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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188004237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800423
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800423
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-04
- Tag1880-04-23
- Monat1880-04
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1880
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2504 WohnungS-Vermiethung. In dem der Stadt«emrinde gehörigen HauSgrundftücke Selter» Hof. ?n«,aischeStrabe Sk S«, ReichSstraße Nr. 55 soll die au- 3 Stuben. Küche, Bodenkammer, Keller und sonstigem Zubehör bestehende, mit Wasserleitung »ersehene und seither sür 300 jährlichen Miethzin- vermiethete Hoftoohnuna im t. Stockwerk SeS rechte« rette«,etSudes (Treppe 8) »o« 1. Juli D. I. au gegen eiuuterteljiitzrltche Kündigung an den Meistbietenden anderweit vermiethet werden. Wir beraumen hierzu BerfteigerungStermin an Rathsstelle auf Montag, den LS. dieses Monat», vormittags 11 Uhr an, in welchem Miethlustige sich einfinden und ihre Miethgebote thun wollen. Die Versteigerung-- und Bermiethuna-bedingungen nebst Jnventarium der zu vermiethenden Wohnung liegen schon vor dem Termine auf dem Ralhhaussaale, 1. Etage, zur Einsichtnahme auS. Leipzig, den 10. April 1880. Der Halb der Stadt Leipzig. vr. Georgs Stöß. Lr8to 8tät1ti86ti6 ^0rtbi1(1unK886kul6 für Lnaben. Xar kvlsr -«» ttvdurtstax«« 8r. -k«l««1üt So« LSulg«, veletie preit-g, sea 23 ^peil kirebmiUsx» 8 vkr im 6eU»»Ie 3er Drittel, bürgerscbule »dgebelteu Mirä, beebri »iel» im 8»mei» 3e» bekrercollegium» ergebenst einrulsäeo Leipriß, 3eo 21. ^pril 1880 vr. vrüatlxam. /weite 8tä<1ti8etie ^ortbililuriA^eliuIe für Lnaben. 2o 3er preiteg, äen 23. Xoril 8»ekmitt»g» 8 llbr im 6ets»»le 3er ?üostea kürxerscbule stettüoäeo-eu kvter So« vedllrt«t»g»8 8r. M^vstLI Sv« Lvulg» beebrt sieb im 8»men 6es lekrereollegiows ergebenst einrulsäen l-eipiig, äen 22. Xpril 1880. vr. v. 8tovr1, Direktor. Bekanntmachung. Die für den 23. April e. Vormittag- 10 Uhr angekündigte Versteigerung von Communalgardenge- »ehren,PercussionSflinten, Trommeln, Patronentaschen, Riemen, Koppeln und Bajonetscheiden findet nicht statt. Leipzig, den 22. April 1880. Der «attz der Stadt Leipzig. vr. Veorgi. Harrwitz. Innuugswesen. Wir geben die nachstehende uns aus Berlin vom Mittwoch zugehende Korrespondenz als einen wei teren Beitrag zur Gewerbereform, indem wir Fach kreise darauf Hinweisen möchten, diese wichtige Tagesfrage von ihrem Standpunkte aus nach Möglichkeit zu fördern. Unser Bericht lautet: „Die Revision jder Gewerbeordnung nimmt je länger desto mehr eine Richtung an, welche daS Princip der Gewerbesreiheit von Grund auS ver nichtet. In der Reichs tagscommission, welche die Vorberathung der konservativen Anträge am Montag beendigt hat, ist der konservative Hauch ia vollen» Maße zur Geltung gekommen. Es han delte sich in dieser letzten Sitzung um die Innungs frage. Die Mehrheit der Commission geht in ihrer Auffassung über die erforderliche Umarbeitung deS Tit. VI. der Gewerbeordnung so weit, daß sie nahezu bei den mittelalterlichen Zunsteinrichtungen ange kommen ist. Die gute alte Zeit soll mit allen Mitteln innerhalb einer total veränderten modernen Umgebung wieder hergestellt werden, um dem Handwerker endlich dasjenige Maß wirthschaft lichen Wohlbefindens und politischer Bedeutung wieder zu geben, das er im Lause dieses Jahr hunderts durch die Schuld der liberalen Gesetz gebung verloren habe. Die neuen Innungen sollen alle selbstständigen Handwerker nebst ihren Gesellen und Lehrlingen fest umschließen, alle bezüglichen Interessen vereinigen