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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188004211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800421
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800421
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-04
- Tag1880-04-21
- Monat1880-04
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1880
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^ " >,50 ^»0 Erscheint tLgttch früh 6V, Uhr. , Achattl«» «> <«»«-«<« J»h«mi«gafie Hrechßmttr« der Ursattiem vormittag« 10—12 Uhr. Rachmittags 4—« Uhr. WM »u In^Nmdtrr « der für die nächst- Rmamer hestimmteN Wochentageu dt« itttamr. an Sam»- i früh di« V.» Uhr. >» SeaFMatr» fir I,s^ Lmuchwer vttaM«««. Uaive^tät«^. 22, Aorckt Lttche.Kathannenstr. 18.P. »« dt« ' /H Uhr. NWM TagclilaN Aazeiger. OtM fil Politik, LocalMichtt, Handels- nnd Seschistsvnkthr. Auflage 16.20V. std»«»r»t»t»»rrt» viertelt-4V, ML, iucl. «ringrrloha « Mt.. durch die Post bezogen « Mt. Jede einzelne Kummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbefilrderuug r» Mt. Mt Postbefvrderuug 48 Mt. Inserate Saesp. Petitzeile 20 Pf. Größer« Schrrften laut nufere» Preisverzeichn,ß — Tabellarischer Satz »ach höherem Tarif. »«lanmi »Mer demstedatttomßrtch di« SpaltzeUe 40 Pf. Inserate find stet« an d. Ge^bttte» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr—on»«nauto oder durch Postvorschuß. .K« 137. Mittvoch den 21. April 1880. 74. ZahMNg. Bekanntmachung. Die Herstellung der macadamifirten Fahrbahnen der verlängerten Bayerischen Straße sowie der zwischen der Südstraße und der erfteren gelegenen Tracte der Körner- und Schenkendorfstraße ist vergeben und werben die unberücksichtigt gebliebenen Herren Bewerber hiervon in Kenntniß gesetzt. Leipzig, am 16. April 1880. Ter »attz »er Stahl Leipzi,. ve. Georgi. vr. Wangemann. Bekanntmachung. Wir wollen nicht unterlassen, auf die hierorts bestehende Bestimmung aufmerksam zu machen, wonach, wenn eine Familie mehr al- drei Kinder zu gleicher Zeit »ur Volksschule schickt, auf Ansuchen der Eltern oder deren Stellvertreter nur für die drei jüngsten Kinder Schulgeld erhoben werden soll. Diese Bestimmung kann selbstverständlich dann keine Anwendung finden, wenn schen einem oder meh reren Kindern einer Familie freier Schulunterricht gewährt wird. Leipzig, am 16. April 1880. Der «attz »er Stadt Leipzig. vr. Georgi. Lehnert. Bekanntmachung. Die Fahrstraße der Reichsstraße »wischen dem Brühl und der Srimmaischen Straße soll mit bossirten Steinen I. Klasse neu gepflastert und diese Arbeit an einen Unternehmer in Accord verdungen werden Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen bei unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhau- ll. Etage. Zim mer Nr. 18, au« und können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Pflasterung »er Reichoftrahe detr." versehen ebendaselbst und zwar bis zum L9. April l. I. Nachmittag« 5 Uhr einzureichen. Leipzig, am 17. April 1680. »er Rath »er «tadt Leipzig. vr. Georg». Wilisch, Aff. Bekanntmachung. Die Harkortstratze wird der dort vorzunehmenden Pflasterungsarbeiten wegen auf der Strecke zwischen der Pleißengaffe und der Kleinen Burggasse von Freitag den L3. d. M. an und auf der Strecke zwischen der Kleinen Burggaffe und dem Floßplatze von Montag den 10. Mai d. I. an bi« zur Fertigstellung de« Pflasters für »en Fährverkehr gesperrt. Leixyig, am 19. April 1880. Ser Rath her Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. '7L so». l7L 81'. or. ok. »t» » s» -a S 8° OL Die Krisis in Oesterreich. Mit der Herrlichkeit des Ministeriums Taaffe geht e« rasch zu Ende. Der Cabinetschef selbst er weist sich nur als eine Marionette, seine Person als ein nebensächliches Element in der schweren Krise, welche die Ablehnung des Dispositionsfonds über das EoalitionSministerium herausbcschworen hat: um so