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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800503
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800503
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-03
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.05.1880
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Stbittito« Ult r»petm«« JohamnSgafl« SS. Spachstultr« trr Lrtartt«,. vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—« Uhr. Mr tte NLN»ab« rtn,rsandler Moim. jcttPtr «acht sich dir «rdactton »ich« »eibtndltch. L«aah«e der für dir nüchst- Tviaenoe Nummer bestimmten Anserate au wocheutagm dick L Ahr Nachmittags, an Sonn- «ud Festtagen früh bis '/,S Uhr. r» in«Flltate, flr Ins. Laoahm«: Ott» Stemm, UuiversttätSstr. 22. A»»tA Lösche, «atharinenstr. 18,p, »ur bis V.3 Uhr. Auflage 16,006. Lt»o»k«ra«»vrri» viertelt. 4'/,ML, incl. Brmgrrlohu d ML durch dir Post bezogen « ML Jed« eiuzelnr Stumm« 2b Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ohne Postbeförderung SS ML mit Postdesdrderuug 48 ML Zaserat« Sgesp. Petitzeil« 20 Pf- Gröbere Schriften laut nuferem PreiSverzrichnitz —Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Reklamen aal« öem Retaktta»»str1ch die Spaltzeil« 40 Pf Inserate sind stets an d. LepettN»« zu senden. — Rabatt wird nickt gegeben. Zahlung praeoumaraLtio oder durch Postvorschuß. 149. Montag den 3. Mai 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. Unter Bezugnahme auf die hierunter beigedruckte Verordnung deS Königlichen Ministeriums deS Innern vom 1. December 1864 fordern wir hiermit alle hiesigen Einwohner, welche Nachtigallen halten, auf, die darauf gelegte Jahressteuer ohne Verzug an die in der 1. Etage der alten Rathswaage, Katharinenstraße Nr. LN, befindliche Hundesteuer-Einnahme zu bezahlen. In dre angedrohte Strafe deS dreifachen Betrages der Steuer verfallen Diejenigen, welche bis zum 1 Mat dieses Jahres nicht die Steuer abgeführt haben. Leipzig, am 5. April 1880. Der Rath der Stadt Leipzig vr. Tröndlin. Verordnung, die Besteuerung der Nachtigallen betreffend, vom I. Tccember 1864. Auf Antrag der StLndeversammlung wird hierdurch Folgendes verordnet: Wer eine Nachtigall gefangen hält, hat dafür vom l. Mai 1865 an eine jährliche, der Armencasfe seines Wohnortes zusließende Abgabe von 4 Thaler und zwar in der Regel am 1. Mai jeden Jahres zu entrichten. Die Sprosser, d. h. die großen sogenannten ungarischen oder polnischen Nachtigallen (Nachtschläger) sind jedoch dieser Abgabe nickt unterworfen. Ueber die erfolgte Abentrichtung der gedachten Jahressteuer ist in den Städten eine von dem Stadtrathe auSrufertigende, auf dem platten Lande eine von dem Armencasseneinnebmer des betreffenden Ortes unter Beibrückung des Gemeindesiegels auszustellende Quittung zu ertheilen, die in jedem Falle auf den Namen deS Steuerlegers zu verlauten hat. Geht innerhalb des vom 1. Mai bis zum nächsten 30. April laufenden Steuerjahres eine auf das letztere bereits versteuerte Nachtigall in den bleibenden Besitz einer anderen Person über, so kann sich die Letztere von der außerdem selbst für die betreffende Nachtigall zu leistenden Entrichtung der Steuer auf daS biS zum nächsten 30. April noch laufende Steuerjahr nur durch den Vorweis der auf das letztere lautenden, von dem betreffenden Stadtrathe, beziehentlich dem Armencaffen-Einnehmer auf ihren Namen übertragenen Quittung über die seitens des vorigen Besitzers der Nachtigall auf das laufende Steuerjahr bereits bewirkte Zahlung der Steuer befreien. Die volle Steuer ist auch von Demjenigen zu entrichten, welcher eine erst während des laufenden Steuerjahres eingesangene Nachtigall hält. Hinterziehungen der