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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800504
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800504
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-04
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1880
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Erscheint täglich früh «V. Uhr. KtSiittl», «t -epedttto» JohauuiSgaffe 8». Hittchßmke, »rr «etattto»; Bvrmittag« ia—12 Uhr. Nachmittags 4—6 Uhr. Mr G» Mickgabr ringrsandlrr «,»u» rocht« »«acht fiq die Rcdacltou »ich« »rrvindUch. der für die nächft- Rummer bestimmten an Wochentag« dis Nachmittags, an Tonn- tagen früh dis V.v ühr. H> de» FtUatr« flr Z,s. ^»aahmr: Vit» klemm. Uuiverfitätsstr. 22, S»MZ Lösche, katharinenstr. 18,p. Mtt bis llhr. Auflage 16.VVV. o« a rmc n Irprri» viertelj. 4 V, DL, incl. Bringerlohu 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 2b Pf. Belegexemplar 10 Pf. Vebühren für Extrabeilagen ohne Postbrförderung 89 M. mit Postbesvrderung 48 Ml. Zoseratr Sgesp. Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unfern» Preisverzeichniß —Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Lrttamr» unter dem Lröaetloa^inch die Spaltzeilr 40 Pf. Inserate sind stets an d. TrpettNo» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»«nnmsr»näo oder durch Postvorschuß. 15«. Dienstag den 4. Mai 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. Unter Hinweis aus die Vorschriften des RetchStmpfgesetzeS vom 8. April 1874 und nach Maßgabe > der hierzu erlassenen Königlich Sächsischen Ausführungsverordnung vom 20. März 1875 machen wir hierdurch ^ Folgendes bekannt: 1. Die Stadt Leipzig bildet einen selbstständigen Jmpfbezirk, für welchen der Stadtwundarzt Herr vr. m«6. Wilhelm Lonrad vlatz als Jmpfarzt und Herr vr. m«<1. Schellenberg als dessen Assistent verpflichtet worden find. 2. Das Impslocal befindet sich in dem alten Thomasschulgebäude aus dem Thomaskirchhofe (««gang mittelste Thüre). t. Daselbst finden die öffentlichen Impfungen von hier aufhältlichen Kindern in der Jett vom 5. Mai bis incl. 14. Juli und vom 18. August bis (knde September und zwar bis auf Weiteres a« jede« Mittwoch von /»3 bis 5 Uhr Nachmittags unentgeltlich statt. Daselbst sind auch die Impflinge je an dem darauf folgenden Mittwoch zur Revision vorzustellen. 4. I« vause dieses Jahres sind der Impfung zu unterziehen: l. diejenigen Kinder, s. welche im Jahre 1879 geboren worden, b. welche in den Jahren 1874, 1875, 1876, 1877 oder 1878 geboren sind und im Jahre 1879 der Jmpfpflicht nicht vollständig genügt haben (erfolglos geimpft oder wegen Krankheit nicht geimpft), U. diejenigen Zöglinge öffentlicher Lehranstalten und Privatschulen, s. welche im Jahre 1868 geboren sind, d. welche in den Jahren 1863, 1884, 1865, 1866 oder 1867 geboren sind und im Jahre 1879 der Jmpfpflicht nicht vollstänvig genügt haben (erfolglos wiedergeimpft oder wegen Krankheit nicht wieder geimpft). 5 Alle hiesigen Einwohner sind berechtigt, ihre, wie zu 4 unter I» und d bemerkt, impfpflichtigen Kinder dort unentgeltlich impfen zu lassen. Ebenso wird unbemittelten, hier wohnhaften Personen, deren Kinder vor dem Jahre 1874 geboren, aber noch nicht oder nicht mit Erfolg geimpft sind, die unentgeltliche Impfung dieser Kinder in den vorerwähnten Impfterminen hiermit angeboten. 