenso das vor zeitige AvSpackrn an den Ständen und in den Buden wird, außer der sofortigen Schließung, jedesmal, lelbft bei der ersten Zuwiderhandlung, mit einer Geldstrafe bis 75 oder entsprechender Hast geahndet »erden. Auswärtigen Spediteuren ist von der hauptzollamtlichen Lösung des Waarenvcrschlusses an bis mit Ende der Woche nach der Zahlwochc das Speditionsgeschstst hier gestattet. Leipzig, den 14. Januar 1880. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Richter. Vermiethung von Gcschästslocalen. Folgend« zwei in den nachbezeichneten, der Stadtgemeinde gehörigen Hausgrundstücken befindliche «tethsreie Lokalitäten: 1. die aus einem 4fenstrtgen und einem Sfenstrtgen Zimmer nach der Straße heraus sowie einer zweifenstrigen Hofstube nebst Zubehör bestehenden «eschSftSloealitätcn in der I. Etage des Hauses Arimmaifche Strafte Nr. 37. und 8. die aus einem Sfenstrigen und eine« Ifeustrtgen Zimmer mit Erker nach der Grimmaischen Straße heraus und auS 3 Hofzimmern bestehenden dergleichen Lokalitäten in der 1. Etage des Hauses Sellier's Hof, ,'ollen vom 1. April dsS. Js. oder nach Befinden von einem zu vereinbarenden späteren Zeitpuncte an auf drei Jahre Montag, den SS. dsS. Mts., vormittags 11 Uhr an Rathsstelle an die Meistbietenden anderweit vermiethet werden. Die Mikthobjecte werden nach einander in vorstehender Reihenfolge ausgcboten und wird die Ver steigerung bezüglich eines jeden derselben geschloffen werden, sobald darauf nach dreimaligem Ausrufe ein «eitere» Gebot Nicht mehr erfolgt. Die Versteigerung»- und Permiethungsbedingungen nebst Jnventarium der »u vermiethenden Lokalitäten liegen schon vor dem Termine auf den« Rathhaussaale, 1. Etage zur Einsichtnahme auS. Wegen Besichtigung der Localiäten wolle man sich an unseren Mieth-Jnspector Herrn Rentsck, Nasch- «artt Nr. 1, 3. Etage, wenden. Leipzig, den 8. Mär» 1880. Der »uth der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Stoß. Bekanntmachung. Die Hälfte der einjährigen Zinsen der Glockenstiftung ist von unS an vier würdige. hülfSbedürftig, Wittwen, welche hier ihren bleibenden Wohnsitz haben und Nicht schon Unterstützung au- der Armenanftalt erhalten, gegenwärtig zu vertheilen. Wittwen, welche den angegebenen StiitungSbestimmungen entsprechen und sich um die zu vertheilenden Spenden bewerben wollen, haben ihre Gesuche längstens bis zum 20 März e. schriftlich bei unS — Eingangsbureau, RathhauS, l. Etage, Zimmer Nr. 7 — einmreichen. Leipzig, den 11. März 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Richter. Bekanntmachung. AuS der Apel'scben Stiftung zur Bestreitung der Kosten des AufdingenS und LoSsprechenS und zur Beschaffung von Lehrbetten für arme Knaben, welche die Schneider- oder Schuhmacher-Profession erlernen wollen, sind einige Spenden zu vertheilen. Bewerbungen darum sind längstens bis zum 25. Märze, schriftlich bei uns (Eingangsbureau, RathhauS, 1. Etage, Zimmer Nr. 7) einzureichen. Hierbei bemerken wir, daß solche junge Leute, welche bereit- in der Lehre stehen oder außerhalb Leipzigs in dre Lehre treten wollen, nickt berücksichtigt werden können und daß hier ortsangehörigen Bewerbern in der Regel vor auswärtigen der Vorzug zu geben ist. Leipzig, den II. März 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. vr