Nachtigallensteuer sind mit dem ebenfalls der Ortsarmencaffe zufließenden dreifachen Betrage derselben zu ahnden. Seitens der in dieser Angelegenheit kompetenten Armenpolizeibehörden ist dabei, insoweit es sich nicht um Contraventionen und deren Bestrafung handelt, allenthalben kostenfrei zu expediren. Hiernach haben sich Alle, die es angeht, gebührend zu achten. Insonderheit haben die Stadträthe sowie die Gerichtsämter und Gememdevvrstände dafür, daß dem Vorstehenden genau nachgegangen werde, gehörige Sorge zu tragen. Dresden, den 1. December 1864. Ministerium deS Innern. Frhr. v. Beust. Lehmann. Bekanntmachung. Wir machen hierdurch öffentlich bekannt, 1) daß alle in Leipzig wohnhaften Knaben, welche Ostern 187» und Ostern 1880 auS einer der hiesigen Volksschulen entlassen worden oder von einer höheren Schule abgegangen sind, ohne das 15. Lebensjahr vollendet zu haben, zu dem Besuche der Fortbildungsschule für Knaben verpflichtet sind; 2) daß die Anmeldung derselben, wenn sie im Bezirk der l. Fortbildungsschule wohnhaft sind, bei Herrn Direktor vr. Bräutigam, dafern sie sich aber im Bezirk der II. Fortbildungsschule auf halten, bei Herrn Direktor Or. Störl zu erfolgen hat; 3) baff auch diejenigen «naben anzumeldcn find, welche aus Irgend einem Grunde »au dem Besuche der städtischen Fortbildungsschule entbunden zu sein glauben ; 4) daß hier einziehende Knaben, welche Ostern 1878, 187» und 1880 auS einer auswärtigen BollS- chulc entlassen worden sind, ebenfalls zum Besuch der Fortbildungsschule verpflichtet und so- ort, spätestens aber binnen drei Tagen nach dem Einzüge bei dem Direktor der Fort bildungsschule ihre- Bezirkes anzumelden sind: 5) daß Ellern, Lehrherren, Dienstherrschaften und Arbeitgeber bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 30 Mark, die im Falle der Nichterlegung in Haft umzuwandeln ist, die schulpflichtigen Knaben zu dieser Anmeldung anzuhalten oder letztere selbst vorzunehmen haben. Leipzig, am 2». April 1880. Ter Nattz der Stadt Leipzig vr Georgi. Lehnert. Bekanntmachung. Wegen Vornahme des Sckleußenbaues auf der Nürnberger Straffe wird dieselbe auf der Strecke zwischen der «öntgsstraffc und der Lindenstraffe von Montag, den 3. Mat d. I. bis zur Fertigstellung der Arbeiten für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 1. Mai 1880. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Versteigerung. Ten 3. Mai 188V, Nachmittags 4 Uhr soll in Plagwitz in der Restauration von Kicßig, Nonnenstraße Nr. 4, eine Partie verschiedener Maha- goni-Meubles, als 1 Schreib« und 1 Kleidersecretär, 1 Chiffonniere, 1 Sopha, 1 Stutzuhr, 1 Spiegel mit Schränkchen, 6 Rohrstühle, 1 Kleider schrank, 1 Küchenschrank und verschiedene andere Gegenstände öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den L4. April 1880. Ter Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Thierbach. P-titischr Itrdersicht. Leipzig, L Mai. Die laufende Session des Reichstages ist um eine fruchtlose Debatte reicher, denn die gestern und heute behandelte Interpellation über den An trag Preußens aus Einbeziehung St. Paulis in den Zollverband konnte der Natur dieser Form nach zu keinem Beschlüsse führen. Die Ver handlung lenkte auch bald davon ab, die Nachthcile zu erörtern, welche eine solche Maßregel für Ham burg oder Altona mit sich führen könnte. Viel mehr lag da« Schwergewicht der Verhandlung in der Erörterung des Stande- der Verfassungs frage: Kann die Executive od :r der Bundesrath ein seitig in die Bestimmungen des Artikels 31 der Reichs- Verfassung eingreisen oder ist der Weg der Rcichsge- sctzgebung der einzig zulässige, um in Ermangelung einer Verständigung zwischsn dem Reich und Ham burg den Artikel