ernster ist die Lage, denn eS handelt sich heute in Wien um die Beantwortung der Frage: Wird die Rechte, oder werden die nach links stehen den Parteien die Erbschaft des Tiroler Grasen antreten'? Die bisherigen Erfahrungen haben gelehrt, daß die Rechte in Oesterreich nur so lange eine staatsrechtliche Partei darstellt, als sie die Grundbedingungen des Staates un angetastet läßt, denn das Land bedarf der Ruhe und stabiler Verhältnisse, um seine Finanrkraft zu erhöhen und sich seiner politischen Mission im Südosten Europas gewachsen zu zeigen. Mit großer Schärfe wird dieser Standpunkt von der deutschen Prcsse de- Kaiserstaates festgehaltcn, den», in der That, nur die deutsch-liberale Partei ver bürgt Oesterreich die innere Ruhe und Festigkeit! Die Rechte bedeutet, so führt die „Neue Freie Presse" aus, den Kampf, die Linke den Frieden; die Rechte strebt nach fortgesetzten Umwälzungen, die Linke, die jüngste Majorität, welche schon nach parla mentarischen Grundsätzen ein Anrecht aus die Regierung hat, nach Erhaltung. Die Rechte ist überhaupt keine Partei, welche den festen Untergrund eines Eabinets bilden könnte, wäh rend die Linke eine solche im wahren Sinne teS Wortes ist. Von jenem Berg des äußersten Flügels angefangen, wo die ehrlichen und wohl meinenden Vertreter deS allgemeinen Stimmrechtes sitzen, wo die Fragen der socialen Reform vielleicht noch wärmer erfaßt werden, als die politischen, brS hin zu jenen etwas unklaren Schwärmern, vor deren Augen die Farben ineinanderfließen, zieht sich eine Kette gemeinsamer Ueberzeugung und gleicher Grundsätze. Da giebt eS nur, wie m allen Par teien der Welt, Unterschiede des Grades, aber nicht de- Wesen«, Differenzen, aber keine Gegensätze; die Linke hat ein Programm nach Außen und nach Innen. Sie will ehrlich und aufrichtig die Allianz mit dem Deutschen Reiche; sie will d«e Erhaltung der Verfassung, die Ordnung der Finanzen auf Grund genau bestimmter, von Allem einträchtig anerkannter Vorschläge; sie will Opfer bringen für die Solvenz de- Staates; sie will wirthschastliche Reformen, und sie besitzt auch Talente genug in allen ihren Schattirungen, welche, auf der Ministerbank vereinigt, das Vertrauen der Bevölkerung erwecken, im Geiste der Mäßigung und Besonnenheit Vorgehen und ein Cabmet von Dauer, ja von Glan; bilden würden. Die Rechte dagegen? UneinS über die Frage der äußeren Politik, nur einig in der Negation, in dem Haste gegen daS Deutsch lhum jenseits und die-seitS der Grenzen, in den Fragen der Freiheit durch eine unüberbrückbare Kluft getrennt, die Einen dem Reiche stet« als zudringliche Bettler nahend, die Anderen reich genug, ihre nationale Glorie selbst zu bezahlen, die Einen passive, die Anderen active Länder ver tretend — müßte da nicht die Staat-mafchine zum Stillstände kommen, wenn sie von solchen Händen geleitet würde ? Lu« so vielen Contrasten, darin stimmen wir dem kettenden Wiener Blatte bei, welche« Tag au« Tag ein mit Muth und Entschlossenheit für die Interessen de« Deutschthum- in Oesterreich ein- lritt, au« solchen Gegensätzen kann sich keine Har »umie gestalten. Da« Eoalitionscabinet trifft der Borwurf, chaotische Verwirrung dadurch her- vorgerufen zu haben, daß e« sich vermaß, nicht mit gegebenen Faktoren zu rechnen, sondern neue Partei gruppen au« der Erde zu stampfen. Der aben teuerliche Plan war ein vrror io onlculo, wie auch die „R. F. P." mit beißender Satire hervorhebt: . So rächt sich dieser Grundirrthum unreparirbar fort und fort an den Staatsmännern, die von dem selben ausgegangen sind. Die Parteien mögen staats rechtliche und nationale wie bei unS oder allgemein politische wie anderwärts sein: da- varteibildende Element ist inimer und allerwärtS eine Idee, und Ideen können durch den mechanischen Druck der Regierungsgewalt weder entwurzelt, noch verändert, noch neu geschaffen werden. DaS ganze Aufgebot