und denselben auch nach außen hin eine kräftige Stütze gewähren. Den vielbegehrten Innungszwang iveist die Commission zwar ausdrücklich zurück, doch stattet sie die Innungen so weit mit Privi legien und Machtbefugnissen auS, daß der „indi rekte Zwang" für den kleinen Handwerker zum „freiwilligen" Beitritt stark genug ist, um ihm da- Fernbleiben außerhalb der Innung unmöglich zu machen. Zu den einschneidendsten Beschlüssen der Commission gehört insbesondere der, daß das Halten von Lehrlingen auf die Mitglieder der In nungen beschränkt werden soll. Es ist dabei zu sehr erregten Debatten gekommen. Bergeblich suchte der ehemalige Vertreter der Gewerbepolltik des Reichs die Commission wenigstens von derartigen äußersten Beschlüssen abzubrmgcn, er mußte zusehcn, wie Schritt vor Schritt die Reaktion die JnnungS- srage sich in ihrem Sinne zurecht machte. Als jedoch der Beschluß betreffs des Halten- von Lehr lingen zu Stande kam, verließ Staatsminister Delbrück die Commission und schüttelte den Staub von den Füßen. Bemerkenswerth ist ferner, daß die Vertreter der Staatsregierung in der Com- missionSberathung nirgend gegen die extreme Tendenz der Beschlüsse Einspruch erhoben oder durch ihre Erklärungen verrathen haben, eS gebe für die Regierung eine Grenze, über welche hinaus sie den konservativen Forderungen zu Dolgen außer Stande sei. Auch in dieser Beziehung hat sich also die Lage seit 1878 wesentlich verändert. Als damals die am l. Januar 1879 in Kraft ge tretene Novelle zur Gewerbeordnung berathen wurde, erklärte der Präsident de- Reichskanzler- AmtS wiederholt, daß die Gewerkefreiheit als Grundlage der Reichsgewerbeordnung bei der all- mtilig vorzunehmenden Revision derselben durchaus gewahrt bleiben solle; auch bei anderen Gelegen heiten und später bi- in die letzte Zeit sind unter Verwahrung gegen reactionaire Gelüste amtliche und halbamtliche Erklärungen in gleichem Sinne erfolgt. Die zu Anfang de- vorigen IahreS seiten- der Regierung gegebene Anregung zur Wiederbelebung der Innungen ist zwar bei Staats- und Commu- nalbehörden auf fruchtbaren Boden gefallen, bei den Handwerkern namentlich in Berlin und anderen großen Städten hat man Nicht» davon wissen mögen. Durch selbstthätige Be lebung des korporativen Element», durch energische Ausraffung auS dem alten Schien- drian, Hand in Hand mit den Communal- behvrden auf eine Reorganisation der In nungen hinzuarbeiten, da- liegt keine-weg- im Sinne unserer Zünftler. WaS sie wollen, da- find korporative Privilegien und obrigkeit liche Befugnisse, durch welche eine strenge Ge schlossenheit der Interessen gemeinschaftlich berbei- geführt und die Vertretung de- Handwerkerstandes »n die Lage gebracht wird, als eine respektable Macht in dem großen Intereffeukampfe auszu treten. Wa» den Schutzzvllneru uud Agrariern gelungen ist, da- erstreben auch die Handwerker. Deßhalb ist eS sehr erklärlich, wenn die ersteren jetzt, soweit sie daS Heft in Händen haben, den zünstlerischen Bestrebungen möglichst entgegen- kommen. Sie gewinnen ja einen zuverlässigen Bundesgenossen wenigsten- für so lange, als die Interessenpolitik beider die gleichen Wege geht. Einstweilen erscheint noch der Handwerker mit alledem, was ihm die Commission bietet, immer nur stiefmütterlich bedacht. Denn alS eine noth- wendige Ergänzung de- Innungszwanges, ob er nun em direkter oder nur indirekter ist, müssen erst die Zwangs- und Bannrechte der Consumenten hinzukommen, um eine Gleichstellung berbeizuführen, da ja locale Schutzzölle doch nicht gut einzu- sühren sind. Politische Uebersicht. Tem Könige! Unter den Gedenktagen des sächsischen Volkes wird der dreiundzwanzigste