mit Rechtsbestand zu interpre- tiren? AuS der Diskussion ergab sich im Wesent lichen eine Uebereinstimmung dahin, daß allerdings nur auf dem Wege der Reichsgesetzgcbung ein Widerspruch des Hamburger Senates gegen die vorgeschlagenc Einbeziehung St. Paulis ent kräftet werden könnte. Die rechtliche Durchführ barkeit eines einseitigen Beschlüsse» deSBundeSrathes wurde entschieden bezweifelt. In diescmSinnesprachcn sich namentlich dieAbgg. Laster und Windthorst aus, während die Abgg. Wolffson, Karstens und Rickcrt die rechtliche Lage von St. Pauli als Theil von Ham burg erörterten. Der Regierunasvertreter und Abg. v. Minnigerode für die konservative Partei ließen sich nur ausweichend auf die vorliegende Frage ein. Abg. Richter sprach anscheinend über die Bänke des Hause» hinaus. Aus der Verhand lung kann man in Hamburg jedenfalls die Be ruhigung ziehen, daß man im Reichstage an dem R-cht sesthält, bei der Ordnung dieser Angelegen heit mit zu entscheiden, und einlretenden Falls der Sache in seinem Schoße eine unparteiische und sorgfältige Prüfung gesichert sein wird. DaS Nähere ergiebt der Sitzungsbericht. Die «m Sonnabend stattgefundene Sitzung der Reich»stempelste»ercommission ward voll ständig mit der Generaldiscussion des Gesetzes aus- aefitllt. Von einem liberalen Mitglied? ward hervorgehoben, daß, bevor neue Steuern, gleichviel rn welcher Form, bewilligt werden könnten, feste Pläne llber die Verwendung der erhobenen Sum men vorliegen müßten. Der Grundgedanke der Steuerreform werde in der Richtung der Abmin- dernng der direkten Steuern und der Entlastung de» Grundbesitzes gesucht, wobei die Ermäßigung de- JmmobilienstempelS besonder- betont wurde. Merkwürdiger Weise und vielleicht zum ersten mal« ward dagegen von einem konservativen Mitglied« Widerspruch erhoben und behauptet, daß der Grundbesitz gegen den Ämmobilienstempel und seine Höhe nicht viel einzuwenden habe, voraus gesetzt, daß künftighin die Schulden bei Berech nung desselben in Abrechnung gebracht würden. Em andere» konservative- Mitglied widersprach diesen Aeußerungen. Bon Seiten der Mitglieder deS CeutrumS ward ''Heils mehr Lheils minder deutlich betont, daß neue Steuern nur bewilligt werden könnten der Art, daß die Uebersührung der so erzielten Einnahmen in die Cassen der Einzel staaten unzweifelhaft sicher gestellt sei. Nack längerer Diskussion, in welcher die Vertreter der Regierung zwar die Ermäßigung der tssrecten Steuern als die Absicht der «Steuerreform anerkannten, von gesetzlichen Feststellungen zur Zeit aber nichts wissen wollten, ward die Generalviscussion geschlossen, und wurden dann für die einzelnen Artikel des Gesetzes besondere Referenten bestellt. Die nächste Sitzung wird am Dienstag stattsinden, nachdem ein Antrag, dieselbe bereits am Montag Abend zu halten, abgelchnt war. Wie aus Wien gemeldet wird, haben die Be rathungen über da» österreichische Wehr steuergesetz einstweilen zu einem Resultat nicht geführt; ein erheblicher Theil der Vorlage wurde zur erneuten Berathung an die Commission zurück- gcwiesen. Die Cabinetskrisis scheint einst weilen sistirt; eine Zuschrift an die „N-.Z." aus Wien stellt in Abrede, daß eine Berufung deö Grasen Coronini in das Ministerium in naher Aussicht stehe. Graf Coronini sei einer vereinzelten Differenz wegen auS dem Fortschrittsclub ausge treten, stehe aber in den übrigen Fragen vollständig aus dem Programm desselben; er würde daher nicht eher auf die Bildung eines CabinetS cm- gehen, als bis sich die Notwendigkeit herausgestellt habe, ein Ministerium auS dem vorgeschrittenen Theil der Versassungspartei zu bilden. Herr T iS za darf sich einer staatsrettcnden That rühmen, wie sein großes Vorbild