asterpolitischer Renommisterei, mit der man die österreichischen Völker zu betäuben und zu ver wirren versuchte, alle Phrasen von Vermittelung und Versöhnung, von Umbildung der staatsrecht lichen Parteien in politische, von Decomposition und Coalition haben diese Wahrheit nicht zu er sticken vermocht. Die Grundauffassuna der beiden österreichischen Hauptparteien vom Staate und seiner Organisation ist eine verschiedene und gegensätzliche; die eine dieser Parteien basirt den Staat aus eine starke und einheit liche Centralgewglt, die andere ist der Central gewalt feindlich gesinnt und all ihr Trachten ist daraus gerichtet, die Gewalt, sei eS durch die Ge setzgebung, sei es durch die Verwaltung, in eine Anzahl kleiner Centre.: zu verlegen und zu zer splittern. Zwischen diesen Auffassungen hat jede Regierung in Oesterreich zu wählen; vereinigen lassen sie sich nicht, weil die eine die Negation der anderen ist. Ein Ministerium, welches gegen diese Gegensätze gleichgültig ist oder sich gleichgültig stellt, verwischt sie nicht, sondern wird zwischen denselben zerrieben, und das ist in diesem Augenblicke daS Schicksal des Coalitions-Ministeriums." Die staat-rettenden Thaten des Grafen Taaffe sind in da« wesenlose Nicht- zusammengeschrumpft, seine Versuche, die Nationalitäten zu versöhnen, zur Caricatur geworden und anstatt fruchtbringender Thätigkeit auf den Gesetzgebungsgebieten ist überall Stillstand und Erschlaffung eingetreten. Nur ein Wunsch beseelt heute die Deutschen in Oesterreich: Auflösung des Parlaments, um den Zuzug frischer Kräfte zu ermöglichen. Wohl ist noch ein schüchterner Jnterventionsversuch gemacht worden, daS Ca binet zu halten, um so jäher aber wird sein Sturz, um so verhängnißvoller die Katastrophe sein. Die Presse an der Donau erschöpft sich m der Aufstellung von Möglichkeiten, wann das Ende der Krisis hervortreten, wann der Todeskampf des CoalitionSministeriumS vollendet fein werde. Das Deutschthum in Oesterreich hat ein vitales Interesse daran; denn an ihm, an der Verfassung-Partei wird es sein, mit Klugheit und Einigkeit hervorzutreten, wenn der ersehnte Wende punkt da und die Stunde zum Handeln ge kommen ist. * Ueber den Eindruck, welchen die österreichische Ministerkrisis in Berlin hervorgerufen, wird un- von dort wie folgt geschrieben: „Wenn eS sich bestätigen sollte, daß diejenigen Mitglieder des österreichischen Cabinet«, welche aus der verfassungs treuen Minorität hcrvorgegangen sind, ihre Ent lassung erbeten haben, so wäre damit ein so be deutender Umschwung m den inneren Verhält nissen unsere- befreundeten Nachbarreiche« einge- leitrt, daß eine Rückwirkung auf die auswärtigen Beziehungen zwar eventuell vermieden werden kann, dennoch aber im Bereich der Möglichkett liegt. Man ist hier allerdings überzeugt, daß Baron Haymerle den besten Willen hat, sich auch von dem Einfluß eine- „Nationalitäten ministerium-". in dem nothwendig dierzechischen Heißsporne da« Uebergewicht haben dürsten, nach Kräften frei zu halten, ob er aber auf die Dauer eine deutschfreundliche Politik wird verfolgen können, wenn die Gesinnungsgenossen eine« Rieger und Hausner me ci-lei- thanische Regierung leiten, da- ist ein« Frage, d,e in Berlmer politischen Kreisen vielfach be sprochen wird, und deren bloße« Auswerfen schon eine halbe Verneinung enthält. Freilich ist man andererseits nicht geneigt, die Kraft de- Wider stande« zu überschätzen, welchen die slavischen Autonomlsten-Parteien in Oesterreich und besonder« im Reichsrath der Freundschaft mit Deutschland entgegensetzen. So wird un« authentisch berichtet, daß die famose Broschüre Hausner'«, in wel cher er seiner bekannten galligen Ungerechtigkeiten egen Deutschland sich aufs Neue entledigt, in Zerliner sehr hochgestellten Kreisen eine merkliche Heiterkeit hervorgerufen habe, und daß mit großer Anerkennung der scharfen Abfertigung gedacht