April des Jahres 1828 noch bis in späte Zeiten genannt werden. An diesem Tage, dessen zweiundfünfzigste Wiederkehr wir heute feiern, wurde Prinz Albert seinen nun in Gott ruhenden Eltern, dem engeren sächsischen und dem weiteren deutschen Paterlande gcboren. Aus dem ritterlichen Prinzen mit der schlichten Soldatennatur ist ein König geworden, der, geliebt und verehrt von seinen Sachsen, auch von späteren Geschlechtern noch als ein gerechter und leutseliger Monarch gepriesen werden wird. Was König Albert in Krieg und Frieden unter der deutschen Fahne in dem Riesenkampfe wider Frankreich und durch seinen auf die Werke der Wissen schaft undKunst, des Handels und des Gewerbfleißes gerichteten Sinn seit seiner Theilnahme an den Staatsgeschäften zur Ehre des sächsischen Namens mit männlicher Tüchtigkeit und Pflichttreue ge- leistet hat, es wird unvergessen sein! Möge noch lange Jahre hindurch das Werk seiner Hände zum Segen des Landes gedeihen! Mit diesem Wunsche rufen wir freudigen Sinnes in den Festjubel hinein: Es lebe der König! ES erhält sicffdas Gerücht, daß Fürst Bismarck die Absicht habe, persönlich in die Berathung de« Reichstages über die Stempelsteuer einzu greifen. „Wenn diese Nachricht von anderer Seite bezweifelt wird — so schreibt man unS auS Berlin vom Mittwoch — so kann ein solcher Zweifel zwar, entsprechend der unberechenbaren Natur der Entschlüsse deS Reichskanzlers, durch die Thatsache bestätigt werden, er hat aber nicht die innere Wahrscheinlichkeit für sich. Nach den Reflexen zu urthcilen, welche die Pläne und Ge danken de- leitenden Staatsmannes in den Aeuße- rungen ihm nahestehender konservativer Abgeord neten finden, ist derselbe allerdings geneigt, schon bei der ersten Lesung deS Gesetze- da» Gewicht seiner Autorität einzusetzen. ES wird nicht fehlen können, daß die Anwesenheit deS Fürsten Bismarck im Reichstage Gelegenheit geben wird, auch die BundeSrathskrise zu berühren und in die Debatte einzubeziehen. In dieser Beziehung können wir auf Grund guter Informationen versichern, daß der Reichskanzler nicht ungern den Anlaß ergreifen dürfte, thcil» zur Richtigstellung vieler an die jüngsten Er eignisse geknüpfter Conjecturen, IheilS zur Vorberei tung von weiteren in seinen PlänenfliegendenSchritten deS Näheren auf die Ursachen seines Entlassungs gesuche- einzuaehen. Daß nicht alle Differenzen ausgeglichen sind, dafür will man einen BeweiS in den Anträgen sebrn, welche die zu Referenten Uber den preußischen Antrag bestellten Minister v. Mittnacht und von Liebe (für Braunschweig) dem BundeSrath unterbreitet haben. ES wird darauf aufmerkfam gemacht, daß da» Elaborat derselben allerdings den vom Reichskanzler erho benen Forderungen auf Revision der Geschäftsordnung de- BundeSrath- entspreche, daß eS aber in einem sehrwesentlichenPunct, trotz scheinbarer Verstärkung, diese Forderungen erheblich modificire und ab- schwäche. Und dieser Punkt ist die von den Re ferenten empfohlene Bestimmung der absoluten Ge heimhaltung der BuudeSrathSverhandlungen, welche bisher keineswegs bedingungloS in Geltung war. Indem Fürst BrSmarck die Einführung zweier Le sungen für wünschen-werth hielt, von denen die erste der freien DiScussion, die zweite bindenden Beschlüssen zu dienen habe, konnte man hoffen, daß hier der Versuch gemacht werden soll, durch größere Beweglichkeit und Lebendigkeit des Ideenaustausches und der persönlichen Wechselwirkung die Umbildung des „Staatenhaufes", welches der Bundesrath bisher gewesen, in ein „Oberhaus" vorzubereiten und die Schwerfälligkeit dieser Körperschaft in den freieren Fluß deS politischen Leben» zu stellen und damit zu beseitigen. Der