Cicero zu Zeiten der römischen Republik. Der Herr Minister ist Agitationen auf die Spur gekommen, deren Be schaffenheit und Tendenz auS nachstehendem, von ihm an sämmtliche JurisdictionSbezirke erlassenen Circularschreiben hervorgeht: „Es wurde wieder holt die Wahrnehmung gemacht, daß in einzelnen Handlungen, namentlich in den südlicheren Theilcn de» Landes, derartige Cigarettcnpapier-Packete feil geboten werden, deren schwarze Emballaaefarbe mit Wasser leicht entfernt werden kann. ES ver bleiben nach solchen Abwaschungen Druckbilder zurück, welche mit unterschiedlichen Aufschriften versehen sind. Diese Bilder und Aufschriften ver sinnlichen serbisch-nationale Bestrebungen, durch deren Verbreitung eine politische Agitation und Aufreizung angestrebt werden will, äch for dere daher die JurisdictionSbehörden aus, wegen Verhinderung der Verbreitung dieser Cigaretten- Packete die nöthiaen Maßregeln treffen und vor kommende derartige Vorräthe confiSciren lassen zu wollen. Von dem Resultate der getroffenen Ver fügungen ist au «ich Bericht zu erstatten. T i Sza." Die Berliner „Post" bringt die folgenden be- merkenSwerthen Nachrichten' aus Pari«: In der am Freitag in den Räumen der Botschaft abgebaltenen Generalversammlung deS deutschen Liülfsvereins machte der Präsident, Geh. Legationsrath Reither, die Mittheilung, daß der Baron Emil Erlanger dem Verein ein Terrain behufs Erbauung eines deutschen Hospitals, wie solche« schon längst geplant wird und wofür bereits ein namhafter Betrag vorhanden ist, zum Geschenk gemacht habe. Das Terrain ist am Boulevard Michel Ange in der Vorstadt Auteuil vortrefflich gelegen, umfaßt 5000 Quadratmeter und hat einen Werth von 250,000 Franc-. Die freudig überraschte Versammlung bereitete dem anwesenden Baron Erlanger, welcher stets dem Hülfoverein und allen humanitairen Zwecken das wärmste Interesse zeigt, für sein großartiges Ge schenk eine stürmische und wohlverdiente Dankes ovation. — Die Pariser Blätter „Ordre" und „Estafette" erklären die Nachricht von einem neuen Manifeste deS Prinzen Napoleon für unrichtig und wiederholen aus daS Energischste, daß der Prinz ganz auf dem Standpunkte seines ersten Briefes verharre und von demselben nichts zurücknehme, weil die darin bekundete antiklerikale, aber auf dem Boden deS Concordatö stehende Po litik den wahren Navoteonidischen Traditionen ent spreche. Für den Prinzen sei kein Raum weder in der legitimen Monarchie, noch in dem Kaiser reiche der Proskription und des BluteS, wohl aber ein glorreicher und patriotischer Platz in der Re publik, und diesen fordere er vom Volke. In Belgien steht die Frage der Wehrkraft des Landes im Vordergründe des politischen In teresses. Aeußerungen des KricgSministerö über die wünschenswcrthe Verstärkung der belgischen Maas Befestigungen haben eine leidenschaft liche DiScussion und Opposition in der Reprä sentanten kam mer hervorgerufen. In der un verkennbaren Absicht, die Regierung wegen ihrer vermeintlichen fortisicatorischen Projekte und der daraus folgenden Vermehrung der Militairlasten bei dem Lande zu denunciren und daS Ministerium wie seine Partei bei den bevorstehenden Wahlen zu schädigen, ist klerikalcrseitS im Ab- acordnetenhause eine Interpellation darüber in Scene gesetzt worden, ob die Regierung die Absicht habe, die Maaölinie zu be festigen oder nicht. In Beantwortung derselben gab der Kriegsminister die Erklärung ab, „er persönlich theile die Ansicht deS GeniecorpS von der Nolhwendigkeit der Verstärkung der Maasbe festigungen und billige die bezüglichen in der Aus arbeitung begriffenen Fortificationsprojecte, müsse jedoch hinzusüaen, daß die Vorlage dieser letzteren an den Ministerconseil bisher nicht