Georgi. Richter. Dre Inhaber der als verloren, vernichtet oder sonst als abhanden »ekommen angezeigten Pfandscheine Lit. I. Nr 50281 50332 50333 50334 50335 57135 66159 74735 80070. I il !N Nr. 8224 19470 28275 38211 47197 48110 48740 49463 53106 58169 58652 61342 73581 75233 werden hier durch ausgefordert, sich damit unverzüglich und längstens bis zum Ablauf von.10 Tagen nach der auf jedem der Scheine bemerkten Verfallzeit bei untencichneter Anstalt zu melden, um ihr Recht daran zu beweisen, oder dieselben gegen Belohnung zurückzugeben, widrigenfalls der Leihhaus-Ordnung gemäß den Anzeigern die Pfänder ausgeliefert und die Inhaber der Scheine ihrer etwaigen Ansprüche daraus verlustig gehen werden. Leipzig, den 13. März i«80. Die Verwaltung beS Leihhauses u»b der Spareaffe. Zu der Freitag 20 Königliche Baugewerkenschule zu Leipzig. lag, den 19. bas. früh von 9—12 und Nachmittags von 3—S Uhr» und Sonuabeud. Nordstraße, Parterre) den 20. k. früh von 9—1 Uhr im Schullocale (Gebäude der Realschule 2. Ordn., stattfindenden Ausstcllung der Schularbeiten, sowie zu dem Sonuabeud, den 20. früh 11 Uhr in der Aula der Realschule abzuhaltenden E«tlaffungS actus beehrt sich im Namen des Lehrerkollegiums ergebenst einzuladen «. LiPfiuS, K. Baurath. Politische Uebrrsicht. Leipzig, 14. März. In der am Freitag unter dem Vorsitze des Ltaatsministers Hofmänn abgehaltenen Plenar sitzung des Bundesrathes wurden die Prä- üdial-Vorlagen, betreffend a. den Entwurf eines (Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, b. den Entwurf einer Verordnung über die Gewährung von Tagegeldern, Fuhrkosten und UmzuqSkosten an Beamte der Militair- und Ma rine-Verwaltung, c. die Ausführung des Gesetzes über die Besteuerung des Tabaks, den zuständigen Ausschüssen überwiesen und die zur Wiederbefetzung einer erledigten Stelle bei der Kaiserlichen Dis- ciplinarkammer in Kassel erforderliche Wahl vor genommen. Die Versammlung erthcilte sodann auf den Bericht des Ausschusses für Justizwesen und mit den von letzterem vorgeschlagenen Abän derungen dem Entwurf eines Gesetzes gegen den Wucher die Zustimmung und beschloß, einem weiter erstatteten Ausschuß-Gutachten gemäß, daß in Zukunft auch die Verwendung von Melilothen- blttthen (Steinklee) und eingesalzenen Rosenblättern bei der Herstellung von Tabakfabrikaten nach Maßgabe der für die Verwendung von Kirsch- und Weichselblättern geltenden Vorschriften ge stattet werde. Ferner wurde genehmigt, daß der Zuschlag zum Aversum für Bremen und Hamburg vom Etatsjahre 1880/81 ab auf 5 Mark für den Kopf der städtischen Bevölkerung und der in dieser Beziehung derselben zugerechne- len vorstädtischen Bevölkerung festgesetzt, — hin sichtlich der Aversen für die Städte Altona, Landsbeck, Bremerhaven, Geestemünde und Brake dagegen von einer Abänderung der bestehenden BerechnungSgrundsätze abgesehen werde. Nach Erledigung einer aus den Zoll für Anker und Kelten bezüglichen Eingabe und der Ernennung von Commiffanen zur Berathung von Vorlagen ia Reichstage wurde schließlich noch über die geschäftliche Behandlung der neuerdings eingelau lenen Petitionen Bestimmung getroffen. lieber die Hauvtergebnisse der Sonnabends- Sitzung deS Reichstages, in welcher das Or dmarium und Extraorbinarium der Post- und