6. Für jedes Kind, welches zur Impfung gebracht wird, ist gleichzeitig ein Zettel zu übergeben, auf welchem Name, Geburtsjahr und Geburtstag des Kindes, sowie Name, Stand und Wohnung des Vaters. Pflegevaters oder Vormundes, beziehentlich der Mutter oder Pflegemutter deutlich ver zeichnet ist. 7. Die Eltern der im laufenden Jahre tmpfpflichtigen Kinder werden daher hierdurch unter ausdrück licher Verwarnung vor den im 8 14 Absatz 2 des Jmpfgesetzes angedrohten Strafen aufgefordert, mit ihren Kindern in den anberaumten Impf- und Revisionsterminen behufs der Impfung und ihrer Eontrole zu erscheinen, oder die Befreiung von der Jmpfpflicht durch ärztliche Zeugnisse hier nachzuweisen. 8. Wegen der Anberaumung der Impf- und Revisionstermine zur Wiederimpfung beziehentlich Eon- trole der oben unter ll, und d gedachten impfpflichtigen Zöglinge wird an die Schulvorsteher besondere Weisung gehen. 5. Diejenigen Eltern, Pflegeeltern und Vormünder aber, welche ihre im Jahre 1880 impfpflichtigen, bezichrntlich wieder impfpflichtigen Kinder und Pflegebefohlenen, wie ihnen freigestellt ist, durch Privatärzte der Impfung unterziehen lassen wollen, werden hierdurch aufaefordert, biS läugfte«» p»« >k. Teptemker 188V d,e erforderlichen Impfungen ausführen zu lasten, sowie jedenfalls längstens a« 7. Januar 1881 die vorgeschriebenen Bescheinigungen darüber, daß die Impfung, beziehentlich Wiederimpfung erfolgt oder aul einem gesetzlichen Grunde unterblieben ist, auf dem «athhause 1. Stage, Zimmer «r. 4d vorzu- legm, widrigenfalls sie Geldstrafe bis zu 50 Mark oder Hast bis zu 3 Tagen zu gewärtigen haben würden. Leipzig, am 30. April 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Uhlmann. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Bestimmungen in 8. 18, 2 der Controlordnung vom 28. September 1875 wird nerdurch bekannt gemacht, daß die Königliche Ersatz-Commission Leipzig, Stadt im Anschluß an daS dies jährige Musterungsgeschäft Montag, den 24. Mat d. I., vormittags 11 Uhr, Roßplatz Nr. 11 patt, links, versammelt sein wird, um über etwaige Gesuche von Reservisten, Landwehr - euten und Ersatz-Reservisten I. El. im Bezirke der Stadt Leipzig um Zurückstellung aus Anlaß ihrer häuS' ichen und gewerblichen Verhältnisse im Falle einer Mobilmachung und außerordentlicher. Verstärkung deS Heeres Entschließung zu fassen. Diejenigen, welche auf Berücksichtiguna Anspruch machen, haben ihre (Se uche ungesäumt beim Stadtrathe Hierselbst unter genauer Darlegung der militairischen, bürgerlichen und Vermögensverhältnisse, durch welche die zeitweise Zurückstellung bedingt werden soll, anzubringen. Die betreffenden Mannschaften haben in diesem Termine persönlich zu erscheinen und der weiteren Ett Öffnung gewärtig zu sein. Leipzig, den 30. April 1880. Ter Vivil-Vorfitzende der königlichen «rsatz-Vommisfion Leipzig. Stadt. Wittgenstein, Regierungsrath. S. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Lokalitäten der sog. grotzen «athSstube bleibt dieselbe Freitag den 7. dsS. MtS. geschloffen. Leipzig den 3. Mai 1880. rer Rath der Stadt Leipzig. Or. Tröndlin. Mesterschmidt. Holzauktion. Mittwoch, den 5. Mat s. c sollen von Nachmittags 3 Uhr an im Forstreviere Connewitz auf den Mittelwaldschlägen in Abth. 41s und 42 s ca. 92 Rmtr. eichene, 2 Rm. buchene und 4 Rm. ellerne vrennscheite, sowie ea. 450 Hausen klein gemachtes Stockholz unter den im Termine öffentlich auSgehangenen Be dingungen und der üblichen Anzahlung an Ott und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Holzschlage in der Nonne an der nassen Wiese und dem Nonnenwege. Leipzig, am 24. April 1880. res Raths Aorstdeputation. Weltausstellung in Melbourne. Der Reichs-Commissar für die australischen Ausstellungen, Herr Geh. Reg.