erfolgt sei." Die Unterstellung, daß eine gleichzeitige Befestigung der Sambre-Linie beabsichtigt werde, wie- General Liaare als völlig unbegründet zurück. Der Premier-Minister Frere-Orban brand markte die Interpellation als ein elendes und klägliche» Wahlmanöver, bezeichnet? eine derartige Auffassung und Behandlung einer daS LandeSwohl betreffenden Frage al» der Volksvertretung un würdig und stellte sich selbst für die Vergangen heit wie Zukunft daS Zeugniß auS, jede Partei, rücksicht der politischen und patriotischen Pflicht erfüllung unterzuorvnen. Aus die Sache selbst eingehend, glaubte der CabinetSches den Aeuße rungen des Kriegsministers bis jetzt nur den Werth einer vorläufigen und persönlichen Ansicht beimessen zu sollen, welche sich bei Berathung der bezüg lichen Frage im Conseil sehr wohl modisiciren könne. Die Vorgänge im Westen der Türkei bereit-n der Diplomatie die allcrernstestcn Verlegenheiten; denn die meisten der Berliner Vertragsmächte haben eine begreifliche Scheu, den Zwischenfall an der türkisch - monteneqrinischen Grenze zum Range einer europäischen Angelegenheit zu erhebt n. ES wird daher die Parole auSgegebcn, daß die Botschafter aus eigener Initiative handelten, als sie mittelst der bekannten identischen Note aus die Pforte eine Pression versuchten. Dadurch meint man der Angelegenheit vorläufig einen localen Charakter bewahren zu können. Nur mit Wider streben würde man sich dazu entschließen, die Frage durch eine Botschafter-Eonferenz behandeln zu lassen und sie auf diese Weise zu einer europäischen zu machen. Die Albanesen verhalten sich in zwischen still; sie verharren aus dem Standpuncte der „lioati po88ickonto8" und adoptiren somit einen Grundsatz, den seinerzeit Fürst Bismarck in die europäische Politik eingesührt hat. UcbrigenS schlagen die russischen Blätter be reits einen zieinlich scharfen Ton gegen die Pforte wegen ihrer Haltung in der inontenegrinisch- albanesischen Streitfrage an. Der „GoloS" kommt zu dem Schluffe, daß in Konstantin opel volle Geistes- und Sinncnanarchie herrschen müsse, da sonst es ganz unerklärlich wäre, wie sich die ottomanische Regierung unterfangen könne, die Verträge, die sie gestern unterschrieben habe, heute schon zu brechen. Das Verfahren der türkischen Generale in Albanien, wo gegen die Abmachung die türkischen Truppen früher, bevor die Montene griner emrückten, aus den festen Positionen aus rückten, die dann von den Albanesen besetzt wur den. illustrire dies zur Genüge. In Rußland tritt die Äudensrage immer mehr in den Vordergrund. Eine Reihe von Blät tern predigen einen förmlichen Krcuzzug gegen die Juden. Verschiedene Gouverneure haben dem Judenhaß soweit Rechnung getragen, daß sie die Juden aus einzelnen Psvvinzialstädten auSgewiesen haben. Die Juden unterließen nichts, sich gegen die Vergewaltigung zu wehren. Wie die „Russisch- Deutsche Corresponoenz" erzählt, hat sich Baron Ginsburg, Bankier in Petersburg, an den Großfürst-Thronfolger mit der Bitte um Schutz gewandt, worauf dieser erwiderte, daß die vollständige Emancipation der Juden blos noch eine Frage der Zeit sei, und daß er seinerseits Alle» thun werde, ihre Lösung zu veschleunigen. Die russische Regierung plant einen zweiten Feldzug gegen die Turkmenen, nachdem der erste sehr unglücklich verlausen war. Der Energie General Skobeleff'S soll eS Vorbehalten sein, die Scharte auszuwetzen. Was aber in solche« Fällen von dem großen Übergewicht der europäischen Kriegskunst und der Vorzüglichkeit der Waffen erwartet wird, daö muß sich bei den Terrcnn- schwierigkcilen der Steppe aus em Minimum re- duciren, und selbst unter den günstigsten Verhält-
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