worden sei, welche jener schriftstellerische Exceß in den großen Blättern Oesterreichs wie Ungarns ge funden habe." Politische Uebersicht. Leipzig, LO. April. Zur Lage im Reichslande wird unS auS Berlin geschrieben: „So erfreulich auch die Sym- pathiebezeigungen sind, mit denen der LandeS- auSschuß von Elsaß-Lothringen beim Schluß seiner Session den Statthalter von Manteufsel begrüßte, so kann man doch von Personen, die mit den dortigen Verhältnissen au« eigener An schauung wohl vertraut sind, die Meinung äußern hören: „Etwas weniger wäre mehr gewesen." In der That soll Herr von Manteufsel in dem Bestreben, die GemUther in den wiederer worbenen Landestheilen für die neue Ordnung der Dinge zu gewinnen, dem offenen und ver steckten Ultramontanismus, welch letzterer tiefer wirksam ist, als man gewöhnlich annimmt, mehr als nöthig Zugeständnisse gemacht haben. Der Statthalter kann sich eines wirklichen Einver nehmen- mit den reichöländischen Vertretungs körpern rühmen j die Personen, welche ihm ihre Unterstützung leihen, sind aber nicht Freunde der deutschen Sache, sondern sie benützen die günstige Constellation, welche die Regierung zwingt, da An haltspunkte zu suchen, wo sie dieselben findet, mag ihr auch die Unterstützung der liberaleren Elemente im Lande und im Ausschuß lieber gewesen sein. Fürst BiSmarck soll sich im Ganzen ziemlich kühl zeigen gegenüber dem Gang der Dinge in Elsaß-Lothringen. Er hält einfach nicht viel von der Zustimmung, welche die Politik deS Statthalter« bei den Partisanen deS Bischofs von Straßburg findet, und in seiner Umgebung macht sich die Meinung geltend, daß die Heran ziehung derjenigen Elemente, mit denen der Feld marschall von Manteufsel gegenwärtig pactire, früher oder später zu einer großen Verlegenheit führen müsse, und daß alsdann die ehrlich liberalen Autonomisten, welche jetzt (in der Sache, wenn auch nicht dem äußeren Anscheine nach) zur Sette geschoben worden sind, wenig geneigt sein werden, ohne schwerwiegende Zugeständnisse die Reichsregierung zu unterstützen, klebrigen« ist nicht zu erwarten, daß die Reichstagsabgeordneten aus Elsaß-Lothringen auS dem Schluß des Landesausschusses, dem die Meisten derselben angebören, Anlaß nehmen werden, zahlreicher al- bisher im Reichstage zu erscheinen. Die noch restirenden Vorlagen und Debatten sind relativ von zu untergeordneter Natur, al- daß sie daran parncularistische Stim mung und zum Theil auch Verstimmung zur Theil- nahme auffordern konnten. Bisher hatten sich nur die Abag. Kablä (Straßburg) und Golden berg (Zabern) zu den Berathungen eingesunden; der erstere griff sogar einmal mit wenigen Be merkungen in die DiScussion ein. Daß beide bei den namentlichen Abstimmungen über da- Militair- aesetz mit „Nein" votirten, bedarf wegen seiner Selbstverständlichkeit kaum der Erwähnung". Der Stellvertreter de- Fürsten Hohenlohe hat sich bereit- dem Präsidenten der Republik vorgestellt. Pariser Nachrichten zufolge hat sich Geh. Leg.-Rath v. Radowitz einer sehr sympathi schen Aufnahme zu erfreuen. Herr von Radowitz ist für die gläntend« Carriere, di« er bereit« gemacht, verhältnißmäßig noch jung; er ist im Jahre 1889 geboren und »war al- Sohn de» au- den Wirren der Jahre 1849 und 1880 bekannten General« und Minister«, eine« Freunde« de« König- Friedrich Wilhelm IV. — Bereit« im Jahre I8«I finden wir, schreibt die „Tr., den jungen Diplomaten al« Attache b« der Gesandtschaft in Konstantinopel; ein Jahr später ging er mit der preußische» Mission nach Ehina und Japan und führte kurze Zeit die Geschäfte de« Generalconsulat« in Ehangai. Nach dem er den Gesandtschaften in München und Paris zugetheilt gewesen, wurde er 1870 zum diplomatischen Agenten m Bukarest und 1871 zum Geschäftsträger in Konstantinopel ernannt. Der Scharfblick, den er bei der Beurtheilung der dortigen Verhält niffe und der orientalischen Frage