Telegraphenetats erledigt wurden, ist bereit- gestern telegraphisch berichtet worden. DeS Weiteren wird gemeldet, daß bei der Berathung der Denkschrift ätze* die Ausführung der Anleihen«setze auS den Fahre» 1875—79 der Abgeordnete Sonnemann den Wunsch aussprach, bei Anleihen mögederWegdes frei händigen Verkauf- mehr beschritten und die Vermitt lung der Reichsbank weniger in Anspruch genommen »erden. ivelcke die Anleiyen stets an danelbe Con- iorlium zu begeben pflege. Unterstaat-secretair Scholz gab zu, daß die freihändige Begebung von Anleihen grundsätzlich vorzuziehen sei; das Mitte der öffentlichen Eoncurrenzausschreibung sei aber mcht immer sicher, häufig vielmehr eine besondere Kinanzoperation nöthig. Hieraus wurde die DiS- cnsffon geschloffen Die nächste Sitzung findet am Montag statt.-— Wie verlautet, beabsichtigt der Abg . Di Sreph ani folgenden Antrag im Reichs age einzubringen: „Der Reichstag wolle oe- chließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, daß verselbe im Wege der Verhandlung mit den deutschen Landesregierungen seinen Einfluß dahin verwende, daß Unordnungen einer einzelnen Re erung bezüglich Abänderung deutscher echtschreibung nicht eher in Vollzug gesetzt, beziehentlich nicht weiter ausgesührt werben, als bis eine Einigung aller deutschen Regierungen über gleichmäßige Behandlung des Gegenstandes erreicht worden ist." Zur Frage der Dauer, auf welche die neue Prä- senzzifser de- deutschen Heeres zu bewilligen sei, lagen der Militairgesetz - Eommission in ihrer Sitzung am Sonnabend zwei Amendements vor, eins der Centrumspartei auf zwei Jahre und ein« des Abg. Rickert, der übrigens infolge einer unaufschiebbaren Reise der Sitzung nicht anwohnen konnte, auf fünf Jahre, während die Regierungs vorlage bekanntlich sieben Jahre verlangte. Der Antrag auf zwei Jahre wurde mit allen gegen 7 (Centrum und Fortschrittspartei), der Antrag auf fünf Jahre mit allen gegen 3 Stimmen ab- gelehnt, und dann tz. t mit der siebenjährigen Dauer mit 12 (Nationalliberale und Conservatwe) gegen 7 (Centrum und Fortschrittspartei) ange nommen. Mit der gleichen Mehrheit wurde H. 2, der die Anzahl der Cadres bestimmt, genehmigt. Zu tz. 3, welcher die neuen Verpflichtungen der Ersatzreserve betrifft, lagen die Vorschläge der am Freitag ernannten Subcommission sowie verschie dene weitere Anträge vor. Der Paragraph wurde schließlich in folgender Fassung angenommen: „Die wegen hoher LooSnummer oder wegen ge ringer körperlicher Fehler der Ersatzreserve erster Elaste überwiesenen Mannschaften (8 25 Abs. 1 und d des Reichsmilitairgesetzes) werden in Er gänzung ihrer bisherigen Verpflichtungen den nach folgenden Bestimmungen unterworfen: l) Dieselben dürfen im Frieden zu Uebungen emberusen werden. Die Zahl der zur ersten Uebung und zu wieder holten Uebungen einzuberufenden Mannschaften wird durch den ReichshauShaltsetat festgestellt. Ersatzreservisten, welche geübt haben, verblei ben während der Gesammtdauer ihrer Ersatz reservepflicht in der Ersatzreserve erster Elaste. 2) Die Auswahl der Uebnngsmannschaften erfolgt bei der Ueberweisung zur Ersatzreserve 1. Elaste im AuShebunaSgeschätt. Zunächst sind die Frei- aeloosten nach der Reihenfolge der Loosnummer heranzuziehen, sodann diejenigen Mannschaften, welche wegen geringer körperlicher Fehler an die Ersatzreserve 1. Elaste überwiesen werden, nach Maßgabe deS Lebensalter« und der bessern Dienst- brauchdarkeit. 