Antrag des württem- bergischen Ministers geht aber so weit hinter diese Tendenz zurück, daß man in Abgeordnetenkreisen überzeugt ist, die Annahme des Mittnacht'schen Vorschlages würde die eingeleitete Reform voll ständig paralysiren und deren Grundgedanken in sein gerades Gegentheil umwandeln. Es ist deshalb erklärlich, wenn sich immer stärker der Wunsch kundgiebt, nicht blos über diese sympto matische Frage, sondern Uber die ganze Angelegen heit, deren Ursache, Verlauf und Endziel authen tische Mittheilungen von dem leitenden Staats mann selbst zu erhalten. Bereits ist von liberalen Abgeordneten in Erwägung gezogen worden, eine diesbezügliche Interpellation an die ReichSreaie- rung zu richten. Man hat sich indessen entschlossen, hiervon Abstand zu nehmen, und zwar wesentlich in der Erwartung, daß der Reichskanzler selber bei der Debatte Uber vie Stempelsteuer-Vorlage die so dringlichen Aufklärungen auS freien Stücken geben werde." Zum Stande der Berathung deS Wucherge setzes wird uns aus dem Reichstage vom Mitt woch wie folgt geschrieben: „Die gestern begonnene zweite Berathung des Wuchergesetzes erhielt ihr Interesse durch den Antrag Bismarck und Genossen aufEinsührung von Zinstaxen von höchstens 8 Proc. für Hypothekendarlehns und höchstens 15 Proc. für alle übrigen. In der Commission war der Antrag gefallen; wie er gestern dem Hause vorlag, scheint besonders die bunte Ge sellschaft der Mitunterzeichner interessant. Neben Conservativen und Mitgliedern der ReichSvartei stehen Polen, CentrumSleute, ein elsässer Auto nomist und drei Mitglieder der liberalen Gruppe, darunter Dr. von Schleuß, Bankdirector in München. Trotzdem lehnte der Reichstag den Antrag Bismarck fast einstimmig ab, ein Ergebniß, das der Antragsteller bis auf die geringe Zähl der Getreuen ohne Zweifel vorausgesehen hat. Aus der Stellungnahme des Grafen Bismarck einen Schluß auf die Ansichten des Reichskanzlers über Zins taxen zu ziehen, halten wir nicht für gerecht fertigt. Der junge Parlamentarier versuchte sich gestern, auf die eigene Kraft vertrauend, offenbar ganz unabhängig, auf einem Gebiete, wo auch die schwerste Niederlage dem Antragsteller nicht nur nicht schadet, sondern ihm Freunde in den Kreisen schafft, die, wenn auch außerhalb der Reichsvertretung stehend, mit der Tendenz deS Antrages sympathisiren. Außer den ZinStaxen wird auch die Frage wegen der Beschrän kung der Wechselfähigkeit bei dem Wuchergesetz zur Erörterung kommen. Auch hier hat sich vie Commission abwehrend verhalten. Aller dings ging der dort vorgelegtc Antrag recht weit. Er wollte den aktiven Militärs, vom Gemeinen bis zum Feldmarschall, allen Reich-- und Staats beamten, Frauen, Handwerkern und endlich Eigen- thümern, 'Nießbrauchern und Pächtern ländlicher Grundstücke die Wechselfähigkeit entziehen. Praktisch wird auch dieser Antrag nicht werden. Daß aber derartige Anträge überhaupt zur DiScussion ge langen, ist ein Symptom dafür, wie vertrauensvoll die Männer der Umkehr unserer wirthschaftlichen Gesetzgebung gegen alle Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zu Felde ziehen." Aus Süddeutschland wird unS geschrieben: „Anläßlich der Vorlage, betreffend die Verlänge rung des SocialistengesetzeS, sind mehrfach die von Reichsregierung und Reichstag bei der ersten Verhandlung über dasselbe kundgegebenen guten Vorsätze in Erinnerung gebracht worden, dahin gehend, eS nicht bei der bloßen Repression bewenden zu lassen, sondern auch positive Vor kehrungen und Reformen zu Gunsten der hand- arbeitenden Classe inS Werk zu setzen. Vielfach hat man in öffentlichen Blättern den Vorwurf er hoben. diese Verheißung sei bis jetzt