-Rath l>r. Reulcaur. wird laut telegraphischer Meldung morgen, Dienstag, den 4. d. M, Avends hier eintreffen und voraussichtlich bis Mittwoch Mittag hier bleiben. Morge« «dend */,8 Uhr findet im kleinen Saale des kauf männischen Verein» hier eine Besprechung üder AuSsteUungs-Angclegenheitcn statt , diejenigen, welche besonderes Interesse daran nehmen, werden hiermit zur Theilnahme eingeladen. Näheres auf dem Bureau der Handelskammer, Neumarkt 19, l. Leipzig, den 3. Mai 1880. Las Lomttö zur Vorbereitung der Theilnahme an der Melbourne Ausstellung. I. C. CichoriuS, Vors. Or. Gensel, Schriftf. Zur Reform -es Gewerbes. * Berlin, 1. Mai. Die Gewerbeord nungscommission des Reichstages hielt heute ihre letzte Sitzung ab, in welcher der Abg. vr. Baumbach Uber die zahlreichen Petitionen referirte, welche auS allen Theilen Deutschlands ' in der JnnungSfrage von conservativen Ver einen , Handwerkervereinen, Gewerbekammern, Handwerkerinnungen und sonstigen Verbänden, sowie von einzelnen Interessenten eingegangen sind. Nicht weniger alS 325 Petitionen, welche sich auf diese hochwichtige Angelegenheit beziehen, liegen dem Reichstage vor, und zwar sind eS verschiedene Richtungen, nach welchen diese Kundgebungen zu gruppiren sind. Während die Delegirtenconferenz deutscher Gewerbekammern in München am 4. und 5. Juni v. I., deren Petition vorliegt, sich noch wesentlich auf dem Standpuncte der Jnnungs- freiheit bewegte, verlangen zahlreiche Petenten jetzt schlechthin die Einführung von Zwangsinnun gen, indem es vielfach für eine ausgemachte f Äache erklärt wird, daß aus dem Boden der dermaligen Gewerbeordnung ein befriedigendes Re sultat in dem Streben nach Neubelebung der In nungen nicht zu erreichen sei. Wohl wird der Erlaß deS Staatsministers Maybach vom 4. Ja nuar 1879 in vielen Petitionen mit Freudigkeit > begrüßt, jener Erlaß nämlich, welcher zu einer ' Neubelebung des JnnungSwesenS auf dem Boden , der vermalen geltenden Gewerbeordnung aus- j forderte und insbesondere dte Staats- und Ge- > meindebehörden zur Mitwirkung in dieser Hin sicht ermahnte; allein vielfach wird der Ansicht Ausdruck gegeben, daß man schon jetzt zu der Überzeugung gelangt sein müsse, daß nur durch eine radikale Aenderung der Gewerbeordnung Ab hülse geschafft werden könne. So erklären sich verschiedene Petitionen auS Schlesien geradezu für die Zwangsinnungen: „Nur der zünftig ge prüfte Meister soll in seinem Fach daS Handwerk betreiben dürfen". Aehnliche Kundgebungen liegen au< Westpreußen vor. Auch eine große Pe tition de« Eonservativen Vereins und zahlreicher Ge- werbtreibender in Hannover fordert die Einfüh rung dm» ZwangSinnungen: „Jeder Handwerker, — i so wird Hier vorgeschlagen — der sein Geschäft selbstständig betreiben will, muß einer Innung angehören, und nur derjenige darf Mitglied sein, der sein Handwerk erlernt und DieS nachgewiesen bat." Dieser Petition haben sich dann Gewerb- lreibende in Göttingen, Altona. Schleswig, Lüne burg. GoSlar u s. w., ja auch der Allgemeine - Gewerbeverein in München anaeschloffen. ZwangS- innungen fordern weiter verschiedene Innungen zu Magdeburg, Esten und Crefeld. Auch die Vereinigung der deutschen Steuer- und Wirth- schastsreformer verlangt nach solchen. Der Con- servative Verein zu Hirschberg - Schönau erklärt den „Antrag von Schbewitz" für ungenügend, weil er nicht die ZwanaSmnungen fordere, und selbst aus Düsseldorf, also auS den Rheinlanden, woselbst die Innungen nur wenig Boden haben, kommt eine Petition um Einführung obligatorischer Innungen. Auch auS Dortmund und Böckum liegen derartige Kundgebungen vor. Gleiches erstre ben Petitionen der Schneidercorporationcn deS Ver bandes Sachsens, der