3) Die UebungSpflicht erstreckt sich auf 4 Uebungen, von welchen die erste die Dauer von 10 Wochen, die zweite die von vier Wochen, die folgenden die von je zwei Wochen nicht überschreiten sollen. Der GeftellungStag für die erste Uebuna ist dem Uebungspslichtigen im Aushebungsgeschäft bekannt zu machen. Erfolgt die Eiriberufung zu einem späteren Termin, so kommt, wen» dre ZnrUckstellnng ai.^t »cf Ansuchen der Mannschaften erfolgt, die Zwischenzeit auf die Dauer der Uebung in Anrechnung. 4) Die Uebungs- vflicht erlischt, wenn die auSgewählten Mannschaften innerhalb vierwöchentlicher Frist nach dem unter 3 bezeichneten Gestellungstage zur Uebung nicht einberufen sind. Ist eine Zurückstellung von der Uebung aus Ansuchen der Mannschaffen erfolgt, so tritt dies Erlöschen der UebungSpflicht erst nach ver entsprechenden Zahl von Jahren ein. 5) Von der UebungSpflicht können die Mannschaften nach Maßgabe des tz. 59 deS Reichsmilitairgesetzes be freit iverden. Jede Einberufung zun» Dienste im Heere zählt für eine Uebung. «chifffahrttreibechde Mannschaften sollen zu Uebungen im Sommer nicht eingezogen werden. 6) Die Jahreszeit, in welcher die Uebungen stattsinden sollen, wird zwischen Militair- und Civitbehörden unter Be rücksichtigung der bürgerlichen Interessen vereinbart. 7) UebungSpflichtige Ersatzreservisten unterstehen in Bezug aus AuSwanderungserlaubniß, Entlassung aus der Staatsangehörigkeit, Befolgung deS Ein berufungsbefehls, sowie als Angehörige de« aktiven Heeres während einer Uebung den für Reservisten und Wehrleute geltenden Vorschriften." Für diese Fassung stimmten nicht allein die Nationalliberalen und Eonservativen, sondern mit Ausnahme des Abg. Rupvert auch die Mitglieder der CentrumS- partei. Ein Antrag der letzteren auf Befreiung der Geistlichen von den Uebungen wurde mit 10 gegen 9 Stimmen abgelehnt. Die Regelung des Verhältnisses der zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten wurde für die zweite Lesung Vorbe halten. — Die sehr bedeutende Verbesserung, welche 8- 3 in der angenommenen Fassung erhalten hat, springt in die Augen. Es ist die alljährliche Fest stellung der Zahl der zu den Uebungen zu Berufenden vorgeschrieben, ein fester ModuS für die Auswahl vereinbart, die Eintheilung der Uebungszeit zweck mäßiger gestaltet u. s. w. Hervorzuheben ist dabei, daß die Militairverwaltung den Forderungen der Eommission in anerkennenSwerther Weise enlgegen- gekommen ist. Höchst seltsam ist die Polemik, in welche der „GoloS" gegen das osficivse „Journal de St. Peter- bürg" wegen dessen Verurteilung der Nichtaus lieferung Hartmann'- tritt. Die deutsche „Peters burger Zeitung" findet mit Recht, daß der „GoloS" als Anwalt der französischen Regierung in die Schranken tritt! Daß ein solcher bis jetzt uner hörter Vorgang ohne Billigung des Diktator- nicht möglich wäre, liegt auf der Hand. Man kann hieraus besser sehen als auS langen Aus einandersetzungen, wie eben die Verhältnisse in Rußland liegen und wo da- Schwergewicht der Macht liegt. Daß der Petersburger „GoloS" die Gegnerschaff gegen die Regierungspresse gerade bei einem Gegenstand