unerfüllt geblieben; auch hat, wie unlängst berichtet wurde, u. A. ein süddeutscher Abgeordneter seine konservativen Ge sinnungsgenossen im Reichstage brieflich beschworen, dem Socralistengesetze auf so lange, als nicht mit jener Maßregel voller und greisiicher Ernst ge macht werde, ihre Zustimmung zu versagen, da außerdem lediglich Erbitterung in der Arbeiterklasse erzeugt und die sociale Revolution groß gesäugt werden würde. Ob und wie weit diese Klagen, daß bisher nichts oder so gut wie nicht- geschehen sei, begründet sind, soweit sie sich an die Gesetz gebung adressiren, wollen wir hier nicht weiter er örtern, sondern nur bemerken, daß diejenigen, welche sie Vorbringen, doch vor Allem selbstBorschläge zu Ge setzen machen müßten, welche wirklich praktikabel und Erfolg verheißende Reformen im Schooße tragen — waS ihnen einigermaßen schwer werden dürfte. Handelt eS sich dagegen um Maßnahmen, bei welchen die Mitglieder de- Reichstage- viel mehr wie der Einzelne al- Angehöriger und Vertreter der bürgerlichen Gesellschaft in Frage kommen, so ist zu erwidern, daß ja immerhin viele unter ihnen an der Initiative Theil genommen haben, welche im vorigen Jahre ergriffen wurde, um eine Organisation der Fürsorge für die Wohlfahrt de- Arbeiterstande- im größeren Stile und durch ganz Deutschland in» Werk zu fetzen. ES ist die- vekanntlich durch die im Mai v. I. zu Frank furt a. M erfolgte Constituirung de- Vereins „Concordia" geschehen. Dieser Verein hat sich die Aufgabe gestellt, ein Sammel- und Stützpunkt sür alle diejenigen Bestrebungen zu werden, welche auf eine Verbesserung der wirthschaftlichen und der geistig-sittlichen Lage des Arkeiterstandes mit den Mitteln und Kräften der freien Gesellschaft abzielen. Zu dem Ende geht er vor Allem darauf au«, sür die verschiedenen Kategorien von Wohlfahrts-Einrich tungen innerhalb der Groß- uud Arbeitsindustrie Propaganda zu machen, die vorhandenen zur Nach ahmung zu empfehlen und Verbesserungen, Er gänzungen und weitere Fortschritte in dieser Rich tung anzuregen. Weiterhin hat der Verein die Aufgabe der Arbeiterversicherung, inSbeson- dere die Versicherung für den Fall des Alter-, der Invalidität und des Tode- in die Hand genom men und ist bemüht, dieselbe zur allgemeinen Eiu- und Durchführung zu bringen. Ferner veranstaltet derselbe Enqueten über die Arbeitslöhne und Lebenömittelpreise, um hierdurch bestimmte Grund lagen für eine auf Ausgleichung von Lücken oder Stauungen in der Vertheilung der Arbeitskräfte gerichtete Thätigkeit zu gewinnen. Als Organ für die Vertretung seiner Sache in der Presse drent ihm die von chm herausgegebene Zeitschrift „Concordia". Seine Mitgliederzahl beläuft sich gegenwärtig auf über 1600 und seine Jahres einnahme beziffert sich aus über 28,000 Mark." Die Politik des zukünftigen englischen Cabi- netS (dessen Ernennung übrigen- stündlich erfolgen kann) wird von den L ondoner TageSorganen in eingehendster Weise erwogen. Besonders die inneren Fragen sind es, welche großes Interesse in Anspruch nehmen. Man schreibt in diesem Sinne der „F. Z." aus London: „Eine der ersten Maßregeln des neuen Ministerium» wird eS deshalb zweifelsohne sein, die Landgesetze im modernen Sinne umzugestalten. Eine ändere Reform, für welche die liberale Partei verpflichtet ist, ist die Ausdehnung des Städte-WahlrechtS auf die Grafschaften. Aus Furcht vor gänzlicher Einbuße ihrer Macht hatten nämlich die Conserva- tiven bei der von ihnen ausgeführten letzten Wahl rechtsreform das HauShalterwahlrecht, daS ungefähr l5 Procent der Einwohner mit dem Stimmrechte begabt, auf die städtischen Wahlbezirke beschränkt, während die Grafschaften noch