überhaupt entwickelte, bewog den Reichskanzler Fürsten BiSmarck, ihm im Auswärtigen Amt da« Decernat für orientalische Angelegenheiten zu übertragen. Im Jahre 1874 wurde er zum Gesandten in Athen er nannt, eine Stelle, die er nominell auch noch heute bekleidet. Tbatsächlicb ist er nur wenige Mal ganz vorübergehend in Athen gewesen und war stet« beurlaubt, um im Auswärtigen Amt da« oben an- gedeutete Decernat zu verwalten — Im Frühjahr 1875, al« Fürst Gortschakoff die Franzosen zum ersten Mate gegen Deutschland einzunehmen suchte, betraute Fürst BiSmarck Herrn v. Radowitz mit einer Special-Mission nach St. Petersburg; eine Aufgabe, die er mit Geschick löste. Während der jeden Sommer erfolgenden Beurlaubung de« jetzt verstorbenen Herrn v. Bülow, de« Staatssecretairs im Auswärtigen, vertrat er diesen in Gemeinschaft mit dem Gey. Rath Lothar Bücher. Während de« Berliner Kongresse« fungirte Herr v. Radowitz zugleich mit Mr. le Comte de Mony au« Pari« osstciell al« Secretair de« Kongresses. Die römische Zeitschrift „Aurora", da- Organ deS Vatikans, bringt einen Artikel ausDeutsch- land, der daS Centrum vertheidigt und in Betreff der Wiener Verhandlungen sagt, Fürst BiSmarck als eminent praktischer Mann verfahre bei seinen Unterhandlungen immer nach dein Grund satz t!c>, ut ck«s, gieb du, dann gebe ich; „dieser Grundsatz aber, wenn auch im übrigen wohl an gebracht, sei nicht am Platze, wo es um Verhand lungen mit der Kirche und dem Stellvertreter GotteS gehe, dieser stehe zu hoch für solche Praxis." Immer die alten Vorbehalte und Selbsttäuschungen, daß die Kirche nur Rechte habe und sich auf ver tragsmäßige oder gesetzliche Verpflichtungen nicht einzulassen brauche! Den heutigen Leitartikel ergänzend, mögen hier noch einige Mittheilungen über die Minister- krisiS in Wien Platz finden. Die bevorstehende Veränderung in der Regierung deutet auch ein officiöser Brief der „Bohemia" an, welcher von einer Beurlaubung des I)r. von Strem ayr spricht und hinzufüat: „Auch will man in ge wissen Kreisen den Urlaub nur als einen Vor läufer deS definitiven Rücktrittes ansehen, wofür bisher allerdings noch keine bestimmten Anzeichen vorliegen; da aber in der nächsten Zeit die Regierungs- Verhältnisse abermals einer Umgestaltung ent gegensetzen, so kann man nicht sagen, daß eine solche Version an sich ganz grundlos sei, im Gegen theil wird ihr manche- Moment der Wahrschein lichkeit nicht abzusprechen sein." Nach einer anderen Version soll der Gesundheitszustand de- Iustizministers St rem ayr zu ernsten Bedenken Anlaß geben. Derselbe leidet an einem gichtigen Zustand und ist in Folge der unsäglichen Schmerzen, die mit demselben verbunden sind, wiederholt im Laufe de« Tages genöthigt, sich Morphium-Injec- tionen appliciren zu lassen. Am Freitag nun soll, wie die „Deutsche Ztg." erfährt, Stremayr in Folge einer wesentlichen Steigerung seine- Leidens selbst eine starke Injektion ausgeführt haben und danach geraume Zeit im Zustand« vollster Bewußt losigkeit gelegen haben, au- dem er erst in später Abendstunde wieder erwachte. Ein Telegramm meldet unS noch: Wien, 19. April. Der gestrige Minifterrath beschäftigte sich ausschließlich mit laufenden Geschäften. Da« „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau" bezeichnet »« al« unrichtig, daß im Ministerrath irgend eme mit der parlamentarischen Lage zusammenhängende Ent schließung getroffen wurde; vor Erledigung de- Bud get« sei keinerlei Entscheidung in dieser Beziehung zu erwarten. Die Neubildung de- englischen Cabinet« ist bi« zur Stunde noch nicht erfolgt. Nach telegra phischen Nachrichten findet am Mittwoch ein Cabi- net-rath statt. ES unterliegt aber kaum noch einem Zweifel, daß Gladstone die Bildung de« Cabinet- übernehmen wird. Die Verlegenheiten für die gemäßigten Mitglieder de« liberalen Cabi-
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