aufnimmt, wo es sich um die Verfolgung eines Verbrechers gegen da« Leben des Craren und die Sicherung der Zukunst Han delt, ist natürlich doppelt charakteristisch. Die sehr besonnene und vorsichtige „Petersburger Zeitung" ührt die Erscheinung aus ein vvlkerpsycholoaisches Räthsel zurück: ,,Ein Theil der russischen Gesell- 'chaft — und er ist nicht ganz klein — hat gerade« u. so sagt das Blatt, eine unglückliche Liebe für bello k°nmce. eine Liebe, die sich ja un möglich auf den successiven Besitz derselben Chansonetten-Sängerinnen stützen kann, sondern einen tieferen psychologischen Hintergrund haben muß. Wir sind der — vielleicht irr,gen — An sicht, ein Theil der russischen Gesellschaft liebe Frankreich so sehr, daß sogar unverhohlene Unbill chweigend hingcnommen, daß zwei schwere Kriege, endloses Kokettiren mit dem Pvlenthum u. s. w. übersehen wird — nur weil Deutschland daS Uu- ffück hat, unsympathischer zu sein, als daS gallische Wesen. In Deutschland weiß man Da«; man kennt diese natürliche Abneigung der russischen Ge sellschaft gegen Deutschland und hält dieselbe für eine große Gefahr der Zukunft. Ob mit Recht oder Unrecht, ist ja eine andere Frage — aber eS ist so, die Anzeichen deuten immer wieder daraus hin. Der Londoner Berichterstatter des „Manchester Examiner" schreibt seinem Blatte: „Ich erwähnte aus guter Quelle unter den Wahrscheinlichkeiten ver Zukunft eine Allianz zwischen Groß britannien, Deutschland und Oesterreich, thatsächlich, wenn nicht ostensibel, gegen Rußland, Frankreich und Italien gerichtet. Nicht nur von dem Staatsmanne, der diese Meinung ausdrückte, sondern von mehreren anderen, der liberalen Partei Ange hörigen wird die Stelle in Lord Beaconfield's Mani fest, m welcher er davon spricht, daß die Gegenwart, wenn nicht daS Uebergewicht Englands in den, Rathe Europas für die Fortdauer de« Friedens nothwendig sei, als Merkmal einer Absicht der Regierung erachtet, eine solche Allianz einzugehcn, wenn sie die Gelegenheit dazu haben sollte. Die Allianz würde unzweifelhaft populair in Deutsch land sein, und e- ist demnach leicht zu verstehen, warum die tonangebenden Journale in diesem Lande so viel Sehnsucht nach dem Triumph der Tory-Partei bei den kommenden Wahlen auS- drücken." In Frankreich herrscht noch immer die größte Aufregung bezüglich der im Senate erfolgten Ab lehnung des Jesuitenparagraphen. Bezeichnend ist, daß von den fortschrittlichen republikanischen Organen kein einziges die Möglichkeit inS Auge faßt, daß noch im letzten Augenolicke, bei der am Montag im Senate beginnenden zweiten Lesung der Unterrichtsvorlage ein Ausgleich erzielt werden könnte. Vielmehr trägt insbesondere die radikale Presse die größte Mißachtung für den Senat zur Schau. D,e Regierung selbst will sich anscheinend, nach den jüngsten Meldungen, nickt einem neuen FiaSko auSsetzen. Die dem Ministerium nahestehenden Organe verbreiten deshalb die Ver sion, daß die Regierung irgend eine neue Redaktion deS Artikels 7 des Unterrichtsgesetzes nickt vorlegen und daß dieselbe bei der zweiten Berathung des Gesetzentwurfes nicht interveniren werde. — Im Lande werden überall Adressen an die Regierung unterzeichnet, in welchen die Ausweisung der Jesuiten
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