immer nach dem veralteten, verwickelten Systeme der Reform von 1832 wählen, das die Taglöhner, die große Masse der ländlichen Bevölkerung, gänzlich ausschließt. Ein Antrag der Liberalen im letzten Parlamente, diese Ungerechtigkeit au-zugleichen, ward verworfen. Jetzt wird die Reform sicher durchgeführt werden, wenn auch nicht in den ersten Sessionen, da es damit bis zum Bevorstehen von Neuwahlen Zeit hat. — Wichtiger ist jedenfalls zunächst die Organisation einer Gemeinde-Verwaltung fürganzLon- don; gegenwärtig zerfällt die Riesenstadt m eine roße Zahl Kirchspiele, die von einander unab- ängig sind, und deren Verwaltung viel zu wün schen übrig läßt. Nur die City hat-ihre alte republikanische Stadtverfassung und diese wird wahrscheinlich aus die ganze etwa rwanzigmal so große Hauptstadt unter passenden Veränderungen ausgedehnt werden. — Hand in Hand damit wird eine Grafschaftsreform gehen, welche dem Lande eine wirklich brauchbare Provinzialverwaltung an Stelle der bishe rigen veralteten, allein in Händen der Groß grundbesitzer befindlichen Regierung durch Friedens richter giebt. Die Reorganisation der Verwaltung Londons wird zugleich auch dazu führen, die reichen Fonds, die den Citygrlden zu mild- thätigen und anderen Zwecken zu Gebote stehe«, einer schärferen Aufsicht zu unterwerfen, da bis lang das reiche Einkommen auS diesen Stiftungen in unverantwortlicher Weise vergeudet wurde, zum großen Theil sogar für Zweckessen der Gildenmil glieder draufging. Furcht vor dieser Neuerung ist es nicht zum Wenigsten, welche die Cityleute so über wiegend für die konservative Regierung bat stimmen lassen, doch war die Begeisterung der Herren von der Börse für Lord Beaconsffeld, der durch seine Politik der Ueberraschung ein be ständiges Schwanken der Werthpapiere und dadurch die schönsten Gelegenheiten zum Specv-Iren herbei- sührte, an sich schon groß genug, vm den konser vativen Candidaten die Mehrheit in deüi Mittel punkte deS Welthandels zu sichern." Am Dienstag sind die französischen Kam mern eröffnet worden Es hatten sich zu diesem Staatsakte nur wenige Zuschauer eingefundeu. Gambetta, der sich nach einer hartnäckigen Krankheit wieder vortrefflich erholt zu haben scheint, war von Deputirten sehr umworben uud eS hat ganz den Anschein, als ob die auS der Provinz zurückgekehrten republikanischen Vertreter größere Stücke auf ihn halten, als jemals. Die Deputirten und Senatoren, welche zur Republik stehen, sprechen entschieden die Ansicht auS, daß daS gesammte Land sich gegen die Jesuiten und die von ihnen abhängigen Klerikalen erkläre und es unerläßlich finde, daß die Regierung die März- erlasse mit größtem Nachdruck auSjühre. Die Senatoren von der klerikalen Par tei sind über die Regierung wegen der MLr»- erlasse empört, der ständige Ausschuß, den sie wäh-- rend der Kammerferien niedergesetzt hatten, faßte jedoch noch keinen Beschluß wegen der vielbesprochene» Interpellation, da er sich erst mit den Vor ständen der verschiedene» Gruppen der Rechten b>- nehmen will. Diese Verhandlung wird aber vor aussichtlich mehrere Tage in Anspruch nehmen. E- gilt jedoch nicht für unwahrscheinlich, daß die In« terpellation überhaupt unterbleibt, da Dufaure und Iule» Simon davon abrathen, weil sie Bedenken tragen, sich mit der Sache der Jesuit» solidarisch zu machen. Da» Rundschreiben Frey- rin et'S an die diplomatisch» Vertreter Frau>» reich- fand in beiden Häusern Zustimmung, »ur fand man eS wunderlich, daß Freycinet die Ber- öffmUichung seine- Rundschreiben- nicht zuerst i« „Journal Officiel" veröffentlichte, sondern der „Time-" den Vorrang ließ.
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