sächsischen Herzogthümer und Thüringen- in Dresden, sowie verschiedene Ver bände zu Köln, Quedlinburg und Saarbrücken. Nicht so weit gehen dagegen die Petitionen anderer Körper schaften, welche mehr auf dem Standpunkt der Antragsteller und auf dem der consertzativ-klerikalen Majorität der Gewerbecommission stehen, indem sie Ausstattung der Innungen mit gewissen öffentlich- rechtlichen Befugnissen verlangen, deuselven die Aufsicht über daS gesammte LehrtingSwesen (auch bei Nichtinnungsmeistern) überweisen und theil- weise sogar nur JnnungSmeistern die Annahme von Lehrlingen gestatten wollen. Letzteres wird z. B. von verschiedenen Corporationen West falens verlangt. Auch der Handel--; und Ge werbeverein zu Apolda hat sich in dieser Hinsicht mit dem „Antrag von Seydewitz" für einverstanden erklärt. Die Gewerbekammer zu Dresden will das Lehrling-Wesen an die Innungen und gewerb lichen Corporationen in der Weise überwiesen haben, daß jeder Lehrling bei einer Fach- corporation ausgenommen, geprüft und loS- aesproch« werden muß; im Uebttgen will die Dresdener Gewerbekammer, welche dreserhalb eine besondere Nachforschung in ihrem Bezirk veranstaltet hat. keine ZwauaSinnungen. Auch der Eentralverband der deutsch«! Uhrmacher in Berlin spricht sich gegen Zwangsinnungen auS, will aber die Auf sicht über die Lehrlinge den Handwerkerverbänden überweisen, auch sollen die Lehrlinge bei diesen Verbänden ein- und ausgeschrieben und obliga- orische Lehrling-Prüfungen eingesübrt werden. Line Überau- große Anzahl von Petitionen ist erner von der Leipriger Polytechnischen Ge- ellschaft und von verschiedenen sonstigen Körper- chaften in Leipzig ausgegangen, indem sich diesen ahlreiche Gewerbetreidrnd«, Vereine und Cor- »orationen in den verschiedensten Theilen Deulsch- and-, «a»«tlicb in Sachsen und Thüringen, angeschloffen haoen. Diese Petitionen erklären ausdrücklich, daß keinem Gewerbetreibenden daS Recht enttogen werden soll. Lehrlinge auSzubilden; doch soll oie Aufsicht über da« LehrlmgSwesen den Innungen übertragen und nur durch die Innungen, wo solche bestehen, sollen Lehrlinge ausgenommen und loSgcsprochen werden. Spcciell für die Bauhand werker werden obligatorische Meisterprüfungen von dem Verband deutscher BaugewerkSmeisier und von dem Verband von Baugewerksmeistern in den Rheinlanden und in Westfalen verlangt. Endlich fehlt es auch nicht an Petitionen, welche gegen den „Antrag v. Seydewitz" und gegen eine Ab änderung der Bestimmungen über das Jnnungswesen gerichtet sind. Nachdem die Hauptpunkte aus die sen Petitionen zum Vortrag gekommen und nach dem von dem Aba. vr. Lingens noch eine größere Anzahl von Petitionen vorgetragen worden, welche nicht allein Umgestaltungen des JnnungSwesenS, sondern auch noch sonstige Abänderungen der Ge werbeordnung bezwecken, beschloß die Commission, die sämmtlichen Petitionen dem Reichskanzler als Material zu überweisen. Jedenfalls ist dieser Petitionssturm ein Zeichen der großen Bewegung, welche den deutschen Handwerkerstand ergriffen hat, wenn auch gerade diese verschiedenartigen Kundgebungen erkennen lassen, daß z. Z. die An sichten noch nicht zur völligen Klärung gekommen sind, daß eine einheitliche Strömung nach einer bestimmten Richtung hin in den Handwerkerkreisen selbst noch nicht eingetreten und die Sache selbst z. Z. kaum als spruchreif zu betrachten ist. Politische Uebersicht. Lechzt,. 3 Mai. Noch immer wird, wie uns auS Berlin ge meldet wird, in Reichstagskreisen die Mög lichkeit einer persönlichen Intervention deS Fürsten Bismarck zur Rettung jener Regierung-Vorlagen in Betracht gezogen, welche theil« durch da« Votum des Reichstage«, theilS durch die Rathschläge d«S Senioren-bonventS der nächsten Session Vorbe halten bleiben sollen. Ob aber da« Eintrett» deS Reichskanzler« in die verfahrene parla mentarische Lage noch in der elscen Stande eine oder die andere Pattei zar Umkehr zwing«, ob noch vor Pfingsten ein oder der andere Gesetzentwurf (Stempelsteueraesetz, zweijäbrige Budgetperiode, Braufteuer :c!) au« ver Com mission in daS Plenum gelangen können, dar über giebt man sich auch auf conservativer Seite keinen Illusionen hin. Ist eS doch That- sache, daß selbst innerhalb der conservativen Fraktionen über Nothwendigkeit oder nur Nütz lichkeit der Erledigung gewisser Vorlagen in dieser Session die Meinungen weit auSeinanderacben. Der Reichskanzler soll sich gerade über diese ausfallende Er- scheinung in erregter Weise ausgesprochen haben, worauf erwidert wurde, daß die Führer der con servativen Partei über die Intentionen des Reichs kanzlers betreffs der Dringlichkeit gewisser Vor lagen keine Mitlheilungen erhielten und der Prä sident von Arnim darüber auch nicht unterrichtet worden sei. In diesen Andeutungen spiegelt sich eben die Situation ab. Die weitaus überwiegendeMehrheit der gemäßigten Mitglieder des Reichstage« hält es für einen allenTheilen willkommenen Ausweg, wenn der Reichstag vor Pfingsten geschlossen würde. Der Reichkanzlcr hat freilich, wie in Abgeordneten kreisen versichert wird, im Laufe des Sonnabend und Sonntag mit FractionSfllhrern llnterredungen gepflogen, und eS wird behauptet, daß er keines wegs in der erregten Stimmung war, welche jener vielbesprochene Artikel der „N. A. Z." über den Senivren-Convent vermuthen ließ. Hat sich doch der Kanzler in Vieles gefunden, was er im Drange der Geschäfte und durch seine Krankheit be hindert nicht zu ändern vermochte. So hat er auch das neuliche Gutachten desSenioren Convents deS Reichs tages über die Geschäftslage des HauseS lange nicht so tragisch genommen, wie die herausfordernde Sprache des angezogenen Artikels vermuthen ließ. Man weiß ja, wie solche Machwerke der den Regic- rungSkreisen nahestehenden Publicisten entstehen. Dem Kanzler wird ein Zeitungsausschnitt vor Augen gebracht, der in einer nicht ganz correc- ten Fassung die Nachricht von einem Beschluß des Senioren-ConventS enthält. „Der Reichstag hat Nichts über den Schluß der Session zu beschließen", sagt der Kanzler und fügt hinzu: „Man könnte Da« in der „Nordd. Allgem. Z." beantworten." Persönlichen Erinnerungen an seme eigene früheste parlamentarische Thätlgkeit nachgehend, murmelt er dann auch wohl: „Im heißen Sommer wollen die Herren nicht sitzen, als wenn wir es im Jahre 1848 und 1849 nicht noch viel schlimmer und heißer gehabt hätten." Daraus entsteht dann ein Artikel, wie er vor einigen Tagen in dem aner kannten Regierungsblatt«: vorlag. In Reicht tagStteisen erregt eS einiges Aufsehen, daß sich der hochconservative „Reichsbote", das Blatt de- Herrn von Nathusiu«-Ludom, frü heren Redacteur« der „Kreuzzeitung", so energisch für die Zahlung von Diäten an die Reichstag-- abgeordneten auSsprickt. Herr v. NathusiuS ist indeß nicht Mitglied de« RcickStaaS, und man glaubt auch nicht, daß ein einziges Mitglied der deutsch konservativen Partei, der Anregung deS genannten Blattes folgend, für die erste HälsH des Antrags Virchow stimmen wird, falls letzterer Überhaupt noch zur Verhandlung kommen würde. Der „RcichS- bote" hatte sich anfänglich auch gegen die Militair- vorlage, wenigstens für eine sehr scharfe Prüfung
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